VwGH vom 07.07.2016, Ro 2016/09/0006

VwGH vom 07.07.2016, Ro 2016/09/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. LVwG-7/589/9-2016, LVwG-7/590/9-2016, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheit Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Zell am See; mitbeteiligte Parteien: 1. P R in K, 2. F B in S, beide vertreten durch Dr. Christof Dunst, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 18/1/11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Den Mitbeteiligten war vorgeworfen worden, es jeweils als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Z s.r.o. in B, Slowakei, am in F, Baustelle B, zu verantworten zu haben, dass die Z s.r.o. 31 näher bezeichnete kroatische und einen kubanischen Staatsangehörige(n) zu jeweils konkret angeführten, zwischen und liegenden Zeiträumen (als ausländischer Arbeitgeber und Überlasser) entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

2 Mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom wurde die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen die Mitbeteiligten verfügt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden die dagegen erhobenen Beschwerden der Finanzpolizei abgewiesen. Das Verwaltungsgericht begründete sein Erkenntnis zusammengefasst damit, dass es sich bei der von den Mitbeteiligten vertretenen Z s.r.o. um ein im Tunnelbau tätiges Leiharbeitsunternehmen mit Sitz in der Slowakei handle, dessen Geschäftstätigkeit überwiegend in Österreich ausgeübt werde. Die 32 ausländischen Arbeitskräfte seien einer österreichischen GmbH für einen Tunnelbau in Österreich (Baustelle F) ab dem überlassen worden und hätten für diese GmbH hier im Dreischichtbetrieb gearbeitet. Sie seien für die Z s.r.o. nie in der Slowakei tätig gewesen. Eine Bestrafung der Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. a AuslBG scheitere an einem rechtzeitigen Vorwurf der Überlassung von Arbeitskräften zur Beschäftigung im Inland, eine Bestrafung wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 AuslBG sei angesichts des Fehlens eines Tatortes im Inland nicht möglich, weil der Sitz der Z s.r.o. im Ausland liege.

4 Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage der Strafbarkeit des ausländischen Überlassers nach den §§ 3 bzw. 18 AuslBG im Lichte der jüngsten EuGH-Judikatur noch nicht auseinandergesetzt habe.

5 In der dagegen erhobenen Revision wurde vorgebracht, dass zwar entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes zu dieser Frage Rechtsprechung vorliege, aber das angefochtene Erkenntnis hievon abweiche. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage "abhängt". Im Zulassungsvorbringen ist daher konkret darzutun, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/04/0055).

8 Der Widerspruch zur hg. Rechtsprechung wurde zu Recht aufgezeigt, weshalb die Revision eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigt und daher zulässig ist. Sie ist auch berechtigt.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis vom , Ra 2015/09/0006, mit dem Fall einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung durch ein in der EU ansässiges Unternehmen im Lichte der neuen Rechtsprechung des ) befasst und ausdrücklich auf Rz 57 dieses Urteils hingewiesen. Auf die weitere Begründung des Erkenntnisses vom wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

10 Die hg. Beschlüsse vom , Ra 2016/09/0068, und vom , Ra 2016/09/0072, betrafen die Bestrafungen von handelsrechtlichen Geschäftsführern des die von der Z s.r.o. überlassenen kroatischen Arbeitnehmer einsetzenden Unternehmens im vorliegenden Fall.

11 Darin wurde in Bezugnahme auf das genannte Erkenntnis vom und auf Rz 57 des genannten ausgeführt, dass diese Arbeitskräfte nie in der Slowakei gearbeitet haben, sondern ihre Haupttätigkeit in Österreich ausübten. Sie wurden auch im Wesentlichen zur Durchführung der Tunnelarbeiten vom slowakischen Leiharbeitsunternehmen (das ist die hier gegenständliche Z s.r.o) eingestellt.

12 Im konkreten Fall ging das Landesverwaltungsgericht - entsprechend einer Aussage des Erstmitbeteiligten - von einem diesem entsprechenden Sachverhalt aus.

13 Im genannten Beschluss vom setzte der Verwaltungsgerichtshof fort:

"Bei dieser Sachlage begegnet es daher keinen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht daraus ableitet, dass ‚keine rechtmäßige Beschäftigung in der Slowakei vorlag' (Anm: das Verwaltungsgericht verneint hier das Bestehen einer Beschäftigung und nicht das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung) und deshalb eine entsprechende arbeitsmarktbehördliche Bewilligung in Österreich (weiterhin) als erforderlich erachtet bzw. mangels einer solchen den inkriminierten Tatbestand als gegeben sieht."

14 Im konkreten Fall hat sich das Landesverwaltungsgericht zu Unrecht nicht mit dem angelasteten Tatvorwurf einer möglichen Bestrafung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit a AuslBG befasst.

15 Im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingegangen und von dort aus sind die allenfalls fehlenden arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen zu beantragen; (nur) dann, wenn die tatsächliche Leitung eines Unternehmens an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt wird, hat dies zur Folge, dass dieser Ort als jener Ort anzusehen ist, an dem der Täter hätte handeln sollen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2010/09/0062, mwN).

16 Das Verwaltungsgericht stellt im angefochtenen Erkenntnis fest:

"Bei der Z s.r.o handelt es sich im Wesentlichen um ein Leiharbeitsunternehmen, das im Tunnelbau tätig ist. Das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit überwiegend in Österreich aus. Eine Geschäftstätigkeit zur Tatzeit in der Slowakei - also eine Überlassung von Mitarbeitern zur Arbeitsleistung innerhalb des Staates - konnte nicht nachgewiesen werden."

17 Angesichts dieser Feststellungen kommt der in den rechtzeitigen Verfolgungshandlungen (jeweils Aufforderung zur Rechtfertigung vom ) angelastete österreichische "Ort der Begehung" (F, Baustelle B als der auf jeden Ausländer bezogene Ort der Beschäftigung im Bundesgebiet) als derjenige Ort im Sinne der in Rz 15 zitierten Rechtsprechung in Frage, an dem die tatsächliche Leitung des Unternehmens ausgeübt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/09/0033) und somit als Tatort, von dem aus die notwendigen Bewilligungen zu beantragen gewesen wären. Dies hat das Landesverwaltungsgericht, das sich nur mit dem im Ausland gelegenen Sitz des Unternehmens befasste, außer Acht gelassen.

18 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am