VwGH vom 11.02.2016, Ra 2015/13/0039
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Revision der Dr. W in W, vertreten durch die Treufinanz Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H. in 1180 Wien, Sternwartestraße 76, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7100362/2014, betreffend Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei der Revisionswerberin, die in Wien eine Mehrzahl von Immobilienobjekten besitzt und selbst verwaltet, begann im Februar 2012 eine abgabenbehördliche Prüfung, bei der es - nicht zum ersten Mal - zu Auseinandersetzungen über die Aufzeichnungsmethoden der Revisionswerberin kam. Zu Beginn der Prüfung schritt für sie noch ein Bekannter als Vertreter ein, wobei die Revisionswerberin aber keine Zustellungsvollmacht erteilt hatte und auch den Schriftverkehr zumindest teilweise selbst führte.
In einem handschriftlichen Postskript zu einem beim Finanzamt am eingelangten Schreiben, das sie mit "" datierte und das der Beantwortung einer Fragenliste vom diente, teilte die Revisionswerberin mit, ihr Bekannter sei völlig unerwartet am verstorben. Das Schreiben selbst endete mit einem Hinweis auf die "Urlaubszeit" und eine "hartnäckige Infektion" der Revisionswerberin, weshalb sie um Einräumung einer Frist bis zum für eine ergänzende Stellungnahme ersuche. Dem abschließenden Vermerk "Beilagen erwähnt" war handschriftlich das Ersuchen "Bitte v. Fam. (Name des Bekannten) organisieren!!" hinzugefügt worden.
In einem von ihr mit "" datierten Schreiben, das am beim Finanzamt einlangte, ersuchte die Revisionswerberin, angesichts des unerwarteten Todes ihres Bekannten "die Fortsetzung der Prüfung zu sistieren", bis u. a. dessen Verlassenschaft abgewickelt sei. Die Revisionswerberin verfüge "momentan über keine Akten" und könne "derzeit unmöglich weiterarbeiten".
Inzwischen hatte die Revisionswerberin aber auch die nunmehrigen Revisionsvertreter zur Vertretung bevollmächtigt (aber keine Zustellungsvollmacht erteilt), wovon das Finanzamt im August 2012 Kenntnis erlangte. Da die Revisionswerberin über den Stand der Angelegenheit nicht befriedigend Auskunft geben konnte, wandten sich die neuen Vertreter telefonisch an das Finanzamt, um in Erfahrung zu bringen, welche Schritte zu setzen seien. In einem ersten Telefonat wurde ihnen - nach dem unwidersprochenen Vorbringen in ihrer Berufungsergänzung - mitgeteilt, es drohe kein Ablauf von Fristen und sie mögen die Rückkehr der Prüferin aus dem Urlaub abwarten. In einem Telefonat mit dem Gruppenleiter (das nach dem Vorlagebericht des Finanzamts am stattfand) wurden sie ebenfalls an die Prüferin verwiesen. Kurz darauf kam es zu einem ersten Telefonkontakt mit der Prüferin und in einem weiteren Telefonat zur Vereinbarung eines Gesprächstermins für den . Darauf, dass am eine Frist für eine Stellungnahme ablaufe, wurden die Vertreter in diesen Telefonaten nicht hingewiesen.
Mit erließ das Finanzamt den verfahrensgegenständlichen Sicherstellungsauftrag, mit dem die Sicherstellung im Einzelnen angeführter, die Jahre 2005 bis 2012 betreffender Abgabenansprüche in der Höhe von insgesamt rund EUR 1,4 Mio in das Vermögen der Revisionswerberin angeordnet wurde. In der Begründung wurde zunächst auf die Ermittlung der sicherzustellenden Abgabenansprüche eingegangen und daran anschließend zur Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung ihrer Einbringung sowie zur Ermessensübung ausgeführt:
"Die im Besitz (der Revisionswerberin) befindlichen Grundstücke sind großteils mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie mit Pfandrechten belegt.
Wie bereits beschrieben liegen schwere Mängel bei der Führung der Aufzeichnungen im Prüfungszeitraum vor. Das wurde auch schon bei der voran gegangenen Betriebsprüfung festgestellt. Dennoch wurde das Rechenwerk von der Abgabepflichtigen uneinsichtig weitergeführt und daraus versucht hohe Rückzahlungen vom Steuerkonto zu lukrieren.
Die abgegebenen Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 wurden in den Jahren 2001 und 2002 antragsgemäß veranlagt und das daraus entstandene Guthaben auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben. Das Guthaben wurde im Jahr 2002 an die Abgabepflichtige ausbezahlt, bzw. für Überrechnungen verwendet. Trotzdem versucht (die Revisionswerberin) mit immer wiederkehrenden Anträgen über diese verjährten Abgabenzeiträume sich nochmals das Geld auszahlen zu lassen.
Aufgrund der seit Jahren laufend stattfindenden und weiter zu erwartenden umfangreichen Umbau- und Sanierungstätigkeit auf den Liegenschaften besteht seitens der Abgabepflichtigen ein hoher Bedarf an finanziellen Mitteln. Die Finanzierung dieser Bautätigkeit erfolgt teilweise durch Auszahlung/Überrechnung der geltend gemachten Vorsteuerguthaben. Infolge der sich daraus ergebenden finanziellen Lage der Abgabepflichtigen erscheint die Einbringlichkeit der Abgabenansprüche für die Behörde gefährdet.
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes muss angenommen werden, dass eine Abgabeneinbringung voraussichtlich nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde gesichert erscheint.
Zur Ermessensübung ist festzuhalten, dass im Hinblick auf die Höhe der voraussichtlichen Abgabennachforderungen von einer Geringfügigkeit keinesfalls ausgegangen werden kann, weshalb die Erlassung des Sicherstellungsauftrages geboten war. Das gesamte Verhalten der Abgabepflichtigen gegenüber der Finanzverwaltung, in Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Verpflichtungen und in ihren Anbringen lässt auf eine grundsätzlich steuerunehrliche Einstellung und Vorgangsweise schließen und nimmt im Prüfungszeitraum bereits derartige Ausmaße an, dass schon allein deshalb von einer Gefährdung der Einbringlichkeit auszugehen ist."
Dagegen erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom die von ihren Vertretern mit Schriftsatz vom ergänzte Berufung.
Der Vorlagebericht des Finanzamtes vom lautete auszugsweise (Schreibfehler korrigiert):
"Aufgrund der bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides vorgelegten, jedoch nicht nachvollziehbaren Unterlagen wurde von Finanzamt festgestellt:
(Ausführungen zu den Abgabenansprüchen)
Von der BW wurde (der Bekannte der Revisionswerberin) bevollmächtigt, (...) er war gewissermaßen die Verbindung zwischen der BW und der Prüferin. Am wurde von der Prüferin eine Fragenliste (...) an Herrn (...) übergeben. Daraufhin langte am ein vorläufiges Antwortschreiben (der Revisionswerberin) (datiert mit ) im FA ein (...), in dem für eine weitere ergänzende Stellungnahme eine Fristverlängerung begehrt wurde. Begründung: Urlaubszeit, hartnäckige Infektion, Hr. (...) unerwartet verstorben, die erwähnten Beilagen möge das FA von Fam. (...) organisieren. Eine ausreichende Beantwortung der seitens des Finanzamtes gestellten Fragen ergab sich aus dem Schreiben nicht. Im Schreiben vom (eingelangt am (...)) gab die BW an, momentan keinen Zugriff auf die Unterlagen zu haben, Begründung war im Wesentlichen, dass sich ihre Unterlagen in der Verlassenschaft (...) befänden.
Das Finanzamt hat daraufhin die begehrte Frist abgewartet und da kein weitere Stellungnahme einlangte und die oben dargestellten Umstände festgestellt wurden am den Sicherstellungsauftrag zugestellt. (...)
Zur Annahme der Gefährdung bzw. wesentlicher Erschwerung der Einbringung:
Grundbuchabfragen ergaben, dass sämtliche Liegenschaften bis auf zwei mit Veräußerungs- und Belastungsverboten belegt (vielfach geschah dies erst 2011) und dass zahlreiche Liegenschaften durch hohe Hypotheken belastet waren. Da Kreditunterlagen überhaupt nicht und Bankbelege betreffend das Girokonto der BW nur äußerst fragmentarisch vorgelegt wurden, war die tatsächliche Höhe der zum damaligen Zeitpunkt aushaftenden Pfandrechte nicht festzustellen (...) Die Mittelherkunft der hohen bar bezahlten Beträge (für umfangreiche Sanierungen etc.) wurde nicht nachgewiesen, Zahlungen wurden offenbar i.W. durch Vorsteuerrückerstattungen finanziert (im Prüfungszeitraum wurden nur UVA mit Vorsteuergutschriften abgegeben), Erhebungen ergaben jedoch das Vorliegen von Scheinrechnungen bzw. nicht anzuerkennende Vorsteuern (siehe umfangreicher Bp-Bericht 2005-2011). Aus den dem FA bekannten Einkünften der BW erschien eine Begleichung der Abgabenansprüche in Anbetracht deren Höhe unmöglich.
(...)
Bereits seit zumindest 1994 finden im vorliegenden Fall laufend Betriebsprüfungen statt. (...) Bei allen Prüfungen wurden schwerwiegende Mängel bzw. ungerechtfertigte Geltendmachung von hohen Vorsteuerbeträgen festgestellt, die BW hält jedoch unverändert und hartnäckig bei ihrer Methode der nicht nachvollziehbaren Führung der Aufzeichnungen und Gebarung fest und behauptet gar, ihre Aufzeichnungen seien noch nie seitens der Behörde beanstandet worden. Sie ist für Aufklärungen und Belehrungen durch die Behörde völlig unempfänglich.
Zum Prüfungsverlauf bzw. zur Mitwirkung der BW muss festgehalten werden, dass auch in der gegenständlichen Außenprüfung eine eindeutige Tendenz zur Verfahrensverschleppung und Verschleierung der Sachverhalte erkennbar ist (siehe z. B. S. 10 Arbeitsbogen, Hinweise auf Rohrgebrechen sowie Diebstähle 'mit erheblicher Aktenvernichtung'). Derartige Vorgänge wurden auch in den Vorjahren angegeben.
(...)
Aus der Berufung(sergänzung) des steuerlichen Vertreters gewinnt das Finanzamt die Überzeugung, dass dieser überhaupt noch keine Aufzeichnungen seiner damals neuen Klientin gesehen hatte (...)
Aufgrund der wirtschaftlichen Lage der BW und dem festgestellten Sachverhalt musste geschlossen werden, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich einigermaßen gesichert erschien (...)"
Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am vor dem Bundesfinanzgericht, das die Berufung nunmehr als Beschwerde zu behandeln hatte, lautete auszugsweise:
"Der steuerliche Vertreter weist darauf hin, dass nur ein Teil der Liegenschaften mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belegt ist. Es ist keinesfalls auf allen Grundstücken ein entsprechendes Verbot. Wenn man in das Grundbuch schaut, kann man erkennen, dass ausreichend Vermögen vorhanden ist, um selbst die EUR 1,4 Mio abzudecken. Zudem sind erhebliche Einnahmen aus der laufenden Vermietung und Verpachtung vorhanden, die sich jährlich erhöhen (lt. BP-Bericht ist es steigend auf derzeit knapp EUR 1 Mio). (...)
Verhandlungsleiter: Frau (Prüferin), Ihr Bericht über die Betriebsprüfung vom (...) liegt vor. Würden Sie uns bitte kurz schildern, aus welchen Gründen Sie damals die Notwendigkeit der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages gesehen haben?
(Prüferin): Begonnen hat es zuerst (...) mit einer Frageliste an Herrn (...), dem damaligen Vertreter. Es kam eine Antwort auf die Fragenliste mit , aus der lediglich Zahlen zu ersehen waren, jedoch keine dezidierte Beantwortung. (...) wurde am ein weiterer umfangreicher Fragenkatalog übermittelt. Am kam eine vorläufige Stellungnahme, aus der keine Antworten zu ersehen waren, mit der um Fristerstreckung bis ersucht wurde. Eine Antwort ist bis zu diesem Termin nicht eingelangt. Bedauerlicherweise ist zwischenzeitig Herr (...) verstorben. (...)
(Teamleiter des Finanzamtes) ergänzt: Wir haben damals das Vermögen erhoben und festgestellt, dass ca. 95% der Liegenschaften belastet waren, eine Deckung der Forderungen, auch aus den Einnahmen nicht möglich sein würde, da die Bf. seit Jahren in ihren Erklärungen aus V+V Verluste erklärt. Wir haben uns damals überlegt, dass Pfändungen an die Mieter umständlich wären und nur eine Erschwerung der Einbringung bedeuten würde. Zudem waren aufgrund der Bautätigkeit Millionen-Bankschulden vorhanden, es gab auch Informationen über Verfahren der Bf. gegen Mieter bei der Schlichtungsstelle. (...)
Steuerlicher Vertreter bemängelt im Speziellen, dass das FA ihm gegenüber in mehreren Telefonaten die Fragenliste nicht erwähnt hat.
(Prüferin): Ich bin damals davon ausgegangen, da (die Revisionswerberin) mir gegenüber selbst die Frist vom genannt hat, dass von meiner Warte nichts weiter zu veranlassen ist und bis zu diesem Termin eine entsprechende Antwort einlangt.
(...)
(Teamleiter): Die Sicherstellung war aus unserer Sicht notwendig, um eine Exekutionsvereitelung zu vermeiden. Zugegeben, es gibt Mieteinnahmen, doch würde diese Entrichtung im Wege der Mieteinnahmen eine wesentliche Erschwerung bedeuten, weshalb man eine Pfandrechtsbegründung angestrebt hat. (...)
Bf. weist darauf hin, dass sie aufgrund rechtskräftiger endgültiger Beträge auch ein Zahlungserleichterungsansuchen einbringen kann. In der Vergangenheit sind die Abgaben von ihr zur Gänze entrichtet worden. (...)
Der steuerliche Vertreter weist darauf hin, dass aus seiner Sicht der Sicherstellungsauftrag in der Art und Weise ausgenutzt wird, um eine Disziplinierungsmaßnahme gegen die Bf. zu setzen (...) Es wurden die Banken verunsichert, der Sicherstellungsauftrag ist hier als übertriebenes Instrument angewendet worden, ohne dass die Situation einen dermaßen starken Eingriff erfordert. Es kann etwas herauskommen, aber die Bf. hat bisher alles bezahlt. Es gibt keinen Grund, dass sie sich dem Verfahren entzieht oder das Vermögen im Wege einer Insolvenz dem Verfahren entzieht. Es besteht die Vermutung, dass das FA nicht gut auf die Bf. zu sprechen ist (speziell im Bezug auf die händisch geführten Listen) (...)"
Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde nur insoweit statt, als es einen Teil der zu sichernden Abgabenansprüche in Anpassung an die inzwischen vorliegenden Abgabenbescheide reduzierte und dementsprechend auch den für die Abwendung oder Aufhebung von Vollziehungsmaßnahmen zu erlegenden Betrag nunmehr mit rund EUR 1,2 statt 1,4 Mio festsetzte.
In seinen Erwägungen begründete das Bundesfinanzgericht zunächst die Entstehung der zu sichernden Abgabenansprüche, wobei es sich auf ausführliche Wiedergaben des Prüfungsberichtes vom (Seiten 16 bis 20 des angefochtenen Erkenntnisses) und des Vorlageberichtes vom betreffend die Beschwerde gegen die Abgabenbescheide (Seiten 21 bis 27 des angefochtenen Erkenntnisses) stützte und dem Verweis der Revisionswerberin auf deren endgültige Steuererklärungen vom entgegenhielt, sie seien erst nach Erlassung des Sicherstellungsauftrages vom Oktober 2012 entstanden und daher nicht zu berücksichtigen (Seite 28 des angefochtenen Erkenntnisses).
Die Ausführungen zur abzuwendenden Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben lauten im angefochtenen Erkenntnis wie folgt:
"Als weitere kumulative Tatbestandsvoraussetzung war nunmehr zu untersuchen, ob eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der gegenständlichen Abgaben im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages bestand.
Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 89/13/0047) sind derartige Gefährdungen oder Erschwerungen u.a. bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben. Auch schwer wiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabepflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, rechtfertigen ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabenpflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO.
Auch wenn die Bf. die Gefährdung der Abgabeneinbringung als irreal bezeichnet, steht doch außer Streit, dass ein Großteil der Liegenschaften, die sich im Allein- oder Miteigentum der Bf. befinden, mit Belastungs- und Veräußerungsverboten bzw. Pfandrechten belegt sind. Laut Aussage der Bf. in der mündlichen Verhandlung sind derzeit fünf Liegenschaften ohne Belastungs- und Veräußerungsverbote. Die damaligen Ermittlungen des Finanzamtes ergaben nur zwei Liegenschaften ohne Belastungs- und Veräußerungsverbot.
Interessant ist, dass die Bf. zwar Einnahmen in den Jahren 2010 und 2011 von rund 1 Mio Euro zugestanden hat, in den der damaligen Betriebsprüferin vorliegenden Steuererklärungen jedoch Verluste erklärt wurden.
In der mündlichen Verhandlung verneinte die Bf. die Frage, ob es irgendwelche Sparbücher oder Wertpapierkonten, die damals den Betrag von EUR 1,4 Mio abdecken hätten können, gebe, somit kein weiteres Vermögen vorhanden gewesen sein soll. Auch wenn diese Aussage angesichts der vielen getätigten Barzahlungen nicht sehr glaubhaft erscheint, ist bei der derzeitigen Rechtslage eine diesbezügliche Kontenabfrage oder Kontenöffnung nicht möglich. Zu den eingetragenen Krediten ergänzte die Bf., dass es sich jeweils nur um Höchstbeträge handelt, für die jedoch laufend Rückzahlungen erfolgen.
Von Finanzamtsseite wurde zu diesen Krediten festgehalten, dass die Bankunterlagen nur lückenhaft vorgelegt wurden. Ergebnisse finden sich auch im BP-Bericht.
Somit verblieb der Abgabenbehörde bzw. der Betriebsprüferin als Beurteilungsmaßstab nur das ‚bekannte' Vermögen, somit die zahlreichen Liegenschaften, die jedoch zum Großteil mit Belastungs- und Veräußerungsverboten belastet waren bzw. sind.
In der mündlichen Verhandlung gab das Finanzamt bekannt, dass die Bewertung der Liegenschaften im Wege der Abgabensicherung erfolgt ist. ‚Von dort wurde auch die Einstufung gemacht, dass diese zwei Liegenschaften (Nr. 25 und 39 der Liste) unbelastet sind.' Die Sicherstellung war für das Finanzamt deshalb notwendig, um eine Exekutionsvereitelung zu vermeiden. Zugegeben wurde zwar, dass es Mieteinnahmen gibt, doch würde die Entrichtung im Wege der Mieteinnahmen eine wesentliche Erschwerung bedeuten, weshalb man eine Pfandrechtsbegründung anstrebte.
Soweit die Bf. bekannt gab, ‚Ich kann ja jederzeit ein Pfandrecht einräumen, das könnte ich mit der Bank vereinbaren, um einen Kredit aufzunehmen', ist zu erwidern, dass diese Möglichkeit der Bf. selbstverständlich offensteht, auch um die hier gegenständliche Summe zu entrichten. Zum hier zu beurteilenden damaligen Zeitpunkt konnte das Finanzamt auf keine anderen Sicherheiten zugreifen.
In der mündlichen Verhandlung teilte die Bf. zudem mit, dass aufgrund der Steuerreform geplant wird, die Eigentumsverhältnisse (der Liegenschaften) auf die Kinder zu übertragen, um das Pflichtteilsrisiko zu minimieren.
ADir. (...) dazu: Wenn wir heute hören, dass die Liegenschaften den Kinder geschenkt werden sollen, deutet das auch auf eine Erschwerung der Einbringlichkeit hin.
Wenn der steuerliche Vertreter erklärt, dass er eine Bewertung der frei verfügbaren Liegenschaften nachreichen wird, ist auf die Ansicht des Finanzamtes zu verweisen, das hofft, dass Vermögen da ist und dass es nicht nur unbedeutende Beträge sind. Daher ist die Bewertung der Liegenschaften für den Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages ohne Relevanz. Festgehalten wird, dass dem steuerlichen Vertreter - zur Wahrung des Parteiengehörs - in der mündlichen Verhandlung zur Nachreichung der angekündigten Liegenschaftsbewertung eine Frist von zwei Wochen bekannt gegeben wurde, selbst nach Ablauf dieser Frist bis jedoch keine entsprechenden Unterlagen nachgereicht wurden.
Die aktuelle Bewertung der Liegenschaften ist nur eine Momentaufnahme, die noch nichts über die möglichen Verwertungserlöse - sollte es in der Zukunft tatsächlich so weit kommen - aussagt.
Zusammengefasst ist die Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung aufgrund der Umstände des Einzelfalles infolge der bestehenden - und von der Bf. auch historisch aus der Familiengeschichte begründeten - Belastungs- und Veräußerungsverbote gegeben, zumal die Bf. in der mündlichen Verhandlung ergänzte, dass sie entsprechende Änderungen jederzeit vornehmen könnte, somit auch weitere Belastungs- und Veräußerungsverbote eintragen lassen könnte. Unter diesem Blickwinkel ist das Finanzamt zu Recht davon ausgegangen, dass nur bei raschem Zugriff - weiteres Vermögen wurde von der Bf. bestritten und war dem Finanzamt auch nicht bekannt - die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert werden könnte."
Das Bundesfinanzgericht sprach auch aus, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, und begründete dies "insbesondere" mit einem Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zur Rückzahlung".
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit u. a. dargelegt wird, das Erkenntnis verstoße gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Voraussetzung einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben.
Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der es die Abweisung der Revision beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 232 Abs. 1 erster Satz BAO lautet:
"Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit ( § 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen."
Ein angefochtener Sicherstellungsauftrag ist ohne Rücksicht auf später eingetretene Tatsachen allein darauf zu prüfen, ob im Zeitpunkt seiner Erlassung die dafür erforderlichen sachlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 2012/15/0165). In Bezug auf die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung muss der Begründung der Entscheidung entnommen werden können, aus welchen besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass die Einbringung nur bei raschem Zugriff der Behörde gesichert erscheint (vgl. etwa Ritz , BAO5, § 232 Tz 5f, sowie als Beispiel für viele das zu § 232 BAO in Verbindung mit § 66 ASVG ergangene Erkenntnis vom , 96/08/0104).
In dem zuletzt genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof hinzugefügt, die abstrakte Möglichkeit von Vermögensminderungen reiche nicht aus, und hiezu auf das , JBl 1987, 244, verwiesen, das in einem Amtshaftungsverfahren wegen eines unvertretbaren Sicherstellungsauftrages den vom Verwaltungsgerichtshof u.a. im Erkenntnis vom , 81/13/0182, VwSlg 5666/F, behandelten Fall betraf. Im Urteil vom war dargelegt worden, § 232 Abs. 1 erster Satz BAO setze einen konkreten Gefährdungstatbestand voraus und die Rechtsauffassung, ein Sicherstellungsauftrag könne ungeachtet des Vorhandenseins eines zur Deckung der voraussichtlichen Abgabenforderung ausreichenden Vermögens des Schuldners stets schon dann erlassen werden, wenn nur in abstracto mit einer Verminderung desselben gerechnet werden müsse, sei "nicht haltbar und auch nicht vertretbar, weil dann Sicherungsmaßnahmen jederzeit erlassen werden könnten, ohne daß ein konkreter Gefährdungstatbestand vorliegen müßte".
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom enthielt auch Ausführungen zum Begriff der wesentlichen Erschwerung der Einbringung im Sinne des § 232 Abs. 1 erster Satz BAO. Eine solche liegt danach nicht schon dann vor, wenn zur Einbringung "Exekutionsmaßnahmen nicht nur fallweise, sondern in einem wesentlich vermehrten Umfang notwendig" sind und "zuletzt" etwa eine "Vielzahl" von Exekutionsführungen notwendig war, denn ein gesetzlich vorgesehener Weg für die Eintreibung von Geldforderungen kann nicht als Erschwerung der Einbringung im hier maßgebenden Sinne angesehen werden. Die Annahme einer wesentlichen Erschwerung setzt vielmehr voraus, dass der normale Verlauf eines zur Einbringung erforderlichen Exekutionsverfahrens durch in der Sphäre des Schuldners liegende Umstände in irgendeiner Weise (etwa durch einen häufigen Wohnungswechsel oder durch eine drohende Übersiedlung ins Ausland) behindert wird, sodass ein objektives sachliches Bedürfnis nach rechtzeitiger Deckung des Anspruchs besteht.
Im vorliegenden Fall ist das Finanzamt - durch Erlassung des Sicherstellungsauftrages zwischen der Terminvereinbarung mit den neu bestellten Vertretern und dem vereinbarten Termin - so vorgegangen, dass die Vertreter nicht Gelegenheit bekamen, sich vor Erlassung des Sicherstellungsauftrages zumindest zu den Abgabenforderungen zu äußern. Wenn im weiteren Verfahren auf eine von der Revisionswerberin selbst erbetene Frist für eine Stellungnahme verwiesen wurde, deren Ablauf man abgewartet habe, so steht dem schon entgegen, dass dieses Ersuchen im Schreiben vom "" noch vor dem Tod des früheren Vertreters formuliert worden war und die Revisionswerberin mit der Behauptung, sie habe auf Grund des Todesfalles keinen Zugang zu den Unterlagen, im Schreiben vom "" um ein vorläufiges "Sistieren" der Prüfung gebeten hatte. Von einer von ihr selbst angekündigten Stellungnahme bis zum konnte danach nicht mehr die Rede sein.
Im Vorlagebericht des Finanzamtes vom wurde dessen ungeachtet dargelegt, der Sicherstellungsauftrag sei erlassen worden, "da" bis zum "keine weitere Stellungnahme einlangte", was in der Begründung des Sicherstellungsauftrages noch nicht vorgekommen war, in der Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht aber nochmals in den Vordergrund rückte.
In den Äußerungen des Teamleiters kam in der mündlichen Verhandlung als weiterer - auch im Vorlagebericht noch nicht offen gelegter - Grund hinzu, dass "Pfändungen an die Mieter umständlich" wären, "weshalb man eine Pfandrechtsbegründung angestrebt hat". Dieses nach dem Erkenntnis vom , 96/08/0104, rechtswidrige Motiv für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages hat Eingang in die rechtlichen Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes gefunden, wobei nur nicht klar erkennbar ist, ob auch das Bundesfinanzgericht im Sinne der von ihm dazu referierten Ausführungen den Sicherstellungsauftrag als ein dem Gesetz entsprechendes Mittel zur Vermeidung "umständlicher" Pfändungen ansieht. Das Bundesfinanzgericht spricht seinerseits davon, dass die Revisionswerberin hohe Mieteinnahmen "zugestanden" habe, und findet es "interessant", dass trotzdem Verluste erklärt worden seien, was die Möglichkeit, auf die Einnahmen zuzugreifen, aber grundsätzlich nicht in Frage stellt. Das Unterbleiben ihrer Einbeziehung in die Prüfung der vom Bundesfinanzgericht bejahten Frage einer Gefährdung der Einbringung ist daher nicht nachvollziehbar.
Das Bundesfinanzgericht geht im Übrigen davon aus, "nur" zwei Liegenschaften seien unbelastet gewesen, und lässt es für die Gefährdung der Einbringung - ohne Auseinandersetzung auch mit dem mehrfach vorgetragenen Argument, die Abgaben seien letztlich immer entrichtet worden - genügen, dass die Revisionswerberin weitere Belastungs- und Veräußerungsverbote eintragen lassen "könnte". Dass dies in der Situation, in der der Sicherstellungsauftrag erlassen wurde, konkret zu befürchten stand, geht aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht hervor.
Das angefochtene Erkenntnis widerspricht damit der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am