VwGH vom 23.02.2017, Ro 2016/15/0006
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des Finanzamts Graz-Stadt in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100567/2015, betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger 2010 und 2011 (mitbeteiligte Partei: K AG in H, vertreten durch die Baumgartner & Grienschgl GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 8010 Graz, Elisabethstraße 40), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Aktiengesellschaft weist ein abweichendes, jeweils am 31. März endendes Wirtschaftsjahr auf.
2 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde u.a. festgehalten, bei der Mitbeteiligten seien im Zusammenhang mit dem Erwerb der D GmbH in den Jahren 2010 und 2011 Beratungsaufwendungen angefallen. Bei diesen Beratungskosten handle es sich nicht um bloße Maßnahmen zur Vorbereitung einer noch gänzlich unbestimmten und später vielleicht erst noch zu treffenden Erwerbsentscheidung (wie zB bei einer Marktstudie). Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Mitbeteiligte bereits im Zeitpunkt der Beauftragung der Due Diligence-Prüfung die Absicht gehabt habe, die D GmbH zu erwerben, falls das Prüfungsergebnis positiv ausfalle. Die Aufwendungen seien daher als Anschaffungskosten zu aktivieren.
3 Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und stellte das Einkommen Gruppenträger für die Jahre 2010 und 2011 mit Bescheiden vom fest.
4 Die Mitbeteiligte erhob gegen diese Bescheide Beschwerde. 5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesfinanzgericht die Bescheide ab und verwies zu den Bemessungsgrundlagen auf die dem Erkenntnis angeschlossenen Berechnungsblätter. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
6 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, im Aufsichtsrat der Mitbeteiligten sei am beschlossen worden, eine Marktstudie zu erstellen, die Bilanzen der D GmbH genau zu prüfen und eine Due Diligence-Prüfung durchzuführen. In einem Letter of Intent vom sei die weitere Vorgehensweise zwischen der Mitbeteiligten und der D GmbH festgehalten worden, nämlich die Durchführung einer Due Diligence-Prüfung zu ermöglichen, in der Kalenderwoche 11 ein Kaufpreisangebot abzugeben und Verhandlungen über den Kaufpreis bis Anfang der Kalenderwoche 15 zu beenden; dies vorbehaltlich der Genehmigung durch die einzelnen Gremien der Parteien und des Abschlusses eines noch zu verhandelnden Kaufvertrages.
7 Am sei der Auftrag zur Durchführung der Due Diligence-Prüfung erteilt worden; in der Zeit vom 17. Februar bis sei diese Prüfung vorgenommen worden. Über den Zeitraum bis sei von einer Rechtsanwaltskanzlei über Beratungsleistungen in Zusammenhang mit dem geplanten Beteiligungserwerb abgerechnet worden. Die Steuerberatungsgesellschaft habe am über die Beratung zum Erwerb der D GmbH vom 1. April bis eine Honorarnote gelegt.
8 Am sei der Kaufvertrag abgeschlossen worden; in der Zeit vom 25. Mai bis sei dieser vom Aufsichtsrat der Mitbeteiligten mittels Umlaufbeschlusses genehmigt worden.
9 Daraus ergebe sich, dass die endgültige Kaufentscheidung erst mit Abschluss des Kaufvertrages getroffen und dieser durch die nachträgliche Genehmigung des Aufsichtsrates wirksam geworden sei.
10 Es entspreche durchaus der Lebenserfahrung und den wirtschaftlichen Gepflogenheiten, in Zusammenhang mit einem geplanten Beteiligungserwerb zunächst strategische Überlegungen in Form von Marktstudien und/oder einer Due Diligence-Prüfung durchzuführen. Diese konkreten Aufwendungen stünden aber nicht in einem derart "engen Kontext" mit dem späteren Erwerb, denn im Zeitpunkt der Prüfungshandlung sei noch nicht festgestanden, dass es zu einem späteren Kauf kommen werde. Der Auftrag habe dahin gelautet, Grundlagen für eine Kaufpreisfindung für einen möglichen Beteiligungserwerb zu erarbeiten.
11 Es könne daher nicht von aktivierungspflichtigen Nebenkosten oder nachträglichen Anschaffungskosten gesprochen werden. Es lägen vielmehr sofort abzugsfähige Betriebsausgaben vor.
12 Zur Rechtsfrage, ob die im Zuge eines geplanten Erwerbes einer Beteiligung angefallenen Aufwendungen auf die Anschaffungskosten zu aktivieren seien oder sofort als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass die Revision zuzulassen gewesen sei.
13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des Finanzamtes. Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Die Revision ist aus dem vom Bundesfinanzgericht angeführten Grund zulässig, sie ist auch begründet.
16 Beteiligungen sind nichtabnutzbare Wirtschaftsgüter; ihre Bewertung erfolgt mit den Anschaffungskosten (vgl. Doralt/Mayr, EStG14, § 6 Tz 187).
17 Der Ansatz von Anschaffungskosten hält den Anschaffungsvorgang erfolgsneutral. Zu den steuerlichen Anschaffungskosten gehören Kosten, die dem Anschaffungsvorgang dienen. Als Anschaffungskosten gelten somit die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und es in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, um es also zweckentsprechend nutzen zu können. Im Ergebnis besteht damit weitgehende Übereinstimmung mit dem Begriff der Anschaffungskosten nach § 203 Abs. 2 UGB (vgl. , VwSlg. 8547/F). Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (vgl. , VwSlg. 8035/F).
18 Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes (und der mitbeteiligten Partei), wonach nur jene Kosten als Anschaffungskosten zu berücksichtigen sind, die nach einer endgültigen ("finalen") Erwerbsentscheidung angefallen sind.
19 Der Anschaffungsvorgang umfasst gerade bei komplexen Transaktionen - wie es der vorliegende Erwerb einer Beteiligung zweifellos ist - einen längeren Zeitraum. Dieser Zeitraum kann in eine Phase des Erwerbs und eine - allenfalls - daran anschließende Phase der Versetzung in den betriebsbereiten Zustand eingeteilt werden. In der Phase des Erwerbs erfolgt die Verschaffung der Verfügungsmacht über einen bereits bestehenden Vermögensgegenstand. Diese Phase beginnt nach erfolgter (und dokumentierter) Entschlussfassung über den Erwerb mit der ersten eindeutig auf die Erlangung der Verfügungsmacht über einen konkreten Vermögensgegenstand abzielenden Handlung (vgl. Urnik/Urtz in Straube/Ratka/Rauter, Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch,§ 203 Tz 11 f).
20 Planerische Handlungen, die die Entscheidungsfindung unterstützen und auf die Auswahl eines Vermögensgegenstandes aus einer Reihe von Alternativen gerichtet sind (etwa rein informative Messebesuche, Investitionsrechnungen zur Bestimmung der besten Alternative), dienen (noch) nicht dem Erwerb, wohl aber etwa die Einholung von Gutachten zur Bestimmung der Beschaffenheit und des Wertes des ausgewählten Gegenstandes (vgl. Janschek/Jung, in Hirschler, Bilanzrecht, § 203 Tz 17). Aufwendungen, die während des Anschaffungsvorganges für den Erwerb (oder die Nutzbarmachung) von Vermögensgegenstanden anfallen, zählen zu den Anschaffungs(neben)kosten (vgl. Janschek/Jung, aaO, Tz 56; vgl. auch - zu "vorweggenommenen Anschaffungskosten" - Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 69).
21 Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass etwa Schätzungskosten im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Gebäudes zu den Anschaffungskosten zählen (vgl. , VwSlg. 3613/F). Es handelt sich dabei typischerweise um Kosten zur Herbeiführung eines (endgültigen) Entschlusses (so auch das Vorbringen der dortigen Beschwerdeführerin). Diese Kosten sind dennoch als Aufwendungen für die Anschaffung des Gebäudes zu beurteilen; es besteht ein so enger und unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, dass die aufgewendeten Schätzungskosten als Teil der Gebäudekosten anzusehen und demnach zu aktivieren sind.
22 Gleiches gilt für die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Kosten einer Due Diligence-Prüfung, wenn sie nach einer grundsätzlich (wenn auch noch nicht unumstößlich) gefassten Erwerbsentscheidung anfallen und es sich nicht lediglich um eine Maßnahme zur Vorbereitung einer noch unbestimmten, erst später zu treffenden Erwerbsentscheidung handelt (vgl. dazu Doralt/Mayr, aaO; vgl. auch deutscher Bundesfinanzhof vom , VIII R 62/05, sowie vom , VIII R 22/07).
23 Im vorliegenden Fall wurde in einem "Letter of Intent" vom die beabsichtigte Vorgangsweise zwischen der Mitbeteiligten und der D AG (der Verkäuferin der Anteile) festgehalten. Demnach sei Gegenstand der Verhandlungen eine mögliche zukünftige Übernahme aller Gesellschaftsanteile der D GmbH. Im Hinblick auf den Kaufpreis gingen die Parteien davon aus, dass dieser sich in einem Bereich zwischen 8 und 10 Mio EUR bewegen werde. Die Verkäuferin verpflichte sich gegenüber der Mitbeteiligten, nach Maßgabe der bereits abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung Vertretern und Beratern der Mitbeteiligten Zugang zu allen erforderlichen Informationen bezüglich des Unternehmens zu gewähren und die Durchführung einer umfassenden Due Diligence-Prüfung zu ermöglichen. Die Mitbeteiligte werde in der Kalenderwoche 11 ein Kaufpreisangebot abgeben; die Parteien beabsichtigten, die Kaufvertragsverhandlungen möglichst bis Anfang der Kalenderwoche 15 beendet zu haben. Jede Partei habe das Recht, die Verhandlungen zu jedem Zeitpunkt ohne Angabe von Gründen zu beenden. Ansprüche der jeweils anderen Partei entstünden hierdurch nicht. Die Verpflichtungen aus der Vertraulichkeitsvereinbarung bestünden fort.
24 Damit lag zwar zu jenem Zeitpunkt unstrittig noch keine endgültige Entscheidung der Mitbeteiligten zum Erwerb der Beteiligung vor. Mit dieser Urkunde wurde aber die Absicht der Mitbeteiligten, eine ganz bestimmte (bereits ausgewählte) Gesellschaft in einem konkret genannten Zeitraum erwerben zu wollen, dokumentiert. Es handelte sich nicht mehr um eine bloße Maßnahme zur Vorbereitung einer noch gänzlich unbestimmten und später vielleicht erst noch zu treffenden Erwerbsentscheidung (wie z. B. bei einer Marktstudie oder im Zusammenhang mit der Auswahl eines Vermögensgegenstandes aus einer Reihe von Alternativen). Die Kosten der Due Diligence-Prüfung dienten also bereits der (zunächst beabsichtigten und sodann realisierten) Anschaffung; sie sind als Anschaffungs(neben)kosten zu beurteilen.
25 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am