VwGH vom 27.07.2016, Ra 2015/13/0043
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Revision des L in M, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102234/2015, betreffend Einkommensteuer 2010, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Polizeibeamter und war im Zeitraum vom bis von seiner Stammdienststelle in H dem LPK Wien dienstzugeteilt.
2 Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2010 machte er u.a. Werbungskosten geltend (u.a. Kosten für Familienheimfahrten: 1.512 EUR).
3 Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 2010 mit Bescheid vom fest. Es berücksichtigte dabei nur einen Teil der geltend gemachten Werbungskosten.
4 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Berufung. 5 Mit Berufungsvorentscheidung vom änderte
das Finanzamt den Bescheid vom ab. Es berücksichtigte nunmehr Werbungskosten in Höhe von insgesamt 3.345,55 EUR. Begründend führte das Finanzamt (betreffend Werbungskosten) lediglich aus: "Stattgabe laut Berufungsbegehren".
6 Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Er verwies darauf, dass laut Begründung der Berufungsvorentscheidung zwar dem Berufungsbegehren stattgegeben worden sei, die Werbungskosten aber nicht in voller Höhe berücksichtigt worden seien.
7 Mit Bescheid vom wies der unabhängige Finanzsenat die Berufung als unbegründet ab und änderte den angefochtenen Bescheid ab. Mit Erkenntnis vom , 2012/15/0074, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
8 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrige) Beschwerde als unbegründet ab und änderte den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 ab.
9 Zu den im Revisionsverfahren noch strittigen Werbungskosten für Familienheimfahrten führte das Bundesfinanzgericht aus, das Vorbringen des Revisionswerbers (es seien im Zeitraum November und Dezember 2010 insgesamt 10 Familienheimfahrten durchgeführt worden) sei schlüssig. Die erklärten Werbungskosten (1.512 EUR) seien daher zu berücksichtigen. Es seien hievon aber steuerfreie Dienstzuteilungsgebühren, die auf die Aufenthaltstage am Familienwohnsitz während der Familienheimfahrten anteilig entfielen (754,39 EUR), gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 abzuziehen, sodass als Werbungskosten für Familienheimfahrten lediglich ein Betrag von 757,61 EUR anzusetzen sei. In der Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , auf deren Begründung im angefochtenen Erkenntnis verwiesen wird, wurde hiezu ausgeführt, die beruflich veranlassten Fahrtkosten seien um die mit ihnen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden, nicht steuerpflichtigen Einnahmen zu vermindern (§ 20 Abs. 2 EStG 1988). Es handle sich hiebei um die vom Arbeitgeber auf Grund der "Durchzahlerregelung" an arbeitsfreien Tagen geleistete steuerfreie Dienstzuteilungsgebühr während des Aufenthaltes am Familienwohnsitz. Diese umfasse die Nächtigungspauschale und das Tagesgeld.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision nach Vorlage der Verfahrensakten und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch das Finanzamt erwogen:
11 Gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie u.a. mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
12 Auch Werbungskosten, soweit sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit nicht steuerbaren Einnahmen gemäß § 26 EStG 1988 stehen, sind nicht abzugsfähig (vgl. , mwN).
13 Für die Verknüpfung von Ausgaben und Einnahmen hat der Gesetzgeber auf den "unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang" abgestellt. Dieser Begriff ist nicht nur im Sinne einer finalen Verknüpfung zu verstehen, sondern es genügt bereits ein klar abgrenzbarer, objektiver Zusammenhang zwischen beiden Größen (vgl. , mwN).
14 Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 gehören dort näher angeführte Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Dienstreise liegt u. a. dann vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann.
15 Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber wegen der Dienstzuteilung die Zuteilungsgebühr nach § 22 Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) erhalten.
16 Gemäß § 22 Abs. 1 RGV erhält der Beamte bei einer Dienstzuteilung eine Zuteilungsgebühr; sie umfasst die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr. Im Verfahren unbestritten erhielt der Revisionswerber die Zuteilungsgebühr auch für jene Tage, die er während des Zeitraumes der Dienstzuteilung am Wohnort verbrachte (vgl. hiezu etwa , VwSlg. 17846/A).
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt Aufwendungen für Familienheimfahrten, die in Zusammenhang mit steuerfreien Bezügen gestanden sind, aufgrund der Regelung des § 20 Abs. 2 EStG 1988 als nicht abzugsfähig beurteilt (vgl. - mwN - ). Die oben angeführte Definition der Dienstreise stellt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Dienstreise und der Unzumutbarkeit einer täglichen Rückkehr an den Familienwohnsitz her. Es ist dem Bundesfinanzgericht daher nicht entgegenzutreten, wenn es einen objektiven Zusammenhang zwischen den Kosten der Familienheimfahrt einerseits und den nicht steuerbaren Einkünften des § 26 Z 4 EStG 1988 anderseits angenommen hat.
18 In der Revision wird weiters geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis sei nicht ausreichend begründet. Es sind aber - jedenfalls durch den Verweis auf den dem Revisionswerber bekannten Bescheid des unabhängigen Finanzsenates - weder der Revisionswerber in der Verfolgung seiner Rechte noch der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit gehindert. Ein relevanter Begründungsmangel wird damit nicht dargetan (vgl. , mwN).
19 Schließlich rügt die Revision, der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses sei widersprüchlich. Laut dem Spruch des Erkenntnisses werde die Beschwerde zwar als unbegründet abgewiesen, anderseits werde aber der Einkommensteuerbescheid abgeändert und damit der Beschwerde doch teilweise Folge gegeben.
20 Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht (außer in den Fällen des § 278 BAO) immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
21 Eine Abweisung der Bescheidbeschwerde als unbegründet ist - für sich allein genommen - so zu werten, als ob eine mit dem angefochtenen Bescheid im Spruch übereinstimmende Entscheidung erlassen worden wäre (vgl. Ritz , BAO5, § 279 Tz 20, vgl. auch ). Im vorliegenden Fall geht freilich aus Spruch (samt dem angeschlossenen Berechnungsblatt) und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses unzweifelhaft hervor, dass das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid des Finanzamtes nicht unverändert bestätigte, sondern im Ergebnis zu Gunsten des Revisionswerbers (wenn auch nicht betreffend die hier noch strittigen Werbungskosten, sondern hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastungen) abänderte. Es liegt insoweit lediglich ein Fehler in der Ausdrucksweise vor, die Formulierung entspricht erkennbar nicht dem Gestaltungswillen (vgl. Ritz , aaO § 293 Tz 6). Dieser auch sprachlich ("Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.") offensichtliche Mangel, auch wenn ihn das Verwaltungsgericht (noch) nicht gemäß § 293 BAO (iVm § 272 Abs. 5 BAO) berichtigt hat, ist unbeachtlich (vgl. , mwN).
22 Die Revision war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz folgt aus den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am