VwGH vom 08.09.2016, Ro 2016/11/0010

VwGH vom 08.09.2016, Ro 2016/11/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl, Mag. Samm und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Höhl, über die Revision der Ärztekammer für Kärnten in Klagenfurt, vertreten durch Dr. Gernot Murko, Mag. Christian Bauer und Mag. Gerlinde Murko-Modre, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 6/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. KLVwG-932/17/2015, betreffend Aufhebung eines Vetos des Präsidenten der Ärztekammer für Kärnten gemäß § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Kärntner Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für Kärnten in Klagenfurt, vertreten durch Schwartz Huber-Medek Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2),

I. den Beschluss gefasst.

Die Revision wird hinsichtlich Spruchpunkt II. der angefochtenen Entscheidung (Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Gegenstandslosigkeit) zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses (Abweisung der Beschwerde) als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der Mitbeteiligten auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 I.1. In der Sitzung der Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte (im Folgenden: mitbeteiligte Kurienversammlung) vom wurden die Anträge des Kurienobmannes, die von der Kärntner Gebietskrankenkasse (KGKK) bereits beschlossene gesamtvertragliche Regelung "Übergabepraxis" bzw. die von der KGKK "bereits beschlossene Zusatzvereinbarung über die befristete Teilung einer Vertragsarztstelle zu beschließen", angenommen.

2 In einem Schreiben vom führte der Präsident der Ärztekammer für Kärnten (im Folgenden: Präsident) aus, dass er "die zitierten Beschlüsse der Kurie der niedergelassenen Ärzte gemäß § 83 Abs. 3 Ärztegesetz" aussetze und "die Angelegenheit dem Kammervorstand zur endgültigen Entscheidung vorlegen" werde.

3 Mit Schreiben vom ersuchte die Kurie der niedergelassenen Ärzte das Land Kärnten als zuständige Aufsichtsbehörde (gemeint: die Kärntner Landesregierung, d.h. die belangte Behörde) - wegen vermuteter Kompetenzüberschreitung des Präsidenten durch Einlegen eines Vetos gegen die Kurienversammlungsbeschlüsse - um rasche Beurteilung, ob der Abschluss der beiden Zusatzvereinbarungen zum Gesamtvertrag eine gesetzlich normierte Aufgabe nach § 84 Abs. 4 Z. 2 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998) darstelle.

4 In der Sitzung des Kammervorstands der Ärztekammer für Kärnten (im Folgenden: Kammervorstand) vom wurden die Anträge des Präsidenten, den "Antrag, den von der Kurie der Niedergelassenen beschlossenen Antrag zur vorliegenden und bereits von der KGKK beschlossenen gesamtvertraglichen Vereinbarung Übergabepraxis" bzw. "befristete Teilung einer Vertragsarztstelle abzulehnen", angenommen.

5 I.2. Mit Bescheid vom hob die belangte Behörde von Amts wegen in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 195 Abs. 1 ÄrzteG 1998 den Beschluss der mitbeteiligten Kurienversammlung vom über den Antrag, die gesamtvertragliche Regelung Übergabepraxis zu beschließen (Spruchpunkt 1), und die Beschlüsse des Präsidenten der Ärztekammer für Kärnten vom in Form einer Aussetzung der beiden Beschlüsse der mitbeteiligten Kurienversammlung hinsichtlich der Regelung "Übergabepraxis" (Spruchpunkt 2) bzw. hinsichtlich der Zusatzvereinbarung über die Teilung einer Vertragsarztstelle (Spruchpunkt 3) gemäß § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 auf.

6 Mit Beschluss vom beschloss die mitbeteiligte Kurienversammlung die Zustimmung zu einer geänderten Fassung (§ 3) der Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag betreffend Übergabepraxis.

7 I.3. Mit der nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen ergangenen angefochtenen Entscheidung wurde die gegen die Spruchpunkte 2 und 3 dieses Bescheides von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 3 abgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich Spruchpunkt 2 für gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt (Spruchpunkt II.). Unter einem wurde jeweils gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

8 I.4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegte Revision.

9 Die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand. Die mitbeteiligte Kurienversammlung erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung der Revision, in eventu ihre Abweisung beantragte.

10 II. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

11 II.A. Das Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 idF. der Novelle BGBl. I Nr. 90/2015, lautete (auszugsweise):

"Ärztekammern in den Bundesländern

Einrichtung der Ärztekammern

§ 65. (1) Zur Vertretung des Ärztestandes ist für den räumlichen Bereich eines jeden Bundeslandes eine Ärztekammer eingerichtet. Diese Ärztekammern führen die Bezeichnung ‚Ärztekammer für ...' mit einem auf das jeweilige Bundesland hinweisenden Zusatz.

(2) Die Ärztekammern in den Bundesländern sind Körperschaften öffentlichen Rechtes.

(3) Den Kurienversammlungen (§ 84) kommt insofern Rechtspersönlichkeit zu, als sie berechtigt sind, die ihnen übertragenen Angelegenheiten (§ 84 Abs. 3 und 4) in eigenem Namen wahrzunehmen. Die Kurienversammlungen sind berechtigt, in diesen Angelegenheiten die Bezeichnung ‚Ärztekammer für' in Verbindung mit einem auf das jeweilige Bundesland hinweisenden sowie einen die jeweilige Kurienversammlung bezeichnenden Zusatz zu führen.

...

Kurien

§ 71. (1) In den Ärztekammern sind eingerichtet:


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1.
die Kurie der angestellten Ärzte (Abs. 2) sowie
2.
die Kurie der niedergelassenen Ärzte (Abs. 3).
...
Organe der Ärztekammern

§ 73. (1) Organe der Ärztekammer sind:


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3.
die Vollversammlung (§§ 74 bis 80),
4.
der Kammervorstand (§ 81),
5.
der Präsident und die Vizepräsidenten (§ 83),
6.
die Kurienversammlungen (§ 84),
7.
die Kurienobmänner und ihre Stellvertreter (§ 85),
8.
das Präsidium (§ 86),
9.
die Erweiterte Vollversammlung (§§ 80a und 80b) sowie
10.
der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds (§ 113).
...
Kammervorstand

§ 81. (1) Der Kammervorstand besteht aus


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1.
dem Präsidenten,
2.
den Vizepräsidenten,
3.
den Stellvertretern des Kurienobmannes der Kurienversammlung der angestellten Ärzte,
4.
den Stellvertretern des Kurienobmannes der Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte sowie
5.
weiteren, jeweils von der Kurienversammlung der angestellten Ärzte und der Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts gewählten, Mitgliedern.
Die von der Vollversammlung vor jeder Wahl festzulegende gerade Anzahl der zu wählenden Vorstandsmitglieder gemäß Z 5 hat mindestens vier und höchstens 26 zu betragen und ist den Kurien zu gleichen Anteilen zuzuteilen.
...
Präsident und Vizepräsidenten

§ 83. (1) Der Präsident vertritt die Ärztekammer nach außen. Er hat die Einheit des Standes zu wahren. Ihm obliegt, unbeschadet der Zuständigkeit der Kurienversammlungen (§ 84) die Durchführung der Beschlüsse der Organe der Kammer. Der Präsident leitet die Geschäfte und fertigt alle Geschäftsstücke. Jede Ausfertigung eines Geschäftsstückes der Kammer, das eine finanzielle Angelegenheit der Kammer betrifft, ist vom Finanzreferenten unter Beisetzung der Funktionsbezeichnung ‚Finanzreferent' mitzuzeichnen.

(2) Geschäftsstücke der Kurienversammlungen sind vom Präsidenten gegenzuzeichnen. Der Präsident kann die Gegenzeichnung nur ablehnen, wenn der dem Geschäftsstück zu Grunde liegende Beschluss


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1.
die Kompetenz der Kurienversammlung überschreitet,
2.
rechtswidrig zustande gekommen ist oder
3.
binnen zwei Wochen nach Vorlage zur Unterschrift des Präsidenten das Verfahren gemäß Abs. 3 eingeleitet wird.

(3) Der Präsident kann bei Beschlüssen einer Kurienversammlung, die die Interessen der anderen Kurie wesentlich berühren, den Beschluss durch Veto aussetzen und die Angelegenheit dem Kammervorstand zur endgültigen Entscheidung vorlegen. Dies gilt nicht für Beschlüsse, die arbeits- oder dienstrechtliche Angelegenheiten betreffen.

(4) Dem Präsidenten sind alle Beschlüsse der Kurienorgane sowie deren Protokolle binnen vier Wochen ab Beschlussfassung vorzulegen. Der Präsident kann von seinem Recht gemäß Abs. 3 innerhalb zweier Wochen ab Vorlage bei sonstigem Verlust Gebrauch machen.

...

Kurienversammlungen

§ 84. (1) Die von den Mitgliedern einer Kurie gewählten Kammerräte bilden die Kurienversammlung. Diese wird erstmals in der Funktionsperiode vom bisherigen Präsidenten einberufen.

...

(4) Der Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte obliegen mit dem Ziel der Wahrnehmung und Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der niedergelassenen Ärzte ausschließlich folgende Angelegenheiten:

...

2. der Abschluss und die Lösung von Gesamtverträgen und sonstigen Vereinbarungen mit den Trägern der Sozialversicherung und Krankenfürsorgeanstalten einschließlich Vereinbarungen über die Zahl und Verteilung der Vertragsärzte (nicht aber Vereinbarungen über die Auswahl von Bewerbern um Kassenstellen),

...

Aufsichtsrecht

Allgemeine Aufsicht über die Ärztekammern in den Bundesländern

§ 195. (1) Die Ärztekammern in den Bundesländern unterstehen der Aufsicht der örtlich zuständigen Landesregierung.

(2) Die Ärztekammern in den Bundesländern sind verpflichtet, der Aufsichtsbehörde die zur Wahrnehmung der Aufsicht erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann im Einzelfall von den Ärztekammern in den Bundesländern gefasste Beschlüsse zur Vorlage anfordern. Die Ärztekammern in den Bundesländern sind verpflichtet, diese Beschlüsse der Aufsichtsbehörde vorzulegen.

(4) Die Aufsichtsbehörde hat die gemäß Abs. 3 vorgelegten Beschlüsse aufzuheben, sofern sie gegen bestehende Vorschriften verstoßen. Für die Aufhebung von Beschlüssen über Verordnungen ist § 195a anzuwenden.

..."

12 II.B. (zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses - Gegenstandslosigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens in Ansehung von Spruchpunkt 2 des Bescheids der belangten Behörde)

13 II.B.1.1. Das Verwaltungsgericht gründet das angefochtene Erkenntnis auf folgende Annahmen:

Die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde habe den Beschluss der mitbeteiligten Kurienversammlung betreffend die gesamtvertragliche Regelung "Übergabepraxis" gemäß § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 aufgehoben. Diese Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen (unbekämpfter Spruchpunkt 1 des Bescheides). Mit dem gegenständlichen Veto des Präsidenten sei der von der Aufsichtsbehörde aufgehobene Beschluss der mitbeteiligten Kurienversammlung ausgesetzt worden.

14 II.B.1.2. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht Folgendes aus:

Ausgehend vom zugrundegelegten Sachverhalt falle das rechtliche Interesse der Revisionswerberin an einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Spruchpunktes 2 des Bescheides weg, da der Beschluss, gegen den sich das Veto richte, nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre. Daher mache es für die Rechtsstellung der Revisionswerberin auch keinen Unterschied, ob der Bescheid der Aufsichtsbehörde in diesem Punkt aufrecht bleibe oder aufgehoben werde (Hinweis auf den hg. Beschluss vom , Zl. 2002/04/0010). Daher sei die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG hinsichtlich dieses Spruchpunktes als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren insoweit einzustellen gewesen.

15 II.B.2. Die Revision bringt - auf das Wesentliche zusammengefasst und soweit im Folgenden von Bedeutung - vor:

Durch die Aufhebung des Beschlusses der Kurie sei die Beschwer hinsichtlich der Aufhebung des Vetos keinesfalls weggefallen. Denn auf Grund dieses Vetos sei die Kompetenz zur Entscheidung gemäß § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 auf den Kammervorstand übergegangen, der auch einen entsprechenden Beschluss gefasst habe. Dieser Beschluss stehe, wie das Landesverwaltungsgericht ausgeführt habe, nach wie vor in Geltung. Wegen der Aufhebung des Vetos des Präsidenten durch die Aufsichtsbehörde sei dieser Beschluss jedoch rechtswidrig geworden, weil das Veto als Voraussetzung der Zuständigkeit des Vorstands weggefallen sei. Damit sei das subjektive Recht auf rechtmäßige Ausübung der Aufsicht (gemeint wohl: auf Unterbleiben gesetzwidriger Aufsichtsmaßnahmen) verletzt worden.

16 Das Vetorecht beschränke sich nicht nur auf Beschlüsse, die grundsätzlich in die Kompetenz einer Kurienversammlung fallen, sondern erstrecke sich generell auf Beschlüsse einer Kurienversammlung, die die Interessen der jeweils anderen Kurie wesentlich beeinträchtigten. Erfolge keine Gegenzeichnung des Geschäftsstückes durch den Präsidenten, sei dieser dennoch zur Erhebung des Vetos berechtigt. Durch die mangelnde Gegenzeichnung werde der Beschluss jedoch nicht aufgehoben. Der Präsident wäre gehalten, eine Aufsichtsbeschwerde einzubringen. Diese Rechtsauffassung stehe jedoch mit dem subjektiven Recht auf eigenständige Besorgung der eigenen Angelegenheiten des Selbstverwaltungskörpers und dem Grundrecht auf Selbstverwaltung in diametralem Widerspruch. Nach dem Konzept des Art. 120b Abs. 1 B-VG seien die Aufgaben der Selbstverwaltung grundsätzlich durch Organe des Selbstverwaltungskörpers zu erfüllen, weshalb Rechtsvorschriften so zu interpretieren seien, dass vor einer Befassung durch die Aufsichtsbehörde zunächst Organe der Selbstverwaltung zur Entscheidung berufen seien. Die Auslegung des § 83 ÄrzteG 1998 führe dazu, dass der Präsident auch dann ein Veto einlegen könne, wenn eine Kurienversammlung unzuständigerweise einen Beschluss gefasst habe. Ein gesetzwidriger, weil durch die unzuständige Kurienversammlung gefasster Beschluss berühre jedenfalls wesentliche Interessen der jeweils anderen Kurie.

Dem Präsidenten werde zur Wahrung der Einheit des Standes die Kompetenz zur Zuweisung einer Angelegenheit an eine Kurie zugestanden. Sei zweifelhaft, ob eine Angelegenheit in die Kompetenz des Kammervorstandes oder einer Kurienversammlung falle, so entscheide hierüber der Präsident. Besitze der Präsident ganz unbestritten ein Vetorecht gegen rechtmäßige Beschlüsse, die Interessen der anderen Kurie wesentlich berührten, dann müsse dies aus einem Größenschluss folgend umso mehr für die rechtswidrigen Beschlüsse gelten, die wesentliche Interessen der anderen Kurie wegen Zuständigkeitsüberschreitung berührten.

17 Der Verweis auf die Möglichkeit der Aufsichtsbehörde auf Behebung des gesetzwidrigen Beschlusses gehe ins Leere, weil es kein subjektives Recht auf Aufsicht gebe. Werde die Aufsichtsbehörde nicht tätig, bleibe dem Präsidenten nur die Möglichkeit der Nichtfertigung. Auf Grund des Versäumens der Frist des § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 würde ihm in diesem Fall das Veto nicht mehr offenstehen. Von der Kurie würden wohl andere Maßnahmen (z.B. eine Strafanzeige) ins Auge gefasst werden, um den Präsidenten zur Fertigung zu veranlassen. Die rechtzeitige Erhebung eines Vetos befreie aus diesem Zwiespalt.

18 II.B.3. Unstrittig ist, dass der Beschluss der mitbeteiligten Kurienversammlung über eine Regelung der Übergabepraxis vom von der belangten Behörde (mit Spruchpunkt 1 des Bescheids der belangten Behörde) aufgehoben wurde und dagegen keine Beschwerde erhoben wurde. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde war die Aufhebung des Kurienversammlungsbeschlusses (aufgrund der noch offenen Beschwerdefrist) noch nicht rechtskräftig und daher die Beschwerdelegitimation der Revisionswerberin gegeben.

19 Infolge Unterbleibens einer Beschwerde gegen Spruchpunkt 1 des Bescheids der belangten Behörde (Aufhebung des Beschlusses der mitbeteiligten Kurienversammlung) erwuchs dieser Spruchpunkt in Rechtskraft. Sowohl das Veto gemäß § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 als auch der Beschluss des Kammervorstandes, mit dem die im Veto vertretene Ansicht bestätigt wurde, stellen ausschließlich auf den zwischenzeitig rechtskräftig aufgehobenen und somit nicht mehr im Rechtsbestand befindlichen Kurienversammlungsbeschluss ab. Bei dem oben unter Pkt. I.2. erwähnten Kurienversammlungsbeschluss vom handelt es sich um einen neuen Beschluss, der seinerseits mit einem Veto des Präsidenten der Ärztekammer für Kärnten dem Kammervorstand zur endgültigen Entscheidung hätte vorgelegt werden können, was allerdings unterblieben ist.

20 Der Kurienversammlungsbeschluss, gegen den sich das Veto des Präsidenten richtet und auf den sich auch der Beschluss des Kammervorstandes, mit dem die im Veto vertretene Ansicht bestätigt wurde, bezieht, war somit bereits im Zeitpunkt der Einbringung der vorliegenden Revision nicht mehr rechtswirksam. Das rechtliche Interesse an einer meritorischen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof war somit schon bei Einbringung der Revision nicht mehr gegeben, weil eine aktuelle Rechtsverletzung der Revisionswerberin durch die bekämpfte aufsichtsbehördliche Maßnahme ausgeschlossen ist. Eine derartige Revision ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Zl. Ro 2015/03/0028, und vom , Zl. Ro 2014/02/0115).

21 II.B.4. Die Revision war daher hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

22 II.C. (zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses - Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt 3 des Bescheids der belangten Behörde)

23 II.C.1. Die Revision ist im Hinblick auf Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil hinsichtlich der Rechtsfrage, ob das Veto des Präsidenten nach § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 einen Beschluss iSd § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 darstellt, sowie zur Berührung wesentlicher Interessen der anderen Kurie nach § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

24 II.C.2. Die Revision ist allerdings im Ergebnis unbegründet. 25 II.C.2.1.1. Das Verwaltungsgericht gründet das

angefochtene Erkenntnis auf folgende Annahmen:

In der Sitzung am habe die mitbeteiligte Kurienversammlung zwei Beschlüsse gefasst. U.a. sei die Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag vom idgF über die befristete Teilung einer Vertragsarztstelle mehrheitlich angenommen worden.

Der Präsident habe mit Schreiben vom ausgeführt, dass er diesen Beschluss gemäß § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 aussetze und die Angelegenheit dem Kammervorstand vorlegen werde, da dieser Beschluss die Interessen der Kurie der angestellten Ärzte wesentlich berührte.

Mit Schreiben vom hätten der Obmann und ein Mitglied der Kurie der niedergelassenen Ärzte ein Schreiben an die zuständige Abteilung beim Amt der Kärntner Landesregierung gerichtet, in welchem das Land Kärnten als zuständige Aufsichtsbehörde der Ärztekammer für Kärnten um rasche Beurteilung ersucht worden sei, ob der Abschluss der verfahrensgegenständlichen Zusatzvereinbarungen zum Gesamtvertrag eine gesetzlich normierte Aufgabe nach § 84 Abs. 4 Z. 2 ÄrzteG 1998 darstelle. Sollte dies der Fall sein, wäre ein "Präsidenten-Veto" nicht vorgesehen.

Aufgrund dieses Schreibens habe die Landesregierung ein aufsichtsbehördliches Verfahren eingeleitet und eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit zu konkreten Fragen eingeholt. Mit Bescheid vom habe die belangte Behörde in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 u.a. das Veto des Präsidenten vom aufgehoben (Spruchpunkt 3).

Am habe eine Sitzung des Kammervorstandes stattgefunden, in der u.a. der Antrag, den von der mitbeteiligten Kurienversammlung beschlossenen Antrag zur vorliegenden und bereits von der KGKK beschlossenen gesamtvertraglichen Vereinbarung "befristete Teilung einer Vertragsarztstelle" abzulehnen, mehrheitlich angenommen worden seien. Dieses Protokoll sei in der Vorstandssitzung am verifiziert worden.

26 II.C.2.1.2. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht Folgendes aus:

Nach § 65 Abs. 3 ÄrzteG 1998 komme den Kurien teilweise Rechtspersönlichkeit zu, d.h. in gesetzlich näher bezeichneten kurienspezifischen Angelegenheiten könne die Kurienversammlung autonom entscheiden. Um zu verhindern, dass Beschlüsse der Kurienversammlung die Interessen einer anderen Kurie berührten, sei in § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 vorgesehen, dass der Präsident der Ärztekammer unter bestimmten Voraussetzungen den Beschluss durch Veto aussetzen könne, gleichzeitig habe er die Angelegenheit dem Kammervorstand vorzulegen, der dann eine endgültige Entscheidung in Form eines Beschlusses zu treffen habe.

Die Ärztekammer als Selbstverwaltungskörper handle durch ihre Organe, denen bestimmte Aufgaben übertragen seien. Der Präsident sei gemäß § 73 Abs. 1 Z. 3 ÄrzteG 1998 ein Organ der Ärztekammer. Der Beschluss stelle grundsätzlich ein rechtswirksames Handeln eines Organes dar. Dadurch, dass durch das Veto des Präsidenten die Wirkung eines Beschlusses der Kurienversammlung ausgesetzt werden könne, müsse dieses Organhandeln zumindest die gleiche rechtliche Qualität haben, damit diese Rechtswirkungen eintreten können, sodass dieser Umstand für eine Beschlussqualität des Vetos spreche. Dass es sich lediglich um eine Verfahrensanordnung handle, überzeuge insofern nicht, als es durch die Erhebung eines Vetos zu einer Zuständigkeitsverschiebung komme. Daher sei das Veto des Präsidenten nach § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 als Beschluss zu qualifizieren und unterliege als solcher dem Aufsichtsrecht nach § 195 ÄrzteG 1998.

27 Voraussetzung für die Erlassung eines Vetos gemäß § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 sei, dass durch den Beschluss einer Kurienversammlung die Interessen der anderen Kurie wesentlich berührt würden. Somit sei ein wesentlicher Eingriff in die Sphäre der anderen Kurie erforderlich, um vom Vetorecht Gebrauch machen zu können bzw. müssen.

In der Präambel der gegenständlichen Zusatzvereinbarung werde ausgeführt, dass dadurch eine befristete erweiterte Stellvertretung durch Mitarbeit eines weiteren Arztes ermöglicht werden solle. Unstrittig sei, dass als Vertreter auch angestellte Ärzte vom Vertragsarzt herangezogen werden könnten, sodass eine Berührung von Interessen der Kurie der angestellten Ärzte durchaus gegeben sei.

Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit sei zu berücksichtigen, dass aufgrund § 9 des Gesamtvertrages eine Vertretungsregelung existiere, die durch die vorliegende Zusatzvereinbarung erweitert werde. Dass durch diese Erweiterung voraussichtlich Vertragsärzte von der Vertretungsmöglichkeit vermehrt Gebrauch machen würden, sodass mehrere angestellte Ärzte eine Tätigkeit als Vertreter eines Vertragsarztes annehmen würden, sei durchaus plausibel. Dass wegen dieser neuen Regelung der Vertragsarzt den Kassenvertrag zu einem späteren Zeitpunkt zurücklegen werde, stelle lediglich eine Vermutung dar.

28 Dass die gegenständliche Zusatzvereinbarung eine Auswahl von Bewerbern um Kassenstellen beinhalte, könne dem Inhalt der Zusatzvereinbarung nicht entnommen werden, vielmehr sei im § 8 der Zusatzvereinbarung festgehalten, dass der Vertreter aus dieser Vereinbarung keinerlei Rechtsanspruch auf Abschluss eines Einzelvertrages mit der Kasse habe. Die Ausführungen der Revisionswerberin, dass die Mitarbeit eines weiteren Arztes zu unzulässigen Rechtsverhältnissen führten, seien nicht geeignet, das Veto zu rechtfertigen, da hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Vetos lediglich zu prüfen sei, ob die Interessen der Kurie der angestellten Ärzte wesentlich berührt würden.

Die Ausführungen im Veto und in der Beschwerde seien nicht geeignet, eine Berührung von wesentlichen Interessen der Kurie der angestellten Ärzte darzulegen, sodass durch die gegenständliche Zusatzvereinbarung die Grenze der Wesentlichkeit hinsichtlich der Interessen der Kurie der angestellten Ärzte nicht erreicht sei. Eine unmittelbare Betroffenheit der Interessen der Kurie der angestellten Ärzte könne aus der gegenständlichen Vereinbarung nicht abgeleitet werden, vielmehr könnte im Falle des Inkrafttretens dieser Vereinbarung lediglich eine indirekte Reflexwirkung dahingehend eintreten, dass Vertragsärzte in bestimmten Situationen öfters auf angestellte Ärzte als Vertreter zurückgriffen.

29 II.C.2.2. Die Revision bringt - auf das Wesentliche zusammengefasst und soweit im Folgenden von Bedeutung - vor:

Ein Veto des Präsidenten stelle keinen Beschluss im Sinne von § 195 Abs. 3 ÄrzteG 1998 dar. Das gehe bereits aus einer Wortsinninterpretation von § 83 ÄrzteG 1998 hervor, wo zwischen dem Beschluss der Kurienversammlung und dem Veto des Präsidenten sprachlich differenziert werde. Vor allem spreche eine systematische Interpretation von § 83 ÄrzteG 1998 gegen eine Qualifikation des Vetos als Beschluss, denn gemäß § 83 Abs. 2 ÄrzteG 1998 könne der Präsident die Gegenzeichnung von Geschäftsstücken verweigern, wenn der zu Grunde liegende Beschluss die Kompetenzen der Kurienversammlung überschreite, rechtswidrig sei oder ein Vetoverfahren gemäß Abs. 3 eingeleitet worden sei. Es liege auf der Hand, dass eine solche Verweigerung des Präsidenten nicht als Beschluss im Sinne von § 195 Abs. 3 ÄrzteG 1998 angesehen werden könne, weil sie sich in keiner Weise für eine Aufhebung eigne. Es wäre schwer verständlich, weshalb etwas anderes für ein Veto des Präsidenten gelten sollte, zumal in beiden Fällen die Rechtswirksamkeit eines Beschlusses der Kurienversammlung gleichermaßen unterbunden werde.

Dieses Ergebnis werde auch durch eine teleologische Interpretation von § 195 Abs. 3 ÄrzteG 1998 nicht in Frage gestellt. Die Effektivität der Aufsicht werde kaum beeinträchtigt, wenn das Veto des Präsidenten nicht als Beschluss gedeutet werde. Die Beschlüsse des Vorstandes könnten den Gegenstand einer aufsichtsbehördlichen Überprüfung bilden, bei der dann auch die rechtmäßige Ausübung eines Vetos als Voraussetzung für die Zuständigkeit des Vorstandes der Rechtmäßigkeitskontrolle unterliege.

In der Argumentation des Verwaltungsgerichtes, das Veto müsse die gleiche rechtliche Qualität wie der Beschluss der Kurienversammlung haben, damit die Wirkung der Aussetzung dieses Beschlusses eintreten könne, werde die rechtliche Wirkung eines Rechtsaktes auf einen anderen (Aussetzung eines Beschlusses der Kurienversammlung durch ein Veto des Präsidenten) mit dessen Qualifikation in Bezug auf eine ganz andere Rechtsfolge (Aufhebung des Rechtsaktes im Rahmen der Aufsicht) in unzulässiger Weise vermengt. Aus dem Umstand, dass ein Rechtsakt die Rechtswirkungen eines anderen Rechtsaktes einzuschränken vermöge, lasse sich keineswegs schließen, dass beide Rechtsakte demselben Rechtsschutzmechanismus unterlägen.

30 Die Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag greife massiv in die vertragsärztliche Tätigkeit ein. Erstmals würden in Kärnten im Rahmen einer gesamtvertraglichen Regelung Doppelbesetzungen einer Vertragsarztstelle möglich, die mehrjährig oder im Falle einer Funktionstätigkeit bei der Ärztekammer oder bei allgemeinen Vertretungskörpern über Jahrzehnte wirksam sein könnten.

31 Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der Abschluss von Reihungskriterienvereinbarungen iSd § 343 ASVG die Interessen der niedergelassenen und der angestellten Ärzte gleichermaßen berühre. Kriterien, mit denen Reihungsbestimmungen geregelt werden sollten, beträfen daher die Interessen beider Kurien wesentlich. Es müsse noch keine Unzuständigkeit der Kurienversammlung vorliegen, damit wesentliche Interessen der anderen Kurie verletzt seien.

Der Inhaber des Einzelvertrages mache den Vertreter namhaft, ohne an die Reihungskriterienvereinbarung gebunden zu sein. Die in § 3 der Zusatzvereinbarung geregelte Auswahl der Vertreter stelle überhaupt nicht auf die maßgeblichen Kriterien (Gleichheitsgebot, Erwerbsausübung- und Niederlassungsfreiheit, EMRK) ab. Dem Inhaber des Einzelvertrages, aber auch der Kurie der niedergelassenen Ärzte und der Kärntner Gebietskrankenkasse, sei es völlig freigestellt, die Person des Vertreters auszuwählen, ohne an sonstige Kriterien gebunden zu sein. Die Tätigkeit des Vertreters nähere sich jener eines Vertragsarztes zumindest an. Durch die Vertreterbestellung würden die Interessen der angestellten Ärzte unmittelbar und wesentlich berührt, weil ihre Kurie weder in die Auswahl noch in die Vertreterbestellung eingebunden sei.

32 Bei befristeter Erteilung einer Vertragsarztstelle lägen zwei Möglichkeiten der Rechtsgestaltung vor. Gehe man von einem Dienstverhältnis aus, so wäre dies bei einem Vertragsarzt gem. § 52a Abs. 3 Z. 7 ÄrzteG 1998 unzulässig. Diese Gesetzwidrigkeit betreffe die Interessen der angestellten Ärzte wesentlich. Selbst wenn man davon ausgehe, dass Vertretungsärzte nicht als Dienstnehmer, sondern als Selbstständige tätig seien, werde hiedurch die ärztliche Tätigkeit und die Bewirtschaftung des Kassenvertrages in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeübt. Diesfalls läge jedoch eine Gruppenpraxis vor, die nach § 52a Abs. 1 ÄrzteG 1998 nur in der Rechtsform einer offenen Gesellschaft oder einer GmbH geführt werden könne. Die Möglichkeit der Schaffung neuer Gesellschaftsformen berühre die Interessen der Kurie der angestellten Ärzte unmittelbar und wesentlich.

33 Das Landesverwaltungsgericht habe keine Feststellungen dahingehend getroffen, welche Interessen der Kurie der angestellten Ärzte beeinträchtigt seien und ob diese Interessen wesentlich seien. Es hätte dazu entsprechende Tatsachenfeststellungen treffen müssen. Der gegenständliche Sachverhalt bedürfe daher der Ergänzung.

34 Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis in Rechten verletzt wurde.

35 II.C.2.3.1. Im vorliegenden Revisionsfall ist das Zusammenwirken dreier in § 73 Abs. 1 ÄrzteG 1998 genannter Organe der Ärztekammer von Bedeutung: des Kammervorstands (Z. 2), des Präsidenten (Z. 3) und der Kurienversammlungen (Z. 4). Wie sich aus § 71 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ergibt, sind in jeder (Landes)Ärztekammer zwei Kurien eingerichtet, die der angestellten und die der niedergelassenen Ärzte. Die von den Mitgliedern einer Kurie gewählten Kammerräte bilden die Kurienversammlung (§ 84 Abs. 1 ÄrzteG 1998). Den Kurienversammlungen kommt gemäß § 65 Abs. 3 ÄrzteG 1998 insofern Rechtspersönlichkeit zu, als sie berechtigt sind, die ihnen übertragenen Aufgaben in eigenem Namen wahrzunehmen.

36 § 84 ÄrzteG 1998 zählt in Abs. 3 taxativ die der Kurienversammlung der angestellten Ärzte obliegenden Angelegenheiten auf, in Abs. 4 taxativ die der Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte obliegenden Angelegenheiten, darunter die im Revisionsfall in Rede stehende Zuständigkeit nach Z. 2:

"der Abschluss und die Lösung von Gesamtverträgen und sonstigen Vereinbarungen mit den Trägern der Sozialversicherung und Krankenfürsorgeanstalten einschließlich Vereinbarungen über die Zahl und Verteilung der Vertragsärzte (nicht aber Vereinbarungen über die Auswahl von Bewerbern um Kassenstellen)".

Aus dem Zusammenhang der §§ 65 Abs. 3 und § 84 Abs. 3 und 4 ÄrzteG 1998 ergibt sich, dass die Kurien durch ihre Kurienversammlung die ihnen zugewiesenen Aufgaben grundsätzlich in eigenem Namen wahrzunehmen haben.

37 § 83 ÄrzteG 1998 ermöglicht dem Präsidenten und in weiterer Folge dem Kammervorstand, auf autonom gefasste Beschlüsse einer Kurienversammlung Einfluss zu nehmen. Einerseits kann der Präsident, der gemäß § 83 Abs. 2 ÄrzteG 1998 die Geschäftsstücke der Kurienversammlungen gegenzuzeichnen hat, die Gegenzeichnung verweigern, wenn der dem Geschäftsstück zugrundeliegende Beschluss die Kompetenz der Kurienversammlung überschreitet (Z. 1) oder rechtswidrig zustandegekommen ist (Z. 2) oder wenn binnen zwei Wochen nach Vorlage zur Unterschrift ein Verfahren nach Abs. 3 eingeleitet wird. Die Ablehnung der Gegenzeichnung eines Geschäftsstückes durch den Präsidenten der Ärztekammer hat u. a. zur Folge, dass mit den Kurienversammlungen ausverhandelte Verträge keine Wirksamkeit entfalten (vgl. die RV 1386 BlgNR 20. GP 104).

38 Gemäß § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 kann der Präsident bei Beschlüssen einer Kurienversammlung, die die Interessen der anderen Kurie wesentlich berühren, "den Beschluss durch Veto aussetzen und die Angelegenheit dem Kammervorstand zur endgültigen Entscheidung vorlegen" (eine Ausnahme gilt für arbeits- oder dienstrechtliche Angelegenheiten). Ein Veto ist nicht nur dann zulässig, wenn der vorgelegte Beschluss der Kurienversammlung rechtswidrig ist. Aufgrund der Zusammensetzung des Kammervorstandes, der von Vertretern beider Kurien paritätisch besetzt wird (§ 81 Abs. 1 ÄrzteG 1998), ist sichergestellt, dass er die Interessen nicht nur einer Kurie (und allenfalls zu Lasten der Interessen der anderen Kurie) wahrnimmt.

Hält es der Präsident im Hinblick darauf, dass ein Beschluss einer Kurienversammlung die Interessen der anderen Kurie wesentlich berührt, geboten, dass die Angelegenheit nicht auf der Ebene einer Kurie, sondern auf derjenigen Ebene, auf der die wesentlichen Interessen beider Kurien zu wahren sind, entschieden wird, so hat er den Beschluss der Kurienversammlung durch sein Veto auszusetzen und die Angelegenheit dem Kammervorstand vorzulegen. Das Veto (und die anschließende, verpflichtend vorzunehmende Vorlage) bewirkt, dass die Angelegenheit der autonomen Besorgung durch die Kurienversammlung entzogen und eine Zuständigkeit des Kammervorstands begründet wird. Die Materialien zur 7. Ärztegesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 156/2005, auf die die im Revisionsfall maßgebliche Fassung des § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 zurückgeht, führen dazu aus, dass das bisherige Vetorecht des Präsidenten auch gegen Beschlüsse einer Kurienversammlung, die ausschließlich eine Kurie betreffen, nicht erforderlich sei und entfallen solle, "da die Kurienversammlungen ihre Angelegenheiten in völliger Autonomie wahrnehmen sollen und der Präsident dem gegenüber die Aufgabe der Wahrung der Gesamtinteressen des Standes habe" (RV 1088 BlgNR 22. GP, 7).

39 II.C.2.3.2. Gemäß § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 hat die Aufsichtsbehörde (die örtlich zuständige Landesregierung; § 195 Abs. 1 ÄrzteG 1998) von den (Landes)Ärztekammern gefasste Beschlüsse aufzuheben, sofern sie gegen bestehende Vorschriften verstoßen. Sonderregelungen gelten für Beschlüsse über Verordnungen (§ 195 Abs. 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998).

40 Eine Aufhebung des Vetos des Präsidenten kam im Revisionsfall folglich nur in Betracht, wenn dieses als Beschluss iSd. § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 zu qualifizieren ist.

41 Eine ausdrückliche Regelung, derzufolge der Rechtsakt des Präsidenten, mit dem durch Veto ein Beschluss einer Kurienversammlung ausgesetzt wird, einen Beschluss iSd. § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 darstellt, fehlt. Anders als die Revision vermeint, ergibt sich aus einer Wortsinninterpretation des § 83 ÄrzteG 1998 allerdings nicht, dass das Veto schon deswegen keinen Beschluss darstellt, weil in Abs. 3 zwischen "Beschlüssen einer Kurienversammlung" und dem Veto des Präsidenten unterschieden werde, ohne dass dieses als Beschluss bezeichnet werde. Aus der unverfänglichen Gegenüberstellung von "Beschlüssen einer Kurienversammlung" und dem Veto des Präsidenten, durch das ein Beschluss ausgesetzt wird, kann der von der Revisionswerberin angestrebte Gegenschluss sprachlogisch nicht gezogen werden. Auch aus dem von der Revision für gegeben erachteten Umstand, dass ein Unterlassen einer Gegenzeichnung nach § 83 Abs. 2 ÄrzteG 1998 keinesfalls einen Beschluss iSd. § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 darstellen könne, kann nicht rite darauf geschlossen werden, dass auch das Veto keinen solchen darstellte.

42 Die Revision übersieht, dass das Veto des Präsidenten jedenfalls einen dem öffentlichen Recht zugehörigen Rechtsakt darstellt, mithin einen Rechtsakt eines Organs der (Landes)Ärztekammer. Dass der Präsident nach dem Gesetz nicht wie die übrigen Organe der (Landes)Ärztekammer als Kollegialorgan, sondern als monokratisches Organ vorgesehen ist, kann nicht den Blick darauf verstellen, dass dem Veto ein rechtserheblicher Willensakt zugrundeliegt, wie er bei einem Kollegialorgan typischerweise durch eine Beschlussfassung herbeigeführt wird. Wäre das Organ "Präsident" als Kollegialorgan konzipiert, so wäre es zweifelsfrei, dass dieses das Veto nur durch eine Beschlussfassung herbeiführen kann. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Veto, durch das ein Beschluss einer Kurienversammlung ausgesetzt wird, nur deswegen nicht als Beschluss iSd. § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 zu qualifizieren sein sollte, weil es von einem monokratisch eingerichteten Organ eingelegt wird. Beschlüsse, die von nicht kollegial eingerichteten Organen, gefasst werden und suspendierende Wirkung haben, sind der österreichischen Rechtsordnung, wie schon die Entscheidungen über die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung nach dem VwGVG (§ 22) bzw. dem VwGG (§ 30) zeigen, auch keineswegs fremd.

43 Es mag zutreffen, dass die Effektivität der Aufsicht über die (Landes)Ärztekammer "kaum beeinträchtigt" würde, wenn die Aufsichtsbehörde nicht beim Veto des Präsidenten, sondern erst bei der danach ergehenden Entscheidung des Kammervorstands ansetzen dürfte. Auch daraus lässt sich aber kein durchschlagendes Argument gegen die Auffassung gewinnen, dass die Aufsicht schon davor soll einsetzen können, etwa um einen langen Zeitraum der Ungewissheit hintanzuhalten, der dadurch entstehen kann, dass der Kammervorstand die endgültige Entscheidung über die dem suspendierten Beschluss der Kurienversammlung zugrundeliegende Angelegenheit nicht trifft.

44 Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich daher der in der Revision vertretenen Auffassung nicht anzuschließen und geht davon aus, dass auch ein vom Präsidenten nach § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 eingelegtes Veto einen Beschluss darstellt, der im Falle der Rechtswidrigkeit von der Aufsichtsbehörde nach § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998 aufgehoben werden kann. Diese Auslegung hat nicht zuletzt auch für sich, dass die entscheidende Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Vetos vorliegen, als Hauptfrage und nicht wie bei der von der Revisionswerberin präferierten Auslegung, als Vorfrage für die Zuständigkeit des Kammervorstands zu beantworten ist.

45 II.C.2.3.3. Im Folgenden ist demnach zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht zurecht davon ausgegangen ist, dass der in Rede stehende Beschluss der mitbeteiligten Kurienversammlung die Interessen der Kurie der angestellten Ärzte nicht wesentlich berührt (§ 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998) und daher die Revisionswerberin durch die aufsichtsbehördliche Aufhebung des Vetos wegen Rechtswidrigkeit nicht im geltend gemachten Recht verletzt wurde.

46 II.C.2.3.3.1. Ausgehend von den unstrittigen Feststellungen des Verwaltungsgerichts enthält der in Rede stehende Gesamtvertrag bereits in der Fassung vor dem vom Veto des Präsidenten ausgesetzten Kurienversammlungsbeschluss in § 9 eine Regelung über eine Stellvertretung eines Vertragsarztes. Danach hat der Vertragsarzt im Falle seiner persönlichen Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen, wobei nur ein Facharzt desselben Fachgebietes bestellt werden darf (Abs. 1). Dauert die Vertretung länger als drei Monate, so kann die Ärztekammer oder der Versicherungsträger gegen die weitere Vertretung Einspruch erheben. Ein solcher Einspruch hat zur Folge, dass der Vertragsarzt die weitere Vertretung einem Arzt zu übertragen hat, mit dem Ärztekammer und Versicherungsträger einverstanden sind. Kommt der Vertragsarzt dieser Verpflichtung nicht innerhalb eines Monats nach, so gilt dies als Verzicht auf die Fortsetzung des Einzelvertragsverhältnisses (Abs. 2).

47 Nach der vom Verwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses wiedergegebenen Präambel der dem Kurienversammlungsbeschluss zugrundeliegenden Zusatzvereinbarung dient diese der Ermöglichung einer befristeten erweiterten Stellvertretung mit dem Ziel, dem Vertragsarzt in bestimmten Lebenssituationen trotz vorübergehender Einschränkung seiner persönlichen vertragsärztlichen Tätigkeit zeitlich begrenzt die Fortführung des Kassenvertrags unter Zuziehung eines Vertreters zu ermöglichen (Abs. 1 lit. a) sowie durch zeitlich befristete Mitarbeit von Ärzten mit ius practicandi diesen die Möglichkeit zu geben, Anforderungen und Betrieb einer Kassenvertragspraxis für Allgemeinmedizin mit breitem Leistungsspektrum kennenzulernen und Erfahrungen zu sammeln, die es ihnen erleichtern, zeitnah eine frei werdende Kassenstelle, bevorzugt in ländlichen Regionen mit besonderem Nachbesetzungsbedarf, zu übernehmen (Abs. 1 lit. b). Auf diese Weise solle durch Mitarbeit eines weiteren Arztes, eines Vertreters gemäß § 9 des Gesamtvertrags, die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden. Die erweiterte Stellvertretung führe zu keiner Vermehrung der Anzahl der Planstellen (Abs. 2).

48 Im Einzelnen sieht die vom Verwaltungsgericht wiedergegebene Zusatzvereinbarung, soweit hier von Interesse, Folgendes vor:

Die erweiterte Stellvertretung kann nur von einem Vertragsarzt in Anspruch genommen werden, der mit der Kasse seit mindestens drei Jahren in einem Einzelvertragsverhältnis steht (§ 1 Abs. 1). Der Inhaber des Einzelvertrags ist für die Dauer der Vertretung zur persönlichen ärztlichen Tätigkeit von mindestens 50 % der Ordinationszeit pro Quartal verpflichtet (Zeiten des Urlaubs, der Fortbildung und der Arbeitsunfähigkeit bleiben außer Betracht; § 1 Abs. 2), er darf während der Dauer der erweiterten Stellvertretung grundsätzlich auch keine neuen ärztlichen Nebenbeschäftigungen aufnehmen oder bereits bestehende ausdehnen (§ 1 Abs. 3).

Die Regelung der erweiterten Stellvertretung stellt eine Ergänzung des § 9 des Gesamtvertrags dar, die erweiterte Stellvertretung ist eine Vertretung über einen längeren Zeitraum, insbesondere wenn Umstände vorliegen, die es dem Inhaber des Einzelvertrags erschweren, die vertraglich vereinbarten Ordinationszeiten einzuhalten (§ 2 Abs. 1). Für die Dauer des Einzelvertrags ist die erweiterte Stellvertretung ohne Angabe von Gründen für zwei Zeiträume zu je längstens einem Jahr zulässig, wobei dazwischen mindestens fünf volle Kalenderjahre liegen müssen (§ 2 Abs. 2). § 2 Abs. 3 regelt die Höchstdauer der erweiterten Stellvertretung für taxativ aufgezählte Fälle: bei Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr (höchstens drei Jahre pro Kind; Z. 1), bei schwerer Erkrankung des Inhabers des Einzelvertrags, wenn diese eine verminderte Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 zulässt, für die Dauer derselben, höchstens jedoch für drei Jahre, allerdings nur bei Einvernehmen von Kammer und Kasse (Z. 2), zum Zweck der Sterbebegleitung naher Angehöriger, höchstens für drei Monate, allerdings nur bei Einvernehmen von Kammer und Kasse (Z. 3), und bei Ausübung eines Mandats im Nationalrat oder einem Landtag oder bei Funktionärstätigkeit als Mitglied der Kurienversammlung für die Dauer dieser Tätigkeit (Z. 4). In den Fällen der erweiterten Stellvertretung bei schwerer Erkrankung oder zur Sterbebegleitung kann die Höchstdauer im Einvernehmen mit Kammer und Kasse aus besonderen Gründen verlängert werden (§ 2 Abs. 4). Zusätzlich, aber nicht zeitgleich mit den genannten Fällen der Vertretung darf längstens für ein Jahr (vier Quartale) ein Arzt mit ius practicandi als Vertreter tätig sein, allerdings nur im Einvernehmen von Kammer und Kasse (§ 2 Abs. 5). Verlangt der Vertreter für Leistungen, die Gegenstand der Vertragspflicht des Vertragsarztes sind, von Kassenpatienten ein Privathonorar, kann die Kasse der Fortdauer der Vertretung mit sofortiger Wirkung widersprechen (§ 2 Abs. 6).

Den Vertreter - einen Arzt desselben Fachgebietes - hat der Inhaber des Einzelvertrags namhaft zu machen. Der Vertreter darf für die Dauer der erweiterten Stellvertretung nicht selbst eine eigene Vertragsordination führen. Für die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen haftet weiterhin der Inhaber des Einzelvertrags (§ 3 Abs. 1). Erhebt die Kammer oder die Kasse innerhalb eines Monats nach der Namhaftmachung des Vertreters begründete Einwände, so hat der Inhaber des Einzelvertrags binnen eines Monats eine Person namhaft zu machen, mit der Kammer und Kasse einverstanden sind, andernfalls eine erweiterte Stellvertretung nicht zulässig ist (§ 3 Abs. 2).

Beginn und Ende der erweiterten Stellvertretung sowie ein Wechsel in der Person des Vertreters sind grundsätzlich nur zu Quartalsbeginn bzw. -ende zulässig (§ 4 Abs. 4).

Die sich aus dem Innenverhältnis zwischen dem Inhaber des Einzelvertrags und dem Vertreter ergebenden Beziehungen sind zwischen diesen zu regeln, wobei eine angemessene Honorierung zu erfolgen hat, andernfalls die Kammer der erweiterten Stellvertretung widersprechen kann (§ 5 Abs. 1).

Die Stellvertretung endet jedenfalls mit Zeitablauf, mit dem Tod des Inhabers des Einzelvertrags oder des Vertreters, mit der Beendigung des Einzelvertrags, mit Wegfall der persönlichen oder sachlichen Voraussetzungen, bei Vertretung nach § 2 Abs. 2 mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Inhabers des Einzelvertrags (sofern Kammer und Kasse nichts anderes vereinbaren; § 6 Abs. 1), aber auch durch Erklärung des Inhabers des Einzelvertrags (§ 6 Abs. 2). Eine Beendigung der Stellvertretung ist schließlich auch unter näher genannten Voraussetzungen auf Initiative der Kammer oder der Kasse möglich (§ 6 Abs. 3). Steigt das Honorar des Inhabers des Einzelvertrags, so ist ab einem näher bestimmten Ausmaß ein Honorarabzug bei der Leistungsverrechnung mit der Kasse vorgesehen (§ 7 Abs. 2).

Durch die erweiterte Stellvertretung bleibt das bestehende Einzelvertragsverhältnis unberührt, der Vertreter hat keinen Rechtsanspruch auf Abschluss eines (eigenen) Einzelvertrags mit der Kasse (§ 8).

49 II.C.2.3.3.2. Wie der Inhalt der Zusatzvereinbarung unmissverständlich erkennen lässt, stellt sie keine Vereinbarung "über die Auswahl von Bewerbern um Kassenstellen" iSd. § 84 Abs. 4 Z. 2 ÄrzteG 1998 dar, weil eine Vergabe von Kassenstellen in der Zusatzvereinbarung gar nicht vorgesehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hegt folglich keine Bedenken ob der Zuständigkeit der Mitbeteiligten zum (autonomen) Abschluss dieser Vereinbarung gemäß § 84 Abs. 4 Z. 2 ÄrzteG 1998.

50 II.C.2.3.3. Das Veto des Präsidenten gegen den Beschluss der mitbeteiligten Kurienversammlung über die Zusatzvereinbarung wäre gemäß § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 nur rechtmäßig, wenn der Beschluss die Interessen der anderen Kurie, mithin der Kurie der angestellten Ärzte, wesentlich berührt. Diesfalls verstieße die Aufhebung des Vetos des Präsidenten durch die belangte Behörde gegen § 195 Abs. 4 ÄrzteG 1998, weil diese Bestimmung nur zur Aufhebung rechtswidriger Beschlüsse der Organe einer (Landes)Ärztekammer ermächtigt.

51 Schon der Wortlaut dieser Bestimmung indiziert, dass der Gesetzgeber geradezu voraussetzt, dass Beschlüsse einer der beiden Kurienversammlungen Interessen der anderen berühren können. Ein Veto soll aber nur zulässig sein, wenn die Berührung der Interessen der Kurie eine wesentliche ist. Die im Revisionsfall maßgebliche Fassung des § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 geht zurück auf die 7. Ärztegesetz-Novelle BGBl. II Nr. 156/2005. Im Zuge derselben entfiel das bis dahin bestehende Vetorecht des Präsidenten hinsichtlich von Beschlüssen, die ausschließlich eine Kurie betreffen. Die Materialien (RV 1088 BlgNR 22. GP, 7) führen dazu aus, dass nach den Angaben der Österreichischen Ärztekammer diese Form des Präsidentenvetos nicht erforderlich wäre, "da die Kurienversammlungen ihre Angelegenheiten in völliger Autonomie wahrnehmen sollen und der Präsident dem gegenüber die Aufgabe der Wahrung der Gesamtinteressen des Standes habe". Die Betonung der autonomen Wahrnehmung der eigenen Angelegenheiten durch die Kurienversammlungen und die Konsequenz eines Vetos, nämlich die Begründung der Zuständigkeit des Kammervorstands zur endgültigen Entscheidung der vom ausgesetzten Beschluss einer Kurienversammlung betroffenen Angelegenheit, lassen darauf schließen, dass der Gesetzgeber die Durchbrechung der Autonomie der Kurienversammlung nur in entsprechend gravierenden Fällen gestatten wollte. Andernfalls wäre es dem Präsidenten bei praktisch jeder Berührung von Interessen der anderen Kurie möglich, durch sein Veto die in die Zuständigkeit einer Kurie fallende Angelegenheit dieser Kurie zu entziehen und eine Entscheidung des Kammervorstands zu erwirken. Entgegen dem Revisionsvorbringen zwingt die der (Landes)Ärztekammer eingeräumte Autonomie auch keineswegs dazu, die Beurteilung der Rechtsfrage, ob die Berührung von Interessen eine wesentliche ist, dem Präsidenten nach seinem Ermessen zu überlassen. Dem Ermessen des Präsidenten ist vielmehr nur anheimgestellt, ob bei Vorliegen einer wesentlichen Interessenberührung der anderen Kurie vom Vetorecht Gebrauch gemacht wird.

Für den Revisionsfall ergibt sich daraus Folgendes:

52 Dass eine Zusatzvereinbarung zwischen der Kurie der niedergelassenen Ärzte und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wie die in Rede stehende Interessen auch der angestellten Ärzte und damit von deren Kurie berührt, bedarf keiner näheren Erläuterung, weil eine Zusatzvereinbarung über eine Vertretungsregelung für Inhaber eines Einzelvertrags typischerweise Regelungen über die als Vertreter in Betracht kommenden Ärzte enthalten wird. Eine wesentliche Berührung der Interessen der angestellten Ärzte käme vor diesem Hintergrund in Betracht, wenn die Zusatzvereinbarung Regelungen enthielte, die eine unsachliche Benachteiligung der angestellten Ärzte zum Inhalt hätte, nicht hingegen schon dann, wenn die von der Kurie der niedergelassenen Ärzte beschlossene Zusatzvereinbarung aus der Sicht der Kurie der angestellten Ärzte keinen für sie möglichst günstigen oder nicht den von ihr angestrebten Inhalt hat.

53 Eine Benachteiligung der angestellten Ärzte durch den Inhalt der Zusatzvereinbarung ist jedoch nicht ersichtlich. Zunächst ist zu betonen, dass als Vertreter nicht nur niedergelassene Ärzte, sondern auch angestellte Ärzte desselben Fachgebiets wie der Inhaber des Einzelvertrags in Betracht kommen (vgl. § 3 Abs. 1). Dass die Zusatzvereinbarung erlaubt, dass der Vertreter bis zu 50 % der Ordinationszeit übernimmt (e contrario § 1 Abs. 2), und angestellte Ärzte allenfalls daran gehindert wären, eine Vertretung zu übernehmen, weil ihr Dienstverhältnis die Übernahme einer weiteren ärztlichen Tätigkeit in diesem Ausmaß nicht erlaubt oder ermöglicht, stellt noch keine Diskriminierung angestellter Ärzte dar. Ebensowenig kann eine solche darin erblickt werden, dass (nach dem Revisionsvorbringen) der Kurie der angestellten Ärzte keine Mitsprache bei der Auswahl des Vertreters eingeräumt ist. Die Zusatzvereinbarung weicht in dieser Hinsicht nicht von der Stellvertretungsregelung in § 9 des Gesamtvertrags ab. Gleiches gilt für das Revisionsvorbringen, dass die Auswahl des Vertreters ohne Bindung an die Reihungskriterienvereinbarung erfolge. Die Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die Kriterien für die Reihung der ärztlichen und zahnärztlichen BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern (Reihungskriterien-Verordnung), BGBl. II Nr. 487/2002 idF. BGBl. II Nr. 64/2015, gilt gemäß ihrem § 1 für die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen. Eine solche liegt bei der Auswahl des Vertreters nach der Zusatzvereinbarung jedoch nicht vor, weil sich durch die erweiterte Vertretung an der Person des Inhabers eines Einzelvertrags nichts ändert.

54 Auch wenn der Revisionswerberin einzuräumen ist, dass nach der Zusatzvereinbarung im Falle einer Mandatsausübung bzw. Funktionärstätigkeit des Inhabers eines Einzelvertrags eine erweiterte Stellvertretung für die Dauer der Mandatsausübung bzw. Funktionärstätigkeit und damit unter Umständen für einen mehrjährigen Zeitraum zulässig ist (§ 2 Abs. 2 Z. 4), ist zu bedenken, dass auch in diesem Falle die Verpflichtung des Inhabers des Einzelvertrags zur persönlichen ärztlichen Tätigkeit im Ausmaß von mindestens 50 % der Ordinationszeit pro Quartal (§ 1 Abs. 2) aufrecht bleibt, weshalb gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Vertreter den Vertretenen in den Hintergrund rückt.

55 Soweit die Revision schließlich bemängelt, dass die Zusatzvereinbarung auf eine Anstellung des Vertreters oder auf eine unzulässige Gruppenpraxis hinauslaufe, ist für ihren Standpunkt nichts gewonnen. Selbst wenn sich nämlich die Zusatzvereinbarung in dieser Hinsicht als rechtswidrig erwiese - was allenfalls eine Aufhebung des Beschlusses der Kurienversammlung im Wege der Aufsicht nach § 195 ÄrzteG 1998 nach sich ziehen kann, im Übrigen im Revisionsfall aber nicht geklärt zu werden braucht -, so ergibt sich daraus noch keine nachteilige Berührung der Interessen der Kurie der angestellten Ärzte.

56 Im Ergebnis ist nach den bisherigen Darlegungen daher nicht zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht - wie bereits die belangte Behörde - mit seiner Auffassung, der mit dem Veto des Präsidenten ausgesetzte Beschluss der mitbeteiligten Kurienversammlung über die Zusatzvereinbarung habe die Interessen der Kurie der angestellten Ärzte nicht wesentlich berührt, weshalb das Veto nicht mit § 83 Abs. 3 ÄrzteG 1998 vereinbar sei, die Rechtslage verkannt hätte. Durch die Aufhebung des Vetos des Präsidenten wurde die Revisionswerberin folglich nicht in dem von ihr geltend gemachten Recht verletzt.

57 II.C.2.4. Aus diesen Erwägungen war die Revision hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

58 II.C.2.5. Von der in der Revisionsbeantwortung beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 und 6 VwGG abgesehen werden, zumal bereits zwei Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht stattgefunden haben und eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließe.

59 II.D. Der Antrag auf Aufwandersatz der mitbeteiligten Partei, "das Land Kärnten als Rechtsträger der belangten Behörde" in den Kostenersatz zu verfällen, war abzuweisen, weil die belangte Behörde, deren Rechtsträger das Land Kärnten ist, obsiegende Partei, das Land Kärnten aber nicht Rechtsträger der Revisionswerberin ist.

Wien, am