VwGH vom 22.02.2017, Ra 2015/13/0034

VwGH vom 22.02.2017, Ra 2015/13/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des B in H, vertreten durch die Eckhardt Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungs GmbH in 7033 Pöttsching, Hauptstraße 58, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7102608/2013, betreffend Wiederaufnahme und Einkommensteuer für das Jahr 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Anfechtung (Einkommensteuer für das Jahr 2006) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der zuvor unselbständig erwerbstätige Revisionswerber betrieb ab dem Jahr 2005 ein Einzelunternehmen als Tapezierer. Am erstattete die Steuerfahndung an das für ihn zuständige Finanzamt eine Mitteilung, die sich auf ein seit 2007 geführtes Verfahren gegen P, den Schwager des Revisionswerbers, bezog. P war gewerberechtlicher Geschäftsführer, die mit ihm verheiratete Schwester des Revisionswerbers handelsrechtliche Geschäftsführerin der P Raumdesign GmbH.

2 Der Mitteilung zufolge sei P in einer anonymen Anzeige vom Juli 2007 beschuldigt worden, "sich Firmen, die kurz vor Schließung stehen zu bemächtigen, und dann mithilfe von ihm eingesetzten vorgeschobenen Geschäftsführern (so genannte Strohmänner) Schulden auf diese Firmen aufzunehmen und Subaufträge an diese Firmen zu vergeben, ohne Abgaben dafür zu entrichten". Konkret betreffe dies die steuerlich erfasste L Malerei und Bodenverlegung GmbH (im Folgenden: L GmbH). Bei einer Durchsuchung von Räumlichkeiten von P und der P Raumdesign GmbH seien u. a. Eingangsrechnungen der L GmbH gefunden worden. Bei der L GmbH angemeldet gewesene Arbeitnehmer hätten bei einer Befragung im Februar 2010 nicht den im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragenen rumänischen Staatsangehörigen J, sondern P als "Chef" der L GmbH genannt. Ein weiteres Indiz für P als "tatsächlicher wirtschaftlicher Machthaber" der L GmbH sei die Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Übernahme der Geschäftsanteile, bei der J offensichtlich von P als Anteilsübernehmer und Geschäftsführer "eingesetzt" worden sei. Die Übernahme der Anteile der früheren A GmbH und deren Umbenennung in L GmbH durch den von P vorgeschobenen J, somit durch P "als faktisch und tatsächlich für die abgabenrechtlichen Belange der Fa. L GmbH Verantwortlicher", seien mit dem Vorsatz der Nichterfassung von Umsätzen und Erlösen im Rechenwerk erfolgt. Im Zuge der Ermittlungen sei hervorgekommen, dass P sich in gleicher Weise - wieder unter Einschaltung von J - auch der E GmbH bedient habe. Es sei "davon auszugehen, dass der Beschuldigte P, den Tatverdacht der Abgabenhinterziehung (...) als faktisch und tatsächlich für die abgabenrechtlicher Verantwortlicher der Fa. L GmbH, und nach Ermittlungsfeststellungen, der Fa. E GmbH, zu verantworten" habe.

3 Am (richtig: 2010) sei der Revisionswerber als Zeuge vernommen worden. Er habe "den Verdacht, dass P als der tatsächliche faktische Machthaber der Fa. L gilt, weder erhärten noch entkräftigen" können. Durch die Geltendmachung von Betriebsausgaben für "Fremd/Subleistungen" der L GmbH und der E GmbH sei seitens des Revisionswerbers "eine Verkürzung im Zeitraum 2006 bis 2007 der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommensteuer" erfolgt.

4 Bei der Vernehmung am waren dem Revisionswerber aus bei P sichergestellten Dateien Eintragungen aus dem Kassabuch des Revisionswerbers über Barzahlungen an die L GmbH in den Monaten Februar, Juni und Juli 2007 vorgehalten worden. Der Revisionswerber hatte angegeben, der Kontakt zur L GmbH sei während der nur einige Monate hindurch bestehenden Geschäftsbeziehung "über P gegangen". Die Geldübergaben hätten an eine dem Revisionswerber unbekannte Person im Beisein von P stattgefunden. Vorgehalten worden waren dem Revisionswerber auch bei P sichergestellte Dateien der Dateibezeichnung nach den Revisionswerber betreffender "Subrechnungskorrekturen" der E GmbH. Dazu hatte er angegeben, durch diese Gesellschaft habe er "definitiv keine Arbeiten" durchführen lassen.

5 Auf die Mitteilung vom folgte eine u. a. die Einkommensteuer für das Streitjahr 2006 betreffende Außenprüfung beim Revisionswerber. Im Zuge dieser Prüfung gab der Revisionswerber schriftlich an, P, der den Geschäftsführer der L GmbH gekannt habe, habe für den Revisionswerber die Aufträge der L GmbH "abgewickelt" und auch die Bezahlung durchgeführt (Schreiben vom im Arbeitsbogen).

6 Im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung legte der Prüfer dar, die fünf dem Revisionswerber von der L GmbH gelegten Rechnungen (eine vom und vier vom über insgesamt EUR 90.381,-- für Leistungen in unterschiedlichen Zeiträumen von September bis Dezember 2006) würden "als Scheinrechnungen angesehen".

7 Laut Firmenbuch habe J am die Gesellschaftsanteile der zugleich in L GmbH umbenannten A GmbH übernommen. Eine Abfrage habe ergeben, dass auf die "Vorgesellschaft" A GmbH im "Subleistungszeitraum" nur eine Person vom bis zum und zwei Personen vom bis zum als Dienstnehmer angemeldet gewesen seien. Die L GmbH habe erst am drei Dienstnehmer angemeldet. In den Rechnungen werde daher über Zeiträume abgerechnet, in denen die Gesellschaft "noch den Namen der Vorgesellschaft" getragen habe und zum Teil weder auf die L GmbH noch auf die "Vorgesellschaft" Dienstnehmer angemeldet gewesen seien. Nach "Ansicht der Außenprüfung" könne "aufgrund obiger Ausführungen" die verrechnete Arbeitsleistung "nicht von der L GmbH erbracht worden sein. Nach Ansicht der Außenprüfung wurden - wenn überhaupt - die Arbeitsleistungen von nicht angemeldeten Arbeitern durchgeführt. Bei den Eingangsrechnung der Fa. L GmbH handelt es sich daher nach Ansicht der Außenprüfung um Scheinrechnungen".

8 Die Rechnungen trügen jeweils unter Beifügung des Stempels der L GmbH den handschriftlichen Vermerk "Betrag erhalten", was eine Bestätigung der Bezahlung noch im Jahr 2006 bedeute. Die Rechnungen seien aber als Verbindlichkeiten verbucht worden und die Zahlungen nach den vorgelegten Belegen und dem Kassabuch jeweils zeitnahe nach Abhebung entsprechender Beträge vom Bankkonto erst (in den Monaten Februar, Juni und Juli) 2007 erfolgt, worüber jeweils Zahlungsbestätigungen mit dem Stempel der L GmbH und einer unleserlichen Unterschrift ausgestellt worden seien. Der Außenprüfung erscheine es "nicht glaubwürdig, dass Arbeitsleistungen aus dem Jahr 2006 erst im Jahr 2007 (zum Teil erst über ein halbes Jahr nach Rechnungslegung) bezahlt" worden seien.

9 Bei den Befragungen von Dienstnehmern der L GmbH hätten diese P und nicht J als "Chef" der "Firma" angegeben.

10 Bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten der P Raumdesign GmbH sei eine Datei betreffend das Kassabuch des Revisionswerbers gefunden worden, in dem die Kassaausgänge an die L GmbH verzeichnet gewesen seien. Bei der Durchsuchung seien auch Rechnungen mit der Bezeichnung "Rechnungskorrektur Subfirma E" gefunden worden, die inhaltlich mit Ausgangsrechnungen des Revisionswerbers identisch gewesen seien. Rechnungsaussteller und Leistungsempfänger hätten jeweils gefehlt. Es entspreche "nicht den unternehmerischen Gepflogenheiten, dass Unternehmen von anderen Unternehmern Geschäftsunterlagen bei sich verwahrt haben".

11 Schließlich habe auch eine Verprobung ergeben, dass der Reingewinnsatz vom Umsatz bei Berücksichtigung der Rechnungen der L GmbH geringer wäre (12,99%) als in den Folgejahren (31,28%, 39,85% und 46,25% in den Jahren 2007 bis 2009). Ohne diese Rechnungen betrüge er 40,41%.

12 Auf der Grundlage dieses Berichts - der auch noch eine weitere strittige Feststellung enthielt - erließ das Finanzamt unter Wiederaufnahme des Verfahrens einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006.

13 In der im Dezember 2011 dagegen erhobenen Berufung machte der Revisionswerber (nach der Wiedergabe im angefochtenen Erkenntnis, die Akten wurden unvollständig vorgelegt) u. a. geltend, die L GmbH könne ihrerseits mit Fremdfirmen gearbeitet haben, sodass der Hinweis auf die Zahl der angemeldeten Mitarbeiter kein geeignetes Argument sei. Zu dieser Ansicht müsse auch das für die L GmbH zuständige Finanzamt gekommen sein, weil "für erbrachte Leistungen der Fa. L GmbH in den Jahren 2006 und 2007 Erstbescheide mit einer Körperschaftsteuer und Umsatzsteuernachforderung in Höhe von EUR 256.000 vorgeschrieben wurden". Dazu sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0076, VwSlg 6987/F, zu verweisen, wonach die Verweigerung von beantragten Absetzungen mit einer Zurechnung beim tatsächlichen Empfänger nicht vereinbar sei. In einem Finanzstrafverfahren gegen die Schwester des Revisionswerbers habe J außerdem "bestätigt", Bargeldbeträge für erbrachte Leistungen übernommen zu haben. Zur ins Treffen geführten Verprobung sei auf das Jahr 2005 zu verweisen, für das eine gleichartige Berechnung einen Reingewinnsatz von 13,52% ergebe. Die Werte in den Folgejahren seien auf näher dargestellte Entwicklungen zurückzuführen.

14 Mit "bescheidmäßiger Aufforderung vom " ersuchte das Finanzamt den Revisionswerber (nach der Wiedergabe im angefochtenen Erkenntnis) "um die Bekanntgabe und genaue Bezeichnung der Empfänger der abgesetzten Beträge gemäß § 162 Abs. 1 und 2 BAO". In Beantwortung dieser Aufforderung gab der Revisionswerber (nach der Wiedergabe im angefochtenen Erkenntnis) an, Empfänger sei J als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L GmbH gewesen. Dessen aktuelle Wohnadresse sei ihm nicht bekannt. 15 "Des Weiteren" sei der Revisionswerber (nach der Wiedergabe im angefochtenen Erkenntnis) "ersucht" worden, "zur Überprüfung der tatsächlichen Erbringung der in den Rechnungen angeführten Leistungen durch die Subfirmen" näher bezeichnete Unterlagen vorzulegen.

16 Am soll P - nach dem Vorbringen in der Revision - zu einer in der Revision angeführten Aktenzahl wegen Tätigkeiten im Zusammenhang mit seiner "faktischen Geschäftsführung bei der L GmbH" strafgerichtlich verurteilt worden sein. Ob ein solches Urteil im vorliegenden Verfahren aktenkundig wurde, ist anhand der vorgelegten Aktenteile nicht feststellbar. Ein Vorbringen dazu erstattete der Revisionswerber, soweit ersichtlich, nicht.

17 Im Oktober 2013 legte das Finanzamt die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat vor. Der Vorlagebericht enthielt Ausführungen zum Fehlen angemeldeter Arbeitnehmer der L GmbH im Zeitpunkt der "angeblichen Leistungen". Dabei wurde im Hinblick auf die Änderung des Firmenwortlauts auch die Ansicht vertreten, die L GmbH sei bis dahin schon "mangels rechtlicher Existenz" nicht in der Lage gewesen, die Leistungen zu erbringen. Deshalb und "mangels Vorhandensein von Arbeitnehmern" sei die Aufforderung gemäß § 162 BAO an den Revisionswerber gerichtet worden. Er habe "nach wie vor" angegeben, an die L GmbH gezahlt zu haben. Dass eine Bestätigung durch J in einem nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" geführten Verfahren anerkannt worden sei, sei für das vorliegende Verfahren nicht präjudiziell.

18 Zwei Tage vor der für den anberaumten Verhandlung vor dem inzwischen zuständig gewordenen Bundesfinanzgericht brachte der Revisionswerber eine Stellungnahme ein. Darin brachte er u.a. vor, das für die L GmbH zuständige Finanzamt habe in einer Umsatzsteuerprüfung für den Zeitraum 11/2006 bis 04/2007 einen Gesamtumsatz der L GmbH in der Höhe von EUR 1,280.000,-- angenommen (davon laut angeschlossener Aufstellung EUR 114.000,-- für die Monate November und Dezember 2006). Dabei sei angenommen worden, dass die L GmbH in den Monaten 11-12/2006 durchschnittlich neun und in den Monaten 01- 04/2007 durchschnittlich 53 Arbeitnehmer beschäftigt habe. Hiezu werde neuerlich auf das in der Berufung erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Zu den Ausführungen im Vorlagebericht betreffend die Aufforderung gemäß § 162 BAO sei anzumerken, dass das Fehlen einer Angabe der aktuellen Adresse für sich allein keine Nichterfüllung des Auftrags bedeute, wenn die Identität des Zahlungsempfängers und seine Funktion als solcher feststünden. § 162 BAO sei auch unanwendbar, wenn die Behörde zum Ergebnis gelange, dass der Aufwand gar nicht entstanden sei. Im vorliegenden Fall habe das Finanzamt daher jedenfalls angenommen, dass der Aufwand angefallen sei. Darüber hinaus habe J in einer auf einem "USB-Stick" aufgenommenen Erklärung die Übernahme der Bargeldbeträge bestätigt.

19 Aus einem näher bezeichneten Strafakt sei ersichtlich, dass J im Jahr 2011 in Österreich aufgegriffen und nach Vernehmung "auf freien Fuß entlassen" worden sei. Er habe einen Wohnsitz angegeben, an dem er nicht gemeldet gewesen sei. Aus "diesem Akt" gehe auch hervor, dass der L GmbH im Jahr 2005 EUR 80.000,--, im Jahr 2006 EUR 160.000,-- und im Jahr 2007 EUR 1,166.000,-- an Einkünften sowie auch korrespondierende Umsatzsteuerbeträge zugerechnet worden seien. Dem (Anmerkung: der Mitteilung vom zugrunde gelegten) Zwischenbericht der Steuerfahndung sei auch zu entnehmen, dass die verrechneten Arbeitsleistungen zum Teil mit nicht angemeldeten Arbeitnehmern ausgeführt worden seien. Der für die L GmbH tätige Buchhalter habe angegeben, von J bezahlt worden zu sein. J habe schon "im Juni bzw. Juli 2006" die Durchführung von Arbeiten angeboten, in dieser Zeit seien auch die Verhandlungen über die Übernahme der Anteile an der A GmbH geführt worden. Die Bezugnahmen des Finanzamtes auf eine "Vorgesellschaft" seien unverständlich, weil nur eine Umbenennung stattgefunden habe. Bei Überprüfungen der Mehrwertsteuernummer der L GmbH habe sich diese, wie aus Beilagen ersichtlich, im Oktober 2006 und im März 2007 als gültig erwiesen.

20 Die doppelte Bestätigung der Zahlungen durch Vermerke auf den Rechnungen und später auf gesonderten Belegen sei darauf zurückzuführen, dass J mit diesen Rechnungen auf Baustellen gekommen sei, die L GmbH (gemeint wohl: der Revisionswerber) aber jeweils nicht über genügend liquide Mittel verfügt habe, sodass die Zahlungen erst später erfolgt seien.

21 Hinsichtlich der "Aufforderung vom " (gemeint offenbar die nach dem angefochtenen Erkenntnis "Des Weiteren" erfolgte) sei anzumerken, dass es sich um freihändige Vergaben gehandelt habe und es keine "Abnahme- und Übergabeprotokolle" gebe. Die Fremdleistungen habe P für den Revisionswerber kontrolliert.

22 In einer beigefügten schriftlichen Stellungnahme von J erklärte dieser u.a., P habe "nichts mit den Firmen L und E zu tun" gehabt. J habe die Geschäfte "selber geleitet". Er werde darüber, falls erforderlich, auch "persönlich aussagen", aber "nur in einem Land, wo ich nicht verhaftet und ausgeliefert werden kann".

23 In der Verhandlung am scheiterte der Versuch, die Aufnahme auf dem "USB-Stick" abzuspielen, an den technischen Voraussetzungen, woraufhin die Verhandlung vertagt wurde.

24 Mit Schriftsatz vom nahm das Finanzamt zum neuen Vorbringen des Revisionswerbers Stellung. Den Ausführungen zur Umsatzsteuerprüfung der L GmbH sei entgegenzuhalten, dass die angenommene Beschäftigung von durchschnittlich 53 Arbeitnehmern im Zeitraum Jänner bis April 2007 in Bezug auf die davor liegenden strittigen Leistungszeiträume "irrelevant" sei. Zur behaupteten Beschäftigung von durchschnittlich neun Arbeitnehmern in den Monaten November und Dezember 2006 sei "festzuhalten, dass die L GmbH erst am ins Firmenbuch eingetragen worden ist und daher frühestens ab diesem Zeitpunkt Dienstnehmer für diese Gesellschaft (unter diesem Namen) tätig gewesen sein konnten". Demgegenüber sei auch auf die Aktenlage betreffend die Anmeldung von Arbeitnehmern durch die L GmbH und die "Vorgesellschaft" zu verweisen. Der Kontakt zur L GmbH hätte angesichts der mit September 2006 beginnenden Leistungszeiträume "spätestens im August oder September 2006 erfolgen müssen, was in Folge der Eintragung des Namens L im Firmenbuch erst am denkunmöglich ist". Es stelle sich auch die Frage, mit wem die Verträge abgeschlossen worden sein sollten. Der Revisionswerber habe bei seiner Einvernahme (gemeint: am ) angegeben, J nicht gekannt zu haben, der ja auch "über Jahre hinweg nicht auffindbar" gewesen sei. Gekannt habe der Revisionswerber P, der für die L GmbH aber "nicht vertretungsbefugt" gewesen sei.

25 Das Finanzamt gehe weiterhin davon aus, dass es sich um Scheinrechnungen handle, wobei die "am Computer der E" gespeicherten Dateien (gemeint: die bei P sichergestellten "Rechnungskorrekturen") als Vorlage gedient hätten. Für den Fall des Nachweises der Erbringung der Leistungen und der Bezahlung der dafür in Rechnung gestellten Beträge werde jedoch beantragt, das Bundesfinanzgericht möge "aussprechen, dass die verfahrensgegenständlichen Leistungen mangels Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO nicht abzugsfähig" seien.

26 In der fortgesetzten Verhandlung am gab der Vertreter des Revisionswerbers u.a. an, dieser sei vor Beginn seiner Tätigkeit als Einzelunternehmer im Jahr 2005 bei der P Raumdesign GmbH beschäftigt gewesen und habe in der Folge die Hilfe sowohl seiner Schwester als auch von P in Anspruch genommen. Die in einer Datei gespeicherte mündliche Stellungnahme von J wurde abgespielt und erwies sich als wortgleich mit der schon vorgelegten schriftlichen Erklärung. Zur Frage einer Existenz der L GmbH zur Zeit der fakturierten Leistungen und ihrer Fähigkeit zu deren Erbringung wiederholte der Vertreter des Revisionswerbers, es sei nur der Firmenname geändert worden und die L GmbH hätte ihrerseits Subunternehmer einsetzen können. Aufgrund seiner Kontakte mit dem Veräußerer der Geschäftsanteile sei J jedenfalls schon im Sommer 2006 für die GmbH tätig gewesen. Der Revisionswerber habe P mit der Durchführung der strittigen Leistungen "beauftragt", und P habe sich dafür der L GmbH "bedient".

27 Zur Verprobung des Reingewinnsatzes gab der Vorsitzende bekannt, "dass dieser Punkt nicht in Streit stehe, da den diesbezüglichen Ausführungen der Betriebsprüfung nicht zu folgen sei".

28 Erörtert wurde auch eine vom Vertreter des Revisionswerbers überreichte Unterlage "zur rechtlichen Würdigung", in der die Vermischung der Gesichtspunkte eines Vorliegens von Scheinrechnungen einerseits und einer mangelnden Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO andererseits kritisiert wurde. In Bezug auf eine als Empfänger benannte Kapitalgesellschaft bestehe auch keine Verpflichtung zur Einholung von Informationen über Gesellschafterverhältnisse, Subunternehmer, Beteiligungsstrukturen, Treugeber oder "Hintermänner". Die Existenz des Subunternehmens L GmbH und die Identität des Zahlungsempfängers habe der Revisionswerber überprüft. Von einer Erbringung der Leistungen gehe auch die Steuerfahndung aus.

29 Der Vertreter des Finanzamts führte zur L GmbH aus, "problematisch" sei das "Verwandtschaftsverhältnis" des Revisionswerbers zu P, und wiederholte im Wesentlichen die bisherigen Standpunkte des Finanzamts, wobei er in Ergänzung zum Vorbringen in der Stellungnahme vom , wonach sich die "Rechnungskorrekturen" auf einem "Computer der E" befunden hätten, nun davon sprach, die "Buchhaltung" des Revisionswerbers (gemeint: die Dateien mit Teilen des Kassabuchs) habe sich "auf dem Server der Firma L" befunden (Anmerkung: beides wurde bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten von P und der P Raumdesign GmbH sichergestellt).

30 Abschließend verwies der Vertreter des Revisionswerbers noch einmal darauf, dass bei der L GmbH Einnahmen zum Ansatz gebracht worden seien. Die Betriebsprüfung habe "Umsätze der Firma L geschätzt" und diese seien "in der Folge bescheidmäßig festgesetzt und versteuert worden".

31 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung als unbegründet ab. Es stellte - neben Ausführungen zur Bestätigung der Wiederaufnahme und zu dem zweiten, hier nicht näher dargestellten Streitpunkt des Prüfungsberichtes vom - zu den strittigen Rechnungen der (nach Abweisung eines Konkursantrages im November 2007 amtswegig gelöschten) L GmbH fest, Erhebungen der Steuerfahndung hätten ergeben, "dass die rechnungsausstellende Firma L GmbH tatsächlich von Herrn P (Schwager des Bf) als Machthaber geleitet wurde".

32 Dazu sei "festzuhalten", dass der Alleingesellschafter-Geschäftsführer J "im Zeitraum der strittigen Leistungserbringung nicht in Österreich behördlich gemeldet war, jedoch aufhältig gewesen sein dürfte". Die "strittigen Fremdleistungsaufwendungen" des Revisionswerbers seien "somit zumindest mit fehlender Meldung des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer J getätigt" worden. Die vom Revisionswerber am behauptete Zahlung an eine ihm unbekannte Person im Beisein von P und die Auffindung einer das Kassabuch des Revisionswerbers betreffenden Datei bei der P Raumdesign GmbH ließen die behauptete Geschäftsverbindung "seltsam und bemerkenswert" erscheinen. Dies gelte auch für die Barzahlungen im Jahr 2007 trotz der schon auf den Rechnungen vorhandenen Vermerke über deren Bezahlung. Es sei nicht glaubwürdig, dass J Rechnungen mit solchen Vermerken übergeben habe, ohne dass gezahlt worden sei. Auch widerspreche die Barzahlung relativ hoher Beträge an eine unbekannte Person den Erfahrungen des Wirtschaftslebens. Die Anwesenheit von P könne "daran nichts ändern".

33 Hinzu komme, dass "die strittigen Rechnungen vom 4. und sämtlich den Leistungszeitraum ‚September bis Dezember 2006' (Anmerkung: dies trifft nur auf eine der fünf Rechnungen zu) und den Firmennamen L GmbH ausweisen, obwohl wie das Finanzamt darüber hinaus festgehalten hat, die Firmenbezeichnung ‚L GmbH' erst am ins Firmenbuch eingetragen" worden sei. Auch habe die L GmbH "im Zeitraum 20. bzw. " lediglich über drei "Dienstnehmeranmeldungen" verfügt "bzw." seien im Dezember 2006 insgesamt neun "Dienstnehmeranmeldungen" erfolgt. Bei der "Vorgesellschaft" seien nur drei Dienstnehmer angemeldet gewesen.

34 Zur Einwendung, der L GmbH seien laut Aktenlage Einkünfte für das Jahr 2006 in Höhe von EUR 160.000,-- zugerechnet worden, sei "festzuhalten, dass mangels angemeldeter Dienstnehmer im strittigen Leistungszeitraum September bis Dezember 2006 jedenfalls nicht die personelle Kapazität für die Erbringung der strittigen Leistungen vorhanden war".

35 Die nächsten beiden Absätze der Entscheidungsgründe lauten:

"Die vorliegenden Unterlagen belegen zwar die rechtliche Existenz der genannten Firma, sie vermögen jedoch nicht darzulegen, wer der tatsächliche Empfänger der Beträge ist. Weiters vermögen sie auch nicht zu beweisen, dass die genannte Firma mangels eines auffindbaren Geschäftsführers auch die in den genannten Rechnungen angeführten Leistungen erbracht hat. Daran vermag auch die vom steuerlichen Vertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegte Bestätigung des Gf J, wonach sämtliche Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten von diesem übernommen wurde, nichts zu ändern.

Laut niederschriftlichen Angaben der Arbeitnehmer und des Herrn H war jedenfalls Herr P tatsächlich ‚Chef' der Fa. L GmbH."

36 Im vorliegenden Fall sei "davon auszugehen, dass die strittigen Leistungen nicht von der genannten Firma L GmbH erbracht wurden, sondern dass entweder der Schwager P als Machthaber der L GmbH (und der E GmbH) die Arbeiten mit Schwarzarbeitern erbracht hat oder gar keine Arbeiten erbracht wurden". Für letzteres sprächen "die aufgefundenen Unterlagen bezüglich (identer Rechnungsbelege der Fa. E GmbH) sowie das Auffinden des Kassabuches des Unternehmens des Bf. für das Jahr 2007 auf dem Computer der Fa. des Schwagers P", weshalb "die vorgelegten Rechnungen insgesamt als so genannte ‚Scheinrechnungen' zu qualifizieren" seien:

"Die oben dargestellten Feststellungen lassen die Beurteilung der BP, dass es sich bei den vorgelegten Eingangsrechnungen um (absolute) Scheinrechnungen zur Geltendmachung überhöhter Betriebsausgaben handelt, jedenfalls als wesentlich wahrscheinlicher erscheinen als die Behauptungen der Bf., dass die in den Rechnungen angeführten Leistungen von dem rechnungsausstellenden Subunternehmen L GmbH erbracht wurden.

Die gebotene Gesamtbetrachtung aller vorliegenden Sachverhaltselemente führt zur Überzeugung, dass die in den betreffenden Rechnungen angeführten Leistungen nicht von der Fa. L GmbH an die Bf. erbracht werden konnten und es sich daher nach Ansicht des Senates um Schein- bzw. Deckungsrechnungen handelt."

37 "Zwecks Überprüfung der tatsächlichen Erbringung" der Leistungen durch Subfirmen habe das Finanzamt den Revisionswerber zur Benennung des Empfängers (gemeint: der Zahlungen) gemäß § 162 BAO aufgefordert. Diese Aufforderung sei "nicht als rechtswidrig zu erkennen", weil "eine Reihe von schwerwiegenden Indizien dahingehend vorlagen, dass es sich im vorliegenden Fall um Nichtleistungsrechnungen handelte".

38 Dem folgt in den Entscheidungsgründen nach allgemeinen Ausführungen über § 162 BAO folgender Absatz:

"Insgesamt muss auf Grund der eindeutigen Indizienlage davon ausgegangen werden, dass die von der Bf. bezahlten (sic) Aufwendungen im Zusammenhang mit den von dem Subunternehmen in Rechnung gestellten Leistungen jedenfalls nicht von diesem Unternehmen (L GmbH) erbracht wurden. Da nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen das Kassabuch des Bf. für das Jahr 2007 auf dem Computer des Herrn P vorgefunden wurde, muss vielmehr vermutet werden, dass es sich bei den betreffenden Rechnungen um absolute Schein- bzw. Deckungsrechnungen handelt."

39 "Zusammenfassend" sei die Anerkennung als Betriebsausgabe aus folgenden Gründen zu versagen:

"Die vom Bf. im Zuge einer Einvernahme als Zeuge am erstellte Aussage, wonach die Bezahlung an die Subfirma L durch zwei Auszahlungen erfolgt sei und er das Geld - Euro 97.701 (Anmerkung: enthält in Rechnung gestellte USt aus vier der fünf Rechnungen) - einer ihm unbekannten Person übergeben habe, spricht im Hinblick auf die Höhe dieses Betrages sowie die Gepflogenheiten des Geschäftslebens für sich.

Die Abwicklung der Bezahlung sämtlicher übrigen Fremdleistungen erfolgte über das Bankkonto des Bf.

Der in den Rechnungen ausgewiesene Leistungszeitraum stimmt nicht mit den Meldungen von Dienstnehmern überein.

Es konnten keine Abnahmeprotokolle oder Aufträge vorgelegt werden.

Laut Befragung des Bf. im Zuge der Steuerfahndung ist Herr J unbekannt. Herr J ist auch nicht aufrecht gemeldet oder auffindbar, dürfte jedoch in Österreich aufhältig sein.

Laut Dienstnehmerbefragungen durch die Steuerfahndung war Herr P ‚Chef' der Firmen L GmbH und E GmbH.

Bei der Hausdurchsuchung der Fa. P GmbH wurde das Kassabuch des Bf. für das Jahr 2007 vorgefunden, ebenso idente Rechnungsbelege bzw. Rechnungskorrekturen bezüglich der Fa. E GmbH.

Der Bf. ist zwar der Aufforderung gem. § 162 BAO nach Benennung der tatsächlichen Empfänger der Zahlungen nachgekommen, der Geschäftsführer ist jedoch für die Abgabenbehörde grundsätzlich unauffindbar geblieben (daran kann auch die vorgelegte Bestätigung und Aussage per USB-Stick nichts ändern), die Leistungszeiträume stimmen nicht überein, daher ist gem. § 162 Abs. 2 BAO die Berücksichtigung der beantragten Absetzungen nicht möglich (vgl. hierzu VwGH 94/13/0230)."

40 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil "nur der Sachverhalt strittig" sei und nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen werde ("vgl. ").

41 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, den Revisionspunkten und der Begründung nach nicht gegen die Bestätigung der Wiederaufnahme, sondern nur gegen die der neuen Sachentscheidung gerichtete Revision, zu der das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

42 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

43 Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte sind so zu begründen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis vom , Ra 2015/13/0024).

44 Dieser Anforderung wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht, womit sich die Revision als zulässig und begründet erweist:

45 Hauptstreitpunkt des vorliegenden Falles waren fünf Rechnungen, die sich auf Arbeiten für drei verschiedene Bauvorhaben bezogen. Die Ausgangsrechnungen, mit denen der Revisionswerber die Arbeiten zwei verschiedenen Auftraggebern in Rechnung stellte, sind aktenkundig. Zu klären war, ob der Revisionswerber die daraus resultierenden Einnahmen erzielen konnte, ohne dass ihm dafür die mit den strittigen Rechnungen geltend gemachten Ausgaben entstanden. Ein klarer, nachvollziehbar begründeter Standpunkt dazu ist den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu entnehmen.

46 Zu verweisen ist in dieser Hinsicht zunächst auf die offenkundigen Unschlüssigkeiten und Widersprüchlichkeiten im Detail, auf Widersprüche auch zum Akteninhalt (sämtliche Rechnungen hätten den Leistungszeitraum "September bis Dezember 2006" ausgewiesen) und auf unzutreffende rechtliche Prämissen (eine GmbH könne nicht Leistungen in Rechnung stellen, die vor ihrer Umbenennung erbracht wurden, § 162 BAO diene der Überprüfung der Erbringung von Leistungen durch den Empfänger der Beträge). Darüber hinaus fehlt es vor allem aber an einer fundierten Auseinandersetzung mit dem Umstand, der schon der Außenprüfung beim Revisionswerber zugrundelag und auch im angefochtenen Erkenntnis angenommen zu werden scheint, nämlich mit der Tätigkeit von P als faktischer Geschäftsführer der L GmbH, sowie in diesem Zusammenhang auch mit der vom Revisionswerber wiederholt ins Treffen geführten Zurechnung von Umsätzen und Einkünften aus dieser Tätigkeit an die L GmbH.

47 Das Vorbringen des Revisionswerbers, der sich noch gegen Schluss des Verfahrens auf eine Bestätigung von J berief, nach der P "nichts mit den Firmen L und E zu tun hatte", bedurfte - auch vor dem Hintergrund des privaten Naheverhältnisses zu P - einer kritischen Würdigung. Die zentralen Fragen mussten dabei aber sein, ob die an Dritte verrechneten Arbeiten erbracht wurden und ob der Revisionswerber dafür die im Kassabuch verzeichneten, dort jeweils knapp davor geleisteten Bareinlagen und in Summe den strittigen Rechnungen der steuerlich erfassten L GmbH entsprechenden Zahlungen leistete.

48 Eine gedanklich geordnete Behandlung dieser Fragen ist in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses nicht enthalten, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

49 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am