VwGH vom 09.08.2016, Ro 2016/10/0016
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des Stadtschulrats für Wien in 1010 Wien, Wipplingerstraße 28, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W203 2113677-2/11E, betreffend Untersagung des Rechts auf Führung einer Privatschule (mitbeteiligte Partei: Königreich Saudi-Arabien, vertreten durch Dr. Georg Rihs, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei ist Schulerhalterin der Privatschule "Saudische Schule des Königreichs Saudi-Arabien" in Wien. Mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom wurde das Organisationsstatut der Schule genehmigt und mit Bescheid derselben Behörde vom der Schule ab dem Schuljahr 2012/2013 das Öffentlichkeitsrecht auf die Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen verliehen.
2 Mit Bescheid der revisionswerbenden Partei vom wurde die weitere Führung dieser Schule gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 6 Privatschulgesetz (PrivSchG) untersagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 6 PrivSchG habe der Schulerhalter nachzuweisen, dass die Privatschule die zur Durchführung des Lehrplanes notwendigen Lehrmittel aufweise. Als Lehrmittel seien insbesondere die für den lehrplanmäßigen Unterricht geeigneten und dem Alter und Entwicklungsstand der Kinder entsprechenden Lehr- und Studienbücher zu verstehen, die den anerkannten pädagogischen und didaktischen Grundsätzen der Zeit entsprächen. Die mitbeteiligte Partei habe trotz Aufforderung bzw. Erteilung eines Mängelbeseitigungsauftrages im Sinne des § 8 Abs. 2 PrivSchG nicht fristgerecht sämtliche Lehrbücher für alle Schulfächer bzw. Lehrbücher nicht in (vollständiger) beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt.
3 Gestützt auf nähere Feststellungen wurde weiters ausgeführt, die Lehrbücher entsprächen nicht den anerkannten pädagogischen und didaktischen Grundsätzen, es seien darin in unzähligen Kapiteln Verstöße gegen die in Art. 14 Abs. 5a B-VG normierten Grundwerte der österreichischen Schule sowie gegen die staatsbürgerliche Erziehung des § 2 Abs. 1 SchOG enthalten. Der Inhalt einiger Bücher sei im Hinblick auf eine gesunde seelische Entwicklung der Kinder nicht alters- und entwicklungsgerecht bzw. würden in den Lehrbüchern Positionen vertreten, die mit den Erkenntnissen der empirischen Wissenschaft nicht vereinbar seien. Die mitbeteiligte Partei habe daher einerseits nicht nachgewiesen, dass die Privatschule die zur Durchführung des Lehrplanes notwendigen Lehrmittel aufweise; andererseits habe eine inhaltliche Überprüfung der bruchstückhaft vorgelegten Lehrmittel ergeben, dass sie zu einem großen Teil für die Durchführung des Lehrplanes nicht geeignet seien bzw. für die Erteilung des Unterrichts nicht zugelassen werden dürften. Die weitere Führung der Privatschule sei daher gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 6 PrivSchG zu untersagen gewesen.
4 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und hob den angefochtenen Bescheid auf (Spruchpunkt A). Die Revision wurde für zulässig erklärt (Spruchpunkt B.)
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, dass Schulbücher nicht unter den Begriff der "Lehrmittel" im Sinne des § 6 PrivSchG fielen, weshalb der Untersagungstatbestand des § 8 Abs. 2 leg. cit. (Nichterfüllung der im § 6 genannten Bedingungen) nicht erfüllt sei. Selbst wenn Schulbücher - der Auffassung der revisionswerbenden Partei folgend - unter den Lehrmittelbegriff zu subsummieren seien, sei die Untersagung der Führung der Privatschule unverhältnismäßig, zumal auch die Entziehung des Öffentlichkeitsrechts in Betracht gekommen wäre.
7 Zur Zulässigkeit der Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Entscheidung von der Lösung der Rechtsfrage abhänge, ob unter den zur Durchführung des Lehrplanes notwendigen Lehrmitteln im Sinne des § 6 PrivSchG auch die an der Schule verwendeten Schulbücher zu verstehen seien. Für den Fall, dass diese Frage zu bejahen sei, sei die Frage zu klären, ob die sofortige Untersagung der Führung der Privatschule verhältnismäßig sei, wenn die Inhalte der an der Schule verwendeten Schulbücher im Widerspruch zu Art. 14 Abs. 5a B-VG bzw. zu § 2 Abs. 1 SchOG stehen. Weiters stelle sich die Frage, welche inhaltlichen Mindesterfordernisse an einen Mängelbeseitigungsauftrag im Sinne des § 8 Abs. 2 PrivSchG zu stellen seien. Zu all diesen Rechtsfragen mangle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision.
9 Das Verwaltungsgericht legte die Akten des Verfahrens vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
11 Die maßgeblichen Bestimmungen des Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962 idF BGBl. I Nr. 48/2014 (PrivSchG), lauten (auszugsweise):
" ABSCHNITT I.
Errichtung und Führung von Privatschulen
§ 3. Voraussetzungen für die Errichtung.
...
(2) Die Errichtung von Privatschulen setzt voraus, dass die Bedingungen hinsichtlich des Schulerhalters (§ 4) der Leiter und Lehrer (§ 5) und der Schulräume und Lehrmittel (§ 6) erfüllt werden.
...
§ 6. Schulräume und Lehrmittel.
Der Schulerhalter hat nachzuweisen, dass er über Schulräume verfügt, die baulich und einrichtungsmäßig dem Zweck und der Organisation der Privatschule sowie den Grundsätzen der Pädagogik und Schulhygiene entsprechen. Ferner hat er nachzuweisen, dass die Privatschule die zur Durchführung des Lehrplanes notwendigen Lehrmittel und sonstigen Ausstattungen und Einrichtungen aufweist.
...
§ 8. Erlöschen und Entzug des Rechtes zur Schulführung.
(1) ...
(2) Werden nach der Eröffnung der Schule die ... im § 6 genannten Bedingungen nicht mehr erfüllt, so hat die zuständige Schulbehörde dem Schulerhalter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel zu setzen. Werden die Mängel innerhalb dieser Frist nicht behoben, so hat die Schulbehörde die weitere Führung der Schule zu untersagen.
(3) Wenn für die Gesundheit oder Sittlichkeit der Schüler Gefahr im Verzug ist, hat die zuständige Schulbehörde die weitere Führung der Schule ohne Setzung einer Frist zu untersagen.
...
ABSCHNITT II.
Führung einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung.
§ 11. Bewilligungspflicht.
(1) Die Führung einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung durch Privatschulen ist nur mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde zulässig.
(2) Die Bewilligung ist auf Ansuchen des Schulerhalters zu erteilen, wenn
a) die Organisation einschließlich des Lehrplanes und die Ausstattung der Privatschule im wesentlichen mit gleichartigen öffentlichen Schulen übereinstimmt und an der Schule nur schulbehördlich approbierte Lehrbücher, soweit eine solche Approbation vorgesehen ist, verwendet werden,
..."
12 § 2 Abs. 3 Religionsunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 190/1949
idF BGBl. Nr. 243/1962 (RelUG), lautet:
" § 2. ...
...
(3) Für den Religionsunterricht dürfen nur Lehrbücher und Lehrmittel verwendet werden, die nicht im Widerspruch zur staatsbürgerlichen Erziehung stehen."
13 §§ 7 und 10 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, BGBl. Nr. 163/1955 idF BGBl. I Nr. 48/2014 (PflSchErhGG) lauten (auszugsweise):
" § 7. (1) In jeder Schule ist eine der Anzahl der Klassen entsprechende Zahl von Unterrichts- und Nebenräumen einzurichten.
(2) Jede Schule hat in der baulichen Gestaltung und in ihrer Einrichtung den Grundsätzen der Pädagogik und der Schulhygiene zu entsprechen und jene Lehrmittel aufzuweisen, die im Lehrplan für die betreffende Schulart vorgesehen sind. ...
§ 10. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist unter Errichtung einer Schule ihre Gründung und die Festsetzung ihrer örtlichen Lage, unter Erhaltung einer Schule die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung, die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und Lehrmittel, die Deckung des sonstigen Sachaufwandes sowie die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften allenfalls erforderlichen Hilfspersonals ... zu verstehen. ..."
14 Das Schicksal der Revision hängt zunächst von der Klärung der Rechtsfrage ab, wie der Begriff "Lehrmittel" in § 6 PrivSchG auszulegen ist. Die Revision ist aus diesem Grund zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
15 Dem angefochtenen Erkenntnis liegt die Auffassung zu Grunde, die an der Schule verwendeten Schul- bzw. Lehrbücher seien keine "Lehrmittel" im Sinne des § 6 PrivSchG. Die revisionswerbende Partei habe die Untersagung der Führung der Privatschule (schon) aus diesem Grund zu Unrecht auf die Bestimmung des § 8 Abs. 2 iVm § 6 (letzter Satz) PrivSchG gestützt.
16 Die revisionswerbende Partei bringt dagegen - mit näheren Ausführungen - vor, Schulbücher fielen unter den Begriff "Lehrmittel" im Sinne des § 6 PrivSchG.
17 Die Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich aus nachstehenden - im Wesentlichen bereits in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses dargelegten - Erwägungen als zutreffend.
18 Der Begriff der "Lehrmittel" ist im PrivSchG nicht näher definiert.
19 Bei der Interpretation des § 6 letzter Satz PrivSchG ist daher auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die (aus den Gesetzesmaterialien hervorgehende) Absicht des Gesetzgebers abzustellen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/13/0008, mwN).
20 Das PrivSchG regelt in seinem "Abschnitt I" nähere - vom Privatschulerhalter - zu erfüllende Mindestvoraussetzungen der Errichtung und Führung von Privatschulen.
21 Gemäß § 6 PrivSchG gehört dazu ua. der Nachweis der Erfüllung der baulichen und einrichtungsmäßigen Erfordernisse der Schulräume sowie der übrigen Ausstattungs- und Einrichtungserfordernisse. Zu letzteren zählen nach dem Wortlaut des zweiten Satzes der Bestimmung (argum: "sonstigen") auch die an der Schule verwendeten Lehrmittel. Regelungsgegenstand des § 6 PrivSchG ist sohin die Erbringung des Nachweises einer adäquaten räumlichen und ausstattungsmäßigen Infrastruktur der Schule durch den Privatschulerhalter; der Zweck der Regelung besteht darin, den Privatschulerhalter zur Schaffung entsprechender infrastruktureller Rahmenbedingungen, unter denen der Unterricht stattfinden kann, zu verpflichten. Davon ausgehend ist zunächst nicht erkennbar, dass der Begriff der "Lehrmittel" auch jene Lernmittel, über die die Schüler selbst verfügen, wie insbesondere Schul- und Lehrbücher, umfasst.
22 Dieses Normverständnis erfährt eine Erhärtung durch die Gesetzesmaterialien (RV 735 BlgNR, 9. GP), die zu § 6 PrivSchG ausführen:
"Auch diese Bestimmung stellt eine notwendige Ergänzung gegenüber dem derzeit geltenden Privatschulrecht dar, das Bedingungen in räumlicher und ausstattungsmäßiger Hinsicht kaum aufstellte. Zu bemerken ist, dass der im 2. Satz angeführte Begriff ‚notwendige Lehrmittel und sonstige Ausstattungen und Einrichtungen' jedenfalls eng auszulegen ist, wie sich bereits aus dem Wort ‚notwendig' ergibt. Diese Aufstellung gewisser Minimalerfordernisse auch hinsichtlich der baulichen und einrichtungsmäßigen Gestaltung einer Schule erscheint im Interesse der Jugend notwendig."
23 Daraus erhellt, dass (auch) der Begriff der "Lehrmittel" im Sinne eines vom Schulerhalter zu gewährleistenden Mindestausstattungsmaßes auszulegen ist. Dieses Mindestausstattungsmaß bezieht sich lediglich auf die "bauliche und einrichtungsmäßige Gestaltung" der Schule. Schul- und Lehrbücher sind davon sohin nicht umfasst.
24 Untermauert wird dieses Begriffsverständnis durch eine Zusammenschau des § 6 PrivSchG mit der im Abschnitt II. ("Führung einer gesetzlich geregelten Schulart") des Gesetzes enthaltenen Regelung des § 11 Abs. 2 lit. a.
Demnach ist das Erfordernis der Verwendung von schulbehördlich approbierten "Lehrbüchern" explizit als Bewilligungsvoraussetzung für die Führung einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung vorgesehen. Dabei fällt ins Auge, dass diese Voraussetzung nach dem Wortlaut der Bestimmung kumulativ (ua.) zum Erfordernis der "Ausstattung der Privatschule" hinzutritt. Daraus ergibt sich, dass der Privatschulgesetzgeber die Verwendung von "Lehrbüchern" nicht als Teil der Ausstattung der Schule begreift, woraus wiederum abzuleiten ist, dass auch der in § 6 verwendete Begriff der "Lehrmittel" - als Ausstattungselement der Schule - die an der Schule verwendeten Lehrbücher nicht umfasst. Durch die erwähnte Regelung des § 11 Abs. 2 lit. a PrivSchG hat der Gesetzgeber vielmehr klargestellt, dass die Verwendung von bestimmten Lehrbüchern lediglich als Bewilligungsvoraussetzung für die Führung einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung (nach Maßgabe des Abschnitts II.), nicht hingegen im Anwendungsbereich des Abschnitts I. des PrivSchG vorgesehen ist.
In diesem Sinn führen auch die erwähnten Gesetzesmaterialien zum PrivSchG aus (Unterstreichungen hinzugefügt):
" Zu Abschnitt I :
Bei der Gliederung des vorliegenden Gesetzentwurfes wurde eine gewisse Stufenfolge eingehalten. Abschnitt I enthält die Minimalerfordernisse, die bei Errichtung und Führung jeder Privatschule erfüllt werden müssen Abschnitt II die darüber hinaus gehenden weiteren Erfordernisse , die erfüllt werden müssen, damit eine Schule das Recht erhalten kann, eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung zu führen, ..."
25 Dass der Schulrechtsgesetzgeber (des Jahres 1962) die "Lehrmittel" explizit von den "Lehrbüchern" unterscheiden wollte bzw. unterschieden hat, zeigt zudem der Blick auf die durch BGBl. Nr. 243/1962 erfolgte Neufassung des § 2 Abs. 3 RelUG, wonach für den Religionsunterricht "nur Lehrbücher und Lehrmittel verwendet werden (dürfen), die nicht im Widerspruch zur staatsbürgerlichen Erziehung stehen."
26 Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass der Begriff der "Lehrmittel" auch in den §§ 7 und 10 PflSchErhGG bzw. den hiezu ergangenen Ausführungsgesetzen der Länder als Bestandteil des vom Schulerhalter bzw. den an der Schule beteiligten Gebietskörperschaften zu tragenden "ordentlichen" bzw. "laufenden" Schulsachaufwandes verstanden wird (vgl. etwa
§ 39 Abs. 2 iVm. § 41 Abs. 3 lit. b Bgld. PflichtschulG 1995,
§ 44 Abs. 3 Z. 5 Nö PflichtschulG, § 48 Abs. 1 Z. 2 iVm § 50 Z. 1
Oö. PflichtschulorganisationsG, § 24 iVm. § 33 lit. d Stmk. PflichtschulerhaltungsG 2004). Schul- bzw. Lehrbücher fallen unzweifelhaft nicht unter diesen Aufwand.
27 Zusammenfassend steht für den Verwaltungsgerichtshof damit - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht - fest, dass die Schulrechtsgesetzgebung dem an verschiedenen Stellen des Bundes- (als auch des Landes-)rechts verwendeten Terminus "Lehrmittel" durchgängig ein Begriffsverständnis zu Grunde gelegt hat, nach dem Lehrmittel als Teil der vom Schulerhalter bereitzustellenden Schulausstattung zu verstehen sind. Lehrmittel sind daher die an der Schule befindlichen, zur Vermittlung des lehrplanmäßigen Unterrichts eingesetzten Ausstattungsgegenstände wie zB. Computer, audiovisuelle Medien, Materialien für den naturwissenschaftlichen Unterricht, Musikinstrumente etc. Lernmittel, die im Besitz der Schüler sind, - wie insbesondere Schul- bzw. Lehrbücher - sind davon nicht umfasst.
28 Aus diesem Grund ist auch der Hinweis in der Amtsrevision auf die Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl. Nr. 376/1967 idF BGBl. I Nr. 144/2015 (FlAG), nicht zielführend:
Aus dem FlAG ergibt sich - soweit im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung -, dass Schülern einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule die für den Unterricht notwendigen Schulbücher nach Maßgabe näherer Vorschriften unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sind (§ 31 Abs. 1 leg. cit). Die Schulbücher sind den Schulerhaltern über Anforderung durch die von den Schulen gewählten Unternehmen zur Verfügung zu stellen und von den Schulerhaltern an die Schüler/innen auszugeben (§ 31c Abs. 1 leg. cit.), in deren Eigentum die Schulbücher sodann übergehen (§ 31d Abs. 1 leg. cit). Aus diesen Regelungen ergibt sich - entgegen dem von der revisionswerbenden Partei vertretenen Standpunkt - sohin, dass die für den Unterricht notwendigen Schulbücher (als Eigentum der Schüler) gerade nicht Teil der Ausstattung einer Schule und somit auch nicht "Lehrmittel" im dargestellten Sinn sind.
29 Soweit die Revision schließlich argumentiert, Schul- und Lehrbücher seien von dem im Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986 (WV) idF BGBl. I Nr. 104/2015 (SchUG), in dessen §§ 14 15, 43, 52, 57a und 58 verwendeten Begriff der "Unterrichtsmittel" umfasst, den der Gesetzgeber seit dem Jahr 1974 anstelle des Begriffs "Lehrmittel" eingeführt habe, ist daraus für die revisionswerbende Partei schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die Auslegung des Begriffs "Unterrichtsmittel" nicht revisionsgegenständlich ist.
30 Die revisionswerbende Partei hat die Untersagung der weiteren Führung der gegenständlichen Privatschule aus den dargelegten Gründen zu Unrecht auf die Bestimmung des § 8 Abs. 2 iVm § 6 (zweiter Satz) PrivSchG gestützt. Das den Bescheid behebende angefochtene Erkenntnis erweist sich bereits aus diesem Grund als rechtmäßig. Das Schicksal der Revision hängt sohin nicht von der Lösung der weiteren vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Rechtsfragen ab.
31 Im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht (eventualiter) aufgeworfene Rechtsfrage, ob die sofortige Untersagung der Führung einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule als verhältnismäßig zu betrachten sei, wenn die Inhalte der an der Schule verwendeten Schulbücher im Widerspruch zu Art. 14 Abs. 5a B-VG bzw. zu § 2 Abs. 1 SchOG stehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch abschließend zu folgender Bemerkung veranlasst:
Gemäß § 16 PrivSchG ist dem Privatschulerhalter (bei nicht fristgerechter Mängelbehebung) das verliehene Öffentlichkeitsrecht zu entziehen, wenn die im § 14 leg. cit. genannten Voraussetzungen nicht mehr voll erfüllt werden; zu diesen Voraussetzungen zählt gemäß § 14 Abs. 1 lit. a (iVm Abs. 2), dass der Schulerhalter (bei juristischen Personen dessen vertretungsbefugte Organe), der Leiter und die Lehrer Gewähr für einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht bieten. Der Entzug des Öffentlichkeitsrechts fällt gemäß § 23 Abs. 2 lit. b PrivSchG in die Kompetenz des zuständigen Bundesministers.
Demgegenüber ist zur Untersagung der Führung einer Privatschule nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 und 3 PrivSchG in Wien die revisionswerbende Partei als Schulbehörde erster Instanz zuständig (§ 23 Abs. 1 PrivSchG).
Die Untersagung des Rechts zur weiteren Führung einer Privatschule (nach § 8 Abs. 2 und 3 PrivSchG) ist strikt vom Entzug des Öffentlichkeitsrechts (nach § 16 PrivSchG) zu unterscheiden. Die Erlassung diesbezüglicher Bescheide unterliegt unterschiedlichen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen und obliegt zudem unterschiedlichen Behörden. Die Frage der "Verhältnismäßigkeit" der Untersagung der weiteren Führung einer Schule - in dem vom Verwaltungsgericht angedachten Sinn, dass diese Untersagung nicht zulässig wäre, wenn (auch) die Voraussetzungen für den Entzug des Öffentlichkeitsrechtes vorlägen - stellt sich daher nicht.
32 Die Amtsrevision war nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
33 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am