VwGH 19.10.2016, Ra 2015/15/0017
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | 12010E267 AEUV Art267; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art141; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art197; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art263; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art265; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art266; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art40; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art41; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art42; 62014CJ0518 Senatex VORAB; UStG 1994 Anh Art21 Abs3; UStG 1994 Anh Art25; UStG 1994 Anh Art3 Abs8; VwGG §38b; |
RS 1 | Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist Artikel 141 Buchstabe c der Richtlinie 2006/112, von welcher Bestimmung gemäß Artikel 42 (in Verbindung mit Artikel 197) der Richtlinie 2006/112 die Nicht-Anwendung des Artikels 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 abhängt, dahin auszulegen, dass die dort genannte Voraussetzung dann nicht erfüllt ist, wenn der Steuerpflichtige in jenem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, ansässig und für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, auch wenn dieser Steuerpflichtige für den konkreten innergemeinschaftlichen Erwerb die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet? 2. Sind Artikel 42 und Artikel 265 in Verbindung mit Artikel 263 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass nur die fristgerecht abgegebene zusammenfassende Meldung die Nicht-Anwendbarkeit des Artikels 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 bewirkt? |
Normen | |
RS 1 | Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt nach dem zweiten Satz des Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 der Erwerb (zusätzlich; vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 3 BMR Tz 34) als in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates (hier also: Österreich) als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat (also die Tschechische Republik) besteuert worden ist. Im Fall des Nachweises gilt § 16 UStG 1994. Diese im Staat der Registrierung geschuldete Steuer kann nicht als Vorsteuer abgezogen werden (vgl. Ruppe/Achatz, aaO). |
Normen | UStG 1994 Anh Art25 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art141 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art197 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art42 |
RS 2 | Art. 25 UStG 1994 beruht auf verschiedenen Vorschriften der Richtlinie 2006/112, vor allem auf deren Art. 42, 141 und 197 (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 25 BMR Tz 2). Art. 25 UStG 1994 ist im Sinne dieser Richtlinienbestimmungen auszulegen (vgl. hiezu allgemein Ruppe/Achatz, UStG5, Einf Tz 27). |
Normen | |
RS 3 | Nach dem , Hans Bühler KG, ist die Voraussetzung des Art. 141 Buchstabe c der Richtlinie 2006/112 (die im Wesentlichen mit Art. 25 Abs. 3 lit. c UStG 1994 übereinstimmt) auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige in dem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, ansässig und für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, aber für den konkreten innergemeinschaftlichen Erwerb die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats verwendet. Wenn sohin Art. 25 Abs. 1 UStG 1994 als Voraussetzung für ein Dreiecksgeschäft verlangt, dass drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, so ist diese Voraussetzung auch dann erfüllt, wenn der "mittlere Unternehmer" (der Erwerber) zwar seinen Sitz im selben Mitgliedstaat wie der erste Unternehmer (hier Deutschland) hat und auch dort für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, er aber die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Staates (hier jene Österreichs) verwendet (ebenso bereits Schwab in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg, Art. 25 Tz 23; Ruppe/Achatz, UStG4, Art. 25 BMR Tz 6; Melhardt in Melhardt/Tumpel, UStG2 Art. 25 Tz 3). |
Normen | |
RS 4 | Eine der Voraussetzungen dafür, dass der innergemeinschaftliche Erwerb (im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994) in Österreich als besteuert gilt, ist nach Art. 25 Abs. 2 UStG 1994, dass der Unternehmer (Erwerber) seiner Erklärungspflicht nachgekommen ist. Bei dieser Erklärungspflicht handelt es sich allerdings nicht um eine materielle Voraussetzung, sondern lediglich um eine formelle Anforderung. Die Nichterfüllung (oder nicht rechtzeitige Erfüllung) dieser Anforderung kann die Wirkung, dass der innergemeinschaftliche Erwerb als besteuert gilt, im Allgemeinen nicht in Frage stellen, wenn die materiellen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind (vgl. Urteil EuGH C 580/16, Hans Bühler KG, Rn 49 f). |
Normen | |
RS 5 | Nach Artikel 266 der Richtlinie 2006/112 können die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Zusammenfassende Meldung weitere als die in Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 angeführten Angaben enthält. Es mag zu Unterscheidungs- und Kontrollzwecken zweckmäßig sein, dass Dreiecksgeschäfte separat gekennzeichnet werden (vgl. Berger/Kindl/Wakounig in Scheiner/Kolacny/Caganek, Mehrwertsteuer, 50. Lfg., Art. 192a bis 280, Anm. 183). § 18a Abs. 7 Z 4 lit. c des deutschen UStG sieht insoweit auch vor, dass die Zusammenfassende Meldung im Falle von Dreiecksgeschäften einen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes enthalten muss. Dem österreichischen Recht kann ein derartiges Erfordernis nicht entnommen werden. Lediglich für die Rechnungsausstellung des Erwerbers verlangt Art. 25 Abs. 4 UStG 1994 - soweit dazu österreichisches Recht anwendbar ist - einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts. Einen Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft in der Zusammenfassenden Meldung sehen weder Art. 21 Abs. 3 bis 10 UStG 1994 (vgl. hingegen Art. 21 Abs. 11 UStG 1994 über die gesonderte Erklärung der Lieferungen im Sinne des Art. 25 Abs. 5 UStG 1994 in der Voranmeldung nach § 21 Abs. 1 und 2 UStG 1994) noch Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 vor. |
Normen | UStG 1994 Anh Art25 Abs6 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art265 62016CJ0580 Firma Hans Bühler VORAB |
RS 6 | Im Rahmen der Erklärungspflicht hat der Unternehmer jene UID bekannt zu geben, unter der er den Erwerb und die Lieferung "bewirkt hat". Es ist also jene UID bekannt zu geben, die der Unternehmer im Rahmen des Dreiecksgeschäfts verwendet hat. Ob diese UID zum Zeitpunkt der Erfüllung der Erklärungspflicht noch aufrecht bestand oder der Bescheid über die Erteilung der UID zwischenzeitig (allenfalls rechtskräftig) zurückgenommen wurde, ist insoweit nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht entscheidend (vgl. hiezu auch die Ausführungen des EuGH - zu Art. 265 RL 2006/112 - in Rn 54 des Urteils EuGH C 580/16, Hans Bühler KG). |
Normen | UStG 1994 Art25 62016CJ0580 Firma Hans Bühler VORAB |
RS 7 | Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität erfordert, dass der innergemeinschaftliche Erwerb im Mitgliedstaat des Erwerbers auch dann als besteuert gilt, wenn die materiellen Voraussetzungen des Dreiecksgeschäfts vorliegen, auch wenn der Erwerber seiner Erklärungspflicht nicht rechtzeitig nachgekommen ist (vgl. Urteil EuGH C 580/16, Hans Bühler KG, Rn 55). |
Entscheidungstext
Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:
* EU-Register: EU 2016/0005
* EuGH-Zahl: C-580/16
* EuGH-Entscheidung:
EuGH 62016CJ0580 B
* Enderledigung des gegenständlichen Ausgangsverfahrens im
fortgesetzten Verfahren:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der H KG in G, vertreten durch Dr. Peter Schulte, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Grabenweg 68, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100519/2013, betreffend Umsatzsteuer 2012 sowie Umsatzsteuerfestsetzung Jänner bis März 2013, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Artikel 141 Buchstabe c der Richtlinie 2006/112, von welcher Bestimmung gemäß Artikel 42 (in Verbindung mit Artikel 197) der Richtlinie 2006/112 die Nicht-Anwendung des Artikels 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 abhängt, dahin auszulegen, dass die dort genannte Voraussetzung dann nicht erfüllt ist, wenn der Steuerpflichtige in jenem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, ansässig und für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, auch wenn dieser Steuerpflichtige für den konkreten innergemeinschaftlichen Erwerb die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet?
2. Sind Artikel 42 und Artikel 265 in Verbindung mit
Artikel 263 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass nur die fristgerecht abgegebene zusammenfassende Meldung die Nicht-Anwendbarkeit des Artikels 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 bewirkt?
Begründung
1 A. Sachverhalt und bisheriges Verfahren
2 Die Revisionswerberin, eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in Deutschland, betreibt in Deutschland ein Produktions- und Handelsunternehmen. Sie verfügt über eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (im Folgenden: UID). Im Zeitraum Oktober 2012 bis April 2013 verfügte sie überdies über eine österreichische UID, wobei sie - nach ihrem Vorbringen - beabsichtigt hatte, in Österreich eine Betriebsstätte zu errichten; diese Absicht wurde bisher nicht verwirklicht.
3 Die Revisionswerberin verwendete die österreichische UID im Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 nur für "Dreiecksgeschäfte". Sie kaufte mehrmals bei in Deutschland ansässigen Lieferanten Waren ein und verkaufte diese weiter an einen in Tschechien ansässigen Kunden. Die Waren wurden jeweils vom ersten (deutschen) Lieferanten direkt an den tschechischen Abnehmer geliefert.
4 Die deutschen Lieferanten führten in den Rechnungen an die Revisionswerberin ihre deutsche UID sowie die österreichische UID der Revisionswerberin an. Die Revisionswerberin führte in ihren Rechnungen an den tschechischen Kunden ihre österreichische UID sowie die tschechische UID ihres Kunden an. Überdies verwies sie darauf, es liege ein "innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft" vor; der (tschechische) Rechnungsempfänger sei Steuerschuldner.
5 Die Revisionswerberin erstattete erstmals am für die Monate Oktober bis Dezember 2012 sowie Jänner 2013 zusammenfassende Meldungen, in denen sie ihre österreichische UID, jene des tschechischen Empfängers sowie die Summe der Bemessungsgrundlage angab. Zu einem in dem verwendeten Formular vorgesehenen Feld "Dreiecksgeschäfte" machte sie keine Eintragungen. Mit Schreiben vom korrigierte die Revisionswerberin diese Meldungen, indem sie zu diesem Feld bekanntgab, es lägen Dreiecksgeschäfte vor. Ebenso erstattete sie mit diesem Datum () zusammenfassende Meldungen für die Monate Februar und März 2013.
6 Das Finanzamt Graz-Stadt setzte betreffend diese Umsätze zwischen den deutschen Lieferanten und der Revisionswerberin Umsatzsteuer für innergemeinschaftliche Erwerbe (in Österreich) fest. Begründend führte es aus, es lägen "verunglückte" Dreiecksgeschäfte vor. Die Revisionswerberin habe innergemeinschaftliche Erwerbe in Tschechien getätigt. Da die Revisionswerberin aber eine österreichische UID verwendet habe, gelte der Erwerb überdies in Österreich als bewirkt. Die Revisionswerberin sei ihrer Erklärungspflicht nicht nachgekommen. Auch habe sie die Besteuerung ihres innergemeinschaftlichen Erwerbs in Tschechien nicht nachgewiesen.
7 Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die gegen die Bescheide des Finanzamtes erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Das Bundesfinanzgericht führte aus, strittig sei ausschließlich die Frage, ob der innergemeinschaftliche Erwerb der Revisionswerberin in Österreich als besteuert gelte. Dies hätte insbesondere zur Voraussetzung, dass die Revisionswerberin (als Erwerberin) ihrer besonderen Erklärungspflicht nachgekommen wäre. Hiefür wäre wiederum unter anderem erforderlich gewesen, dass sie auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts in der zusammenfassenden Meldung hingewiesen hätte. Ein derartiger Hinweis sei in der ursprünglichen zusammenfassenden Meldung nicht enthalten gewesen. Damit sei aber nach Art. 25 Abs. 2 zweiter Satz UStG 1994 die Steuerfreiheit rückwirkend weggefallen. Da die österreichische UID der Revisionswerberin zum Zeitpunkt der zusammenfassenden Meldungen vom nicht mehr gültig gewesen sei, sei sie auch hinsichtlich der Zeiträume Februar und März 2013 ihrer Erklärungspflicht nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 nicht nachgekommen.
8 B. Maßgebende Bestimmungen des nationalen Rechts 9 Artikel 3 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) lautet:
"Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, daß der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß."
10 Artikel 25 UStG 1994 in der für das Jahr 2012 anwendbaren Fassung (BGBl. I Nr. 34/2010) lautet (samt Überschrift):
"Dreiecksgeschäft
Begriff
Art. 25. (1) Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Das gilt auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.
Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Dreiecksgeschäft
(2) Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz gilt als besteuert, wenn der Unternehmer (Erwerber) nachweist, daß ein Dreiecksgeschäft vorliegt und daß er seiner Erklärungspflicht gemäß Abs. 6 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.
Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen
(3) Der innergemeinschaftliche Erwerb ist unter folgenden Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit:
a) Der Unternehmer (Erwerber) hat keinen Wohnsitz oder Sitz
im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer
erfaßt;
b) der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden
Lieferung des Unternehmers (Erwerbers) im Inland an einen
Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke
der Umsatzsteuer im Inland erfaßt ist;
c) die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen
Mitgliedstaat als jenem, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur
Umsatzsteuer erfaßt wird;
d) die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird
unmittelbar vom ersten Unternehmer oder ersten Abnehmer dem letzten Abnehmer (Empfänger) verschafft;
e) die Steuer wird gemäß Abs. 5 vom Empfänger geschuldet. Rechnungsausstellung durch den Erwerber
(4) Die Rechnung muß bei Anwendung der Befreiung des Abs. 3 zusätzlich folgende Angaben enthalten:
einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung
Steuerschuldner
(5) Bei einem Dreiecksgeschäft wird die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn die vom Erwerber ausgestellte Rechnung dem Abs. 4 entspricht.
Pflichten des Erwerbers
(6) Zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht im Sinne des Abs. 2 hat der Unternehmer in der Zusammenfassenden Meldung folgende Angaben zu machen:
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat;
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der vom Unternehmer bewirkten nachfolgenden Lieferung, die diesem im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände erteilt worden ist;
für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der auf diese Weise vom Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände bewirkten Lieferungen. Diese Beträge sind für das Kalendervierteljahr anzugeben, in dem die Steuerschuld entstanden ist.
Pflichten des Empfängers
(7) Bei der Berechnung der Steuer gemäß § 20 ist dem ermittelten Betrag der nach Abs. 5 geschuldete Betrag hinzuzurechnen."
11 Mit Wirkung ab wurde Absatz 4 dieser Bestimmung dahin geändert, dass dieser (in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2012) nunmehr lautet:
"Rechnungsausstellung durch den Erwerber
(4) Die Rechnungsausstellung richtet sich nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, von dem aus der Erwerber sein Unternehmen betreibt. Wird die Lieferung von der Betriebsstätte des Erwerbers ausgeführt, ist das Recht des Mitgliedstaates maßgebend, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Rechnet der Leistungsempfänger, auf den die Steuerschuld übergeht, mittels Gutschrift ab, richtet sich die Rechnungsausstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung ausgeführt wird.
Sind für die Rechnungsausstellung die Vorschriften dieses Bundesgesetzes maßgebend, muss die Rechnung zusätzlich folgende Angaben enthalten:
einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung."
12 Zusammenfassende Meldungen sind nach Art. 21 Abs. 3 UStG 1994 bis zum Ablauf des auf den Meldezeitraum folgenden Kalendermonates abzugeben.
13 C. Erläuterungen zu den Vorlagefragen
14 zu Frage 1:
15 Die Revisionswerberin, das Finanzamt und auch das Bundesfinanzgericht gehen übereinstimmend davon aus, dass auf die vorliegenden Geschäftsfälle die Regelungen über Dreiecksgeschäfte (Art. 25 UStG 1994) anzuwenden sind. Diese Beurteilung erscheint aber zweifelhaft.
16 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass nach der Definition in Art. 25 Abs. 1 UStG 1994 ein Dreiecksgeschäft nur dann vorliegt, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen. Im vorliegenden Fall befinden sich aber zwei dieser Unternehmer im selben Mitgliedstaat (nämlich in Deutschland). In der österreichischen Lehre wird freilich ganz überwiegend vertreten, dass hiezu "wohl auf die UID" abzustellen sein werde (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, Art. 25 BMR Tz 6). Diese allgemeine Definition des Dreiecksgeschäfts in Art. 25 Abs. 1 UStG 1994 hat - soweit ersichtlich - keine Entsprechung in den MwSt-Richtlinien der EU.
17 Es liegen unstrittig innergemeinschaftliche Erwerbe der Revisionswerberin im Sinne des Art. 40 der Richtlinie 2006/112 in Tschechien vor. Überdies liegen im Hinblick auf die Verwendung einer österreichischen UID ebenfalls unstrittig innergemeinschaftliche Erwerbe der Revisionswerberin im Sinne des Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 in Österreich vor. Nach Art. 42 der Richtlinie 2006/112 ist aber Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht anzuwenden, wenn u.a. der Empfänger der Lieferung gemäß Art. 197 der Richtlinie 2006/112 als Steuerschuldner bestimmt worden ist. Art. 197 der Richtlinie 2006/112 verweist wiederum auf Art. 141 der Richtlinie 2006/112.
18 Nach Art. 141 der Richtlinie 2006/112 trifft jeder Mitgliedstaat besondere Maßnahmen, damit ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen, der nach Art. 40 als in seinem Gebiet bewirkt gilt, nicht mit der Mehrwertsteuer belastet wird, wenn die sodann genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Buchstabe c dieser Bestimmung verlangt, dass die von dem Steuerpflichtigen erworbenen Gegenstände von einem anderen Mitgliedstaat aus als dem, in dem dieser Steuerpflichtige für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, versandt oder befördert werden.
19 Im hier vorliegenden Fall wurden die Gegenstände von einem Staat aus versandt oder befördert, in welchem der Steuerpflichtige (die Revisionswerberin als mittlere Unternehmerin des Dreiecksgeschäfts) für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, nämlich aus Deutschland.
20 Es könnte daraus abgeleitet werden, dass - entgegen der Ansicht der Beteiligten im Verfahren - die vorliegenden Geschäftsfälle von vornherein keine innergemeinschaftlichen Erwerbe im Sinne des Art. 141 der Richtlinie 2006/112 wären. Würde man diese Auslegung im vorliegenden Fall zu Grunde legen, wären die in Art. 42 Buchstabe a der Richtlinie 2006/112 genannten Bedingungen nicht erfüllt. Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 im Mitgliedstaat der verwendeten UID (also in Österreich) wäre unabhängig davon zu besteuern, ob der Erwerber der Pflicht zur Abgabe der zusammenfassenden Meldung nachgekommen ist (Art. 42 Buchstabe b der Richtlinie 2006/112).
21 In der österreichischen Literatur (vgl. insbesondere Schwab in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt,
46. Lieferung, Art. 25 Tz 26; ebenso Tumpel, Mehrwertsteuer im innergemeinschaftlichen Warenverkehr, 508) wird aber vertreten, es sei auch in diesem Zusammenhang die vom Erwerber im konkreten Fall verwendete UID maßgeblich.
22 Nach dem Bericht der Kommission über das Funktionieren der MwSt-Übergangsregelung für den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr vom , KOM(94) 515 endg., ist es das Ziel der Vereinfachungsmaßnahmen zum Dreiecksgeschäft, zu vermeiden, dass sich der Erwerber im Mitgliedstaat der Beendigung der Beförderung/Versendung mehrwertsteuerlich registrieren lassen und eine Steuererklärung abgeben muss (Tz 248 des Berichtes). Die Vereinfachungsmaßnahme komme u.a. dann nicht zum Zuge, wenn der Erwerber keine UID hat oder nur im Abgangsmitgliedstaat mehrwertsteuerlich registriert ist (Tz 252).
23 Darauf, dass es nur darauf ankommt, welche UID der Steuerpflichtige im konkreten Fall verwendet hat, könnte auch Art. 265 (in Verbindung mit Art. 42) der Richtlinie 2006/112 hindeuten. Nach dieser Bestimmung ist in der zusammenfassenden Meldung jene UID anzugeben, unter der der Steuerpflichtige die Gegenstände erworben und anschließend geliefert hat. Es erscheint sohin jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass Art. 141 Buchstabe c der Richtlinie 2006/112 dahin zu verstehen ist, dass dann, wenn der Steuerpflichtige in mehreren Mitgliedstaaten mehrwertsteuerlich registriert ist, entscheidend ist, welche UID der Steuerpflichtige im konkreten Fall verwendet hat.
24 Dagegen könnte aber wiederum sprechen, dass nicht vorgesehen ist, eine UID nur für die Vornahme von Dreiecksgeschäften zu erteilen (vgl. den genannten Bericht der Kommission vom , Tz 254 f).
25 Würde man zu dem Ergebnis gelangen, dass es auf die konkret verwendete UID ankommt, wären die Bedingungen des Art. 42 Buchstabe a der Richtlinie 2006/112 erfüllt. In diesem Fall wäre der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 in Österreich dann nicht zu besteuern, wenn der Erwerber (die Revisionswerberin) der Pflicht zur Abgabe der zusammenfassenden Meldung nachgekommen ist (Art. 42 Buchstabe b der Richtlinie 2006/112).
26 zu Frage 2:
27 Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Meinung des Finanzamtes und des Bundesfinanzgerichtes, wonach die (ursprünglichen) zusammenfassenden Meldungen mangelhaft waren. Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 sieht - in Übereinstimmung mit Art. 265 der Richtlinie 2006/112 - vor, dass die UID des Erwerbers, die UID des Empfängers sowie die jeweiligen Entgelte (Bemessungsgrundlagen) in den zusammenfassenden Meldungen anzugeben sind. Nach Art. 266 der Richtlinie 2006/112 können die Mitgliedstaaten zwar verlangen, dass die zusammenfassende Meldung weitere Angaben enthält. Die österreichischen Bestimmungen sehen derartige weitere Angaben aber nicht vor.
28 Zu bemerken ist freilich, dass die ursprünglichen zusammenfassenden Meldungen (für die Monate Oktober bis Dezember 2012) verspätet waren. Diese Meldungen waren - nach der damaligen Rechtslage - jeweils für ein Kalendervierteljahr (vgl. Art. 25 Abs. 6 UStG 1994) bis zum Ablauf des auf dieses Kalendervierteljahr folgenden Kalendermonats zu erstatten. Für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2012 wäre sohin eine zusammenfassende Meldung bis Ende Jänner 2013 zu erstatten gewesen; tatsächlich erfolgte diese Meldung aber erst am .
29 Damit stellt sich die Frage, welche Rechtsfolge die Verspätung hat. Hiezu wird in der österreichischen Literatur (vgl. neuerlich Schwab, aaO, Tz 64) - unter Verweis auf die Meinung der Verwaltung - vertreten, dass eine verspätet eingereichte zusammenfassende Meldung nicht zur Folge habe, dass der bereits eingetretene innergemeinschaftliche Erwerb wieder wegfalle. Gestützt wird diese Meinung u.a. darauf, dass nach Art. 42 der Richtlinie 2006/112 der innergemeinschaftliche Erwerb nur dann als besteuert gilt, wenn der Erwerber der Pflicht zur Abgabe der zusammenfassenden Meldung nachgekommen ist. Wenn er aber dieser Pflicht nicht rechtzeitig nachgekommen sei, könne eine Steuerfreiheit des innergemeinschaftlichen Erwerbs nur mehr im Sinne des Art. 41 der Richtlinie 2006/112 durch den Nachweis der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat erzielt werden.
30 Ginge man von diesem Interpretationsergebnis aus, könnte die zusammenfassende Meldung für die Monate Oktober bis Dezember 2012 die Nicht-Anwendung des Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 endgültig nicht bewirken.
31 Der EuGH hat freilich zur Berichtigung von Rechnungen ausgesprochen, dass die Art. 167, Art. 178 Buchstabe a, Art. 179 und Art. 226 Nr. 3 der Richtlinie 2006/112/EG einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe keine Rückwirkung zukomme (Urteil vom , C-518/14, Senatex).
32 Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Erwägungen des EuGH zur Frage der Berichtigung von Rechnungen auch auf die Frage der Nachbringung einer zusammenfassenden Meldung zu übertragen sind. Wäre aber eine verspätete zusammenfassende Meldung jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - bis zur Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes betreffend den zu beurteilenden Zeitraum vorliegt, so würde der innergemeinschaftliche Erwerb in Österreich als besteuert gelten.
33 Insgesamt erscheint die Auslegung des Unionsrechts nicht derart offenkundig zu sein, dass für Zweifel im Sinne der Rechtsprechung CILFIT ( 283/81) kein Raum bliebe.
34 Die Fragen werden daher dem EuGH mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Beachte
* EuGH-Zahl: C-580/16
Vorabentscheidungsverfahren:
* Vorabentscheidungsantrag:
* EuGH-Entscheidung:
EuGH 6206CJ0580
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision der H KG in G, D, vertreten durch Dr. Peter Schulte, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Grabenweg 68, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100519/2013, betreffend Umsatzsteuer 2012 sowie Umsatzsteuerfestsetzung Jänner bis März 2013, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in Deutschland, betreibt in Deutschland ein Produktions- und Handelsunternehmen.
2 Sie erhob Berufung gegen den erklärungsgemäß ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2012 (Festsetzung der Umsatzsteuer mit 0 €) und brachte vor, sie habe seit dem Jahr 2012 Lieferungen (Dreiecksgeschäfte) unter Verwendung ihrer österreichischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) ausgeführt. Sie habe aber die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2012 und die Umsatzsteuervoranmeldungen für 2013 nicht korrekt ausgefüllt. Sie habe Waren in Deutschland eingekauft und an Kunden in Tschechien verkauft, wobei die Waren immer vom ersten Lieferanten unter seiner deutschen UID direkt an den tschechischen Abnehmer unter seiner tschechischen UID geliefert worden seien. Die Ware sei nicht nach Österreich eingeführt worden. Die Lieferungen des ersten Lieferers in Deutschland an die Revisionswerberin seien in Deutschland umsatzsteuerbar, aber steuerfrei und somit ohne Umsatzsteuerausweis getätigt worden.
3 Mit Berufungsvorentscheidung vom änderte das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid 2012 (zu Lasten der Revisionswerberin) ab und setzte die Umsatzsteuer für 2012 fest. Begründend führte das Finanzamt insbesondere aus, die Revisionswerberin habe seit 2012 lediglich „verunglückte“ Dreiecksgeschäfte über die österreichische UID abgewickelt. Sie habe Waren in Deutschland eingekauft und an einen Kunden in der Tschechischen Republik weiterverkauft. Diese Waren seien vom deutschen Lieferanten direkt zum tschechischen Abnehmer transportiert worden; sie seien niemals nach Österreich gelangt. Die Revisionswerberin sei ihrer Erklärungspflicht nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 nicht nachgekommen. Die Revisionswerberin habe - als Erwerberin - einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Tschechien bewirkt, da dort die Warenbewegung an sie geendet habe. Da sie eine österreichische UID verwendet habe, liege aber ein weiterer (kumulativer) innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich vor (Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994). Da ein Nachweis der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat Tschechien nicht erbracht worden sei, sei auch keine Korrektur im Sinne des § 16 UStG 1994 vorzunehmen.
4 Mit Bescheiden jeweils vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für die Zeiträume Jänner, Februar und März 2013 fest. Es ging dabei wiederum davon aus, dass „kumulative“ (Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994) innergemeinschaftliche Erwerbe vorlägen.
5 Die Revisionswerberin beantragte die Entscheidung über die Berufung betreffend Umsatzsteuer 2012 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und erhob Berufung gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die Zeiträume Jänner bis März 2013. Die Revisionswerberin machte insbesondere geltend, sie sei den Erklärungspflichten nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 nachgekommen.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrigen) Beschwerden als unbegründet ab und änderte den Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2012 im Sinne der Berufungsvorentscheidung ab. Es sprach aus, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
7 Das Bundesfinanzgericht führte nach Darlegung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, strittig sei im vorliegenden Verfahren ausschließlich die Frage, ob gemäß Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 der innergemeinschaftliche Erwerb im Mitgliedstaat der verwendeten UID (Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994) als besteuert gelte. Die für die Meldezeiträume Oktober bis Dezember 2012 und Jänner 2013 elektronisch übermittelten Zusammenfassenden Meldungen vom hätten keinen Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts enthalten; dieser Hinweis sei erst mit der Eingabe vom („Korrektur Zusammenfassende Meldung“) erfolgt. Die Revisionswerberin sei damit ihrer Erklärungspflicht nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 nicht nachgekommen, weshalb nach Art. 25 Abs. 2 zweiter Satz UStG 1994 die Steuerfreiheit rückwirkend weggefallen sei. Damit erweise sich die Festsetzung der Erwerbsteuer für das Jahr 2012 und für Jänner 2013 als rechtmäßig.
8 Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 normiere im Zusammenhang mit der Nachweisführung hinsichtlich der Besteuerung des Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat die sinngemäße Anwendung der Bestimmung des § 16 UStG 1994. Somit sei im Falle des Nachweises die Korrektur der Steuer ex nunc durchzuführen. Damit vermöge die mit der Eingabe vom vorgenommene Berichtigung der jeweiligen Zusammenfassenden Meldungen im gegenständlichen Verfahren keine Korrektur der festgesetzten Erwerbsteuer zu bewirken.
9 Auch bezüglich der Umsatzsteuerfestsetzung für die Zeiträume Februar und März 2013 könne der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein: Da die Revisionswerberin im Zeitpunkt der erstmaligen Einreichung der diesbezüglichen Zusammenfassenden Meldungen mit Schriftsatz vom nicht mehr im Besitz einer gültigen UID gewesen sei (der rechtskräftige Bescheid vom habe die Gültigkeit mit begrenzt), sei die Revisionswerberin ihrer Erklärungspflicht nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 nicht nachgekommen. Der Erwerber habe in der Zusammenfassenden Meldung nämlich die UID im Inland, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt habe, anzugeben.
10 Eine Revision sei iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil es sich bei der Streitfrage, ob die Revisionswerberin der Erklärungspflicht nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 nachgekommen sei, um eine Sachverhaltsfrage handle.
11 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
12 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die belangte Behörde (Finanzamt) eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
13 Mit Beschluss vom , Ra 2015/15/0017-5 (EU 2016/0005-1) legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV Fragen zur Vorabentscheidung vor.
14 Mit Urteil vom , C-580/16, Hans Bühler KG, erkannte der Gerichtshof der Europäischen Union zu Recht:
„1.Art. 141 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die dort genannte Voraussetzung erfüllt ist, wenn der Steuerpflichtige in dem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, ansässig und für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, aber für den konkreten innergemeinschaftlichen Erwerb die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats verwendet.
2.Die Art. 42 und 265 in Verbindung mit Art. 263 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2010/45 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie die Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats daran hindern, Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2010/45 geänderten Fassung mit der alleinigen Begründung anzuwenden, dass im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs, der für die Zwecke einer anschließenden Lieferung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats getätigt wurde, die Abgabe der zusammenfassenden Meldung im Sinne des Art. 265 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2010/45 geänderten Fassung von dem im ersten Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfassten Steuerpflichtigen verspätet vorgenommen wurde.“
15 Die Revision ist zulässig und begründet.
16 Eingangs ist darauf zu verweisen, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Entscheidung über eine Begrenzung der Gültigkeit der UID-Nummer der Revisionswerberin erfolgte. Eine - wie die Revision ausführt - „Nichtentscheidung“ kann aber nicht mit Revision, sondern könnte nur allenfalls mit Mitteln des Säumnisschutzes bekämpft werden. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses hat diese „Nichtentscheidung“ keine Auswirkungen.
17 Artikel 3 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) lautet (insoweit in der Stammfassung BGBl. Nr. 663/1994):
„Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, daß der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß.“
18 Artikel 25 UStG 1994 in der für das Jahr 2012 anwendbaren Fassung (BGBl. I Nr. 34/2010) lautet (samt Überschrift):
„Dreiecksgeschäft
Begriff
Art. 25. (1) Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Das gilt auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.
Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Dreiecksgeschäft
(2) Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz gilt als besteuert, wenn der Unternehmer (Erwerber) nachweist, daß ein Dreiecksgeschäft vorliegt und daß er seiner Erklärungspflicht gemäß Abs. 6 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.
Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen
(3) Der innergemeinschaftliche Erwerb ist unter folgenden Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit:
a)Der Unternehmer (Erwerber) hat keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfaßt;
b)der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Unternehmers (Erwerbers) im Inland an einen Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke der Umsatzsteuer im Inland erfaßt ist;
c)die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur Umsatzsteuer erfaßt wird;
d)die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird unmittelbar vom ersten Unternehmer oder ersten Abnehmer dem letzten Abnehmer (Empfänger) verschafft;
e) die Steuer wird gemäß Abs. 5 vom Empfänger geschuldet.
Rechnungsausstellung durch den Erwerber
(4) Die Rechnung muß bei Anwendung der Befreiung des Abs. 3 zusätzlich folgende Angaben enthalten:
-einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung
Steuerschuldner
(5) Bei einem Dreiecksgeschäft wird die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn die vom Erwerber ausgestellte Rechnung dem Abs. 4 entspricht.
Pflichten des Erwerbers
(6) Zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht im Sinne des Abs. 2 hat der Unternehmer in der Zusammenfassenden Meldung folgende Angaben zu machen:
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat;
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der vom Unternehmer bewirkten nachfolgenden Lieferung, die diesem im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände erteilt worden ist;
-für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der auf diese Weise vom Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände bewirkten Lieferungen. Diese Beträge sind für das Kalendervierteljahr anzugeben, in dem die Steuerschuld entstanden ist.
Pflichten des Empfängers
(7) Bei der Berechnung der Steuer gemäß § 20 ist dem ermittelten Betrag der nach Abs. 5 geschuldete Betrag hinzuzurechnen.“
19 Mit Wirkung ab wurde Absatz 4 dieser Bestimmung dahin geändert, dass dieser (in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2012) nunmehr lautet:
„Rechnungsausstellung durch den Erwerber
(4) Die Rechnungsausstellung richtet sich nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, von dem aus der Erwerber sein Unternehmen betreibt. Wird die Lieferung von der Betriebsstätte des Erwerbers ausgeführt, ist das Recht des Mitgliedstaates maßgebend, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Rechnet der Leistungsempfänger, auf den die Steuerschuld übergeht, mittels Gutschrift ab, richtet sich die Rechnungsausstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung ausgeführt wird.
Sind für die Rechnungsausstellung die Vorschriften dieses Bundesgesetzes maßgebend, muss die Rechnung zusätzlich folgende Angaben enthalten:
-einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und
-die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung.“
20 Gemäß Art. 21 Abs. 3 UStG 1994 hat der Unternehmer bis zum Ablauf des auf jeden Kalendermonat (Meldezeitraum) folgenden Kalendermonates, in dem er innergemeinschaftliche Warenlieferungen ausgeführt hat, beim Finanzamt eine Zusammenfassende Meldung abzugeben.
21 Nach Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 wird ein innergemeinschaftlicher Erwerb in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Dabei handelt es sich im vorliegenden Fall - nach dem im Verfahren nicht in Frage gestellten Vorbringen der Revisionswerberin - um die Tschechische Republik.
22 Verwendet aber der Erwerber - wie im vorliegenden Fall - gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt nach dem zweiten Satz des Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 der Erwerb (zusätzlich; vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 3 BMR Tz 34) als in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates (hier also: Österreich) als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat (also die Tschechische Republik) besteuert worden ist. Im Fall des Nachweises gilt § 16 UStG 1994. Diese im Staat der Registrierung geschuldete Steuer kann nicht als Vorsteuer abgezogen werden (vgl. Ruppe/Achatz, aaO).
23 Nach Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 gilt aber der innergemeinschaftliche Erwerb im Mitgliedstaat des Erwerbers als besteuert, wenn dieser nachweist, dass ein Dreiecksgeschäft vorliegt und dass er seiner Erklärungspflicht gemäß Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.
24 Zunächst ist zu bemerken, dass mangels ausreichender Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof nicht abschließend geprüft werden kann, ob alle Voraussetzungen eines Dreiecksgeschäfts im vorliegenden Fall erfüllt sind. Das Bundesfinanzgericht führte aus, strittig sei im vorliegenden Fall ausschließlich die Frage, ob gemäß Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 der innergemeinschaftliche Erwerb in Österreich als besteuert gelte, wobei sich das Bundesfinanzgericht sodann nur mit der Erklärungspflicht befasste. Das Bundesfinanzgericht ging dabei davon aus, dass die Steuerfreiheit (im Sinne des Art. 25 Abs. 2 UStG 1994) deswegen weggefallen sei, weil die Revisionswerberin der Erklärungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei: Die zunächst übermittelten Zusammenfassenden Meldungen (betreffend Oktober bis Dezember 2012 und Jänner 2013) vom seien mangelhaft gewesen (kein Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts); die Korrektur vom wirke nur ex nunc (daher keine Auswirkung auf die hier zu beurteilenden Zeiträume); zum Zeitpunkt der Zusammenfassenden Meldungen vom (für die Zeiträume Februar und März 2013) sei die Revisionswerberin nicht mehr im Besitz einer gültigen UID gewesen.
25 Im Hinblick darauf, dass die Revisionswerberin ihren Sitz in Deutschland hat und unstrittig auch dort zur Umsatzsteuer erfasst ist, aber auch der erste Lieferer ebenfalls dort ansässig ist, war zweifelhaft, ob überhaupt ein Dreiecksgeschäft im Sinne des Art. 25 UStG 1994 vorliegt. Art. 25 Abs. 1 UStG 1994 definiert das Dreiecksgeschäft dahin, dass drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Art. 25 Abs. 3 lit. c UStG 1994 verlangt insoweit insbesondere, dass die erworbenen Gegenstände aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem stammen, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur Umsatzsteuer erfasst wird.
26 Art. 25 UStG 1994 beruht auf verschiedenen Vorschriften der Richtlinie 2006/112, vor allem auf deren Art. 42, 141 und 197 (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 25 BMR Tz 2). Art. 25 UStG 1994 ist im Sinne dieser Richtlinienbestimmungen auszulegen (vgl. hiezu allgemein Ruppe/Achatz, aaO, Einf Tz 27).
27 Nach dem in diesem Verfahren eingeholten Urteil des EuGH ist die Voraussetzung des Art. 141 Buchstabe c der Richtlinie 2006/112 (die im Wesentlichen mit Art. 25 Abs. 3 lit. c UStG 1994 übereinstimmt) auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige in dem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, ansässig und für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, aber für den konkreten innergemeinschaftlichen Erwerb die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats verwendet. Wenn sohin Art. 25 Abs. 1 UStG 1994 als Voraussetzung für ein Dreiecksgeschäft verlangt, dass drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, so ist diese Voraussetzung auch dann erfüllt, wenn - wie im vorliegenden Fall - der „mittlere Unternehmer“ (der Erwerber) zwar seinen Sitz im selben Mitgliedstaat wie der erste Unternehmer (hier Deutschland) hat und auch dort für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, er aber die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Staates (hier jene Österreichs) verwendet (ebenso bereits Schwab in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg, Art. 25 Tz 23; Ruppe/Achatz, UStG4, Art. 25 BMR Tz 6; Melhardt in Melhardt/Tumpel, UStG² Art. 25 Tz 3).
28 Eine der Voraussetzungen dafür, dass der innergemeinschaftliche Erwerb (im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994) in Österreich als besteuert gilt, ist nach Art. 25 Abs. 2 UStG 1994, dass der Unternehmer (Erwerber) seiner Erklärungspflicht nachgekommen ist.
29 Bei dieser Erklärungspflicht handelt es sich allerdings nicht um eine materielle Voraussetzung, sondern lediglich um eine formelle Anforderung. Die Nichterfüllung (oder nicht rechtzeitige Erfüllung) dieser Anforderung kann die Wirkung, dass der innergemeinschaftliche Erwerb als besteuert gilt, im Allgemeinen nicht in Frage stellen, wenn die materiellen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind (vgl. Urteil EuGH Rn 49 f).
30 Die Revisionswerberin ist aber - entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichts - tatsächlich der gebotenen Erklärungspflicht (wenn auch zum Teil verspätet) nachgekommen.
31 Nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 hat der Erwerber zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben: die inländische UID, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat; die UID (des Bestimmungsmitgliedstaates) des Empfängers der von ihm bewirkten nachfolgenden Lieferung; sowie für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der auf diese Weise bewirkten Lieferungen.
32 Dies entspricht auch Artikel 265 der Richtlinie 2006/112. Nach Artikel 266 der Richtlinie 2006/112 können die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Zusammenfassende Meldung weitere Angaben enthält. Es mag zu Unterscheidungs- und Kontrollzwecken zweckmäßig sein, dass Dreiecksgeschäfte separat gekennzeichnet werden (vgl. Berger/Kindl/Wakounig in Scheiner/Kolacny/Caganek, Mehrwertsteuer, 50. Lfg., Art. 192a bis 280, Anm. 183). § 18a Abs. 7 Z 4 lit. c des deutschen UStG sieht insoweit auch vor, dass die Zusammenfassende Meldung im Falle von Dreiecksgeschäften einen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes enthalten muss.
33 Dem österreichischen Recht kann ein derartiges Erfordernis aber entgegen den Darlegungen des Bundesfinanzgerichtes (unter Hinweis auf Scheiner/Kolacny/Caganek, Mehrwertsteuer, Art. 25 Anm. 16 und 17; vgl. nunmehr Schwab in Scheiner/Kolacny/Caganek, 46. Lfg., Art. 25 Anm 40) nicht entnommen werden. Lediglich für die Rechnungsausstellung des Erwerbers verlangt Art. 25 Abs. 4 UStG 1994 - soweit dazu österreichisches Recht anwendbar ist - einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts.
34 Einen Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft in der Zusammenfassenden Meldung sehen weder Art. 21 Abs. 3 bis 10 UStG 1994 (vgl. hingegen Art. 21 Abs. 11 UStG 1994 über die gesonderte Erklärung der Lieferungen im Sinne des Art. 25 Abs. 5 UStG 1994 in der Voranmeldung nach § 21 Abs. 1 und 2 UStG 1994) noch Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 vor.
35 Im Rahmen der Erklärungspflicht hat der Unternehmer jene UID bekannt zu geben, unter der er den Erwerb und die Lieferung „bewirkt hat“. Es ist also jene UID bekannt zu geben, die der Unternehmer im Rahmen des Dreiecksgeschäfts verwendet hat. Ob diese UID zum Zeitpunkt der Erfüllung der Erklärungspflicht noch aufrecht bestand oder der Bescheid über die Erteilung der UID zwischenzeitig (allenfalls rechtskräftig) zurückgenommen wurde, ist insoweit - entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes - nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht entscheidend (vgl. hiezu auch die Ausführungen des EuGH - zu Art. 265 RL 2006/112 - in Rn 54 des Urteils).
36 Damit waren aber die von der Revisionswerberin erstatteten Zusammenfassenden Meldungen zutreffend; sie bedurften daher auch keiner Berichtigung oder Ergänzung.
37 Im Hinblick darauf, dass - nach der hier anwendbaren Rechtslage (vor dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015) - die Beträge in der Zusammenfassenden Meldung für ein Kalendervierteljahr anzugeben waren, war diese Meldung nach Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 jeweils bis zum Ablauf des auf diesen Meldezeitraum (Kalendervierteljahr) folgenden Kalendermonates zu erstatten. Die Zusammenfassende Meldung für das Jahr 2012 am erweist sich demnach als verspätet.
38 Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität erfordert, dass der innergemeinschaftliche Erwerb im Mitgliedstaat des Erwerbers auch dann als besteuert gilt, wenn die materiellen Voraussetzungen des Dreiecksgeschäfts vorliegen, auch wenn der Erwerber seiner Erklärungspflicht nicht rechtzeitig nachgekommen ist (vgl. Urteil des EuGH, Rn 55).
39 Dass die verspätete Abgabe der Zusammenfassenden Meldungen den sicheren Nachweis verhindert hätte, dass die materiellen Anforderungen erfüllt seien, nimmt das Bundesfinanzgericht offenbar nicht an.
40 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen (prävalierender) inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
41 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | 12010E267 AEUV Art267; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art141; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art197; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art263; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art265; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art266; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art40; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art41; 32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art42; 62014CJ0518 Senatex VORAB; UStG 1994 Anh Art21 Abs3; UStG 1994 Anh Art25; UStG 1994 Anh Art3 Abs8; VwGG §38b; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015150017.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAE-94144