VwGH vom 29.04.2016, Ro 2016/08/0007
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Traun in 4050 Traun, Christlgasse 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. L511 2116723- 1/5E, betreffend Notstandshilfe (mitbeteiligte Partei: M G in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht der Mitbeteiligten gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 46 Abs. 7 AlVG Notstandshilfe auch vom 24. bis zuerkannt. Sie habe ab dem Arbeitslosengeld bezogen. Am habe sie dem revisionswerbenden Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) telefonisch gemeldet, dass sie krank sei. Sie habe vom 30. Juli bis einschließlich Krankengeld bezogen, weshalb ihr Leistungsbezug ab dem geruht habe. Obzwar dem AMS vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger bereits am mitgeteilt worden sei, dass der Krankengeldbezug mit ende, habe sich die Mitbeteiligte (erst) am telefonisch und persönlich beim AMS wieder gemeldet. § 46 Abs. 5 AlVG sehe eine Pflicht zur neuerlichen Geltendmachung des Anspruchs auf den Leistungsbezug nur dann vor, wenn dem AMS das Ende des Unterbrechungszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt gewesen war. Im vorliegenden Fall sei dem AMS jedoch das Ende des Krankengeldbezuges durch die Meldung des Sozialversicherungsträger vom vor dem Ende des Ruhenszeitraumes im Vorhinein (jedenfalls vor dem ) bekannt gewesen. Da ihm sohin das Ende eines 62 Tage nicht überschreitenden Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt gewesen sei, hätte es gemäß § 46 Abs. 7 AlVG ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden gehabt.
Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt, weil die Information an das AMS nicht durch die Leistungsbezieherin, sondern auf elektronischem Weg durch den zuständigen Sozialversicherungsträger erfolgt sei. Es stelle eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar, ob eine derartige Meldung als ausreichend iSd § 46 Abs. 7 AlVG angesehen werden könne.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das revisionswerbende AMS macht geltend, ihm sei das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes zum Zeitpunkt der Unterbrechung am im Vorhinein nicht bekannt gewesen. Laut Krankenstandsbescheinigung der Oö. Gebietskrankenkasse vom sei die Mitbeteiligte vom 27. Juli bis zum wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen. Sie habe vom 30. Juli bis Krankengeld bezogen. Ein Bekanntwerden im Sinn eines elektronischen Datenabgleiches könne den Zweck der Regelung des § 46 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AlVG nicht erfüllen, eine Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Vermittlung auf einen Arbeitsplatz zu ermöglichen. Daher wäre der Anspruch gemäß § 46 Abs. 5 AlVG neuerlich durch persönliche Wiedermeldung geltend zu machen gewesen, wobei diese Meldung elektronisch oder telefonisch beim AMS hätte erfolgen können. Die Mitbeteiligte habe sich beim AMS aber erst am persönlich wiedergemeldet.
Die Revision ist nicht berechtigt.
§ 46 Abs. 5 bis 7 AlVG in der hier zeitraumbezogen
maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 63/2010 lautet:
"(5) Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die Wiedermeldung kann telefonisch oder elektronisch erfolgen, soweit die regionale Geschäftsstelle nicht ausdrücklich eine persönliche Wiedermeldung vorschreibt. Die regionale Geschäftsstelle kann die persönliche Geltendmachung oder Wiedermeldung insbesondere vorschreiben, wenn Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung bestehen oder eine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
(6) Hat die arbeitslose Person den Eintritt eines Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestandes wie zB die bevorstehende Aufnahme eines Dienstverhältnisses ab einem bestimmten Tag mitgeteilt, so wird der Bezug von Arbeitslosengeld ab diesem Tag unterbrochen. Tritt der Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestand nicht ein, so genügt für die Geltendmachung die Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die Wiedermeldung kann telefonisch oder elektronisch erfolgen, soweit die regionale Geschäftsstelle nicht ausdrücklich eine persönliche Wiedermeldung vorschreibt. Die regionale Geschäftsstelle kann die persönliche Wiedermeldung insbesondere vorschreiben, wenn Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung bestehen oder eine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach der Unterbrechung, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
(7) Ist der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt und überschreitet die Unterbrechung oder das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Die arbeitslose Person ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum eintreten, der regionalen Geschäftsstelle zu melden. In allen übrigen Fällen ist der Anspruch neuerlich geltend zu machen."
§ 46 Abs. 5 erster Satz AlVG stellt auf die Kenntnis des AMS vom Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein ab, ohne danach zu unterscheiden, ob dieses Wissen vom Versicherten oder von anderweitigen Quellen stammt (vgl. demgegenüber die Fälle einer Rückforderung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG, bei der es - siehe etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0178, mwN - nicht darauf ankommt, dass ein die Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung beeinflussender Umstand zu einem früheren Zeitpunkt bereits aktenkundig wurde oder von der Behörde leicht hätte festgestellt werden können, sowie überhaupt ein Mitverschulden der Behörde am Überbezug im Falle des Verschweigens von maßgebenden Tatsachen oder unwahrer Angaben ohne Belang ist). § 46 Abs. 5 erster Satz AlVG stellt mit den Worten "im Vorhinein" auch nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt der Wissenserlangung ab, weshalb es nicht darauf ankommt, ob die Kenntnis vom Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes zu Beginn oder während desselben erlangt wurde (zur Bekanntgabe des voraussichtlichen Endes des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes durch den Versicherten vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/19/0102).
Das AMS hat nicht bestritten, dass ihm auf Grund einer Mitteilung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger das Ende des Krankengeldbezuges (das Ende des Grundes für das Ruhen des Anspruchs) im Vorhinein (vor dem Ende des Ruhenszeitraumes) bekannt gewesen ist (vgl. zu einem Fall, in dem diese Kenntnis nicht vorhanden war, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0234).
Das Verwaltungsgericht hat das Arbeitslosengeld für den genannten Zeitraum zu Recht gemäß § 46 Abs. 7 erster Satz AlVG ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung zuerkannt.
Die Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am