VwGH vom 16.11.2017, Ro 2016/07/0004
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in 1010 Wien, Stubenring 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG-2015/44/1680-20, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:
Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel; mitbeteiligte Parteien:
1. P GmbH in S, vertreten durch Dr. Nikolaus Wörgetter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Leopoldstraße 3, 2. F GmbH & Co KG in S, vertreten durch Dr. Michael Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt 1.1. des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die erstmitbeteiligte Partei beabsichtigt die Errichtung eines siebengeschoßigen Wohn- und Geschäftshauses. In diesem Zuge beantragte die erstmitbeteiligte Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) mit Eingabe vom die wasserrechtliche Bewilligung für eine Bauwasserhaltung auf den GrSt. Nrn. .12, 28 und 30/1, alle KG St..
2 Gemäß den Projektunterlagen sei zur Errichtung dieses Gebäudes eine Grundwasserabsenkung um 3,85 m auf 652,15 m ü.A. erforderlich. Der Bemessungswasserspiegel sei auf 656 m ü.A. angesetzt worden. Nach der Herstellung der diversen Baugrubensicherungen werde eine fünf Meter mächtige Rütteldruckverdichtung bis auf 647,15 m ü.A. eingebracht. Die Grundwasserabsenkung erfolge mit elf Schachtbrunnen, die vom Baugrubenvoraushub sukzessive bis auf 651,55 m ü.A. abgeteuft würden. Durch eine ca. 30 cm starke Filterschicht könne das durch die rütteldruckverdichtete Bodenschicht aufsteigende Wasser zu den Pumpensümpfen gelangen. Die Pumpwässer würden in zwei Absetzbecken sowie in eine Neutralisationsanlage und von dort bis zur Einleitstelle der Hilscherbach-Verrohrung (Schacht B29) gefördert. In weiterer Folge würden diese Wässer über ein weit verzweigtes Entwässerungssystem in die Kitzbüheler Ache gelangen. Während des normalen Pumpbetriebs würden ca. 86 l/s Grundwasser gefördert und in die Hilscherbach-Verrohrung abgeleitet. Zu Beginn der Bauwasserhaltung bis zum Erreichen des Beharrungszustandes könnten max. 100 l/s gefördert bzw. abgeleitet werden. Unter der Voraussetzung, dass keine extremen Witterungsverhältnisse vorherrschten, werde die Bauwasserhaltung etwa acht Monate andauern.
3 Die BH erteilte mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom der erstmitbeteiligten Partei "in Anwendung der §§ 9, 10, 11, 12, 13, 15, 21, 32, 56, 98, 105, 111 und 112 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG), BGBl Nr. 215/1959" die wasserrechtliche Bewilligung für dieses Vorhaben. Gemäß Auflagepunkt A.1. wurde die Grundwasserentnahme ab bis mit max. 100 l/s beschränkt. Dieselbe Maximalmenge darf in die Hilscherbachverrohrung eingeleitet werden.
4 Die gegen diesen Bescheid der BH vom mit Eingabe vom erhobene Beschwerde der zweitmitbeteiligten Partei wies das Landesverwaltungsgericht Tirol mit Spruchpunkt 1. des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses vom als unbegründet ab. Mit Spruchpunkt 1.1. wurde der Bescheid der BH vom insofern geändert, als in dessen Spruchpunkt I. anstelle des Bewilligungstatbestandes des § 56 WRG 1959 der § 40 Abs. 1 WRG 1959 zu nennen sei.
5 Das Landesverwaltungsgericht führte begründend unter anderem aus, dass die Grundwasserentnahme mittels der elf Schachtbrunnen bei einer maximalen Pumpleistung von insgesamt 100 l/s nicht nur innerhalb der Baugrube zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels, sondern auch außerhalb der Baugrube - u.a. auf Nachbargrundstücken - zu einem Absenktrichter führen werde. Bei einer Konsenswassermenge von 100 l/s sei jedoch außerhalb der Baugrube nur mit Grundwasserspiegelveränderungen im natürlichen Schwankungsbereich zu rechnen.
6 Südwestlich der geplanten Baustelle liege der Brauweg, an den die bebauten Gst. Nrn. .16/11 und 78/1, beide KG St., der zweitmitbeteiligten Partei angrenzten. Aus der Grundwasserabsenkung resultierende Beeinflussungen der baulichen Anlagen der zweitmitbeteiligten Partei seien - bei Einhaltung der Konsenswassermenge von 100 l/s und von spezifischen Nebenbestimmungen - nicht zu erwarten.
7 Das Landesverwaltungsgericht erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung formulierte das Landesverwaltungsgericht wie folgt:
"Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision zulässig, da eine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar ist die verfahrensgegenständliche Absenkung des örtlichen Grundwasserspiegels zur Erleichterung von Baumaßnahmen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls dem § 40 WRG 1959 zu unterstellen. Allerdings fehlt eine Rechtsprechung zur Frage, ob mit einer derartigen Bauwasserhaltung auch eine Bewilligungspflicht nach § 10 WRG 1959 ausgelöst wird. Nur in diesem Fall - also in Anwendung des § 10 WRG 1959 - können im vorliegenden Fall auch die Bestimmungen über die Wasserbenutzung angewandt werden, da der - unabhängig von § 10 WRG 1959 - anzuwendende § 40 WRG 1959 keine Benutzungsbewilligung darstellt."
8 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eine Amtsrevision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG Spruchpunkt 1.1. des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
11 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden.
12 Der revisionswerbende Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft teilt die Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes, dass der Rechtsfrage, ob für gemäß § 40 Abs. 1 WRG 1959 bewilligungspflichtige Maßnahmen auch eine Bewilligungspflicht gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959 bestehe, grundsätzliche Bedeutung zukomme. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage sei auch für die rechtliche Beurteilung von anderen Bauwasserhaltungen von Relevanz. Allerdings erscheine die Annahme des Landesverwaltungsgerichtes unzutreffend, dass eine Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage fehle. Vielmehr ließen sich auf der Grundlage der bereits zu § 10 und § 40 WRG 1959 ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendungsbereiche der beiden Tatbestände hinreichend abgrenzen. Von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiche das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom ab.
13 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch aus nachstehenden Erwägungen begründet:
14 Die §§ 10, 40 und 56 WRG 1959 samt Überschriften lauten
auszugsweise wie folgt:
"Benutzung des Grundwassers
§ 10. (1) Der Grundeigentümer bedarf zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht.
(2) In allen anderen Fällen ist zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich.
...
Entwässerungsanlagen
§ 40. (1) Entwässerungsanlagen bedürfen der wasserrechtlichen Bewilligung, sofern es sich um eine zusammenhängende Fläche von mehr als 3 ha handelt oder eine nachteilige Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse, des Vorfluters oder fremder Rechte zu befürchten ist.
(2) Die zeitweilige oder ständige Entwässerung von Flächen bei Tunnelanlagen oder Stollenbauten in einem Karst- oder Kluftgrundwasserkörper bedarf einer wasserrechtlichen Bewilligung, wenn die maximale hydraulische Leistungsfähigkeit der zu installierenden Einrichtungen für die Förderung oder Ableitung des Wassers größer ist als 20 l/s oder wenn die über diese Einrichtungen jährlich maximal ableitbare Wassermenge größer ist als 10% der mittleren Grundwasserneubildung des von der Maßnahme betroffenen Teiles des Karst- oder Kluftgrundwasserkörpers.
(3) Bei der Bewilligung finden die Vorschriften des § 12 Abs. 3 und 4, bei der Auflassung jene des § 29 sinngemäß Anwendung.
...
Vorübergehende Eingriffe in den Wasserhaushalt
§ 56. (1) Vorübergehende Eingriffe in den Wasserhaushalt, wie zum Beispiel Pumpversuche oder wasserbauliche und wasserwirtschaftliche Versuche in der freien Natur, bedürfen einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen oder eine Verletzung bestehender Rechte (§ 12) zu befürchten ist."
15 § 40 Abs. 1 WRG 1959 normiert eine Bewilligungspflicht für Entwässerungsanlagen unter bestimmten Voraussetzungen. Bei Entwässerungsanlagen nach § 40 Abs. 1 WRG 1959 handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs um solche Herstellungen, die der Veränderung des bisherigen Wasserhaushaltes eines Gebietes zugunsten der Herabsetzung seines Wassergehaltes zu dienen bestimmt sind. Entwässern im Sinne von § 40 Abs. 1 WRG 1959 bedeutet die künstliche - weil erst durch eine Anlage (etwa eine Drainage) zu bewirkende - Herabsetzung des Wassergehaltes eines wasserreichen Gebietes. Bezeichnend für eine solche Anlage ist somit der Eingriff in den bestehenden Feuchtigkeitshaushalt einer Landschaft (, mit Hinweis auf , und ).
16 In dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2013/07/0058, zugrundeliegenden Beschwerdefall trat im Zuge von Bauarbeiten anlässlich der Errichtung eines Bauobjekts eine dauerhafte Absenkung des Grundwasserspiegels ein, wodurch die Brunnen der Beschwerdeführer trockenfielen. Der Verwaltungsgerichtshof führte zur Anwendbarkeit des § 40 Abs. 1 WRG 1959 aus, dass das Begriffsverständnis nach dem WRG 1959 entscheidend sei. Hiezu finde sich bereits in Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, Wien 1962, S. 185, das in den Kommentaren zu den Vorgängerbestimmungen noch vertretene engere Begriffsverständnis (bzw. die Differenzierung von Anlagen in einem weiteren und engeren Sinn) nicht mehr. Unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien heiße es dort uneingeschränkt, dass Entwässerungsanlagen Anlagen seien, die der Beseitigung des auf einem Grundstück vorhandenen Wassers dienten. Mit welchen technischen Maßnahmen dieser Erfolg erzielt werden solle, sei ohne Bedeutung.
17 Der Verwaltungsgerichtshof kam daher zu dem Ergebnis, dass die Entwässerung von Bauobjekten durch eine Auftriebsbegrenzungsdrainage unter die allgemeine Definition von Entwässerungsanlagen (künstliche Herabsetzung des Wassergehaltes eines wasserreichen Gebietes) und damit unter § 40 Abs. 1 WRG 1959 falle. Dies führe bei Vorliegen einer der in dieser Bestimmung genannten weiteren Voraussetzungen zur wasserrechtlichen Bewilligungspflicht des Vorhabens.
18 Der Verwaltungsgerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf die von Oberleitner/Berger, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 19593, 2011, Rz 7 zu § 40, vertretene Ansicht, wonach das gezielte Absenken des örtlichen Grundwasserspiegels zur Erleichterung von Baumaßnahmen etwa durch Absenkbrunnen und Hebewerke - vor allem bei Beeinträchtigung fremder Rechte - unter § 40 Abs. 1 WRG 1959 falle.
19 Das nunmehr angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes betrifft - entsprechend den Ausführungen im Bewilligungsbescheid der BH vom - eine etwa acht Monate andauernde Bauwasserhaltung, um ein Gebäude errichten zu können. Das Projekt umfasst überdies eine zeitlich befristete Ableitung von Grundwasser in die Hilscherbach-Verrohrung bzw. in weiterer Folge über ein weit verzweigtes Entwässerungssystem in die Kitzbüheler Ache.
20 Das Trockenhalten der Baugrube solle im Wege einer Absenkung des Grundwasserspiegels erreicht werden, die laut den im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes getroffenen Sachverhaltsfeststellungen u.a. im Bereich der Nachbargrundstücke zur Entstehung eines Absenktrichters führe. Auch wenn außerhalb der Baugrube nur mit Grundwasserspiegelveränderungen im natürlichen Schwankungsbereich gerechnet wird, kann dadurch eine nachteilige Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse des Vorfluters oder fremder Rechte im Sinne des § 40 Abs. 1 WRG 1959 eintreten, weil in einem häufigeren Ausmaß niedrigere Grundwasserstände zu erwarten sind als bei unbeeinflussten, natürlichen Verhältnissen.
21 Die Anlage dient der künstlichen Herabsetzung des Wassergehaltes eines wasserreichen Gebietes zur Entwässerung eines Bauobjektes. Die in Spruchpunkt 1.1. des angefochtenen Erkenntnisses zum Ausdruck gebrachte Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes, wonach das Vorhaben einer Bewilligungspflicht gemäß § 40 Abs. 1 WRG 1959 unterliegt, erweist sich somit im Lichte der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs als zutreffend.
22 Das Landesverwaltungsgericht verneinte auch in zutreffender Weise durch die mit Spruchpunkt 1.1. des angefochtenen Erkenntnisses bewirkte Streichung des § 56 WRG 1959 als maßgebliche Rechtsgrundlage eine Bewilligungspflicht für den revisionsgegenständlichen Sachverhalt nach dieser Vorschrift. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist abzuleiten, dass Fälle wie das Antreffen von Grundwasser im Zuge einer Bauausführung und das darauffolgende Abpumpen des Wassers aus der Baugrube nicht der Bewilligungspflicht des § 56 WRG 1959 unterliegen. Ein derartiges Vorhaben kann - ebenso wie eine Nassbaggerung - zwar gegebenenfalls dazu geeignet sein, nur vorübergehende Eingriffe in den Wasserhaushalt herbeizuführen, und vielleicht auch für die Wasserwirtschaft interessante Erkenntnisse bringen, doch wäre dies nur die Folgewirkung einer solchen Maßnahme, nicht aber deren Zweck, auf den es aber jedenfalls für die Beurteilung nach § 56 WRG 1959 ankommt ().
23 Unbestritten kommt es beim revisionsgegenständlichen Vorhaben allein auf den Zweck der Entwässerung zur Trockenhaltung der Baugrube an. Eine Bewilligungspflicht gemäß § 56 WRG 1959 scheidet daher aus.
24 Der Bewilligungsbescheid der BH vom gründet unter anderem auch auf § 10 WRG 1959. Diese Rechtsansicht, die vom Landesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis geteilt wird, erweist sich jedoch - wie die Amtsrevision zutreffend ausführt - als nicht in Übereinstimmung mit der Rechtslage.
25 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, setzt die Bewilligungspflicht nach § 10 WRG 1959 die Absicht zur Benutzung oder Erschließung des Grundwassers voraus (; , 2005/07/0037; , 2010/07/0213).
26 Auch nach Oberleitner/Berger ist als - bewilligungspflichtige - "Erschließung" (§ 10 Abs. 2) "nur eine Maßnahme anzusehen, die auf Grundwasser hinzielt; ungewollte Wasserzutritte wie etwa bei Anschneiden wasserführender Schichten bei Straßenbauten oder Aushubarbeiten oder Wasserzutritte in Baugruben und Stollen fallen nicht unter § 10 Abs. 2, weil es an der Erschließungs- oder Benützungsabsicht des angeschnittenen Grundwassers fehlt" (Oberleitner/Berger, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 19593, 2011, § 10 Rz 9).
27 Fehlt die Erschließungsabsicht und ist ein Einfluss auf das Grundwasser eine zwangsläufige Folge eines auf ein anderes Ziel gerichteten Vorhabens (z.B. eines Wegebaus), dann besteht auch nach Bumberger/Hinterwirth keine Bewilligungspflicht nach § 10 WRG 1959. Mangels diesbezüglicher Absicht liegt keine als Erschließung oder Benutzung anzusehende Einwirkung auf das Grundwasser vor (Bumberger/Hinterwirth, Wasserrechtsgesetz2, 2013, § 10 K6).
28 Bei Entwässerungsanlagen handelt es sich nicht um Wasserbenutzungsanlagen, sodass Bewilligungen nach § 40 WRG 1959 auch keine Wasserbenutzungsrechte begründen. Diese Differenzierung kommt auch im Gesetzestext klar zum Ausdruck, indem in § 40 Abs. 3 WRG 1959 die Geltung der an sich für Wasserbenutzungsrechte maßgeblichen § 12 Abs. 3 und 4 explizit angeordnet wird (Bumberger/Hinterwirth, Wasserrechtsgesetz2, 2013, § 40 K11 und 12).
29 Wenn - wie im vorliegenden Revisionsfall - eine Bewilligungspflicht gemäß § 40 Abs. 1 WRG 1959 zutreffend angenommen wird, können dieselben mit Auswirkungen auf das Grundwasser verbundenen Aspekte eines Sachverhaltes mangels Absicht zur Benutzung oder Erschließung des Grundwassers nicht auch dem Tatbestand des § 10 WRG 1959 unterliegen. Es wurden folglich auch nicht - wie die Amtsrevision zutreffend festhält - Maß und Art der Wasserbenutzung in Form einer Grundwasserentnahme bestimmt.
30 Unzutreffend erweist sich in diesem Zusammenhang auch die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses vom Landesverwaltungsgericht zur Unterstützung seiner Rechtsposition zitierte Kommentarstelle aus Oberleitner/Berger, wonach das gezielte Absenken des örtlichen Grundwasserspiegels zur Erleichterung von Baumaßnahmen z.B. durch Absenkbrunnen und Hebewerke - bei Beeinträchtigung fremder Rechte - neben einer Bewilligungspflicht gemäß § 40 Abs. 1 WRG 1959 auch dem § 10 WRG 1959 unterstellt werden könnte, weil die Absicht auf "Erschließen" des Grundwassers, wenngleich "zur Wegleitung", gerichtet sei (Oberleitner/Berger, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 19593, 2011, § 40 Rz 7).
31 Dies widerspricht der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die für eine Bewilligungspflicht nach § 10 WRG 1959 erforderliche Erschließungs- oder Benutzungsabsicht nicht in der - in einer Beseitigungsabsicht vorgenommenen - direkten Einleitung von Grundwasser in einen Oberflächenwasserkanal erkannt werden kann ().
32 Im vorliegenden Projekt wird das Grundwasser - wie eingangs beschrieben - durch technische Einrichtungen abgepumpt und in die Hilscherbach-Verrohrung bzw. in weiterer Folge über ein weit verzweigtes Entwässerungssystem in die Kitzbüheler Ache abgeleitet. Dieser Vorgang erfolgt somit in einer Beseitungsabsicht des überschüssigen Grundwassers. Von einer nach § 10 WRG 1959 erforderlichen Erschließungs- oder Benutzungsabsicht des Grundwassers kann daher nicht ausgegangen werden (wiederum ).
33 Die mit Spruchpunkt 1.1. des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes vom bewirkte Abänderung des Bescheides der BH vom erweist sich daher als rechtswidrig, weil im Zuge der Anführung des Bewilligungstatbestandes des § 40 Abs. 1 WRG 1959 als maßgebliche Rechtsgrundlage gleichzeitig die Nennung des § 10 WRG 1959 zu entfallen hätte.
34 Spruchpunkt 1.1. des angefochtenen Erkenntnisses war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016070004.J00 |
Schlagworte: | Besondere Rechtsgebiete Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 |
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