VwGH vom 29.03.2017, Ra 2015/15/0044
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der B Aktiengesellschaft in I, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/3101119/2014, betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger für 2009, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist eine Bank und Gruppenträgerin, die am eine griechische Staatsanleihe mit dem Nominalwert von 50 Mio EUR zum Kurs von 102,249 (fixer jährlicher Zinssatz von 6,3 %) erworben hat. Im Jänner 2009 wurde die Anleihe vom Emittenten zum Nominale getilgt (Kurs 100). Der hiermit verbundene Tilgungsverlust beträgt 1.053.450 EUR.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug die Einkünfte der Revisionswerberin für 2009 fest, wobei es davon ausging, dass der revisionsgegenständliche Tilgungsverlust ausschließlich den gemäß Art. 11 Abs. 2 DBA Österreich-Griechenland steuerfrei zu stellenden Zinserträgen zuzurechnen sei und daher unter das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 falle. Begründend führte es aus, der Überpari-Kauf der Anleihe habe im Revisionsfall zu einem von vorneherein feststehenden Verlust im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, insbesondere des Erkenntnisses vom , 99/14/0099, geführt, sodass der Tilgungsverlust in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den (steuerfreien) Zinseinnahmen stehe und daher unter das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 falle.
3 Im Anleihebereich bestehe der Grundsatz, dass sich zum Ende der Anleihefrist der Wert der Anleihe dem Nominalwert annähere. Der (beim Erwerb bereits bekannt gewesene) Tilgungszeitpunkt der maßgeblichen griechischen Staatsanleihe sei im Jänner 2009 gewesen, sohin lediglich ein Jahr nach Ankauf der Wertpapiere. Nachdem im Anleihebereich davon auszugehen sei, dass in Zeiträumen kurz vor oder beim Auslaufen der Anleihe Kursausschläge über den Ankaufspreis (der seinerseits über dem Nominale gelegen habe) nicht stattfänden und der Kurs - auch kurzfristig - nicht mehr ansteige, sondern sich vielmehr dem Nennwert annähere, bestehe für das Bundesfinanzgericht kein Zweifel daran, dass die Revisionswerberin im Zeitpunkt des Ankaufes bereits zwingend von einem Wert bzw. einer Wertentwicklung der Anleihe in Höhe bzw. nahe dem Nominalwert ausgegangen sei und somit auch auf einen Verlust aus der Differenz Überpari-Ankaufswert zu Anleihemarktwert abgestellt habe. Der Revisionswerberin habe somit auch bewusst sein müssen, dass bei einem etwaigen - noch vor der Tilgung vorgenommenen - Verkauf der Anleihe der Verkaufspreis entsprechend gekürzt angesetzt und hierdurch lediglich ein Tilgungsverlust (wenngleich unter Umständen auch nicht im vorliegenden Ausmaß) zu erwirtschaften wäre. Die Revisionswerberin habe daher zum Erwerbszeitpunkt der übermarktmäßig verzinsten Anleihe den Tilgungsverlust bereits einkalkuliert und im Ergebnis dadurch eine marktmäßige Verzinsung erzielt. Die Revisionswerberin habe auch kein Vorbringen erstattet, demzufolge sie - abweichend von den dargestellten allgemeinen Erfahrungswerten - im streitgegenständlichen Fall auf einen tatsächlichen Kursanstieg nach Anleihenerwerb vertraut habe bzw. vertrauen hätte können. Sie habe die lediglich theoretisch gegebene, jedoch bei einer derart kurzen Restlaufzeit der Anleihe nicht nachvollziehbare Möglichkeit einer steigenden Kursentwicklung behauptet, ohne diese jedoch im vorliegenden Fall zu belegen oder glaubhaft zu machen. Auch wenn im Einzelfall eine kurz- und mittelfristige Kursentwicklung im Detail nicht vorhersehbar sei, stehe außer Zweifel, dass die Revisionswerberin bei Ankauf der Anleihe (wegen der Restlaufzeit von nur einem Jahr) einen Kursanstieg ausgeschlossen habe. Der streitgegenständliche Aufwand aus der Tilgung der Anleihe im Jänner 2009 sei daher in unmittelbarem Zusammenhang mit den nach dem DBA-Griechenland steuerfrei zu stellenden Zinserträgen gestanden, sodass dieser nach § 12 KStG 1988 nicht abzugsfähig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zu deren Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, der revisionsgegenständliche Tilgungsverlust sei - entgegen der Sachverhaltsannahme des Bundesfinanzgerichts - nicht als Differenzbetrag zwischen Ausgabewert und Einlösewert anzusehen, sondern ausschließlich auf Wertveränderungen infolge der Marktentwicklung zurückzuführen. Zur Rechtsfrage, ob ein solcher Verlust dem Bereich der (steuerbefreiten) Zinserzielung zuzurechnen sei, treffe das vom Bundesfinanzgericht herangezogene Erkenntnis keine Aussage und bestehe noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Die Revisionswerberin erachte sich in ihrem Recht verletzt, dass bei der Feststellung des Einkommens Gruppenträger 2009 der Betrag von 1.053.450 EUR aus dem Tilgungsverlust der Griechenlandanleihe nicht als steuerlicher Aufwand berücksichtigt wurde, weil § 12 Abs. 2 KStG 1988 zu Unrecht angewandt worden sei.
5 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. 8 Gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Vermögensvermehrungen und Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 99/14/0099, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, unter Bedachtnahme auf die Regelung des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF vor Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, zu Recht erkannt, dass das Gesetz allgemein einen von vornherein festgelegten Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabekurs und dem Einlösekurs eines Wertpapiers dem Bereich der Fruchtziehung zuordnet. Daher kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn auch für Zwecke des Herausschälens von Anleiheeinkünften aus umfassenden Einkünften aus Gewerbebetrieb auf diese Zuordnung Bedacht genommen wird (vgl. ebenso ).
10 Nun ist zwar der Revision zuzugeben, dass der Tilgungsverlust im Revisionsfall nicht auf einen schon von vornherein über dem Einlösewert liegenden Ausgabewert (Überpariausgabe) zurückzuführen ist, sondern auf einen späteren Erwerb der Anleihe zu einem über dem Einlösewert liegenden Kurswert (Überparierwerb). Entscheidend für die steuerliche Zuordnung eines Tilgungsverlustes aus einem Anleiheerwerb im Sinne des § 12 Abs. 2 KStG 1988 ist aber nicht, ob dieser durch einen ursprünglichen Ausgabeaufschlag oder einen späteren Erwerb über dem Einlösewert begründet ist, sondern ob ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zu steuerfreien Zinseinkünften erweislich ist.
11 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , 2000/14/0063, dazu präzisiert hat, können Kurswertänderungen insbesondere dann (ausnahmsweise) dem Bereich der Erzielung von Zinserträgen zugeordnet werden, wenn die Wertminderung des Vermögensstammes bereits bei Eingehen der Kapitalinvestition feststeht. Dazu müssen Sachverhaltsfeststellungen getroffen werden, nach welchen die später eingetretenen Kursentwicklungen der Anleihe von vornherein mit hoher Wahrscheinlichkeit haben erwartet werden können (vgl. auch ).
12 Dies hat das Bundesfinanzgericht im Revisionsfall getan und auf Sachverhaltsebene auf die Attraktivität der übermarktmäßig (fest) verzinsten Anleihe, die kurze Restlaufzeit der Anleihe von lediglich einem Jahr, die feststehenden Ankaufs- sowie Einlösewerte (und damit die feststehende Höhe des zum Einlösetag zu gewärtigenden Tilgungsverlusts) sowie die übliche Kursentwicklung im Anleihebereich in Zeiträumen kurz vor oder beim Auslaufen der Anleihe verwiesen, dem auch kein Vorbringen der Revisionswerberin gegenüber stand, demzufolge sie im Erwerbszeitpunkt sehr wohl noch mit Kursanstiegen hätte rechnen können.
13 Auf Basis der getroffenen und vom Verwaltungsgerichtshof nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden Sachverhaltsfeststellungen kann es daher nicht als rechtswidrig beurteilt werden, wenn das Bundesfinanzgericht vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung im Revisionsfall zu dem Ergebnis kam, dass die Revisionswerberin bereits zum Erwerbszeitpunkt von einem von vorneherein feststehenden bzw. ausreichend abschätzbaren Tilgungsverlust aus dem Überparierwerb ausgegangen ist, der im Hinblick auf die übermarktmäßig verzinste Anleihe in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung der (steuerfreien) Zinserträge im Sinne des § 12 Abs. 2 KStG 1988 stand.
14 Dass für die Revisionswerberin keine rechtliche Verpflichtung bestand, die Anleihe bis zum Tilgungszeitpunkt zu halten, schließt bei dieser Sachverhaltsfeststellung für sich genommen die Zuordnung des Tilgungsverlustes zu den Zinseinkünften nicht aus.
15 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am