VwGH 19.01.2017, Ro 2016/06/0014
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BauG Vlbg 2001 §5 Abs3; BauG Vlbg 2001 §5 Abs5 litc; BauRallg; |
RS 1 | Bei dem verfahrensgegenständlichen Stabgeländer, das nicht vor die Gebäudefront ragt, handelt es sich um senkrechte Stäbe mit einem Durchmesser von 10 mm, die in einem Abstand von 12 cm über die gesamte Fassadenbreite angebracht sind. Angesichts dieser sehr lichtdurchlässigen Konstruktion, deren Verhängung aufgrund einer entsprechenden Auflage im Baubescheid unzulässig ist, hegt der VwGH keinen Zweifel, dass es sich dabei um einen untergeordneten Bauteil in lotrechter Richtung im Sinn des § 5 Abs. 3 Vlbg BauG 2001 handelt, der bei der Ermittlung des Schattenpunktes nicht zu berücksichtigen ist. Wenn das LVwG somit davon ausgeht, dass das Geländer für die Berechnung der Abstandsflächen nicht zu berücksichtigen ist, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. |
Norm | VwGG §63 Abs1; |
RS 2 | Bei der Erlassung der Folgeentscheidung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden bzw. Verwaltungsgerichte an die vom VwGH in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte, für die Aufhebung tragende Rechtsanschauung gebunden; eine Ausnahme bildet der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage (Hinweis E , Ro 2016/11/0007). |
Normen | BauG Vlbg 2001 §5 idF 2015/054; VwRallg; |
RS 3 | Durch die Novelle LGBl. Nr. 54/2015 wurde § 5 Vlbg BauG 2001 geändert. Diese Änderung trat am in Kraft. Da zum Zeitpunkt der Entscheidung des VwG die Novelle bereits in Kraft getreten war, ging dieses mangels Übergangsbestimmungen für bereits anhängige Verfahren - zu Recht von der Anwendung des Vlbg BauG 2001 in der Fassung LGBl. Nr. 54/2015 aus. Dem VwG ist daher zuzustimmen, dass sich die Rechtslage änderte und für Dachvorsprünge nach der neuen Rechtslage (LGBl. Nr. 54/2015) nicht mehr zu prüfen ist, ob es sich um einen untergeordneten Bauteil handelt oder nicht. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision der E W in F, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , LVwG-318-024/R6-Ü-2014-9, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Berufungskommission der Stadt Feldkirch; mitbeteiligte Partei: H Wohnbau AG in L, vertreten durch die Summer Schertler Stieger Kaufmann Droop Rechtsanwälte GmbH in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Feldkirch hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte (Bauwerberin) beantragte mit Schriftsatz vom die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage (Haus A und B) und einer Tiefgarage auf einer näher bezeichneten Liegenschaft. Zur weiteren Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0240, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (BH) vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof -
soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - aus, angesichts der Dimensionen der beiden Vordächer beim Haus B seien diese nicht als "untergeordnete Bauteile" im Sinn des § 5 Abs. 5 lit. c Vorarlberger Baugesetz (BauG) zu qualifizieren, weshalb das Vorhaben schon deshalb nicht genehmigungsfähig sei.
2 Aufgrund der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit mit war nunmehr das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) zur Entscheidung über die Vorstellung vom , die als Beschwerde zu werten war, zuständig (§ 42 Abs. 3 VwGG in Verbindung mit Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG, weil nach der rückwirkenden Aufhebung des Vorstellungsbescheides das Vorstellungsverfahren am anhängig war).
3 Bei der am vor dem LVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung führte der Sachverständige Ing. S. aus, er habe sich in seinem hochbautechnischen Gutachten vom auf die geänderten Deckpläne vom gestützt, insbesondere auf den Planschnitt "Grundrisse Lageplan". Er sei bei der Erstattung seines Gutachtens davon ausgegangen, dass die Vordachkonstruktion, wie im Schnitt AA dargestellt, als eine auf die Betondecke aufgesetzte Stahlkonstruktion ausgeführt worden sei. Nach Angaben der ausführenden Firma (in der mündlichen Verhandlung) sei der Dachvorsprung jedoch als durchgehende Betonkonstruktion mit dem Hauptdach ausgeführt worden. Dies habe Einfluss auf sein vorliegendes Gutachten. Der Sachverständige führte weiter aus: "Ich bleibe bei der Aussage, die Ausführung erscheint im Wesentlichen plankonform zu sein. Die Ausführung wurde jedoch entgegen dem Schnitt AA nicht als Stahlkonstruktion ausgeführt. Die Dachvorsprünge wurden als technische Einheit gemeinsam mit dem Dach über dem Gelände ausgeführt. Die Trennung zwischen Hauptdach und Vordach ist lediglich mit einem
Wärmedämmkorb ausgeführt. Dies ist technisch üblich. ... Aus
technischer Sicht deckt sich die Ausführung nicht, jedoch ist die äußere Erscheinung gleichwertig mit der bewilligten Darstellung. ... Aufgrund des geänderten Sachverhaltes, ..., wird nun festgestellt, dass die Vordächer über den umschlossenen Raum hinausgehende Fortführung des Daches sind und es sich im Sinn des oben angeführten § 5 Abs. 5 lit. c BauG um solche Dachvorsprünge handelt." Die als Dachvorsprünge zu wertenden Bauteile - so der Sachverständige weiter - seien aufgrund der Abmessungen nicht relevant für die Abstandsflächenberechnung, weil sie eine geringere Ausladung als 1,30 m aufwiesen.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des LVwG wurde der Berufungsbescheid der Berufungskommission der Stadt Feldkirch bestätigt. Begründend führte das LVwG aus, nach Erlassung des angefochtenen Berufungsbescheides habe sich die Rechtslage bezüglich § 5 Abs. 5 lit. c BauG geändert (das LGBl. Nr. 54/2015 sei am in Kraft getreten). Zur Änderung des § 5 Abs. 5 lit. c BauG sei in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage Folgendes festgehalten worden: " Es wird klargestellt, dass Dachvorsprünge bis zu 1,30 m Ausladung innerhalb der Abstandsflächen errichtet werden dürfen, wobei es nicht auf die Frage ankommt, ob es sich bei ihnen um untergeordnete Bauteile handelt oder nicht (§ 5 Abs. 5 lit. c)". Das LVwG habe die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage anzuwenden (Hinweis ua. auf das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/07/0105). Angesichts dessen sei der vorliegende Bauantrag nach der aktuellen Rechtslage zu beurteilen, weil die Übergangsbestimmungen keine Regelungen für im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle anhängige Verfahren enthielten. Aufgrund dieser geänderten Rechtslage und den Ausführungen des hochbautechnischen Amtssachverständigen im Zuge der vor dem LVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung stehe fest, dass es sich beim Haus B um Dachvorsprünge im Sinn des § 5 Abs. 5 lit. c BauG handle, die innerhalb der Abstandsflächen auf dem Baugrundstück bestehen dürften. Es sei dabei nicht mehr zu prüfen, ob es sich um untergeordnete Bauteile handle oder nicht. Es liege somit keine Verletzung der Bestimmungen betreffend die erforderlichen Abstandsflächen durch die gegenständlichen Dachvorsprünge vor.
5 Bezüglich des verfahrensgegenständlichen Geländers führte das LVwG aus, dieses bestehe aus vielen senkrechten Einzelstäben und zwei Querstäben (Stahlkonstruktion) und sei im obersten Geschoss über die gesamte Fassadenlänge und an beiden Seiten der Terrasse bei den Häusern A und B angebracht. Laut Motivenbericht zum BauG seien jene Bauteile als untergeordnete Bauteile anzusehen, die im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen - insbesondere durch Schattenbildung - von untergeordneter Bedeutung seien. Es komme somit auf die Frage der Beeinträchtigung des Lichteinfalles durch diesen Bauteil an (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2008/06/0080). Im vorliegenden Fall handle es sich um sehr schmale (10 bzw. 12 mm) senkrechte Stäbe, die in einem Abstand von 11 bzw. 12 cm angebracht seien. Durch diese Art der Konstruktion könne keine Hinderung des Lichteinfalles in vergleichbaren Maß entstehen wie bei einem lichtundurchlässigen Baumaterial. Die Abschwächung der Lichtintensität durch diese Art der Geländerkonstruktion sei äußerst gering und sie könne daher nur zu einer nicht wesentlich beeinträchtigenden Schattenbildung führen. Es sei außerdem durch eine entsprechende Auflage im Baubescheid ausgeschlossen worden, dass das Geländer mit Sichtschutz verhängt werden dürfe. Zudem ergebe eine Addition der einzelnen senkrechten Gitterstäbe eine Breite von höchstens 7% der gesamten Fassadenlänge, weshalb auch aus diesem Grund keine schattenbildende Beeinträchtigung gegeben sei. Es handle sich daher bei einer solchen Geländerkonstruktion um einen für die Berechnung der Abstandsflächen nicht zu berücksichtigenden untergeordneten Bauteil gemäß § 5 Abs. 5 lit. c BauG, weshalb der Beschwerde keine Folge zu geben sei.
6 Das Verwaltungsgericht erklärte die Revision für zulässig, weil es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage gebe, ob die verfahrensgegenständliche Art der Geländerkonstruktion als untergeordneter Bauteil im Sinn des § 5 Abs. 5 lit. c BauG anzusehen sei.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Die Revisionswerberin teilt die Auffassung des LVwG, dass eine hg. Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob die vorliegende Geländerkonstruktion als untergeordneter Bauteil anzusehen sei. Darüber hinaus macht die Revisionswerberin geltend, das LVwG sei hinsichtlich der Dachvorsprünge von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere vom Erkenntnis vom , 2013/06/0240, abgewichen, welches gemäß § 63 Abs. 1 VwGG Bindungswirkung entfalte.
8 Die Bauwerberin erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, die ordentliche Revision kostenpflichtig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Es trifft zu, dass es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage gibt, ob die verfahrensgegenständliche Art der Geländerkonstruktion als untergeordneter Bauteil im Sinn des § 5 Abs. 5 lit. c BauG anzusehen ist; die ordentliche Revision ist daher zulässig.
10 § 5 Vorarlberger Baugesetz (BauG), LGBl. Nr. 52/2001 idF LGBl. Nr. 54/2015, in Kraft getreten am , lautet (auszugsweise):
"§ 5
Abstandsflächen
(1) Oberirdische Gebäude sind so anzuordnen, dass vor jeder Außenwand eine Abstandsfläche liegt, nicht jedoch vor den Ecken. Dasselbe gilt für sonstige oberirdische Bauwerke, soferne sie Wände mit einer Höhe von mehr als 3,5 m über dem Gelände haben oder Flugdächer u.dgl. mit einer solchen Höhe sind. Die Abstandsfläche muss so tief sein, wie sechs Zehntel des Abstandes zwischen der Außenwand und dem Schattenpunkt. Sie muss auf dem Baugrundstück selbst liegen, bis zur Mitte einer angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche darf sie sich jedoch erstrecken.
(2) Als Außenwand nach Abs. 1 gilt eine lotrechte Ebene in der äußersten Begrenzungslinie des Gebäudes oder sonstigen Bauwerkes. Bauteile gemäß Abs. 5 lit. b und c sind nur so weit zu berücksichtigen, als sie das dort genannte Ausmaß überschreiten.
(3) Der Schattenpunkt nach Abs. 1 ergibt sich auf einer Waagrechten, die in der Höhe des jeweiligen Fußpunktes der Außenwand gelegt wird, wenn über das Gebäude oder sonstige Bauwerk Licht unter einem Winkel von 45 Grad einfällt. Bei der Ermittlung des Schattenpunktes sind untergeordnete Bauteile in lotrechter Richtung und untergeordnete Bauteile gemäß Abs. 5 lit. b und c bis zu dem dort genannten Ausmaß in waagrechter Richtung nicht zu berücksichtigen.
(4) Der jeweilige Fußpunkt nach Abs. 3 ergibt sich an der Schnittstelle der Außenwand mit der bestehenden Oberfläche des Geländes. Wurde die Geländeoberfläche durch eine Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist von der Geländeoberfläche vor dieser Veränderung auszugehen. Untergeordnete Geländeerhebungen und -vertiefungen sind nicht zu berücksichtigen. Im Falle einer Verfügung nach den §§ 3 Abs. 5 oder 29 Abs. 2 ist von der verfügten Geländeoberfläche auszugehen.
(5) Innerhalb der Abstandsflächen auf dem Baugrundstück
dürfen andere Bauwerke sowie Teile von solchen weder bestehen noch
errichtet werden. Ausgenommen sind
a) Bauwerke, ...
b) Sockel, Gesimse, Tür- und Fensterumrahmungen,
Rollladenkästen, u.dgl. bis zu 0,20 m Ausladung;
c) Dachvorsprünge bis zu 1,3 m Ausladung; weiters Sonnenblenden, Windfänge, offene Balkone, Erker, Kamine, Freitreppen, Werbeanlagen u.dgl., sofern es sich bei ihnen um untergeordnete Bauteile handelt, bis zu 1,30 m Ausladung.
(6) ..."
11 In der Regierungsvorlage zur Novelle LGBl. Nr. 54/2015 (RV 54BlgVlbgLT 30.GP) wird zur Änderung des § 5 Abs. 5 BauG ausgeführt:
"Ein Dachvorsprung ist die über die Abdeckung eines umschlossenen Raumes hinausgehende Fortführung des Daches; soweit das Dach noch der Raumabdeckung dient, ist es noch nicht Dachvorsprung."
12 Bei dem verfahrensgegenständlichen Stabgeländer (Haus B), das nicht vor die Gebäudefront ragt, handelt es sich - laut Deckplan vom - um senkrechte Stäbe mit einem Durchmesser von 10 mm, die in einem Abstand von 12 cm über die gesamte Fassadenbreite angebracht sind. Angesichts dieser sehr lichtdurchlässigen Konstruktion, deren Verhängung aufgrund einer entsprechenden Auflage im Baubescheid unzulässig ist, hegt der Verwaltungsgerichtshof keinen Zweifel, dass es sich dabei um einen untergeordneten Bauteil in lotrechter Richtung im Sinn des § 5 Abs. 3 BauG handelt, der bei der Ermittlung des Schattenpunktes nicht zu berücksichtigen ist. Wenn das LVwG somit davon ausgeht, dass das Geländer für die Berechnung der Abstandsflächen nicht zu berücksichtigen ist, kann dies im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.
13 Die Revision erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als berechtigt.
14 Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtzustand herzustellen.
15 Bei der Erlassung der Folgeentscheidung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden bzw. Verwaltungsgerichte somit an die vom VwGH in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte, für die Aufhebung tragende Rechtsanschauung gebunden; eine Ausnahme bildet der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2016/11/0007). Zutreffend ging das LVwG davon aus, dass es seiner Entscheidung die in diesem Zeitpunkt maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/05/0045). Durch die Novelle LGBl. Nr. 54/2015 wurde § 5 BauG geändert. Diese Änderung trat am in Kraft. Da zum Zeitpunkt der Entscheidung des LVwG am die Novelle bereits in Kraft getreten war, ging dieses mangels Übergangsbestimmungen für bereits anhängige Verfahren - zu Recht von der Anwendung des BauG in der Fassung LGBl. Nr. 54/2015 aus.
16 Dem LVwG ist daher zwar zuzustimmen, dass sich die Rechtslage änderte und für Dachvorsprünge nach der neuen Rechtslage (LGBl. Nr. 54/2015) nicht mehr zu prüfen ist, ob es sich um einen untergeordneten Bauteil handelt oder nicht. Darauf kommt es im vorliegenden Fall aber nicht an, weil die Bauwerberin tatsächlich die Errichtung von Vordächern beantragte und diesbezüglich keine Änderung des BauG erfolgte. Der Verwaltungsgerichtshof sprach im Erkenntnis vom , 2013/06/0240, bezüglich der beiden Vordächer beim Haus B aus, dass diese aufgrund ihrer Dimensionen nicht mehr als "untergeordnete Bauteile" im Sinn des § 5 Abs. 5 lit. c BauG qualifiziert werden könnten. Wenn das LVwG seiner Entscheidung statt der Vordächer nun Dachvorsprünge zugrunde legte, so verkennt es die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist und -
wie die Revisionswerberin in ihren Revisionsgründen zutreffend ausführt - maßgeblicher Gegenstand des Verfahrens das eingereichte, mit Plänen belegte Projekt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0067). Mit den eingereichten, geänderten Bauplänen vom beantragte die Bauwerberin die Errichtung von Vordächern; weder aus dem angefochtenen Erkenntnis noch aus den Verwaltungsakten ist ersichtlich, dass die Bauwerberin nochmals eine Antragsänderung vorgenommen hätte, wonach nunmehr statt der Errichtung von Vordächern Dachvorsprünge beantragt würden. Auch wenn sich in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG herausstellte, dass die Bauwerberin tatsächlich Dachvorsprünge ausgeführt hatte, so hat das LVwG seiner Entscheidung dennoch das beantragte Vorhaben und nicht die tatsächliche Ausführung zugrunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/06/0015, mwN). Das LVwG hatte daher weiterhin davon auszugehen, dass fallbezogen Vordächer vorliegen, die - so die bindende Rechtsansicht im hg. Erkenntnis 2013/06/0240 - keine untergeordneten Bauteile im Sinn des § 5 Abs. 5 lit. c BauG darstellen.
17 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz hinsichtlich der Revisionswerberin gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014. Ein Kostenzuspruch an die Mitbeteiligte kommt bei diesem Ergebnis nicht in Betracht (§ 47 Abs. 3 VwGG).
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BauG Vlbg 2001 §5 Abs3; BauG Vlbg 2001 §5 Abs5 litc; BauG Vlbg 2001 §5 idF 2015/054; BauG Vlbg 2001 §5; BauRallg; VwGG §42 Abs2 Z1; VwGG §63 Abs1; VwRallg; |
Schlagworte | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016060014.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAE-94182