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VwGH 17.10.2017, Ro 2016/15/0020

VwGH 17.10.2017, Ro 2016/15/0020

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
VwGG §30a Abs1
VwGG §30a Abs2
VwGG §33 Abs1
RS 1
Kommt die revisionswerbende Partei der gemäß § 30a Abs. 2 erster Halbsatz VwGG ergangenen Aufforderung des VwG, Mängel der ordentlichen Revision zu beheben, nicht nach, gilt das gemäß § 30a Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG als Zurückziehung der Revision. In einem solchen Fall ist das Revisionsverfahren - anders als in den Fällen des § 30a Abs. 1 VwGG, in denen der Zurückweisungsbeschluss vom VwG zu fassen ist - gemäß dem sich nur an den VwGH richtenden § 33 Abs. 1 zweiter Satz VwGG von diesem mit Beschluss einzustellen (Hinweis B , Fr 2014/18/0004, betreffend die nach Zurückziehung eines Fristsetzungsantrages gemäß § 38 Abs. 4 erster Satz iVm § 33 Abs. 1 zweiter Satz VwGG vorgenommene Verfahrenseinstellung durch den VwGH).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/21/0074 B VwSlg 18988 A/2014 RS 1
Norm
VwGG §30b Abs1
RS 2
Nach § 30b Abs. 1 VwGG ist ein Vorlageantrag gegen einen Einstellungsbeschluss nicht zulässig. Daran ändert auch nichts, dass die Rechtsmittelbelehrung des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts unzutreffend die Stellung eines Vorlageantrags vorsah, zumal durch eine solche falsche Rechtsmittelbelehrung ein gesetzlich nicht normierter Rechtsweg nicht geschaffen bzw. die Zulässigkeit eines gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsmittels nicht bewirkt werden kann (vgl. , mwN). Der Verwaltungsgerichtshof deutet daher die als "Vorlageantrag" bezeichnete vorliegende Eingabe des Finanzamts, die den Einstellungsbeschluss bekämpft, als - mangels Nichtzulassungsentscheidung des Bundesfinanzgerichts - ordentliche Revision gegen den Einstellungsbeschluss des Bundesfinanzgerichts.
Normen
VwGG §30a Abs2
VwRallg
RS 3
Es gibt keine besonderen Formvorgaben für die Wertung von Schriftsätzen als "Beantwortung" von Mängelbehebungsaufträgen.
Normen
RS 1
Für die Auslegung des Konzernbegriffs in § 9 Abs. 7 KStG 1988 ist -

mangels spezialrechtlicher Definition - mit der hM auf den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff des § 15 AktG bzw. § 115 GmbHG abzustellen (vgl. Urtz in Achatz/Kirchmayr, KStG § 9 Rn 428 sowie Pinetz/Stefaner in Lang ua, KStG2 § 9 Rn 108). § 15 AktG und § 115 GmbHG verwenden gleichlautende Formulierungen. Für die Annahme einer (tatsächlich wahrgenommenen) "einheitlichen Leitung" iSd § 15 AktG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Mindesterfordernis, dass eine sich "auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik" vorhanden ist. Als Mittel der einheitlichen Leitung kommen vor allem Beteiligungen, die nicht Mehrheitsbeteiligungen zu sein brauchen, personelle Verflechtungen, maßgebende Finanzierungen und vertragliche Beziehungen in Betracht. Ein Konzern kann auch vorliegen, wenn kein Mutterunternehmen besteht, von dem die einheitliche Leitung ausgeht. Für einen Gleichordnungskonzern ist typisch, dass die Leitung nicht von einem "herrschenden Unternehmen" besorgt wird, sondern von einer anderen Stelle als Konzernspitze, sodass keines der Konzernunternehmen von einem anderen Konzernunternehmen abhängig ist (vgl. ). In der Literatur wird zudem darauf hingewiesen, dass der Einflussnahme im finanziellen Bereich im beweglichen Beurteilungssystem für den Begriff der einheitlichen Leitung eine "Schlüsselstellung" zukomme (Jabornegg in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 15 Rn 14). Dabei könne gerade auch die Teilnahme an einem konzerninternen Cash-Pooling angesichts der damit einhergehenden finanziellen Koordination für die Ausübung einheitlicher Leitung sprechen (P Doralt/Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 15 Rn 8). Die Absicherung der Einflussnahme durch ein rechtlich verbindliches Weisungsrecht sei nicht erforderlich, es genüge schon eine bloß faktische Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft (P Doralt/Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 15 Rn 8).
Norm
RS 2
Der Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 7 KStG 1988 stellt lediglich darauf ab, dass die Anschaffung "von einem konzernzugehörigen Unternehmen" erfolgt. Inwieweit an dem Erwerbsvorgang nicht beteiligte andere Tochtergesellschaften eines der beiden Vertragspartner auch in die einheitliche Leitung eingebunden sind, ist daher für die Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestands irrelevant. Die Einschränkung der zulässigen Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 greift vielmehr, sobald ein Konzernverhältnis zwischen Verkäuferin und Käuferin besteht - unabhängig davon, ob und wieviele andere verbundene Gesellschaften Teil dieses Konzernverhältnisses sind.
Normen
RS 3
Es ist Aufgabe des Bundesfinanzgerichts, alle erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, um das Bestehen oder Nichtbestehen einer Abgabenpflicht gemäß § 279 BAO zu beurteilen (vgl. ). Wenn die Ermittlungsergebnisse des Finanzamts nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes für eine abschließende Beurteilung noch nicht ausreichen, liegt es daher vielmehr am Bundesfinanzgericht, im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht (unter Beachtung der Mitwirkungspflichten des Mitbeteiligten) als notwendig erachtete Ermittlungsschritte (etwa auch unter ergänzender Befragung der Betriebsprüfer oder auch Erteilung - bestimmter - Ermittlungsaufträge an die Abgabenbehörde gemäß § 269 BAO) zu setzen und nach Maßgabe der Grundsätze der freien Beweiswürdigung nach § 167 BAO in Auseinandersetzung mit den bisherigen Verfahrensergebnissen und den Parteienvorbringen den entscheidungswesentlichen Sachverhalt festzustellen (vgl. , sowie Sutter in Holoubek/Lang, Grundfragen der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit 244 mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg in 8570 Voitsberg, Dr. Christian Niederdorferstraße 1, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RR/2100010/2016, betreffend Gegenstandsloserklärung einer Revision (mitbeteiligte Partei: K GmbH als Rechtsnachfolgerin der T GmbH in L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfung- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstrasse 41), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom gab das Bundesfinanzgericht einer Beschwerde der mitbeteiligten GmbH Folge und änderte die vor ihm bekämpften Bescheide betreffend Feststellung Gruppenträger 2007 bis 2009 ab. Die Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage des Vorliegens eines Konzernverhältnisses bei der gegebenen besonderen Sachverhaltskonstellation gebe.

2 Mit dem gegenständlichen Beschluss vom erklärte das Bundesfinanzgericht die vom Finanzamt eingebrachte Revision als gegenstandslos geworden und stellte das Revisionsverfahren ein. Begründend führte es im Wesentlichen aus, die Zustellung des Erkenntnisses an das revisionswerbende Finanzamt sei am erfolgt, woraus sich ein Ende der Revisionsfrist am ergebe.

3 Das Finanzamt habe die Revision sowohl beim Verwaltungsgerichtshof als auch beim Bundesfinanzgericht eingebracht. Zur beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Revision sei zu bemerken, dass die (am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte) Revision mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofs vom dem Bundesfinanzgericht zuständigkeitshalber übermittelt worden sei. Der Eingang dieser Revision beim Bundesfinanzgericht sei am , somit außerhalb der sechswöchigen Revisionsfrist, erfolgt.

4 Zur beim Bundesfinanzgericht eingebrachten Revision sei zu bemerken, dass die Revision beim Bundesfinanzgericht am in vierfacher Ausfertigung eingelangt sei; sie sei jedoch - obwohl als beiliegend verzeichnet - ohne eine Kopie des angefochtenen Erkenntnisses eingegangen. Mit Mängelbehebungsauftrag vom sei die Revision gemäß § 30a Abs. 2 VwGG dem Finanzamt zur Behebung des Mangels des Fehlens einer Ausfertigung, Abschrift oder Kopie des angefochtenen Erkenntnisses zurückgestellt und dieses aufgefordert worden, unter Wiedervorlage der Revisionsschriftsätze den Mangel binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens zu beheben. Das Finanzamt sei darauf hingewiesen worden, dass die Versäumung dieser Frist als Zurückziehung gelte. Der Eingang der Revision (vierfach) samt einer Kopie des angefochtenen Erkenntnisses sei am (Poststempel: ), somit außerhalb der Mängelbehebungsfrist, erfolgt. Die Revision sei daher als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen gewesen.

5 Gegen diesen Beschluss wendete sich das Finanzamt mit dem gegenständlichen „Vorlageantrag“. Das antragstellende Finanzamt bringt darin im Wesentlichen vor, der für die Einreichung der Revision zuständige Fachvorstand habe bestätigt, die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und beim Bundesfinanzgericht jeweils unter Anschluss einer Kopie des angefochtenen Erkenntnisses im Sinne des § 28 Abs. 4 VwGG eingereicht zu haben. Für die Richtigkeit dieser Aussage spreche zum einen, dass das Erkenntnis in der beim Bundesfinanzgericht eingebrachten Revisionsschrift als beiliegend verzeichnet worden sei. Zum anderen sei das Erkenntnis der beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten gleichlautenden Revision offenbar jedenfalls beigelegen. In der Begründung des vorliegenden Beschlusses werde dazu nichts Gegenteiliges behauptet.

6 Selbst wenn man davon ausgehe, dass das angefochtene Erkenntnis der beim Bundesfinanzgericht eingebrachten Revision nicht angeschlossen gewesen sei, so sei dieses jedoch jedenfalls durch die beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte und mit verfahrensleitender Anordnung vom dem Bundesfinanzgericht zuständigkeitshalber weitergeleitete Revision dem Bundesfinanzgericht am , also noch innerhalb der dem Finanzamt mit Mängelbehebungsauftrag vom 28. Juni aufgetragenen vierzehntätigen Mängelbehebungsfrist, zugekommen, sodass der Mangel jedenfalls als behoben gelten müsse, weil dem Bundesfinanzgericht die Revision samt angefochtenem Erkenntnis am vorgelegen sei.

7 Ergänzend werde schließlich auf die Ausführungen im Kommentarschrifttum verwiesen, wonach der Anordnung des § 28 Abs. 4 VwGG künftig nur noch untergeordnete Bedeutung beizumessen sein werde. Demnach habe diese Vorschrift dem Verwaltungsgerichtshof im bisher zu führenden Beschwerdeverfahren, in dem die Beschwerden bei ihm einzubringen gewesen seien, in erster Linie ermöglichen sollen, in bereits anhand der Beschwerde und des angefochtenen Bescheids klaren Angelegenheiten eine Entscheidung ohne Einleitung des Vorverfahrens - also insbesondere auch ohne Einsichtnahme in die Verwaltungsakten - zu treffen. Dafür sei es notwendig gewesen, dass dem Verwaltungsgerichtshof der Inhalt des angefochtenen Bescheids durch Vorlage einer Ausfertigung, Abschrift oder Kopie desselben bekannt gemacht worden sei. Künftig werde der Verwaltungsgerichtshof, dem mit der Revision auch die Verwaltungsakten vorzulegen seien, im Regelfall schon durch die in den Verfahrensakten einliegende Urschrift Kenntnis vom Inhalt der angefochtenen Entscheidung erlangen, die in der Revision gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 und 2 VwGG auch ausreichend zu individualisieren sei (Hinweis auf Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 28 K 3).

8 Mit Verfügung vom hat der Verwaltungsgerichtshof den eingebrachten „Vorlageantrag“ vorläufig als Revision gedeutet und das Vorverfahren eingeleitet.

9 Die mitbeteiligte Partei hat daraufhin eine Revisionsbeantwortung eingebracht, in der sie sich für eine Einstellung des Verfahrens aussprach. Bei lebensnaher Betrachtung liege die Vermutung nahe, dass die Erkenntniskopie bei Einbringung der Revision an das Bundesfinanzgericht nicht beigelegt worden sei. Der daraufhin ergangene Mängelbehebungsauftrag sei aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit des Sachbearbeiters nicht fristgerecht erfüllt worden. Der Mängelbehebungsauftrag des Bundesfinanzgerichts habe sich auf die fristgerecht, jedoch unvollständig beim Bundesfinanzgericht eingereichte Revision bezogen. Zwischen dem Mängelbehebungsauftrag und der beim Verwaltungsgerichtshof eingereichten weiteren (letztlich verspäteten) Revision bestehe kein Zusammenhang. Sie könne daher auch nicht als „Beantwortung“ des Mängelbehebungsauftrages betrachtet werden, zumal die Einreichung beim Bundesfinanzgericht nicht anlässlich des Mängelbehebungsauftrages, sondern aufgrund der Weiterleitung durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt sei.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Kommt die revisionswerbende Partei einer gemäß § 30a Abs. 2 erster Halbsatz VwGG ergangenen Aufforderung des Verwaltungsgerichts, näher bezeichnete Form- und Inhaltsmängel der Revision zu beheben, nicht nach, gilt dies gemäß § 30a Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG als Zurückziehung der Revision.

12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist diesfalls das Revisionsverfahren - anders als in den Fällen des § 30a Abs. 1 VwGG, in denen ein Zurückweisungsbeschluss vom Verwaltungsgericht zu fassen ist - gemäß dem sich nur an den Verwaltungsgerichtshof richtenden § 33 Abs. 1 zweiter Satz VwGG von diesem mit Beschluss einzustellen (vgl. , und vom , Ro 2014/21/0074, sowie Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 30a VwGG, K 7 ff).

13 Nach § 30b Abs. 1 VwGG ist ein Vorlageantrag gegen einen Einstellungsbeschluss nicht zulässig. Daran ändert auch nichts, dass die Rechtsmittelbelehrung des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts unzutreffend die Stellung eines Vorlageantrags vorsah, zumal durch eine solche falsche Rechtsmittelbelehrung ein gesetzlich nicht normierter Rechtsweg nicht geschaffen bzw. die Zulässigkeit eines gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsmittels nicht bewirkt werden kann (vgl. , mwN).

14 Der Verwaltungsgerichtshof deutet daher die als „Vorlageantrag“ bezeichnete vorliegende Eingabe des Finanzamts, die den Einstellungsbeschluss bekämpft, als - mangels Nichtzulassungsentscheidung des Bundesfinanzgerichts - ordentliche Revision gegen den Einstellungsbeschluss des Bundesfinanzgerichts.

15 Diese Revision erweist sich schon deswegen als (zulässig und) begründet, weil dem Bundesfinanzgericht nach dem Gesagten in einem Fall wie dem vorliegenden keine Zuständigkeit zukommt, die Revision als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

16 Der angefochtene Beschluss war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben.

17 Eine Einstellung des Verfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof nach § 33 Abs. 1 VwGG hat aber nicht zu erfolgen. Wie das Finanzamt nämlich zu Recht vorgebracht hat, lag dem Verwaltungsgericht auf Grund der vom Verwaltungsgerichtshof weitergeleiteten Revision, die ihrerseits eine Kopie des angefochtenen Erkenntnisses enthielt, innerhalb offener Mängelbehebungsfrist eine vom Finanzamt angeschlossene Kopie des angefochtenen Erkenntnisses vor. Damit war der Mängelbehebungsauftrag aber fristgerecht erfüllt und von einer mängelfreien Revision auszugehen, zumal es - entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei - keine besonderen Formvorgaben für die Wertung von Schriftsätzen als „Beantwortung“ von Mängelbehebungsaufträgen gibt.

18 Der Verwaltungsgerichtshof wird in der Folge das Vorverfahren über die vorliegende Revision gegen das Erkenntnis vom einleiten.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg in 8570 Voitsberg, Dr. Christian Niederdorferstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100667/2011, betreffend Feststellungsbescheide Gruppenträger 2007 bis 2009 (mitbeteiligte Partei: K GmbH als Rechtsnachfolgerin der T Holding GmbH in L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstrasse 41), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei ist - nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts - aufgrund Verschmelzung die Rechtsnachfolgerin der T-Holding GmbH (Verschmelzungsstichtag: ), die laut Prüfungsfeststellung der Außenprüfung in den Streitjahren 2007 bis 2009 im Zusammenhang mit dem Erwerb der Geschäftsanteile an der B GmbH jährlich eine Firmenwertabschreibung in Höhe von 202.429,97 EUR (= 1/15 von 50% von 6,072.899 EUR) steuerlich aufwandswirksam geltend machte.

2 Der Erwerb der Geschäftsanteile an der B GmbH erfolgte dabei nach den Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts in folgender Form:

"Die T-Holding GmbH war laut Firmenbuch eine mit Gesellschaftsvertrag vom gegründete Gesellschaft mit dem Geschäftszweig ‚Betonwarenerzeugung'.

Gründungsgesellschafter waren die M GmbH (deren Alleingesellschafterin die Mitbeteiligte ist und die seit den 1980er-Jahren zur K-Gruppe, einem multinationalen Zementkonzern mit Hauptsitz in Österreich, gehört) und die F GmbH & Co KG, die zum F-Konzern gehört.

Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom erwarb die M GmbH um den Kaufpreis von 3,570.000 EUR 56% der Geschäftsanteile an der B GmbH.

Im Zuge der am erfolgten Gründung der T-Holding GmbH trafen die M GmbH und die F GmbH & Co KG eine notariell beglaubigte Gesellschaftervereinbarung. Gemeinsames Ziel beider Gesellschafter sei es, alle Tiefbauaktivitäten der beiden Gesellschafter (vorerst in Österreich) zu bündeln.

Mit Vereinbarung vom (‚Cash Pooling Vereinbarung') wurde die T-Holding GmbH in den seit bestehenden Kreis der Pooling-Unternehmen des K-Konzerns aufgenommen. Die Vereinbarung betraf die Abwicklung und Organisation einer Liquiditätskonzentration (effektives Cash Pooling) zwischen der R-Bank und der K GmbH & Co KG sowie den Pooling-Unternehmen.

Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom und vom erwarb die T-Holding GmbH weitere Geschäftsanteile an der B GmbH.

Mit Einbringungsverträgen vom übertrugen die M GmbH (unter Zuzahlung eines Betrages in Höhe von 2,9 Mio. EUR) und die F GmbH & Co KG jeweils ihre Teilbetriebe ‚Tiefbau' auf die T-Holding GmbH.

Mit Abtretungsvertrag vom veräußerte die M GmbH ihre Geschäftsanteile an der B-GmbH (99%) um 6,072.899 EUR an die T-Holding GmbH. Die restlichen Geschäftsanteile an der B GmbH wurden aufgrund eines Treuhandvertrages vom treuhändig von der HH GmbH (0,5% vom Stammkapital) und von der F GmbH & Co KG (0,5% vom Stammkapital) für die T-Holding GmbH (als Treugeberin) gehalten.

Einem mit datierten ‚Nachtrag zum Notariatsakt' zufolge soll die Abtretung der Geschäftsanteile im Innenverhältnis bereits mit erfolgt sein. Für die bisherige Anteilshaltung an der B GmbH ‚aufgelaufene' Finanzierungskosten der M GmbH seien im Kaufpreis zu berücksichtigen. Diese Nebenkosten der M GmbH betrügen bis zur Übertragung 139.000 EUR und seien irrtümlicher Weise nicht im Abtretungspreis berücksichtigt worden. Einvernehmlich werde daher zwischen den Vertragsparteien festgehalten, dass der Kaufpreis statt der im Vertrag angegebenen 6,072.899 EUR tatsächlich 6,211.899 EUR betrage. Der gesamte Abtretungspreis sei zwischenzeitlich zur Gänze beglichen.

Mit Abtretungsvertrag vom veräußerte die M GmbH ihren Geschäftsanteil an der T-Holding GmbH ‚zum Buchwert' von 151.000 EUR an die Mitbeteiligte.

Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom trat die F GmbH & Co KG ihren Geschäftsanteil an der T-Holding GmbH an die Mitbeteiligte ab.

Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die T-Holding GmbH als übertragende Gesellschaft mit der Mitbeteiligten als übernehmende Gesellschaft verschmolzen."

3 Mit Schreiben vom stellte die T-Holding GmbH als Gruppenträgerin (Bilanzstichtag: 31.12.) unter Verwendung des amtlichen Formulars den Gruppenantrag gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988. Als (einziges) Gruppenmitglied wurde die T-B GmbH (vormals B GmbH, Bilanzstichtag: 31.12.) bekannt gegeben.

4 Mit Bescheid vom gab das Finanzamt dem Antrag der T-Holding GmbH auf Feststellung einer Gruppe gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 statt. Mit dem Feststellungsbescheid Gruppenträger 2007 vom stellte es den Gesamtbetrag der Einkünfte und das Einkommen des Gruppenträgers (erklärungsgemäß) mit jeweils -1.269.578,68 EUR fest. Weiters setzte es mit dem Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2007 vom die Körperschaftsteuer (erklärungsgemäß) mit 3.499,04 EUR fest.

5 Im Zuge einer im Jahr 2010 durchgeführten Außenprüfung bei der T-Holding GmbH betreffend Körperschaftsteuer 2006 bis 2008 traf der Prüfer u.a. die Feststellung, dass die in den Jahren 2007 und 2008 geltend gemachte Firmenwertabschreibung im Betrag von jeweils jährlich 202.429,97 EUR wegen Vorliegens eines Konzernerwerbs steuerlich nicht anzuerkennen und daher dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen sei.

6 In den daraufhin erlassenen Feststellungsbescheiden Gruppenträger 2007, 2008 und 2009 vom stellte das Finanzamt den Gesamtbetrag der Einkünfte und das Einkommen des Gruppenträgers mit jeweils -1.066.148,71 EUR (2007), 413.410,64 EUR (2008) und -152.954,39 EUR (2009) fest.

7 Dagegen erhob die T-Holding GmbH als Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten Berufung (nunmehr: Beschwerde) und beantragte u.a. - unter zusätzlicher Berücksichtigung von Anschaffungsnebenkosten - für die Veranlagungsjahre 2007 bis 2009 die Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs. 7 KStG in Höhe von 207.996,37 EUR anzuerkennen.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und änderte die Feststellungsbescheide entsprechend ab. Begründend führte es aus, gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 sei im Falle der Anschaffung einer Beteiligung (Abs. 4) durch ein Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger oder eine für eine Gruppenbildung geeignete Körperschaft an einer betriebsführenden unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligungskörperschaft (Abs. 2) ab Zugehörigkeit dieser Körperschaft zur Unternehmensgruppe beim unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger eine Firmenwertabschreibung gleichmäßig auf 15 Jahre verteilt vorzunehmen.

9 Ausgenommen von dieser Teilwertabschreibung sei gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 die Anschaffung einer Beteiligung direkt oder indirekt von einem konzernzugehörigen Unternehmen (BGBl. I Nr. 57/2004) bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter (BGBl. I Nr. 180/2004). Zur Vermeidung von Gestaltungen solle nur eine "fremdbezogene" Beteiligungsanschaffung Anlass für eine Firmenwertabschreibung geben, Anschaffungen im Konzern und damit auch innerhalb der Unternehmensgruppe kämen daher nicht in Betracht.

10 Jenem Teil der Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 7 KStG 1988, der auf "konzernzugehörige Unternehmen" Bezug nehme (BGBl. I Nr. 57/2004), sei die Regelung des § 115 GmbHG bzw. des § 15 AktG zugrunde zu legen. Soweit die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 7 KStG 1988 auf "einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter" abstelle (BGBl. I Nr. 180/2004), komme ihr im Beschwerdefall keine (eigene) Bedeutung zu, weil der Regelungsgehalt dieser später ins Gesetz eingefügten Wortfolge bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw. Aktiengesellschaften bereits durch § 115 Abs. 2 GmbHG bzw. § 15 Abs. 2 AktG abgedeckt sei und daher keine Erweiterung der Ausnahmebestimmung für diese Gesellschaften erfolgt sei.

11 Um von einem Konzern iSd § 15 AktG sprechen zu können, bedürfe es der einheitlichen Leitung rechtlich selbständiger Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken bzw. nach § 15 Abs. 2 AktG des beherrschenden Einflusses eines selbständigen Unternehmens auf ein anderes, wobei die Abhängigkeit durch Beteiligung, aber auch auf andere Weise, z.B. durch maßgebliche Finanzierung oder Personalunion in den Organen sowie durch Betriebsverpachtung, durch einen Betriebsüberlassungsvertrag, Betriebsführungsvertrag oder Gewinngemeinschaften und Verwaltungsgemeinschaften hergestellt sein könne (Hinweis auf ).

12 Zum allfälligen Bestehen einer einheitlichen Leitung rechtlich selbständiger Unternehmen durch die M GmbH (§ 115 Abs. 1 GmbHG) sei Folgendes auszuführen: Mindesterfordernis für die Annahme einer (tatsächlich wahrgenommenen) "einheitlichen Leitung" sei, dass eine sich "auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik" vorhanden sei. Soweit es um die Mittel der einheitlichen Leitung gehe, sei der gesetzliche Konzerntatbestand offen. In Betracht kämen vor allem Beteiligungen, die nicht einmal Mehrheitsbeteiligungen sein müssten (und schon als solche Leitungsmöglichkeiten eröffneten), personelle Verflechtungen, maßgebende Finanzierungen und vertragliche Beziehungen, insbesondere auf Grund von Unternehmensverträgen (als Organisationsverträgen) oder sonstigen Verträgen. Häufig ließen sich sowohl rechtliche als auch faktische Elemente feststellen, welche insgesamt die einheitliche Leitung begründeten (Hinweis auf ).

13 Soweit das Finanzamt unter Bezugnahme auf dieses "Mindesterfordernis" das Bestehen eines Konzernverhältnisses zwischen der M GmbH und der T-Holding GmbH mit dem Vorliegen einer "einheitlichen Konzernleitung" begründe, sei ihr entgegenzuhalten, dass es keine Umstände festgestellt habe, die zumindest eine sich auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik einheitlich für die T-Holding GmbH einerseits und die anderen Tochtergesellschaften der M GmbH (und zwar neben drei kroatischen Gesellschaften drei weitere GmbH-Gesellschaften) andererseits hätten erkennen lassen.

14 Daran ändere auch die Bestimmung in der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung, wonach der Bereich "Unternehmensstrategie und Geschäftspolitik" den Geschäftsführern AR (Geschäftsführer der M GmbH) und EJ (Geschäftsführer der F GmbH & Co KG) gleichermaßen unterstellt sei, nichts. Dem vom Finanzamt in diesem Zusammenhang herangezogenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch mehrere Unternehmen eine Konzernspitze bilden könnten, sofern ihre Leitungsmacht hinreichend koordiniert sei (Hinweis auf ), seien in sachverhaltsmäßiger Hinsicht wechselseitige Beteiligungsverhältnisse an den beiden die Konzernspitze bildenden Unternehmen zugrunde gelegen, während im Revisionsfall zwei voneinander unabhängige Gesellschaften nebeneinander als Gesellschafter bestanden hätten.

15 Zum allfälligen Bestehen eines beherrschenden Einflusses der M GmbH auf die T-Holding GmbH (§ 115 Abs. 2 GmbHG) sei Folgendes auszuführen: Das Bundesfinanzgericht könne auch keine Umstände erkennen, die einen beherrschenden Einfluss der M GmbH auf die T-Holding GmbH belegen. Insbesondere seien der M GmbH keine Rechte im Sinne des § 244 Abs. 2 UGB zugestanden. Die Teilnahme der T-Holding GmbH am Cash Pooling der M Gruppe (zwischen Dezember 2005 und Mai 2007) habe lediglich in der Teilnahme am täglichen Ausgleich der Kontokorrentkonten der beteiligten Gesellschaften bei der Bank bestanden, was aber in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht keinen beherrschenden Einfluss der M GmbH auf die T-Holding GmbH vermittle. Auch der "operative" Geschäftsführer MD habe keinen beherrschenden Einfluss der M GmbH auf die T-Holding GmbH vermittelt, weil dieser "von außen" für die Geschäftsführung der T-Holding GmbH geholt und bis dahin in der M GmbH nur für kurze Zeit "zwischenbeschäftigt" worden sei. Auch im Hinblick auf Punkt IV. (1) der zwischen der M GmbH und der F GmbH & Co KG getroffenen Gesellschaftervereinbarung vom , wonach für Gesellschafterbeschlüsse eine 75%- Mehrheit erforderlich gewesen sei (was die Gesellschafter auch bei gesellschaftsrechtlich bedeutsamen Entscheidungen de facto zur Einstimmigkeit verpflichtet oder zur Hinnahme der Entscheidung durch einen Dritten gezwungen habe) lasse die "operative" Geschäftsführung durch MD keinen beherrschenden Einfluss der M GmbH auf die T-Holding GmbH erkennen. Im Hinblick auf diese Gesellschaftervereinbarung lasse auch die Aufgabenverteilung in der Geschäftsordnung nicht den Schluss zu, dass die M GmbH dadurch einen beherrschenden Einfluss auf die T-Holding GmbH gehabt hätte.

16 Wenn das Finanzamt schließlich meine, dass die Gesellschaftervereinbarung vom die M GmbH und die F GmbH & Co KG zur Einstimmigkeit von Beschlüssen betreffend die T-Holding GmbH gezwungen habe, und sie daraus ungeachtet der bloßen Hälfte-Beteiligung einen beherrschenden Einfluss der M GmbH auf die T-Holding GmbH folgere, so sei ihr entgegenzuhalten, dass sich aus dieser Vereinbarung ein beherrschender Einfluss der M GmbH auf die T-Holding GmbH (mit der Folge, dass sich die F GmbH & Co KG in Bezug auf die T-Holding GmbH dem Willen der M GmbH beugen habe müssen) nicht ableiten lasse (siehe nochmals die Gesellschaftervereinbarung vom , wonach die beiden Gesellschaften zur Einstimmigkeit oder zur Hinnahme der Entscheidung durch einen Dritten gezwungen waren).

17 Die Revision ließ das Bundesfinanzgericht zu, "weil es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Vorliegens eines Konzernverhältnisses bei der gegebenen besonderen Sachverhaltskonstellation gibt".

18 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Finanzamts; die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

20 Die Revision ist zulässig und begründet.

21 Strittig ist im Revisionsfall, ob der mitbeteiligten Partei als Rechtsnachfolgerin der T-Holding GmbH im Zusammenhang mit der im Abtretungsvertrag vom bewirkten Anschaffung des Geschäftsanteils an der B GmbH eine Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 zusteht oder ob die Beteiligungsanschaffung angesichts eines vorliegenden Konzernverhältnisses den Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 7 KStG 1988 erfüllt.

22 § 9 Abs. 7 KStG 1988, in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2005, lautet:

"Bei der Gewinnermittlung sind Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Z 2 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988) und Veräußerungsverluste hinsichtlich von Beteiligungen an Gruppenmitgliedern nicht abzugsfähig. Im Falle der Anschaffung einer Beteiligung (Abs. 4) durch ein Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger oder eine für eine Gruppenbildung geeignete Körperschaft an einer betriebsführenden unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligungskörperschaft (Abs. 2), ausgenommen unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter, ist ab Zugehörigkeit dieser Körperschaft zur Unternehmensgruppe beim unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger eine Firmenwertabschreibung in folgender Weise vorzunehmen: (...)"

23 Im Revisionsfall ist somit entscheidend, ob die revisionsgegenständliche Beteiligungsanschaffung durch die T-Holding GmbH "unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter" erfolgt ist.

24 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des SteuerreformG 2005 (451 BlgNr 22. GP, 26) begründen diesen Konzernerwerbsausschluss folgendermaßen:

"Zur Vermeidung von Gestaltungen soll nur eine ‚fremdbezogene' Beteiligungsanschaffung Anlass für eine Firmenwertabschreibung geben, Anschaffungen im Konzern und damit auch innerhalb der Unternehmensgruppe kommen daher nicht in Betracht."

25 Für die Auslegung des Konzernbegriffs in § 9 Abs. 7 KStG 1988 ist - mangels spezialrechtlicher Definition - mit der hM auf den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff des § 15 AktG bzw. § 115 GmbHG abzustellen (vgl. Urtz in Achatz/Kirchmayr, KStG § 9 Rn 428 sowie Pinetz/Stefaner in Lang ua, KStG2 § 9 Rn 108).

26 § 15 AktG und § 115 GmbHG formulieren gleichlautend:

"(1) Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen.

(2) Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluß eines anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen."

27 Für die Annahme einer (tatsächlich wahrgenommenen) "einheitlichen Leitung" iSd § 15 AktG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Mindesterfordernis, dass eine sich "auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik" vorhanden ist. Als Mittel der einheitlichen Leitung kommen vor allem Beteiligungen, die nicht Mehrheitsbeteiligungen zu sein brauchen, personelle Verflechtungen, maßgebende Finanzierungen und vertragliche Beziehungen in Betracht. Ein Konzern kann auch vorliegen, wenn kein Mutterunternehmen besteht, von dem die einheitliche Leitung ausgeht. Für einen Gleichordnungskonzern ist typisch, dass die Leitung nicht von einem "herrschenden Unternehmen" besorgt wird, sondern von einer anderen Stelle als Konzernspitze, sodass keines der Konzernunternehmen von einem anderen Konzernunternehmen abhängig ist (vgl. ).

28 In der Literatur wird zudem darauf hingewiesen, dass der Einflussnahme im finanziellen Bereich im beweglichen Beurteilungssystem für den Begriff der einheitlichen Leitung eine "Schlüsselstellung" zukomme (Jabornegg in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 15 Rn 14). Dabei könne gerade auch die Teilnahme an einem konzerninternen Cash-Pooling angesichts der damit einhergehenden finanziellen Koordination für die Ausübung einheitlicher Leitung sprechen (P Doralt/Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 15 Rn 8). Die Absicherung der Einflussnahme durch ein rechtlich verbindliches Weisungsrecht sei nicht erforderlich, es genüge schon eine bloß faktische Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft (P Doralt/Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 15 Rn 8).

29 Nähere Feststellungen zu diesen Merkmalen lässt das Bundesfinanzgericht zur Gänze vermissen. Das Bundesfinanzgericht beschränkt sich vielmehr auf die Feststellung, dass das Finanzamt keine Umstände festgestellt habe, die zumindest eine sich auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik einheitlich für die T-Holding GmbH einerseits und die anderen Tochtergesellschaften der M GmbH (uzw neben drei kroatischen Gesellschaften drei weitere österreichische GmbH-Gesellschaften) andererseits hätten erkennen lassen.

30 Dazu ist zunächst zu sagen, dass der Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 7 KStG 1988 lediglich darauf abstellt, dass die Anschaffung "von einem konzernzugehörigen Unternehmen" erfolgt. Inwieweit an dem Erwerbsvorgang nicht beteiligte andere Tochtergesellschaften eines der beiden Vertragspartner auch in die einheitliche Leitung eingebunden sind, ist daher für die Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestands irrelevant. Die Einschränkung der zulässigen Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 greift vielmehr, sobald ein Konzernverhältnis zwischen Verkäuferin und Käuferin besteht - unabhängig davon, ob und wieviele andere verbundene Gesellschaften Teil dieses Konzernverhältnisses sind. Insofern ist die Rüge des Bundesfinanzgerichts hinsichtlich fehlender diesbezüglicher Feststellungen des Finanzamts schon in der Sache nicht berechtigt.

31 Für eine "koordinierte Unternehmenspolitik" zwischen der T-Holding GmbH als Erwerberin und ihrer Gründungsgesellschafterin M GmbH als Verkäuferin bestehen im Revisionsfall demgegenüber nach den vom Finanzamt übernommenen Feststellungen der Außenprüfung zahlreiche Indizien. So sei die T-Holding GmbH mit der M GmbH über eine Cash-Pooling-Vereinbarung der K-Gruppe näher verbunden gewesen. Ziel der Gründung der T-Holding GmbH sei es gewesen, alle Tiefbauaktivitäten der M GmbH einerseits und der (konzernfremden) F GmbH & Co KG als zweiter Gründungsgesellschafterin zu bündeln. Dabei sei von der M GmbH schon in der Gesellschaftervereinbarung zugesagt worden, "zur Förderung der gemeinsamen Gesellschaft" die Aufgaben "Finanzen, Controlling, IT, Technik (Planung/Konstruktion, Statik, Kalkulation)" zu übernehmen. Mit der Person des Geschäftsführers der M GmbH, der auch Teil der Geschäftsführung der T-Holding GmbH gewesen sei, habe es eine personelle Verflechtung gegeben. Zudem sei auf Ebene der Geschäftsführung der T-Holding GmbH Einstimmigkeit erforderlich gewesen, womit - abgesehen von der Befassung Dritter im Streitfall - grundsätzlich keine Entscheidung gegen den Willen der M GmbH gefällt werden konnte.

32 Dass neben der M GmbH auch die F GmbH & Co KG über ihre Hälftebeteiligung maßgeblichen Einfluss auf die T-Holding GmbH gehabt hat, schließt eine Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 im Übrigen nicht von Vornherein aus (vgl. zum Konzernbegriff ).

33 Mit den gewichtigen Indizien für das Vorliegen eines Konzernverhältnisses im Sinne des Konzern-Ausschlusstatbestandes gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 hat sich das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf die vermeintlich fehlenden Feststellungen des Finanzamts allerdings überhaupt nicht weiter auseinander gesetzt, womit sich seine Beweiswürdigung bereits als mangelhaft erweist.

34 Zudem übersieht das Bundesfinanzgericht mit seinem Hinweis auf fehlende Feststellungen des Finanzamts, dass es seine eigene Aufgabe ist, alle erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, um das Bestehen oder Nichtbestehen einer Abgabenpflicht zu beurteilen (vgl. ). Wenn die Ermittlungsergebnisse des Finanzamts nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes für eine abschließende Beurteilung noch nicht ausreichen, liegt es daher vielmehr am Bundesfinanzgericht, im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht (unter Beachtung der Mitwirkungspflichten des Mitbeteiligten) als notwendig erachtete Ermittlungsschritte (etwa auch unter ergänzender Befragung der Betriebsprüfer oder auch Erteilung - bestimmter - Ermittlungsaufträge an die Abgabenbehörde gemäß § 269 BAO) zu setzen und nach Maßgabe der Grundsätze der freien Beweiswürdigung nach § 167 BAO in Auseinandersetzung mit den bisherigen Verfahrensergebnissen und den Parteienvorbringen den entscheidungswesentlichen Sachverhalt festzustellen (vgl. , sowie etwa Sutter in Holoubek/Lang, Grundfragen der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit 244).

35 Das angefochtene Erkenntnis war nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

36 Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VwGG §30a Abs1
VwGG §30a Abs2
VwGG §30b Abs1
VwGG §33 Abs1
VwRallg
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016150020.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAE-94305