TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 01.09.2015, Ra 2015/15/0038

VwGH vom 01.09.2015, Ra 2015/15/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Revision des M H in S, vertreten durch Mag. Doris Perl und Dr. Gerald Perl, Rechtsanwälte in 2230 Gänserndorf, Bahnstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-GF-14-0001, betreffend Übertretung des Rundfunkgebührengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom forderte die GIS Gebühren Info Service GmbH (in der Folge GIS) den Revisionswerber gemäß § 2 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz (RGG) auf, binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß zu beauskunften, welche Rundfunkempfangseinrichtungen an dem im Schreiben genannten Standort betrieben würden. Das übermittelte Formular sah vor, dass zu verschiedenen genannten Empfangsmöglichkeiten Felder mit "JA" oder "NEIN" anzukreuzen seien. Hingewiesen wurde darauf, dass bei Nichtbeantwortung oder bei nicht wahrheitsgetreuer Beantwortung des Auskunftsbegehrens die GIS verpflichtet sei, eine Überprüfung durch die Bezirksverwaltungsbehörde einzuleiten, an dessen Ende eine Verwaltungsstrafe stehen könne. Im Formular war vorgesehen, dass mit der Unterschrift die Richtigkeit der gemachten Angaben bestätigt werde. Unter dem Unterschriftsfeld fand sich der Vermerk: "Datum und Unterschrift des Teilnehmers". Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass die GIS für Rückfragen "jederzeit gerne auch telefonisch" unter einer angegebenen Telefonnummer zur Verfügung stehe.

Diese Aufforderung wurde dem Revisionswerber am zugestellt.

Mit "Auskunftsbegehren - Mahnung" wandte sich die GIS am neuerlich an den Revisionswerber. Dieses Schreiben wurde am an den Revisionswerber zugestellt.

Mit Schreiben vom forderte die Bezirkshauptmannschaft den Revisionswerber auf, sich zu dem Vorwurf zu rechtfertigen, er sei der Aufforderung nicht nachgekommen, binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß zu beauskunften, welche Rundfunkempfangseinrichtung an dem genannten Standort betrieben werde.

Der Revisionswerber gab hiezu am niederschriftlich vernommen an, da die Wohnung nicht ihm "gehöre" und er auch kein Fernseh- oder Rundfunkgerät besitze und auch nicht betreibe, habe er sich nicht verpflichtet gefühlt, das Formular der GIS auszufüllen. Wie im Akt vermerkt, habe er bei der GIS angerufen und der Dame mitgeteilt, dass er keine Rundfunkempfangseinrichtungen habe, damit sei für ihn die Sache erledigt gewesen. Seiner Meinung nach müsste es egal sein, ob er die Mitteilung schriftlich oder am Telefon mache. Er ersuche, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er sei den Aufforderungen vom und , binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß zu beauskunften, welche Rundfunkempfangseinrichtung am genannten Standort betrieben werde, nicht nachgekommen. Er habe dadurch die Vorschrift des § 2 Abs. 5 iVm § 7 Abs. 1 RGG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe von 500 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) verhängt.

Der Revisionswerber erhob gegen dieses Straferkenntnis Beschwerde und ersuchte um Einstellung des Verfahrens. Er sei an diesem Standort ordnungsgemäß gemeldet, die Rundfunkgebühren würden entrichtet.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

Begründend führte das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, auf Grund einer erfolglos verlaufenen Nachschau am genannten Standort durch Organe der GIS sei der Revisionswerber mit Schreiben vom sowie Mahnschreiben vom aufgefordert worden, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen; es sei auch ein entsprechendes Formular zum Ausfüllen beigelegt worden. Diesen Aufforderungen sei der Revisionswerber nicht nachgekommen. Der Revisionswerber habe am genannten Standort seinen ordentlichen Wohnsitz (Hauptwohnsitz).

Zum Zeitpunkt der Überprüfung der Wohnung sei keine aufrechte Anmeldung (nach dem RGG) vorgelegen. Das Beschwerdevorbringen, wonach angeblich nunmehr eine Anmeldung erfolgt sei und auch Gebühren entrichtet würden, sei für die Beurteilung im Verwaltungsstrafverfahren nicht relevant. Auch sei auf Grund der Anfrage mit der vorgesehenen Möglichkeit, das entsprechende Formular auszufüllen, und der Aufforderung, dies mit der Unterschrift zu bestätigen, zweifelsfrei zu entnehmen, dass diese Antwort schriftlich zu erteilen gewesen wäre, weshalb das Vorbringen, er habe mündlich Auskunft erteilt, nicht geeignet sei, Straffreiheit zu bewirken.

Das angefochtene Straferkenntnis sei somit zu Recht ergangen. Die Höhe der verhängten Strafe sei - wie näher ausgeführt wurde - als angemessen zu bezeichnen.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, da der als erwiesen angesehene Sachverhalt eindeutig und die in diesem Verfahren zu lösende Rechtsfrage einfach sei. Die zu lösende Rechtsfrage sei durch die bisherige Rechtsprechung und die eindeutige Gesetzeslage klargestellt.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung des Vorverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

§ 2 Abs. 1, 3 und 5 RGG (idF BGBl. I Nr. 71/2003) lautet:

"(1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten."

"(3) Das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts (Abs. 2) oder Namens ist vom Rundfunkteilnehmer dem mit der Einbringung der Gebühren betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) unverzüglich in der von diesem festgelegten Form zu melden. Die Meldung hat zu umfassen: Namen (insbesondere Vor- und Familiennamen, Firma, Namen juristischer Personen), Geschlecht und Geburtsdatum des Rundfunkteilnehmers, genaue Adresse des Standorts, Datum des Beginns/Endes des Betriebes und die Art der Rundfunkempfangseinrichtungen (Radio und/oder Fernsehen) sowie deren Anzahl, wenn sie für die Gebührenbemessung nach § 3 von Bedeutung ist."

"(5) Liegt für eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeit keine Meldung (Abs. 3) vor, so haben jene, die dort ihren Wohnsitz haben oder die Räumlichkeit zu anderen als Wohnzwecken nutzen, dem mit der Einbringung der Gebühren beauftragten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) auf dessen Anfrage mitzuteilen, ob sie Rundfunkempfangseinrichtungen an diesem Standort betreiben und zutreffendenfalls alle für die Gebührenbemessung nötigen Angaben zu machen."

§ 7 RGG (idF BGBl. I Nr. 98/2001) lautet:

"(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen, wer die Meldung gemäß § 2 Abs. 3 nicht oder unrichtig abgibt, eine unrichtige Mitteilung gemäß § 2 Abs. 5 abgibt oder eine Mitteilung trotz Mahnung verweigert. Nicht zu bestrafen ist, wer die Meldung nach § 2 Abs. 3 zwar unterlassen hat, die Angaben nach § 2 Abs. 5 jedoch wahrheitsgemäß macht.

(2) Verwaltungsstrafen sind durch die Bezirksverwaltungsbehörden zu verhängen. Die eingehobenen Strafgelder fließen dem Bund zu."

In den Erläuterungen zum Initiativantrag zum RGG, BGBl. I Nr. 159/1999, (1163/A BlgNR 20. GP 8) wurde zu § 2 RGG u. a. ausgeführt:

"(...) Den Rundfunkteilnehmer trifft nicht mehr wie im bisherigen Recht die Pflicht zum Erwerb einer Bewilligung, sondern nur noch eine Meldepflicht. Abs. 5 sieht vor, daß über Anfrage der GIS eine schriftliche Erklärung darüber abzugeben ist, ob eine Gebührenpflicht vorliegt. (...)"

Zu § 7 RGG wird in diesen Erläuterungen u.a. ausgeführt:

"Da die Bewilligungspflicht für den Betrieb von Rundfunkempfangseinrichtungen entfällt, kommt es maßgeblich darauf an, daß die Rundfunkteilnehmer ihrer Meldepflicht korrekt nachkommen bzw. die in § 2 Abs. 5 vorgesehenen Mitteilungen über die Gebührenpflicht ordnungsgemäß machen. Die Verletzung der Mitteilungspflicht bzw. die Falschmitteilung ist daher ebenso als Verwaltungsstraftatbestand vorgesehen wie die Verletzung der Meldepflicht. Allerdings ist die Verletzung der Meldepflicht dann straffrei, wenn die in § 2 Abs. 5 vorgesehene Mitteilung vom Rundfunkteilnehmer wahrheitsgemäß erstattet wird."

Jemand, der eine Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden betreibt oder betriebsbereit hält (Rundfunkteilnehmer), hat demnach gemäß § 2 Abs. 3 RGG das Entstehen der Gebührenpflicht dem Rechtsträger (§ 4 Abs. 1 RGG, also der GIS) unverzüglich in der von diesem festgelegten Form zu melden. Wenn für eine Wohnung keine derartige Meldung vorliegt, haben u.a. gemäß § 2 Abs. 5 RGG jene, die in dieser Wohnung ihren Wohnsitz haben, dem Rechtsträger auf dessen Anfrage mitzuteilen, ob sie Rundfunkempfangseinrichtungen an diesem Standort betreiben. Zutreffendenfalls haben sie alle für die Gebührenbemessung nötigen Angaben zu machen.

Die Bestrafung des Revisionswerbers beruht auf dem Vorwurf, er habe eine Mitteilung gemäß § 2 Abs. 5 RGG trotz Mahnung verweigert. Die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht gehen davon aus, dass die Mitteilung nach § 2 Abs. 5 RGG nur schriftlich abgegeben werden könne.

Die Bestimmungen des RGG sehen für die Mitteilung nach § 2 Abs. 5 leg. cit. - anders als für die Meldung nach § 2 Abs. 3 leg. cit. - nicht vor, dass diese Mitteilung in einer bestimmten (vom Rechtsträger festgelegten) Form zu erstatten sei.

Gemäß § 13 Abs. 1 AVG (in Verfahren nach dem RGG ist gemäß § 6 Abs. 1 RGG das AVG anzuwenden) können - soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - u. a. Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind hingegen nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung schriftlich einzubringen.

Da die Mitteilung iSd § 2 Abs. 5 RGG innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu erteilen gewesen wäre, wäre dies Mitteilung schriftlich zu erstatten gewesen.

Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Versucht eine Partei, in einem Fall, in welchem nur eine schriftliche Mitteilung zulässig ist, eine mündliche oder telefonische Mitteilung einzubringen, hat die Behörde den Einschreiter gemäß § 13a AVG dahin gehend zu belehren, dass nur eine schriftliche Mitteilung wirksam ist (vgl. Hengstschläger/Leeb , Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 122).

Der Revisionswerber war im Verfahren vor der GIS nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten. Nach seinem im Verfahren nicht in Frage gestellten Vorbringen wandte er sich auf Grund der Mahnung telefonisch an die GIS. Dass ihm anlässlich dieses Telefonats mitgeteilt worden wäre, dass nur eine schriftliche Mitteilung wirksam wäre, ergibt sich aus dem angefochtenen Erkenntnis (und dem Akteninhalt) nicht.

Strafbar iSd § 7 Abs. 1 RGG ist nicht die Unterlassung einer (formgerechten) Mitteilung, sondern die "Verweigerung" der Mitteilung. Vor dem Hintergrund des hier vorliegenden Sachverhaltes (telefonische Mitteilung des Revisionswerbers, kein Hinweis darauf, dass telefonische Mitteilung unwirksam sei), kann aber das Verhalten des Revisionswerbers nicht als Verweigerung beurteilt werden.

Da sohin das Verwaltungsgericht die Rechtslage verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Der zum Ersatz verpflichtete Rechtsträger (§ 47 Abs. 5 VwGG) ist der Bund, da die Vollziehung des Rundfunkwesens - samt akzessorischem Verwaltungsstrafrecht - Bundessache ist (vgl. K II-5, 7, 8/54, VfSlg. 2.721, und vom , G 24, 27/74, VfSlg. 7.593). Wien, am