VwGH vom 19.10.2016, Ro 2016/12/0014
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des K S in B, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W106 2119393-1/2E, betreffend Ruhestandsversetzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Streitkräfteführungskommando), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der am geborene Revisionswerber steht als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Eingabe vom beantragte er seine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 236b Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) mit Wirkung vom . Begründend führte er aus, er erachte die ihn betreffende Langzeitversichertenregelung für nach 1953 Geborene in § 236d BDG 1979 als altersdiskriminierend und damit gegen Unionsrecht verstoßend und verwies dazu auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/12/0045.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die mit Bescheid des Streitkräfteführungskommandos als Dienstbehörde vom auf der Grundlage der §§ 15 iVm 236b und 236d BDG 1979 vorgenommene und mit dem Fehlen des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 236b BDG 1979 auf den 1954 geborenen Revisionswerber begründete Abweisung dieses Antrages. Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
3 Begründend verwies das BVwG auf das zitierte hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/12/0045, sowie auf eine dazu abgegebene Stellungnahme des Bundeskanzlers mit folgendem Inhalt (Schreibweise und Hervorhebungen - hier wie im Folgenden - im Original):
"Nach Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dann keine Diskriminierung dar, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung des Zieles angemessen und erforderlich sind. Die Bestimmungen des Budgetbegleitgesetzes 2011, die die Differenzierung zwischen den Geburtsjahrgängen bis 1953 und ab 1954 festlegen, dienen der Erhöhung des Pensionsantrittsalters und damit dem in Art. 6 Abs. 1 der RL ausdrücklich genannten Ziel der Beschäftigungspolitik.
Historisch erfolgte ab dem Jahr 2000 auf Grund der stetig steigenden Lebenserwartung gestaffelt und in mehreren Schritten eine Reform des Pensionsrechts zur längerfristigen Sicherung des Pensionssystems sowohl im allgemeinen als auch im Beamtenpensionssystem.
Durch das Budgetbegleitgesetz 2011 erfolgte dabei eine Neuregelung der ‚LangzeitbeamtInnenregelung'. Bei dieser handelt es sich um eine Ausnahmeregelung vom regulären Pensionsantrittsalter von 65, die Beamtinnen und Beamten bei langen Dienstzeiten, in denen auch Pensionsbeiträge entrichtet wurden, ermöglicht, früher in den Ruhestand treten zu dürfen (ab Vollendung des 60. Lebensjahres bei 40 Jahren anrechenbarer Dienstzeit). Die Regelung wurde zunächst immer nur für bestimmte pensionsnahe Geburtsjahrgänge geschaffen, war also - bis 2011 - immer nur befristetes Übergangsrecht. Der Geburtsjahrgang 1954 konnte auf Grund der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz 2004 geschaffenen Staffelung dabei überhaupt erst ab Vollendung des 64. Lebensjahres mit 40 Jahren anrechenbarer Dienstzeit in den Ruhestand treten.
Zur Erhöhung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters entschloss sich der Gesetzgeber 2011, diese Pensionsantrittsart in das Dauerrecht für alle Beamtinnen und Beamten zu übernehmen, allerdings zu strengeren Bedingungen (ab Vollendung des 62. Lebensjahres bei 42 Jahren anrechenbarer Dienstzeit, keine Anrechenbarkeit von Schul- und Studienzeit mehr). Bei den Geburtsjahrgängen bis einschließlich 1953 ließ er die Rechtslage aus Gründen des Vertrauensschutzes unverändert. Die Geburtsjahrgänge ab 1954 (also nicht nur der Geburtsjahrgang 1954) können ihre Ruhestandsversetzung nunmehr nach Vollendung des 62. Lebensjahres und mit 42 Jahren beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit erklären. Mit dieser Änderung können Beamtinnen und Beamte des Geburtsjahrganges 1954 um zwei Jahre früher in den Ruhestand treten als vorher (sofern sie 42 Jahre beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit haben). Das Pensionsantrittsalter wurde für den Jahrgang 1954 also nicht erhöht, sondern abgesenkt . Für die Geburtsjahrgänge ab 1955 wurde damit diese Möglichkeit der vorzeitigen Ruhestandsversetzung überhaupt neu geschaffen.
Ziel dieser Maßnahme war es, das in Österreich im internationalen Vergleich (siehe z.B. das Grünbuch der Europäischen Kommission ‚Angemessene, nachhaltige und sichere europäische Pensions- und Rentensysteme') weiterhin niedrige effektive Pensionsantrittsalter zu erhöhen und die Beamtinnen und Beamten damit länger in Beschäftigung zu halten, es handelt sich somit um ein nach Art. 6 Abs. 1 der RL legitimes Ziel der Beschäftigungspolitik und des Arbeitsmarktes. Zur Erreichung dieses Zieles mussten die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Frühpensionierungsarten erschwert werden sowie auch andere, wie etwa die Korridorpension oder die ‚Lehrer-Frühpensionsregelung' verschärft bzw. abgeschafft werden. In einer Bewertung der Europäischen Kommission vom Juni 2011 zum Stabilitätsprogramm Österreichs für den Zeitraum 2011-2016 wurden die Reformen sogar als zu wenig weitreichend bezeichnet und festgehalten, dass es zusätzlicher Anstrengungen bedürfe, um das effektive Pensionsalter anzuheben. Auch der Österreichische Rechnungshof mahnte bereits mehrmals den Bund und die Länder, Anreize für ein längeres Verbleiben ihrer Beamtinnen und Beamten im Dienststand zu schaffen. Das Ziel, das tatsächliche Pensionsantrittsalter der Beamtinnen und Beamten an das reguläre von 65 Jahren heranzuführen, rechtfertigt jedenfalls sukzessive Reformen, die gestaffelt sowie in mehreren Schritten erfolgen und somit auch Änderungen abhängig nach Geburtsjahrgängen mit sich bringen.
Die getroffene gesetzliche Maßnahme, die Frühpensionierungen durch die Verschärfung der Antrittsvoraussetzungen zu erschweren, war unbedingt erforderlich , um das angestrebte Ziel der Erhöhung des Pensionsantrittsalters und damit eine längere Beschäftigung der Beamtinnen und Beamten zu erreichen. Bei den getroffenen Regelungen wurde darauf Bedacht genommen, die Nachteile für die Betroffenen so gering wie möglich zu halten (die Jahrgänge ab 1954 können sogar - wenn auch unter erschwerten Bedingungen - bereits ab dem vollendeten 62. Lebensjahr die Pension antreten) und den gebotenen Vertrauensschutz zu gewährleisten (für die Jahrgänge ab 1953 im Hinblick auf die für sie bereits geltenden Bestimmungen).
Die Maßnahme war auch verhältnismäßig und angemessen , da sie für keine Altersgruppe eine Verschlechterung bedeutete: für die Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1953 änderte sich nichts, der Geburtsjahrgang 1954 kann als Begleitmaßnahme sogar früher in den Ruhestand treten (das Vertrauen auf eine potentielle Ausdehnung einer gesetzlichen Übergangsbestimmung für bestimmte Geburtsjahrgänge auf den eigenen Geburtsjahrgang kann nicht geschützt werden) und die Geburtsjahrgänge ab 1955 kamen überhaupt erstmals in den Genuss der ‚LangzeitbeamtInnenregelung'. Da das Budgetbegleitgesetz 2011 bereits am kundgemacht wurde, ist die Maßnahme in ihren Auswirkungen auch nicht plötzlich.
Die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahme hat der österreichische Verfassungsgerichtshof bereits am , GZ B113/2014 ua, bestätigt. Und dass die Maßnahme auch geeignet war, das Pensionsantrittsalter zu erhöhen, zeigt der inzwischen nachweisbare Anstieg des durchschnittlichen Pensionsantrittsalters bei den Bundesbeamtinnen und -beamten. ..."
4 In seiner rechtlichen Beurteilung schloss sich das BVwG dieser Stellungnahme unter Anstellung folgender weiterer Überlegungen an:
"Damit werden nach Auffassung des erkennenden Gerichts nachvollziehbar jene Gründe, nämlich ua. auch solche aus dem Bereich der Beschäftigungspolitik, dargetan, welche die getroffene Anhebung des Pensionsantrittsalters als notwendig und damit nach der Richtlinienbestimmung als gerechtfertigt erscheinen lassen. Wenn mit dem am in Kraft getretenen Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008 eine neuerliche Verlängerung der Abschlagsfreiheit bei Inanspruchnahme der ‚Hacklerregelung' normiert wurde, wodurch sämtliche Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1953 in die Regelung des § 236b BDG 1979 einbezogen wurden, hat der Gesetzgeber damit nicht den ihm eingeräumten weiten Ermessensspielraum überschritten, zumal mit § 236d BDG 1979 eine zusätzliche Pensionsantrittsvariante für alle nach 1953 geborenen Beamten eingeführt wurde, welche eine Ruhestandsversetzung nach § 15 iVm § 236d BDG 1979 nach Vollendung des 62. Lebensjahres und bei Vorliegen einer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit von 42 Jahren verbunden mit (einfachen) Abschlägen ermöglicht. Dabei liegt es nach Auffassung des erkennenden Gerichts im rechtpolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, im Übergangszeitraum der stufenweisen Heranführung an das Regelpensionsalter von 65 Jahren nicht bloß mit einer linearen Erhöhung vorzugehen, sondern sich für eine Stichtagsregelung wie die vorgesehene zu entscheiden, wenn diese zur Erreichung des angestrebten Zieles angemessen und erforderlich ist. Die wiederholte Forderung des Rechnungshofes sowie renommierter Pensionsexperten, im Hinblick auf die demografische Entwicklung der Bevölkerung in Österreich zur Sicherung des Pensionssystems für zukünftige Generationen nach weiteren Maßnahmen, welche das faktische Pensionsantrittsalter anheben, unterstreichen die Notwendigkeit der getroffenen Regelungen. Dass durch diese Bestimmungen der Vertrauensschutz verletzt worden wäre, hat der VfGH in seiner Entscheidung vom , B 1081/2013, dementiert.
Aus den aufgezeigten Überlegungen ist das erkennende Gericht zur Rechtsansicht gelangt, dass die getroffenen Regelungen mit Art. 6 Abs. 1 der RL zu vereinbaren sind, weil sie objektiv und angemessen sind und durch ein legitimes Ziel, ua. aus dem Bereich der Beschäftigungspolitik, nämlich das tatsächliche Pensionsantrittsalter rascher an das reguläre von 65 Jahren heranzuführen, gerechtfertigt und erforderlich sind."
5 Die gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ausgesprochene Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG begründete das BVwG mit dem Fehlen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob aus der Versagung der beantragten Ruhestandsversetzung für Angehörige des Geburtsjahrganges 1954 eine richtlinienwidrige Diskriminierung abzuleiten sei.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof mit einem Aufhebungsantrag.
Der Revisionswerber macht geltend, er erachte im Hinblick auf die Lebenserwartung und demografische Entwicklung eine verschlechternde Modifizierung des Beamtenpensionssystems für zulässig, nicht allerdings die gehandhabte abrupte Verschlechterung von einem Geburtsjahrgang (1953) auf den anderen (1954), die in krassem Widerspruch zur laufenden Reform (insbesondere) des Beamtenpensionsrechts stehe. Gründe, aus denen eine derart sprunghafte Verschlechterung bei minimalem Altersunterschied gerechtfertigt sein sollte, seien nicht einmal konkret ins Treffen geführt worden.
7 Über diese Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch das BVwG - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen:
8 Zur Darstellung der (unionsrechtlichen und österreichischen) Rechtslage wird auf das zitierte hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/12/0045, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof - im auch hier wesentlichen Zusammenhang - nachstehende Rechtsansicht vertrat:
"Soweit der Revisionswerber eine unmittelbare Diskriminierung darin erblickt, dass lediglich seinen Geburtsjahrgang (1954) betreffend eine kurzfristig erfolgte Erhöhung des Pensionsantrittsalters (richtig im Ausmaß von rund zwei Jahren) vorgenommen worden sei, und er daraus eine Rechtswidrigkeit vor dem Hintergrund des Unionsrechts ableitet, ist Folgendes auszuführen:
Die unter Punkt III. einzeln dargestellten Novellierungen des BDG 1979 und des PG 1965 führen angesichts der für eine Ruhestandsversetzung erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere des Mindestalters, sowie im Umfang der Ruhegenussbemessung eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. a der RL ein (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0168, und die dort zitierten Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom , Fuchs und Köhler , C-159/10 und C-160/10, Rn 33 und 34; vom , Georgiev , C-250/09 und C-268/09, Rn 32; sowie vom , Rosenbladt , C- 45/09, Rn 37).
Nach Art. 6 Abs. 1 der (entsprechend ihrem 6.
und 25. Erwägungsgrund inhaltlich die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer konkretisierenden) RL stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dann keine Diskriminierung dar, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind (vgl. etwa die Kommission/Ungarn , C- 286/12, Rn 60; vom , Hörnfeldt , C-141/11, Rn 21; Fuchs und Köhler , Rn 35; und Georgiev , Rn 36).
Die nähere Prüfung, ob derartige Regelungen (nach Untersuchung des mit ihnen verfolgten Zieles) mit der RL zu vereinbaren sind, stellt nach der Rechtsprechung des EuGH eine Aufgabe des nationalen Gerichtes dar (Urteil Georgiev , Rn 43; sowie Urteil vom , Age Concern England , C-388/07, Rn 47).
Eine solche Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im Wege der nachprüfenden Kontrolle eines verwaltungsbehördlichen Bescheides setzt aber voraus, dass die sich auf eine innerstaatliche Norm, welche eine Ungleichbehandlung auf Grund des Alters vorsieht, stützende Verwaltungsbehörde von sich aus Rechtfertigungsgründe im Verständnis des Art. 6 der RL ins Treffen führt und auch die hierfür erforderlichen Tatsachengrundlagen feststellt. Dazu ist den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten.
Derartiges ist im angefochtenen Bescheid - in Verkennung dieser unionsrechtlichen Notwendigkeit - gänzlich unterblieben. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, weil die Zielsetzung des österreichischen Gesetzgebers im Rahmen der (unter Punkt III.) dargestellten, etappenweise umgesetzten Pensionsreform in den Materialien teils nicht aufgedeckt wird und teils kein klares und einheitliches Bild ergibt. Die - bereits im zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1081/2013 u.a., genannten - Materialien lassen nicht erkennen, weshalb eine Differenzierung zwischen den Geburtsjahrgängen 1953 und 1954 dahin vorgenommen wurde, dass für Letztere ein Pensionsantritt erst mit Vollendung des 62. Lebensjahres vorgesehen ist. Insbesondere ist auch kein konkreter und offensichtlicher Anlass zu erkennen, weshalb gerade den Geburtsjahrgang 1954 - anders als die anderen Jahrgänge - betreffend eine kurzfristig erfolgte Erhöhung des Pensionsantrittsalters im Ausmaß von rund zwei Jahren erforderlich geworden war.
Art. 6 Abs. 1 der RL ist zwar nicht zu entnehmen, dass eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel - wie im vorliegenden Fall - nicht genau angibt, automatisch von einer Rechtfertigung nach dieser Richtlinienbestimmung ausgeschlossen ist. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, müssen allerdings andere aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können. Dies betrifft ebenso die Prüfung vorgesehener Übergangsmaßnahmen auf ihre Eignung, das berechtigte Vertrauen der Betroffenen zu schützen (vgl. zum Ganzen etwa die Urteile des EuGH Kommission/Ungarn , Rn 58 und 68 bis 74; Hörnfeldt , Rn 24, Fuchs und Köhler , Rn 39; sowie Rosenbladt , Rn 58 mwN der Judikatur dieses Gerichtshofes).
Auf Grund des Fehlens einer - nach Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien vorzunehmenden - Prüfung der hiernach vom nationalen Recht konkret angestrebten Ziele, deren Rechtmäßigkeit und Angemessenheit sowie der Erforderlichkeit der zu ihrer Erreichung eingesetzten Mittel (einer kurzfristigen und erheblichen Erhöhung des den Revisionswerber betreffenden Pensionsantrittsalters nach der dargestellten, zudem zeitlich sistierten, Stufenregelung) ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war."
9 Dem BVwG ist grundsätzlich in seiner Argumentation beizupflichten, dass die schrittweise Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung der Bevölkerung in Österreich zur Sicherung des Pensionssystems für zukünftige Generationen durch Maßnahmen, die das faktische Pensionsantrittsalter anheben, einen Rechtfertigungsgrund im Verständnis des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (kurz: RL) darstellen kann. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verfügen auf nationaler Ebene nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. in diesem Sinn etwa das bereits vom BVwG genannte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom , Daniel Unland, C-20/13, Rn 57 und 65).
10 Allerdings fehlt - wie der Revisionswerber zutreffend ausführt - auch hier die bereits im hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/12/0045, dargestellte und für den Ausgang des Verfahrens wesentliche Prüfung, wodurch die Ungleichbehandlung des Geburtsjahrganges 1954 - insbesondere gegenüber den im Dienststand verbliebenen Beamten des Jahrganges 1953 - sachlich gerechtfertigt ist.
11 Dabei ist zu berücksichtigen, dass noch das Pensionsharmonierungsgesetz 2004, die Dienstrechts-Novelle 2007 und zuletzt das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008 (ohne nähere Begründung in den Gesetzesmaterialien) für die unmittelbar vorangehenden Jahrgänge jeweils eine Verlängerung der Geltungsdauer der Regelungen über den abschlagsfreien Pensionsantritt bei langer beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit - zuletzt um 3 Jahre - als angemessen erachtet haben, ohne dass dafür ins Gewicht fallende, die davon betroffenen Geburtsjahrgänge besonders betreffende Unterscheidungskriterien gegenüber dem Geburtsjahrgang 1954, etwa im Bereich der demografischen Entwicklung oder der Situation am Arbeitsmarkt, offenkundig gewesen oder vom BVwG festgestellt worden wären.
12 Auf Grund des (somit unveränderten) Fehlens der aufgetragenen - nach Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien vorzunehmenden - Prüfung der insoweit vom nationalen Recht konkret angestrebten Ziele, deren Rechtmäßigkeit und Angemessenheit sowie der Erforderlichkeit der zu ihrer Erreichung eingesetzten Mittel (einer kurzfristigen und erheblichen Erhöhung des den Revisionswerber betreffenden Pensionsantrittsalter nach der dargestellten, zudem zeitlich sistierten, Stufenregelung) ist das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am