VwGH vom 24.01.2017, Ro 2016/16/0003
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der O GmbH in W, vertreten durch die Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/1200001/2014, betreffend Erstattung von Mineralölsteuer, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Feldkirch Wolfurt), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist u.a. Inhaberin eines Mineralöllagers (§ 25 MinStG). Am kam es im Rahmen einer Auslieferung von Eurosuper 95 zu einer Tankstelle der Revisionswerberin irrtümlich zu einer Vermischung von rund 5.000 l des angelieferten Eurosuper 95 mit rund 18.000 l Gasöl. Sowohl die genannte Menge an Eurosuper 95 wie auch die genannte Menge an Gasöl war zuvor aus dem Steuerlager der Revisionswerberin weggebracht worden, weshalb von dieser die darauf entfallende Mineralölsteuer entrichtet worden war.
2 Das Gemisch wurde zunächst aus der Tankstelle abgepumpt und sodann vorerst im Steuerlager der Revisionswerberin aufgenommen. Anschließend wurde das Gemisch nach Wien gebracht und - so das angefochtene Erkenntnis - "im Werk Simmeringer Haide entsorgt".
3 Die Revisionswerberin beantragte am die Erstattung der sowohl auf die im Gemisch enthaltene Menge an Eurosuper 95 wie auch auf die im Gemisch enthaltene Menge an Gasöl entfallende und entrichtete Mineralölsteuer im Gesamtbetrag von 9.754,74 EUR.
4 Mit Bescheid vom wies das Zollamt Feldkirch Wolfurt den Antrag ab. Das Gemisch sei in die Unterposition 2710 99 00 90 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen, weshalb es sich nicht um Mineralöl im Sinn des Mineralölsteuergesetzes handle. Daher sei bei einer Aufnahme in ein Steuerlager keine Erstattung nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG möglich.
5 Mit Schriftsatz vom berief die Revisionswerberin dagegen und führte aus, dass nach der Vermischung an ihrer Tankstelle das Gemisch am unter amtlicher Aufsicht ausgepumpt worden sei und das Vermischungsprodukt anschließend in ihrem Steuerfreilager aufgenommen worden sei. Auf Grund der technischen Spezifikation der Produkte sei eine körperliche Aufnahme von Treibstoffvermischungen biogenhaltiger Produkte in die Tanks des Steuerfreilagers nicht möglich gewesen. Dies habe dazu geführt, "dass derartig vermischte Produkte beim Werk Simmeringer Haide entsorgt werden müssen". Einen Antrag vom auf amtliche Aufsicht der Vernichtung des Vermischungsproduktes im Werk Simmeringer Haide habe das Zollamt am selben Tag beantwortet; das Zollamt habe auf die amtliche Überwachung verzichtet. Am seien dem Zollamt die Unterlagen der Entsorgung zugesendet worden.
6 Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Zollamt Feldkirch Wolfurt die Berufung als unbegründet ab. Auf Ölabfälle der Warennummer 2710 99 00 seien die für Mineralöl betreffenden Bestimmungen des MinStG nicht anzuwenden, weshalb eine Aufnahme dieses Ölabfalles in ein Steuerlager nicht zu einer Erstattung nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG führe.
7 Die Revisionswerberin erhob dagegen mit Schriftsatz vom eine Beschwerde, in der sie im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen wiederholte. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht, auf welches gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG die Zuständigkeit zur Weiterführung des Verfahrens übergegangen war, die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
8 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens stellte das Bundesfinanzgericht fest, am sei es bei der Tankstelle der Revisionswerberin in H. zu einer Vermischung von
5.213 l Superbenzin mit 18.242 l Gasöl gekommen. Das Vermischungsprodukt stelle Ölabfall der Unterposition 2710 99 00 der Kombinierten Nomenklatur dar. Das Vermischungsprodukt sei ausgepumpt, in das Steuerlager der Revisionswerberin nach L. gefahren und in der Folge im Werk Simmeringer Haide entsorgt worden. Die im Vermischungsprodukt enthaltenen Mineralölmengen seien entsprechend ihrer Spezifikation im Juli 2013 zur Mineralölsteuer angemeldet worden; die Mineralölsteuer sei entrichtet worden.
9 Eine Erstattung der Mineralölsteuer nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG setze voraus, dass es sich beim Mineralöl, welches in das Steuerlager aufgenommen werde, um ein in § 2 Abs. 8 MinStG angeführtes Mineralöl oder um Mineralöl im Sinne einer nach Abs. 9 dieser Bestimmung ergangenen Verordnung handle. Ölabfälle der KN Unterposition 2710 99 00 fänden sich darin nicht. Weder das Gasöl noch das Benzin sei nach der Vermischung im Originalzustand vorgelegen. Es sei als mineralölsteuerrechtlich nicht mehr existent zu betrachten und somit als verwendet (gebraucht) anzusehen. Die Voraussetzungen für eine Erstattung der Mineralölsteuer durch Aufnahme von Mineralöl in ein Steuerlager lägen daher nicht vor. Eine Erstattung der für die Komponenten eines Vermischungsproduktes jeweils entrichteten Mineralölsteuer sei nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG nicht vorgesehen. Es finde sich auch kein diesbezüglicher Erstattungstatbestand an anderer Stelle des Mineralölsteuergesetzes.
10 Die dagegen erhobene Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer Revisionsbeantwortung des Zollamtes Feldkirch Wolfurt dem Verwaltungsgerichtshof vor.
11 Die Revisionswerberin erachtet sich in Ausführung des Revisionspunktes im Recht auf Erstattung der Mineralölsteuer verletzt.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Gemäß § 1 Abs. 1 des Mineralölsteuergesetzes 1995 (MinStG) unterliegen Mineralöl, das im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht wird, sowie Kraftstoffe und Heizstoffe, die im Steuergebiet verwendet werden, einer Verbrauchsteuer (Mineralölsteuer).
14 § 2 MinStG lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Mineralöl im Sinne dieses Bundesgesetzes
sind die Waren
1. der Positionen 2705 bis 2712 und 2715 der Kombinierten Nomenklatur, ausgenommen Erdgas der Unterposition 2711 21 00 der Kombinierten Nomenklatur;
der Positionen 2901 und 2902 der Kombinierten Nomenklatur;
der Positionen 3403, 3811 und 3817 der Kombinierten Nomenklatur;
4.der folgenden Positionen und Unterpositionen der
Kombinierten Nomenklatur, die als Treibstoffe, als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen oder zum Verheizen dienen
Positionen 1507 bis 1518,
Unterposition 3824 90 99,
Unterposition 2905 11 00, ausgenommen solche von synthetischer Herkunft;
5.der Position 2207 der Kombinierten Nomenklatur, die durch alkoholische Gärung hergestellt werden und als Treibstoffe, als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen dienen.
(2) Kraftstoffe im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle im Abs. 1 nicht angeführten Waren, die als Treibstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen dienen mit Ausnahme von
.....
(3) Heizstoffe im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle im Abs. 1 nicht angeführten sonstigen Kohlenwasserstoffe, die zum Verheizen dienen, mit Ausnahme von .....
(4) Biogene Stoffe im Sinne dieses Bundesgesetzes sind .....
.....
(8) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, finden die Mineralöl betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nur auf die unter Z 1 bis 6 angeführten und diesen nach Abs. 9 gleichgestellten Waren Anwendung. Auf anderes Mineralöl sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über Kraftstoffe und Heizstoffe anzuwenden. Mineralöl im Sinne des ersten Satzes sind die Waren:
1. der Unterpositionen 2707 10, 2707 20, 2707 30 und 2707 50 der Kombinierten Nomenklatur;
2. der Unterpositionen 2710 11 11 bis 2710 19 69, ausgenommen Waren der Unterpositionen 2710 11 21, 2710 11 25 und 2710 19 29 der Kombinierten Nomenklatur, wenn diese in Gebinden abgefüllt sind;
3. der Position 2711 der Kombinierten Nomenklatur, ausgenommen Waren der Unterpositionen 2711 11 00, 2711 21 00 und 2711 29 00 der Kombinierten Nomenklatur;
4. der Unterpositionen 2901 10, 2902 20 00, 2902 30 00, 2902 41 00, 2902 42 00, 2902 43 00 und 2902 44 00 der Kombinierten Nomenklatur;
5. der folgenden Positionen und Unterpositionen der
Kombinierten Nomenklatur, die als Treibstoffe, als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen oder zum Verheizen dienen
Positionen 1507 bis 1518,
Unterposition 3824 90 99,
Unterposition 2905 11 00, ausgenommen solche von synthetischer Herkunft,
sowie Gemische dieser Waren mit anderen Mineralölen;
6.der Position 2207 der Kombinierten Nomenklatur, die durch alkoholische Gärung hergestellt werden und als Treibstoffe, als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen dienen, sowie Gemische dieser Waren mit anderen Mineralölen.
(9) .....
....."
15 § 5 MinStG lautet samt Überschrift:
"Steuererstattung oder Steuervergütung im Steuergebiet
§ 5. (1) Die entrichtete Steuer wird auf Antrag
erstattet oder vergütet
1. für nachweislich im Steuergebiet versteuertes, nicht
gebrauchtes Mineralöl, das in ein Steuerlager aufgenommen worden ist,
2. für nachweislich im Steuergebiet versteuerte Mineralöle
der im § 2 Abs. 8 Z 5 lit. a bis c und Z 6 bezeichneten Art, Kraftstoffe oder Heizstoffe, die nachweislich auf andere Art als zum Antrieb von Motoren, zur Herstellung von Treibstoffen oder zum Verheizen im Steuergebiet verwendet worden sind;
3. für nachweislich im Steuergebiet versteuerte
Kraftstoffe, Heizstoffe, Heizöle oder Flüssiggase, die im Steuergebiet zu einem Zweck verwendet worden sind, für den ein niedrigerer als der der Besteuerung zugrunde gelegte Steuersatz vorgesehen ist. In diesen Fällen ist nur die Steuerdifferenz zu erstatten oder zu vergüten.
(2) Erstattungs- oder vergütungsberechtigt ist
in den Fällen des Abs. 1 Z 1 der Inhaber des Steuerlagers,
im Übrigen derjenige, für dessen Rechnung die
Mineralöle, Kraftstoffe oder Heizstoffe verwendet wurden.
(3) .....
.....
(5) Die Erstattung oder Vergütung der Mineralölsteuer obliegt
1. in den Fällen des Abs. 1 Z 1 dem Zollamt, in dessen Bereich sich das Steuerlager befindet,
1a. in den Fällen des Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Z 1 oder 2 .....
in den Fällen des Abs. 4 .....
in den übrigen Fällen dem Zollamt, in dessen Bereich
sich der Betrieb oder der Geschäfts- oder Wohnsitz des Verwenders befindet, in Ermangelung eines solchen, dem Zollamt Innsbruck.
....."
16 Dass die in Rede stehende Ware, das nach der Vermischung aus der Tankstelle der Revisionswerberin abgepumpte Gemisch, unter die Unterposition 2710 99 00 90 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen ist, ist unbestritten. Damit ist aber nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes diese Ware zwar ein Mineralöl im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 MinStG, jedoch keines der in § 2 Abs. 8 Z 1 bis 6 angeführten Art. Daher finden die Mineralöl betreffenden Bestimmungen des MinStG auf die in Rede stehende Ware (das Gemisch) gemäß § 2 Abs. 8 erster Satz leg. cit. keine Anwendung.
17 Eine Erstattung der Mineralölsteuer nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG ist allerdings nur für Mineralöl vorgesehen, weshalb diese Bestimmung auf die in Rede stehende Ware nicht anzuwenden ist. Insoweit zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.
18 Die Revisionswerberin führt ins Treffen, bei der in Rede stehenden Ware handle es sich um ein "anderes Mineralöl" im Sinn des § 2 Abs. 8 zweiter Satz MinStG, für welches die Bestimmungen des Mineralölsteuergesetzes für Kraft- und Heizstoffe anzuwenden seien. Auch für Kraft- und Heizstoffe sehe § 5 Abs. 1 Z 2 leg. cit. auf Antrag eine Steuererstattung für nachweislich im Steuergebiet versteuerte Kraft- und Heizstoffe vor, die auf andere Art als zum Antrieb von Motoren, zur Herstellung von Treibstoffen oder zum Verheizen im Steuergebiet verwendet worden seien. Auf dieser Grundlage hätte das Bundesfinanzgericht eine Steuererstattung gewähren müssen.
19 Dem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
20 Die in Rede stehende Ware ist zufolge der unstrittigen Einreihung in die Unterposition 2710 99 00 90 zweifellos ein "anderes Mineralöl" im Sinn des § 2 Abs. 8 zweiter Satz MinStG. Daher ist auf diese Ware die Bestimmung über Kraftstoffe und Heizstoffe des § 5 Abs. 1 Z 2 MinStG anwendbar.
21 Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt, dass die in Rede stehende Ware "in der Folge im Werk Simmeringer Haide entsorgt" worden sei. Die Revisionswerberin hat bereits in der Berufung vorgebracht, das Zollamt habe auf die amtliche Überwachung der Vernichtung im Werk Simmeringer Haide verzichtet, dem Zollamt seien später die Unterlagen der Entsorgung zugesendet worden. In der Beschwerde wurde dieses Vorbringen wiederholt.
22 Bestand die "Entsorgung" nicht in einer Verwendung als Antrieb von Motoren, zur Herstellung von Treibstoffen oder zum Verheizen, dann wäre der Erstattungstatbestand des § 5 Abs. 1 Z 2 MinStG erfüllt.
23 Das Bundesfinanzgericht hätte daher - unter Einbindung der Revisionswerberin und der dieser obliegenden Mitwirkungspflicht - ermitteln müssen, ob die "Entsorgung" in einer Verwendung als Antrieb von Motoren, zur Herstellung von Treibstoffen oder zum Verheizen oder in einer anderen Verwendung im Sinn des § 5 Abs. 1 Z 2 MinStG bestanden hätte. Dabei wäre auch der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht im Rahmen des Parteiengehörs offen gestanden, den in der Revisionsbeantwortung vorgebrachten Einwand einzuwerfen, "das Mineralöl" sei "verheizt" worden.
24 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
25 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am