VwGH vom 23.11.2016, Ro 2016/04/0013

VwGH vom 23.11.2016, Ro 2016/04/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft in 1010 Wien, Rudolfsplatz 13a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W219 2017000- 1/11E, betreffend Feststellung der Kosten nach § 48 Abs. 1 ElWOG 2010 (mitbeteiligte Partei: F GmbH in G, vertreten durch die Kaufmann Lausegger Rechtsanwalts OG in 8020 Graz, Mariahilfer Straße 20; weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei wird, soweit darin die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird, zurückgewiesen.

Begründung

I.

1 1. Mit Bescheid vom erließ der Vorstand der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (im Folgenden: E-Control) gemäß (u.a.) § 48 Abs. 1 des Elektrizitätswirtschafts- und - organisationsgesetzes 2010 (ElWOG 2010) gegenüber der mitbeteiligten Partei (F GmbH), einem (Verteiler)Netzbetreiber im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 51 und Z 76 ElWOG 2010, einen Kostenfeststellungsbescheid.

2 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei zunächst Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellte - nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - einen Vorlageantrag.

3 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom gab das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde Folge und hob "den angefochtenen Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung (...) sowie die Beschwerdevorentscheidung selbst (...) wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos" auf.

4 2.1. Das Verwaltungsgericht hielt zunächst fest, der Verwaltungsgerichtshof habe es in seinem Erkenntnis vom , 2013/04/0108, dahingestellt lassen, ob das in § 5 Abs. 3 des Energie-Control-Gesetzes (E-ControlG) vorgesehene Unterrichtungsrecht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft der in Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt (im Folgenden: Richtlinie 2009/73/EG) vorgesehenen Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde entgegenstehe. Im Hinblick darauf habe das Verwaltungsgericht den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, zum Vorliegen der unionsrechtlich (fallbezogen nach Art. 35 Abs. 4 der Richtlinie 2009/72/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt; im Folgenden: Richtlinie 2009/72/EG) gebotenen Unabhängigkeit der belangten Behörde Stellung zu nehmen. Die Bundesarbeitskammer, die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei hätten jeweils eine Stellungnahme erstattet, deren wesentlicher Inhalt im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben wurde.

5 2.2. In seiner Begründung hielt das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die Unzuständigkeit der belangten Behörde auch dann von Amts wegen wahrzunehmen sei, wenn sie in der Beschwerde nicht geltend gemacht werde. Unter Berufung auf das zitierte hg. Erkenntnis 2013/04/0108 ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die belangte Behörde, wenn sie nicht den Unabhängigkeitsvorgaben der Richtlinie 2009/72/EG entspreche, als unzuständig anzusehen sei.

6 2.3. Hinsichtlich der Prüfung der Unabhängigkeitsanforderungen stützte sich das Verwaltungsgericht wiederum auf das zitierte hg. Erkenntnis 2013/04/0108 sowie insbesondere auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom in der Rs. C-614/10, Kommission gegen Österreich , betreffend die fehlende "völlige Unabhängigkeit" der österreichischen datenschutzrechtlichen Kontrollstelle (konkret: der Datenschutzkommission) gemäß Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (im Folgenden: Richtlinie 95/46/EG). Die Aussagen des EuGH im Urteil in der Rs. C-614/10 seien auch für die Auslegung der Richtlinie 2009/72/EG maßgeblich.

7 Angesichts der gebotenen autonomen Auslegung der Unabhängigkeitskonzepte sei zwar zu prüfen, ob hinsichtlich der Anforderungen der Richtlinie 95/46/EG an datenschutzrechtliche Kontrollstellen einerseits und der Anforderungen der Richtlinie 2009/72/EG an Energieregulierungsbehörden andererseits Wesensunterschiede bestünden. Solche lägen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes aber nicht vor.

Zum Wortlaut der beiden Richtlinien führte das Verwaltungsgericht aus, in Erwägungsgrund 34 der Richtlinie 2009/72/EG sei (ebenso wie in Art. 28 der Richtlinie 95/46/EG) von "völlig unabhängig" die Rede. Auch für Energieregulierungsbehörden gelte somit, dass jede Form der mittelbaren Einflussnahme, die zur Steuerung der Entscheidungen geeignet wäre, ausgeschlossen werden müsse. Der EuGH habe in seinem Urteil in der Rs. C-614/10 die Eignung des Unterrichtungsrechts, die Datenschutzkommission einem mittelbaren Einfluss des (dort) Bundeskanzlers auszusetzen, als mit den Anforderungen der Richtlinie 95/46/EG an die Unabhängigkeit der Kontrollstelle unvereinbar angesehen.

Zu den von der belangten Behörde geltend gemachten Unterschieden bei den Zielsetzungen der beiden zugrunde liegenden Richtlinien verwies das Verwaltungsgericht auf das Urteil des EuGH in der Rs. C-614/10 sowie auf das , Kommission gegen Deutschland , aus denen sich ergebe, dass das Unabhängigkeitserfordernis nicht nur das Verhältnis zwischen der Kontrollstelle und den ihrer Kontrolle unterliegenden Einrichtungen betreffe. Auch hinsichtlich der Kontrolle über den nichtöffentlichen Bereich seien die Kontrollstellen wegen Ausübung der staatlichen Aufsicht nicht über jeden Verdacht der Parteilichkeit erhaben. Bei einer - wie hier vorliegend - Kostenfeststellung nach § 48 ElWOG 2010 werde zwar nicht die allgemeine staatliche Verwaltung kontrolliert; allerdings könne der Bundesminister ein Interesse an einer "Nichteinhaltung der Vorschriften über die Energieregulierung" haben, zumal es sich bei Netzbetreibern um Unternehmen von großer wirtschaftlicher Bedeutung handle. Zudem würde eine Kostenfeststellung massiv in das Eigentumsrecht der Netzbetreiber eingreifen.

Soweit die belangte Behörde die in der Richtlinie 2009/72/EG normierten "indirekten Einwirkungsmöglichkeiten" ins Treffen führe, hielt dem das Verwaltungsgericht entgegen, dass zwischen der dort vorgesehenen jährlichen Berichtspflicht und dem in § 5 Abs. 3 E-ControlG enthaltenen Unterrichtungsrecht ein wesentlicher Unterschied bestehe. Schließlich vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass das in § 5 Abs. 4 E-ControlG vorgesehene Weisungsrecht des Bundesministers hinsichtlich einzelner - außerhalb der Wahrnehmung der unionsrechtlich vorgegebenen Regulierungsaufgaben liegender - Tätigkeiten der belangten Behörde geeignet sei, die mittelbare Einflussmöglichkeit durch das Unterrichtungsrecht noch zu verstärken.

8 2.4. Ausgehend davon gelangte das Verwaltungsgericht zur Ansicht, dass die "mittelbare Einflussmöglichkeit des Bundesministers (...) im Wege des uneingeschränkten und unbedingten Unterrichtungsrechtes gemäß § 5 Abs. 3 E-ControlG (...) für sich dem Unabhängigkeitskonzept der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie" widerspreche. Die belangte Behörde sei somit zur Erlassung des bekämpften Bescheides unzuständig und der bekämpfte Bescheid sei ersatzlos aufzuheben gewesen.

9 2.5. Das Verwaltungsgericht erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig, weil zu der zu klärenden Frage keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege und die Rechtslage nicht als eindeutig anzusehen sei.

10 3. Gegen dieses Erkenntnis erhob die belangte Behörde die vorliegende ordentliche Revision, in der sie die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.

Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft erstattete eine Stellungnahme, in der er - im Wesentlichen aus den gleichen Gründen wie die revisionswerbende Partei - die Auffassung vertritt, dass das angefochtene Erkenntnis an Rechtswidrigkeit leide.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie primär beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis (wenn auch aus anderen als von der revisionswerbenden Partei vorgebrachten Gründen) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufheben. In eventu wird beantragt, die Revision als "unzulässig bzw. unbegründet abzuweisen" und in jedem Fall der mitbeteiligten Partei Aufwandersatz zuzusprechen. Weiters regt die mitbeteiligte Partei einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof sowie ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH an. II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 1. Die Revision ist im Hinblick auf die

Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zulässig.

12 2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Energie-

Control-Gesetzes (E-ControlG), BGBl. I Nr. 110/2010, hinsichtlich der §§ 5 und 9 in der Fassung BGBl. I Nr. 174/2013, lauten auszugsweise:

" Organe

§ 5. (1) Organe der E-Control sind:

1. der Vorstand,

2. die Regulierungskommission,

3. der Aufsichtsrat.

(2) Die Organe der E-Control und ihre Mitglieder sind mit Ausnahme der Angelegenheiten des Abs. 4 in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden und handeln unabhängig von Marktinteressen. Insbesondere dürfen sie keine Funktionen ausüben, die ihre Unabhängigkeit gefährden. Den Organen der E-Control dürfen Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung, eines allgemeinen Vertretungskörpers oder des Europäischen Parlaments nicht angehören.

(3) Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat das Recht, sich jederzeit über alle Gegenstände der Geschäftsführung und Aufgabenerfüllung zu unterrichten. Alle Organe der E-Control haben dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend unverzüglich und auf Verlangen schriftlich alle diesbezüglichen Anfragen zu beantworten.

(4) Die im ÖSG, mit Ausnahme des § 6 und § 9, im ÖSG 2012, mit Ausnahme des § 6, § 10 Abs. 1 und § 11, im Preistransparenzgesetz, im Energielenkungsgesetz 2012, mit Ausnahme des § 15 Abs. 2 und § 27 Abs. 2, im KWK-Gesetz, in § 69 ElWOG, BGBl. I Nr. 143/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2008, in § 92 ElWOG 2010 und in § 147 GWG 2011 der E-Control übertragenen Aufgaben werden von der E-Control unter der Leitung und nach den Weisungen des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend besorgt. Vorstand

§ 6. (1) Der Vorstand der E-Control besteht aus zwei Mitgliedern.

(2) Die Mitglieder des Vorstands werden vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend bestellt; die einmalige Wiederbestellung ist zulässig. Die Funktionsperiode beträgt fünf Jahre.

(3) Die Mitglieder des Vorstands müssen im Energiebereich

fachkundige Personen sein, die das Wahlrecht zum Nationalrat

besitzen. Zum Vorstand kann ernannt werden, wer

1. persönlich und fachlich zur Ausübung des Amtes geeignet

ist,

2. ein rechtswissenschaftliches,

wirtschaftswissenschaftliches oder technisches Studium

abgeschlossen hat und

3. eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung auf dem

Gebiet der Energiewirtschaft hat.

(4) Der Vorstand darf für die Dauer seiner Funktion keine weitere Tätigkeit ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner Aufgaben behindert oder geeignet ist, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, oder sonstige wesentliche Interessen seiner Funktion gefährdet; dies gilt insbesondere für die in § 4 Unvereinbarkeitsgesetz 1983, BGBl. Nr. 330/1983, umschriebenen Tätigkeiten.

...

Aufgaben des Vorstandes

§ 7. (1) Der Vorstand leitet den Dienstbetrieb und führt die Geschäfte der E-Control. Er ist zur Besorgung aller der E-Control übertragenen Aufgaben zuständig, die nicht bundesgesetzlich der Regulierungskommission oder dem Aufsichtsrat zugewiesen sind. Der Vorstand vertritt die E-Control nach außen.

...

Funktionsdauer des Vorstandes

§ 8. (1) Die Funktion eines Mitglieds des Vorstandes

der E-Control endet

1. mit Ablauf der Funktionsperiode,

2. mit Zurücklegung der Funktion nach Erörterung und

Abstimmung mit dem Aufsichtsrat,

3. mit der Abberufung durch den dem Bundesminister für

Wirtschaft, Familie und Jugend gemäß Abs. 3.

...

(3) Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat

ein Mitglied des Vorstands aus wichtigem Grund abzuberufen, wenn

1. nachträglich hervorkommt, dass eine

Bestellungsvoraussetzung nicht gegeben war oder weggefallen ist,

2. dauernde Unfähigkeit zur Ausübung der Funktion eintritt

oder wenn der Vorstand infolge Krankheit, Unfalls oder eines

Gebrechens länger als ein halbes Jahr vom Dienst abwesend ist oder

3. eine Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen

einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe vorliegt, wenn die verhängte Freiheitsstrafe ein Jahr übersteigt, oder die nicht bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe sechs Monate übersteigt. Rechtsschutz

§ 9. (1) Die E-Control kann gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die eine Amtshandlung der E-Control zum Gegenstand haben, Revision wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben.

(2) Beschwerden gegen Entscheidungen des Vorstands der E-Control in Angelegenheiten der Feststellung der Kostenbasis gemäß § 48 Abs. 1 ElWOG 2010, § 24 Abs. 1 GWG 2011 und § 69 Abs. 1 GWG 2011 sowie Entscheidungen über die Methode gemäß § 69 Abs. 2 GWG 2011 haben keine aufschiebende Wirkung."

13 2.2. Die maßgeblichen Erwägungsgründe sowie Bestimmungen der Richtlinie 2009/72/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt lauten auszugsweise:

"(33) Die Richtlinie 2003/54/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von Regulierungsbehörden mit spezifischen Zuständigkeiten. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Effektivität der Regulierung vielfach aufgrund mangelnder Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden von der Regierung sowie unzureichender Befugnisse und Ermessensfreiheit eingeschränkt wird. Daher hat der Europäische Rat die Kommission auf seiner Tagung vom 8. und aufgefordert, Legislativvorschläge auszuarbeiten, die eine weitere Harmonisierung der Befugnisse und eine Stärkung der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden vorsehen. Diese nationalen Regulierungsbehörden sollten sowohl den Elektrizitäts- als auch den Gassektor abdecken können.

(34) Damit der Elektrizitätsbinnenmarkt ordnungsgemäß funktionieren kann, müssen die Regulierungsbehörden Entscheidungen in allen relevanten Regulierungsangelegenheiten treffen können und völlig unabhängig von anderen öffentlichen oder privaten Interessen sein. Dies steht weder einer gerichtlichen Überprüfung noch einer parlamentarischen Kontrolle nach dem Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten entgegen. Außerdem sollte die Zustimmung des nationalen Gesetzgebers zum Haushaltsplan der Regulierungsbehörden die Haushaltsautonomie nicht beeinträchtigen. Die Bestimmungen bezüglich der Autonomie bei der Ausführung des der Regulierungsbehörde zugewiesenen Haushalts sollten gemäß dem Rechtsrahmen der einzelstaatlichen Haushaltsvorschriften und - regeln angewandt werden. Die Mitgliedstaaten tragen zur Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde von jeglicher Einflussnahme aus Politik oder Wirtschaft durch ein geeignetes Rotationsverfahren bei, sollten aber die Möglichkeit haben, der Verfügbarkeit personeller Ressourcen und der Größe des Gremiums jedoch gebührend Rechnung zu tragen.

...

Artikel 35

Benennung und Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden

(1) Jeder Mitgliedstaat benennt auf nationaler Ebene eine einzige nationale Regulierungsbehörde.

...

(4) Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der

Regulierungsbehörde und gewährleisten, dass diese ihre Befugnisse

unparteiisch und transparent ausübt. Hierzu stellen die

Mitgliedstaaten sicher, dass die Regulierungsbehörde bei der

Wahrnehmung der ihr durch diese Richtlinie und zugehörige

Rechtsvorschriften übertragenen Regulierungsaufgaben

a) rechtlich getrennt und funktional unabhängig von anderen

öffentlichen und privaten Einrichtungen ist,

b) und sicherstellt, dass ihr Personal und ihr Management

i) unabhängig von Marktinteressen handelt und

ii) bei der Wahrnehmung der Regulierungsaufgaben keine

direkten Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen einholt oderentgegennimmt. Eine etwaige enge Zusammenarbeit mit anderen zuständigen nationalen Behörden oder allgemeine politische Leitlinien der Regierung, die nicht mit den Regulierungsaufgaben und -befugnissen gemäß

Artikel 37 im Zusammenhang stehen, bleiben hiervon unberührt.

(5) Zur Wahrung der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde stellen die Mitgliedstaaten insbesondere sicher,

a) dass die Regulierungsbehörde unabhängig von allen

politischen Stellen selbständige Entscheidungen treffen kann und ihr jedes Jahr separate Haushaltsmittel zugewiesen werden, sodass sie den zugewiesenen Haushalt eigenverantwortlich ausführen kann und über eine für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben angemessene personelle und finanzielle Ressourcenausstattung verfügt; und

b) dass die Mitglieder des Leitungsgremiums der

Regulierungsbehörde oder, falls kein solches Gremium vorhanden ist, die Mitglieder des leitenden Managements der Regulierungsbehörde für eine Amtszeit von fünf bis sieben Jahren ernannt werden, die einmal verlängert werden kann.

Was Buchstabe b Unterabsatz 1 betrifft, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass für das Leitungsgremium oder das leitende Management ein geeignetes Rotationsverfahren besteht. Die Mitglieder des Leitungsgremiums der Regulierungsbehörde oder, falls kein solches Gremium vorhanden ist, die Mitglieder des leitenden Managements können während ihrer Amtszeit nur dann des Amtes enthoben werden, wenn sie nicht mehr die in diesem Artikel genannten Bedingungen erfüllen oder wenn sie sich eines Fehlverhaltens nach nationalem Recht schuldig gemacht haben."

14 3. Das Verwaltungsgericht begründete die ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides damit, dass das in § 5 Abs. 3 E-ControlG enthaltene Unterrichtungsrecht des Bundesministers den Unabhängigkeitsvorgaben der Richtlinie 2009/72/EG widerspreche und dieser Umstand (entsprechend dem hg. Erkenntnis 2013/04/0108) dazu führe, dass die belangte Behörde als unzuständig anzusehen sei.

15 Bei der Prüfung, ob die Vorgaben der Richtlinie 2009/72/EG zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde dem Unterrichtungsrecht des Bundesministers nach § 5 Abs. 3 E-ControlG entgegenstehen, und bei der Beurteilung, ob und inwieweit ein allfälliger Widerspruch der innerstaatlichen Regelung zu diesen Vorgaben zur Unzuständigkeit der Behörde führt, handelt es sich um zwei voneinander abzugrenzende Fragen.

16 3.1. Zum zuletzt genannten Umstand ist darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichthof in mehreren Entscheidungen mit der Unzuständigkeit einer Behörde infolge der Nichterfüllung unionsrechtlicher Anforderungen befasst hat.

17 In seinem Erkenntnis vom , 2011/22/0097, hat der Verwaltungsgerichtshof - soweit für die hier zu klärende Frage von Relevanz - festgehalten, dass auf Grund unmittelbar anwendbarer Bestimmungen der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) seit Ablauf der Umsetzungsfrist dieser Richtlinie die Einrichtung der Sicherheitsdirektionen als Berufungsinstanz den unionsrechtlich gebotenen Verfahrensanforderungen nicht ausreichend Rechnung trage und es daher der Einschaltung von Tribunalen bedürfe. Unter Berufung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom , G 26/06, VfSlg. 17.983/2006, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass der in der Zuständigkeitsregelung des § 9 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) enthaltene Vorbehalt "sofern nichts anderes bestimmt ist" (im Sinn einer unionsrechtskonformen Auslegung) nur so verstanden werden könne, dass die unabhängigen Verwaltungssenate (über die ihnen im FPG ausdrücklich eingeräumten Zuständigkeiten hinaus) auch in jenen Fällen zuständig seien, die von den unionsrechtlichen Verpflichtungen der Rückführungsrichtlinie erfasst würden. Da der Instanzenzug seit Ablauf der Umsetzungsfrist somit zu den unabhängigen Verwaltungssenaten gehe, wurde der angefochtene Bescheid der Sicherheitsdirektion wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufgehoben.

18 Im hg. Erkenntnis vom , 2011/17/0156, war eine Beschwerde gegen einen Bescheid der (damaligen) Datenschutzkommission gegenständlich. Der Verwaltungsgerichtshof verwies darin auf das Urteil des EuGH in der Rs. C-614/10, in dem der EuGH erkannt habe, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46/EG im Zusammenhang mit der Einführung einer dem Kriterium der Unabhängigkeit genügenden datenschutzrechtlichen Kontrollstelle verstoßen habe. Diesen Verstoß begründete der EuGH damit, dass die Republik Österreich Regelungen eingeführt habe, nach denen das geschäftsführende Mitglied der Datenschutzkommission ein der Dienstaufsicht unterliegender Bundesbediensteter sei, die Geschäftsstelle der Datenschutzkommission in das Bundeskanzleramt eingegliedert sei und der Bundeskanzler über das unbedingte Recht verfüge, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Datenschutzkommission zu unterrichten (Tenor).

Ausgehend davon legte der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung im Erkenntnis 2011/17/0156 zugrunde, dass die unionsrechtlich angeordnete Einführung einer Stelle, die ihre Aufgaben in vollständiger Unabhängigkeit wahrnehme, somit nicht (ausreichend) erfolgt sei. Weiters verwies er auf das hg. Erkenntnis 2011/22/0097 (sowie die weitere im Nachhang dazu ergangene Rechtsprechung), der zufolge unionsrechtliche Vorgaben wie die in einer Richtlinie vorgesehene Rechtsschutzgarantie ab Ablauf der Umsetzungsfrist zu beachten seien. Da die Einrichtung einer völlig unabhängigen Stelle (im Sinn der Richtlinie 95/46/EG) eine Rechtsschutzgarantie - vergleichbar der Anordnung der Entscheidung durch ein unabhängiges Tribunal - sei, erweise sich die Datenschutzkommission im Sinn der zitierten hg. Rechtsprechung als unzuständig.

19 Im Erkenntnis 2013/04/0108 hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit einer Kostenfeststellung nach § 69 Abs. 1 Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) festgestellt, dass im Hinblick auf die konkrete personelle Zusammensetzung der (damals zuständigen) Regulierungskommission der E-Control die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde von Marktinteressen bzw. von anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen (im Sinn des Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73/EG, der im Wesentlichen dem hier gegenständlichen Art. 35 Abs. 4 der Richtlinie 2009/72/EG entspricht), nicht sichergestellt sei. Da die Behörde nicht den (unionsrechtlichen) Vorgaben entspreche, sei sie (unter Verweis auf das hg. Erkenntnis 2011/17/0156 sowie das Erkenntnis des , VfSlg. 14.499/1996) als unzuständig anzusehen.

In dem vom Verwaltungsgerichtshof begründend herangezogenen Erkenntnis VfSlg. 14.499/1996 erkannte der Verfassungsgerichtshof eine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch eine gesetzwidrige Zusammensetzung des (dort belangten) Landesvergabeamtes. Auf diesen Umstand der gesetzwidrigen Zusammensetzung einer Kollegialbehörde hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 2013/04/0108 ausdrücklich hingewiesen.

20 In den dargestellten Entscheidungen ging es zum einen darum, eine nationale Regelung über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen zwei bestehenden Behörden unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Zuständigkeit des Tribunals angenommen wurde. Zum anderen lagen den Entscheidungen Konstellationen zugrunde, in denen der Verstoß gegen Unionsrecht - zumindest auch - in der Zusammensetzung der Behörde bzw. in ihrer Einbindung in die weisungsgebundene Verwaltung begründet war. Eine Vergleichbarkeit mit der hier vorliegenden Konstellation besteht insoweit nicht, weil weder im Hinblick auf die personelle Zusammensetzung noch im Hinblick auf die Einrichtung der E-Control bzw. ihres Geschäftsapparates bei einer anderen Stelle Bedenken bestehen. Aus der dargestellten Rechtsprechung ergibt sich auch nicht, dass jegliche denkmöglich die Unabhängigkeit einer Behörde berührende Regelung automatisch die Unzuständigkeit dieser Behörde nach sich zieht.

21 3.2. Ausgehend davon ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in einem ersten Schritt zu prüfen, ob dieses Unterrichtungsrecht - bei gebotener Beachtung des Anwendungsvorrangs von unmittelbar anwendbarem Unionsrecht und der Verpflichtung zur richtlinienkonformen Interpretation - als unbedingt und unbeschränkt anzusehen ist.

22 Dafür ist zu beachten, dass das Unabhängigkeitserfordernis des Art. 35 Abs. 4 der Richtlinie 2009/72/EG unbedingt formuliert und hinreichend bestimmt ist, um einer unmittelbaren Anwendung zugänglich zu sein. Da (auch) alle Verwaltungsbehörden dem Anwendungsvorrang von unmittelbar anwendbarem Unionsrecht zum Durchbruch zu verhelfen haben (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2015/04/0004), hat die E-Control, wäre sie mit einem Auskunftsersuchen des Bundesministers konfrontiert, die Regelung des § 5 Abs. 3 E-ControlG unangewendet zu lassen (und dem Auskunftsersuchen somit nicht zu entsprechen), soweit dem die unionsrechtlich gebotene Unabhängigkeit entgegensteht. Dass das Unterrichtungsrecht nach § 5 Abs. 3 E-ControlG im Zusammenhang mit der Erlassung des zugrunde liegenden Kostenfeststellungsbescheides schlagend geworden wäre und die E-Control einem diesbezüglichen Auskunftsersuchen entsprochen hätte, wurde weder behauptet noch ist dies ersichtlich.

23 Anders als etwa im Fall einer unionsrechtswidrigen Zusammensetzung einer Behörde kann ein gesetzlich normiertes Unterrichtungsrecht unangewendet bleiben, ohne dass dies zur Folge hat, dass die Behörde als solche in ihrer Existenz beeinträchtigt wird. Während eine unionsrechtswidrig zusammengesetzte Behörde - auch wenn dem eine gesetzliche Bestimmung und nicht bloß ein faktischer Bestellvorgang zugrunde liegt - durch Nichtanwendung der betreffenden Bestimmung nicht zu einer rechtmäßig zusammengesetzten Behörde wird (weil auch die Nichtteilnahme einzelner Mitglieder die rechtswidrige Zusammensetzung nach sich zieht) und auch die organisatorische Anbindung einer Behörde bzw. ihres Geschäftsapparates bei einer anderen Stelle durch die Nichtanwendung der dies normierenden Bestimmungen nicht beseitigt werden kann, bleibt der Bestand einer Behörde von der Frage der Anwendung bzw. Nichtanwendung des Unterrichtungsrechts eines Dritten dem Grunde nach unberührt. Insofern lässt sich das hier gegenständliche Unterrichtungsrecht nach § 5 Abs. 3 E-ControlG von den - den oben dargestellten hg. Erkenntnissen zugrunde liegenden -

Regelungen abgrenzen.

24 Ein Abstellen auf den Umstand, ob das Unterrichtungsrecht anwendbar ist oder unangewendet zu bleiben hat, erscheint auch vor dem Hintergrund geboten, dass dann, wenn die Herbeiführung eines unionsrechtskonformen Zustandes auf unterschiedlichem Weg möglich ist, diejenige Lösung zur Anwendung zu gelangen hat, mit der die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis 2015/04/0004, mwN). Angesichts der Zielsetzung des E-ControlG (siehe RV 994 BlgNR 24. GP 30 f), eine "in Organisation, Aufgaben und Entscheidungsabläufen den EU-rechtlichen Vorgaben" entsprechende Behörde zu schaffen, ist davon auszugehen, dass eine Verdrängung des § 5 Abs. 3 E-ControlG, soweit dem die unionsrechtlichen Vorgaben betreffend die Unabhängigkeit der Energieregulierungsbehörde entgegenstehen, einen geringeren Eingriff in das System der Einrichtung einer unionsrechtskonformen Energieregulierungsbehörde darstellt als die Annahme einer Unzuständigkeit der E-Control auf Grund des Unterrichtungsrechts.

25 3.3. Darüber hinaus ist aber zu beurteilen, ob das Bestehen des Unterrichtungsrechts nach § 5 Abs. 3 E-ControlG unabhängig von seiner Anwendbarkeit im Einzelfall der Einrichtung der E-Control als unabhängig als solches entgegensteht und damit ihre Unzuständigkeit nach sich zieht. Dies ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aus nachstehenden Gründen zu verneinen.

26 Nach der bereits dargelegten Zielsetzung des E-ControlG (siehe RV 994 BlgNR 24. GP 30 f) soll damit eine "in Organisation, Aufgaben und Entscheidungsabläufen den EU-rechtlichen Vorgaben" entsprechende Behörde geschaffen werden. Die E-Control wird nach § 2 Abs. 1 E-ControlG als Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet. Zu den Eckpunkten der unionsrechtskonformen Einrichtung der Energieregulierungsbehörde zählt nach den Erläuterungen (RV 994 BlgNR 24. GP 31) auch, dass sie über eine für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben angemessene personelle und finanzielle Ressourcenausstattung verfügt. Nach den §§ 29 und 30 E-ControlG ist der Vorstand berechtigt, Arbeitnehmer in der erforderlichen Zahl einzustellen und er erstellt alle zwei Jahre ein Budget. Die E-Control ist nach § 32 E-ControlG berechtigt, zur Finanzierung ihrer Regulierungsaufgaben bestimmten Marktteilnehmern ein kostendeckendes Finanzierungsentgelt vorzuschreiben, wobei sich die Gesamthöhe des Finanzierungsentgelts nach dem vom Aufsichtsrat genehmigten Budget bemisst, die Bildung einer Rücklage für unvorhergesehene Belastungen aber zulässig ist. Nach § 5 Abs. 2 E-ControlG sind die Organe der E-Control und ihre Mitglieder - mit Ausnahme der Angelegenheiten des § 5 Abs. 4 E-ControlG - in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden und handeln unabhängig von Marktinteressen. Insbesondere dürfen sie keine Funktionen ausüben, die ihre Unabhängigkeit gefährden.

27 Umgekehrt ergibt sich bereits aus Art. 35 Abs. 4 lit. b sublit. ii der Richtlinie 2009/72/EG, dass die unionsrechtlich geforderte Unabhängigkeit einer etwaigen engen Zusammenarbeit mit anderen nationalen Behörden nicht entgegensteht. Gleiches gilt für die in § 8 Abs. 3 E-ControlG vorgesehene (in Art. 35 Abs. 5 der Richtlinie 2009/72/EG grundgelegte) Abberufungsmöglichkeit von Vorstandsmitgliedern durch den Bundesminister aus wichtigem Grund (etwa bei Wegfall der Bestellungsvoraussetzungen oder auf Grund einer Verurteilung).

Auf innerstaatlicher Ebene sieht § 5 Abs. 4 E-ControlG in Einschränkung des Grundsatzes der Weisungsfreiheit vor, dass bestimmte - etwa im Ökostromgesetz oder im Energielenkungsgesetz, zum Teil aber auch im ElWOG 2010 und im GWG 2011 übertragene - Aufgaben von der E-Control unter der Leitung und nach den Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft besorgt werden. Das Unionsrecht steht dem nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegen, weil Art. 35 Abs. 4 der Richtlinie 2009/72/EG bei der Ausgestaltung der dort normierten Unabhängigkeit für die Regulierungsbehörden auf die Wahrnehmung der ihr durch diese Richtlinie übertragenen Regulierungsaufgaben abstellt. Allerdings hat die teilweise Weisungsbindung zur Folge, dass die E-Control mit Weisungen des Bundesministers konfrontiert ist und aus eigenem zu prüfen hat, ob diese Weisungen Aufgaben betreffen, die nicht dem § 5 Abs. 4 E-ControlG unterliegen.

28 Die Festschreibung einer Weisungsbindung der E-Control für Bereiche, in denen unionsrechtlich eine Unabhängigkeit nicht gefordert ist, führt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht dazu, dass die E-Control als nicht in unionsrechtskonformer Weise unabhängig eingerichtet anzusehen ist (vgl. in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 87 Abs. 2 B-VG, der zufolge Einzelrichter, wenn sie Justizverwaltungssachen erledigen, ungeachtet ihrer in Ausübung ihres richterlichen Amtes bestehenden Unabhängigkeit Verwaltungsorgane und als solche weisungsgebunden sind; siehe zuletzt etwa das Erkenntnis des , G 247/2016). Nichts anderes kann aber - eine unionsrechtskonform gebotene Nichtanwendung in den Fällen, in denen die von der Richtlinie 2009/72/EG geforderte Unabhängigkeit einer Anwendung entgegensteht, vorausgesetzt - hinsichtlich des in § 5 Abs. 3 E-ControlG vorgesehenen Unterrichtungsrechts des Bundesministers angenommen werden.

29 Im Hinblick auf die oben dargestellten Unabhängigkeitsgarantien, die auch nach den unionsrechtlichen Vorgaben durch gewisse Formen des Zusammenwirkens der Energieregulierungsbehörde mit anderen staatlichen Stellen nicht beeinträchtigt werden, führt der Umstand, dass die E-Control in Beachtung des Anwendungsvorrangs von Unionsrecht aus eigenem zu beurteilen hat, ob einem Auskunftsersuchen die unionsrechtlich gebotene Unabhängigkeit entgegensteht, nicht dazu, dass sie als nicht unabhängig (im Sinn des Art. 35 Abs. 4 der Richtlinie 2009/72/EG) eingerichtet und somit als unzuständig anzusehen ist.

30 Dieser Sichtweise stehen auch die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil in der Rs. C-614/10 nicht entgegen. Der EuGH hat darin zwar festgehalten, dass unter den dort vorliegenden Umständen das (damals in § 38 Abs. 2 DSG 2000 vorgesehene) Unterrichtungsrecht einer Einstufung der Datenschutzkommission als Stelle, deren Handlungen unter allen Umständen über jeden Verdacht der Parteilichkeit erhaben sind, entgegensteht (Rn. 64). Allerdings wurde diese Aussage (abgesehen von den Unterschieden in der Ausgestaltung der jeweiligen Behörden) in einem Vertragsverletzungsverfahren getroffen. Da der Anwendungsvorrang die Mitgliedstaaten nicht von der Pflicht zur Herbeiführung einer unionsrechtskonformen Rechtslage entbindet (siehe etwa das , Kommission gegen Griechenland ), ist zwischen der Feststellung einer Vertragsverletzung und der Möglichkeit der Verdrängung von nationalem Recht durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht zu unterscheiden. Die Möglichkeit, nationales Recht im Wege der Verdrängung unangewendet zu lassen (fallbezogen: einem Auskunftsersuchen nicht zu entsprechen), ändert nichts an der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die nationale Rechtslage unionsrechtskonform auszugestalten. Umgekehrt steht daher die Feststellung des EuGH, wonach die Normierung eines Unterrichtungsrechtes eine Vertragsverletzung begründet, nicht der Verpflichtung entgegen, in einem konkreten Fall die Regelung des Unterrichtungsrechtes unangewendet zu lassen, soweit dies die unionsrechtliche Unabhängigkeitsvorgabe erfordert.

31 3.4. Das Verwaltungsgericht ist somit zu Unrecht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Normierung des Unterrichtungsrechts nach § 5 Abs. 3 E-ControlG für sich genommen zur Unzuständigkeit der E-Control führt.

32 Dem von der mitbeteiligten Partei angeregten Gesetzesprüfungsantrag sowie dem ebenfalls angeregten Vorabentscheidungsersuchen liegt jeweils die Frage zugrunde, ob ein Bescheid ersatzlos behoben werden könne, wenn keine zuständige Behörde existiere. Ausgehend von der oben dargelegten Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes stellt sich diese Frage im vorliegenden Fall nicht, weshalb auf diese Anregungen schon aus diesem Grund nicht weiter einzugehen war.

33 Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

34 Soweit die mitbeteiligte Partei in ihrem primären Antrag - ebenso wie die Revisionswerberin - eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses begehrt, war die Revisionsbeantwortung zurückzuweisen, weil das VwGG den Eintritt als mitbeteiligte Partei auf Seiten des Revisionswerbers nicht kennt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/04/0014, mwN).

Wien, am