VwGH vom 24.06.2010, 2009/16/0133
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Finanzamtes Feldkirch, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0147-F/09, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, (mitbeteiligte Partei: Mag. Dr. E A in F), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Mitbeteiligte bezog u.a. für seinen am geborenen Adoptivsohn J Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge. Mit Schriftsatz vom teilte er dem Finanzamt mit, dass sein Adoptivsohn J "derzeit und bis auf weiteres nicht in unserem gemeinsamen Haushalt wohnt".
In einem weiteren Schriftsatz vom teilte der Mitbeteiligte mit, sein Adoptivsohn J habe bis die Volksschule X besucht. Dann sei die Familie nach Kap Verde, dem "Ursprungsland" seiner Ehefrau und seiner Adoptivsöhne E und J gereist. Der Mitbeteiligte betreibe mit Unterstützung der Vorarlberger Landesregierung ein Schulhilfeprojekt in Kap Verde und habe in diesem Zusammenhang einen Container mit Hilfsgütern dorthin begleitet. Seine und die Anwesenheit seiner Ehefrau seien für die Abwicklung von Formalitäten und für die Güterverteilung in Kap Verde erforderlich gewesen. Außerdem habe seine Ehefrau starke Bindungen an ihr "Ursprungsland" und ihre dort lebenden Verwandten. Am seien der Mitbeteiligte, seine Ehefrau und seine leibliche Tochter V nach Österreich zurückgekehrt. J sei unerwartet nicht mitgekommen, sondern bei der in Kap Verde lebenden Verwandtschaft geblieben. Es habe aber die Erwartung bestanden, der Junge würde sobald wie möglich nachkommen. Im Juni 2008 seien die Ehefrau des Mitbeteiligten und dessen leibliche Tochter neuerlich nach Kap Verde geflogen. Ihre Bemühungen um J seien erfolglos geblieben und die beiden seien ohne diesen nach Österreich zurückgekehrt. Erst da sei der Familie klar gewesen, dass J bis auf weiteres nicht bei ihnen wohnen würde.
Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt vom Mitbeteiligten Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2007 bis Oktober 2008 in Höhe von 1.722,50 EUR (Familienbeihilfe) und 661,70 EUR (Kinderabsetzbetrag), insgesamt 2.384,20 EUR, zurück. Das Kind J halte sich seit Oktober 2007 nicht mehr in Österreich auf.
Dagegen berief der Mitbeteiligte mit der Begründung, Ende August 2007 sei ein "6m-Container" mit Hilfsgütern nach Kap Verde gegangen. Dieses mehrjährige Hilfsprojekt sei vom Amt der Vorarlberger Landesregierung mitgetragen. Da er für die Behördenwege und seine Ehefrau für die Verteilung der Güter vor Ort zuständig gewesen seien, sei er mit der gesamten Familie am nach Kap Verde gereist. Der Aufenthalt in Kap Verde sei nur vorübergehend gewesen. Dort habe J die Volksschule besucht. Am , also nach fünf Monaten, seien sie ohne J nach Österreich zurückgeflogen. Auch J habe sie zurückbegleiten sollen, sei aber unvorhergesehen nicht zurückgeflogen. Selbstverständlich sei auch für diesen der Rückflug gebucht gewesen. Die Gründe habe er in seinem letzten Schreiben vom bereits dargelegt. Es habe nicht die Absicht bestanden, ohne J zurückzufliegen. Der ordentliche Wohnsitz aller Personen der Familie sei F, wo sie gemeldet seien und wo sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hätten. Während der karitativen Arbeit in Kap Verde sowie des Besuches und "Urlaubs" könnten weder Beihilfen noch Alleinverdienerfreibetrag gekürzt oder gestrichen werden. Vom 23. Juni bis sei seine Ehefrau nochmals in Kap Verde gewesen, um dringende Familienangelegenheiten zu klären und "in ursprünglich beansichtigter Weise" auch mit J zurückzufliegen. Erst nachdem sich herausgestellt habe, dass sich Js Rückkehr noch hinauszögere und er bis auf weiteres nicht nach Österreich zurückkomme, habe er die diesbezügliche Meldung an das Finanzamt erstattet. Der ordentliche Wohnsitz seines Adoptivsohnes sei weiterhin in Österreich, wohin dieser auch nach Abklärung familieninterner Sachverhalte zurückkehren werde. Selbst dessen jetziges Verbleiben sei nur vorübergehend. Zum Haushalt einer Person gehöre ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teile. Die Haushaltszugehörigkeit gelte nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhalte. Eine Person habe den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe. Dies treffe alles auf J zu.
Der Mitbeteiligte legte der Berufung eine Rechnung der N. Reisen GmbH vom bei, welche unter dem Termin " bis " Flüge vom Flughafen Zürich nach Kap Verde und als Reiseteilnehmer die Ehefrau des Mitbeteiligten, die Tochter V und den Adoptivsohn J auswies. Weiters legte er eine Bestätigung vom einer Volksschule in F vor, wonach der Schüler J im Schuljahr 2006/2007 die dritte Klasse und vom Schulbeginn bis die vierte Klasse dieser Schule besucht habe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Der Mitbeteiligte und seine Ehefrau würden seit einigen Jahren ein von der Vorarlberger Landesregierung unterstütztes Schulhilfeprojekt im Heimatland der Ehefrau des Mitbeteiligten, in Kap Verde, betreuen. Zur Koordination der Hilfslieferungen, zur Betreuung des Projektes vor Ort und um Kontakte zur Familie der Ehefrau des Mitbeteiligten zu pflegen, halte sich die ganze Familie regelmäßig für einen längeren Zeitraum in Kap Verde auf. Mitte September 2007 hätten der Mitbeteiligte, seine Gattin, seine Tochter V und sein Adoptivsohn J wiederum einen Hilfskonvoi nach Afrika begleitet. Der Aufenthalt in Kap Verde habe sechs Monate gedauert. Die Rückreise nach Österreich sei im März 2008 allerdings ohne J erfolgt, der sich geweigert habe, nach Österreich zurückzukehren. Mitte August 2008, als festgestanden sei, dass J bis auf weiteres in Afrika bleibe, hätte der Mitbeteiligte dem Finanzamt den Wegfall des Anspruchs auf Familienbeihilfe gemeldet. J lebe nunmehr seit Mitte September 2007 in Kap Verde, sei laut Angaben des Mitbeteiligten dort bei Verwandten der Gattin des Mitbeteiligten untergebracht und besuche auch laufend die Schule. Damit habe J seinen ständigen Aufenthalt in Kap Verde und stehe für den Zeitraum Oktober 2007 bis einschließlich Oktober 2008 keine Familienbeihilfe zu.
In seinem dagegen erhobenen Vorlageantrag führte der Mitbeteiligte aus, es habe zum Zeitpunkt der Einreise nach Kap Verde im Oktober 2007 keine Zweifel daran gegeben, dass sein Adoptivsohn J im März 2008 wieder nach Österreich zurückkehren werde. Das werde auch dadurch dokumentiert, dass für das Kind J ein entsprechendes Flugticket gekauft worden sei. Wäre damals bereits klar gewesen, dass J in Kap Verde auf Dauer oder für längere Zeit bleiben werde, so hätte man diese Investition nicht getätigt. Auch sei es nicht richtig, dass sich J geweigert habe, nach Österreich zurückzukehren, vielmehr sei die Rückkehr dadurch verhindert worden, dass der leibliche Vater die Zustimmung zur Ausreise aus Afrika verweigert habe und nach den afrikanischen Bestimmungen diese erforderlich sei. Nach der Rückkehr nach Österreich ohne den Adoptivsohn seien in der Folge regelmäßig Telephonate geführt worden, um die Rückkehr von J nach Österreich zu erreichen. Dies habe dazu geführt, dass seine Gattin im Juni 2008 wiederum nach Kap Verde geflogen sei, um mit dem Kind J sowie dem älteren Adoptivsohn E wieder nach Österreich zurückzukehren, wo sie auch den ordentlichen Wohnsitz hätten. Nachdem die Bemühungen seiner Ehefrau, die Zustimmung des leiblichen Vaters für die Ausreise zu erreichen, gescheitert seien, sei sie am lediglich mit dem älteren Adoptivsohn E nach Österreich zurückgekehrt. Ab diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass das Kind J in nächster Zeit nicht nach Österreich zurückkehren werde. Da erst im August 2008 klar erkennbar gewesen sei, dass J nicht nur vorübergehend in Kap Verde bleiben werde, könne erst ab diesem Zeitpunkt von einem ständigen Aufenthalt außerhalb Österreichs gesprochen werden. J habe sich zumindest im Zeitraum Oktober 2007 bis August 2008 unter Umständen in Kap Verde aufgehalten, die erkennen haben lassen, dass er in Kap Verde nur vorübergehend verweile.
Auf Vorhalt des Finanzamtes führte der Mitbeteiligte mit Schriftsatz vom an, der Rückflug von J sei nicht storniert worden, sondern verfallen, weil bis zum letzten Moment damit gerechnet worden sei, dass J "mit uns" zurückfliege. Es habe keine rechtlichen Probleme gegeben, die Gründe, dass J in Kap Verde zurückgeblieben sei, seien Querelen, Neid und Missgunst innerhalb der Familie gewesen. Durch Gespräche, Telephonate und Vorsprachen beim lokalen Gericht ("eine Art Rechtsberatung und Vermittlung") sei eine Lösung gesucht worden. Sie hätten in Kap Verde bei niemandem gewohnt, sondern selber einen Haushalt geführt. Das Schulhilfeprojekt sei ins Leben gerufen worden, als er von der lokalen Schulbehörde um Unterstützung ("Schulpatenschaft") gebeten worden sei. Er unterstütze materiell und finanziell zwei Schulen und mehrere Kindergärten. Die Vorarlberger Landesregierung habe ihn nicht entsendet, sie habe nur den Transport der Container mit Hilfsgütern bis zur Hauptinsel finanziert. Die weitere Finanzierung des Transportes auf "unsere Insel" und alle weiteren Zahlungen einschließlich der landesüblichen "Nebengebühren" seien von ihm getragen worden. Er benötige kein Visum, weil er mit einer "Caboverdianerin" verheiratet sei. Er brauche auch keine Arbeitsbewilligung.
Mit Schriftsatz vom ergänzte der Mitbeteiligte sein Vorbringen und führte an, dass sein Adoptivsohn J am nicht endgültig von der Schule abgemeldet, sondern beurlaubt worden sei, weil die gesamte Familie am habe zurückkommen wollen. Der Aufenthalt seiner Familie in Kap Verde, also auch der seines Adoptivsohnes, sei also nur vorübergehend auf fünf Monate konzipiert gewesen. Er lege eine Bestätigung der Direktion der Volksschule vom vor.
In dieser bestätigte die Direktion der Schule, dass J von der Schule im Schuljahr 2007/2008 als ordentlicher Schüler geführt worden sei und die Schule am für einen begrenzten Zeitraum verlassen habe. Es sei zugesichert und vorgesehen gewesen, dass J im zweiten Semester wieder am Unterricht teilnehme. Aus Gründen, die nicht im Einfluss der Adoptivfamilie gelegen seien, sei J am 1. März nicht zurückgekommen.
Es sei - so der Mitbeteiligte im Schriftsatz weiter - unrichtig, dass sein Adoptivsohn nicht mehr nach Österreich zurückkehren werde. Wenn die familiären Angelegenheiten geklärt seien, werde dieser sehr wohl wieder nach Österreich zurückkehren. J sei hier gemeldet und besitze einen Aufenthaltstitel.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den vor ihr bekämpften Bescheid dahingehend, "dass zu Unrecht bezogene Beiträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für J für den Zeitraum März 2008 bis Oktober 2008 gemäß ... zurückgefordert werden".
Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens und rechtlichen Ausführungen vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass der Aufenthalt von J auf Kap Verde in zwei Zeitperioden einzuteilen sei; einerseits die Zeit ab Ankunft im September 2007 bis zur Abreise seiner Mutter, seines Adoptivvaters und seiner Schwester am , andererseits die Zeit von März 2008 bis Oktober 2008 und darüber hinaus.
Zum Zeitraum Oktober 2007 bis Februar 2008 führte die belangte Behörde aus, das Finanzamt sei im Bescheid nicht auf den unstrittigen Umstand eingegangen, dass sich Mutter, Adoptivvater und Schwester ab der Ankunft bis zur Abreise am ebenfalls mit J auf Kap Verde befunden hätten, J sich im genannten Zeitraum also im Verband seiner angestammten Familie im Ausland aufgehalten habe. Das Finanzamt habe dem Einwand, der Aufenthalt sei von vornherein als vorübergehend geplant gewesen, wofür die für alle Familienmitglieder gelösten Rückflugtickets sprächen, keine Beachtung beigemessen. In dieser Zeit habe sich nach Ansicht der belangten Behörde J nicht unter Umständen im Ausland aufgehalten, die auf ein dauerndes Verweilen schließen ließen. Der bereits gebuchte Rückflug und die anvisierte und seitens der inländischen Schule bestätigte Absicht der Fortsetzung des Schulbesuches im Sommersemester 2008 sprächen dagegen. Dass der Junge auf Kap Verde von seinem Adoptivvater unterrichtet worden sei und die lokale Schule besucht habe, lege nach Ansicht der belangten Behörde nicht den Schluss nahe, er solle und werde in Österreich nicht mehr zur Schule gehen, sondern im Gegenteil, dem Kind sei auf verschiedene Weise die Möglichkeit gegeben worden, angesichts der doch über den Umfang eines Urlaubes hinausgehenden Aufenthaltsdauer im Ausland den Anschluss an Unterrichtsstoff und Schulleben nicht zu verlieren.
J sei am in Kap Verde geboren worden. Nach Eheschließung seiner Mutter im Jahr 2001 mit dem in Österreich ansässigen Mitbeteiligten sei das Kind im März 2002 an die inländische Adresse seiner Mutter zugezogen. Laut Gerichtsbeschluss sei J im Jahr 2003 vom Mitbeteiligten an Kindesstatt angenommen worden. Sein gewöhnlicher Aufenthalt sei von seinem Zuzug an, wie auch der seiner Mutter, seines Adoptivvaters und seiner Geschwister in F gewesen. Reisen der Familie nach Kap Verde mit längeren Aufenthalten hätten stattgefunden, nicht nur wegen der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte zur dort ansässigen Familie der Mutter, sondern auch wegen des vom Mitbeteiligten betreuten und von der Vorarlberger Landesregierung unterstützten Schulhilfeprojektes. Diese Projektbetreuung mit starkem Auslandsbezug sei dem Mitbeteiligten möglich gewesen, weil er Pensionist und seine Gattin Hausfrau sei. Die Aufenthalte in Kap Verde seien als vorübergehend gewollt und hätten demgemäß den Zustand des Verweilens und den gewöhnlichen Aufenthalt der Familie in Österreich nicht unterbrochen. Der Zeitraum vom Oktober 2007 bis zum Februar 2008 sei als vorübergehender "unschädlicher" Aufenthalt auf Kap Verde zu sehen. Die Familienbeihilfe und der davon abgeleitete Kinderabsetzbetrag für J seien für diese Monate daher zugestanden.
Für den Zeitraum März bis Oktober 2008 führte die belangte Behörde aus, der Verbleib Js in Kap Verde, nachdem seine Mutter, sein Adoptivvater und seine Schwester zu deren ständigen Aufenthalt nach Österreich zurückgekehrt seien und das Flugticket Js verfallen sei, habe dort einen ständigen Aufenthalt begründet. Nun sei es klar gewesen, dass der Junge auf unabsehbare Zeit nicht mehr nach Österreich kommen würde, wenn auch seine bisherige Stammfamilie von Österreich aus Bemühungen für seine Rückholung gesetzt habe. Auch die neuerliche Reise der Mutter nach Kap Verde im Juni 2008, mit dem Ziel, J abzuholen, vermöge daran nichts zu ändern. Die offenbar seitens des leiblichen Vaters an das Kind gestellten Ansprüche sowie dessen Aufnahme in die caboverdianische Familie zeigten deutlich die Verlagerung der Lebenssituation Js in sein Geburtsland. Damit sei aber die Haushaltszugehörigkeit zum bis dahin familienbeihilfenanspruchsberechtigten Mitbeteiligten aufgehoben gewesen. Ab Beginn dieses Zeitraumes sei der Aufenthalt Js in Kap Verde nicht mehr nur vorübergehend, sondern ständig. Daher sei ein Bezug der Familienbeihilfe ab März 2008 für J ausgeschlossen.
Dagegen richtet sich die vorliegende gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde des Finanzamtes.
Die belangte Behörde legte Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Mitbeteiligte reichte ebenfalls eine Gegenschrift ein und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Das Finanzamt replizierte und führte aus, eine "Akteneinsicht" in der Volksschule Js habe ergeben, dass der Mitbeteiligte seinen Adoptivsohn J von der Volksschule in Österreich sehr wohl endgültig abgemeldet und nicht nur vorübergehend beurlaubt gemeldet habe. Der Direktor der Schule habe über ausdrückliches Befragen erklärt, dass eine Eintragung im Klassenbuch vom 1. Oktober bedeute, dass dieser Schüler endgültig von der Schule abgemeldet worden sei, um nach Kap Verde zu gehen.
Einer Duplik legte die belangte Behörde eine Bestätigung der Direktion der Volksschule vom bei, wonach J im Schuljahr 2007/08 als ordentlicher Schüler geführt und am für einen begrenzten Zeitraum in den häuslichen Unterricht abgemeldet worden sei. Die Rückkehr in die vierte Klasse der Praxisvolksschule sei für das 2. Semester vorgesehen gewesen. Die Kopie des Klassenbuches zeige nicht, dass J in Kap Verde habe bleiben sollen, sondern damit sei lediglich der Zeitpunkt der Entlassung in den häuslichen Unterricht festgehalten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG, haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder. Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 FLAG die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Nach § 2 Abs. 3 lit. b FLAG sind Kinder einer Person auch deren Wahlkinder.
Zum Haushalt einer Person gehört gemäß § 2 Abs. 5 FLAG ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (lit. a) oder das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt (lit. b).
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 50,90 Euro zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuwenden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/16/0221, vom , Zl. 2008/13/0072, vom , Zl. 2009/16/0178, vom , Zl. 2008/15/0323, und vom , Zl. 2007/15/0055).
Nach § 26 Abs. 2 BAO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate.
Die Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG ist somit nicht nach den subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach dem objektiven Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl. etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom ). Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).
Das beschwerdeführende Finanzamt vertritt die Ansicht, eine Zweiteilung des unstrittig ununterbrochenen tatsächlichen Aufenthaltes des Kindes im Ausland ohne Rückkehr nach Österreich könne weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung abgeleitet werden. Insbesondere schließt das Finanzamt auch aus dem Unterbleiben der Rückkehr des Kindes bei der Rückreise seiner Eltern nach Österreich, dass auch im davor liegenden Zeitraum ein ständiger Aufenthalt im Ausland gegeben gewesen wäre. Dabei nimmt das Finanzamt eine unzulässige ex-post-Betrachtung vor, die das Gesetz lediglich für die Frage der unbeschränkten Abgabepflicht vorsieht (§ 26 Abs. 2 zweiter und dritter Satz BAO). Da es sich im Beschwerdefall nicht um einen dieser im Gesetz geregelten Fällen handelt, hat die belangte Behörde zutreffend eine ex-ante-Betrachtung angestellt und im Unterbleiben der Rückkehr Js mit seiner Familie nach Österreich somit ab diesem Zeitpunkt geänderte Umstände berücksichtigt, die erkennen ließen, dass J in Kap Verde nicht nur vorübergehend verweilt.
Für den Zeitraum von Oktober 2007 bis Februar 2008 hat die belangte Behörde unbedenklich angenommen und auch darauf hingewiesen, dass sich für die Zeit der Tätigkeit des Mitbeteiligten im Zusammenhang mit dem Entwicklungshilfeprojekt die gesamte Familie auf Kap Verde aufhielt, J sich demnach im Verband der Familie wie bei einer längeren Urlaubsreise aufgehalten habe. Die äußeren Umstände des Verweilens der gesamten Familie für Zwecke der zeitlich begrenzten Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Entwicklungshilfeprojekt, des für alle Familienmitglieder gebuchten Rückfluges und des von der belangten Behörde festgestellten "Beurlaubens" oder "vorübergehenden Abmeldens" von der Volksschule in Österreich lassen es zu, eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als einen vorübergehenden Aufenthalt anzusehen.
Dass nach der Rückkehr des Mitbeteiligten, dessen Ehefrau und dessen leiblicher Tochter nach Österreich mit dem Verbleib Js in Kap Verde einerseits von einem nunmehr ständigen Aufenthalt Js in Kap Verde gesprochen werden konnte, andererseits der gemeinsame Haushalt zum Mitbeteiligten nicht mehr bestand, hat die belangte Behörde frei von Rechtswidrigkeit angenommen.
Mit dem vom beschwerdeführenden Finanzamt in der Beschwerde und in späteren Schriftsätzen vorgebrachten Sachverhalt (die behauptete endgültige Abmeldung Js von der Volksschule in Österreich) verstößt das beschwerdeführende Finanzamt gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG).
Der Beschwerde gelingt es daher nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am