VwGH vom 12.10.2009, 2009/16/0132
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer LL.M., über die Beschwerde des G K in S, vertreten durch Martin Friedl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. FSRV/0116-L/04, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgendes zu entnehmen:
Mit (Straf)Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde der Beschwerdeführer der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt; über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 EUR, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen, verhängt und der Ersatz der Verfahrenskosten wurde ihm auferlegt. Der Spruchsenat setzte sich aus dem Richter Dr. B. als Vorsitzendem sowie aus Mag. R. und Dr. G. als weitere Mitglieder zusammen.
Der Beschwerdeführer brachte in der dagegen erhobenen Berufung vor, in der Verhandlung vor dem Spruchsenat am habe Dr. B. den Vorsitz geführt und seien Dr. S. und Dr. H. als Berichterstatter und als Laienbeisitzer anwesend gewesen. Nach einem Geschäftsverteilungsplan vom habe für bis zum von diesem Spruchsenat bereits zur Verhandlung ausgeschriebene Straffälle die bisherige Geschäftsverteilung weiter gegolten, soweit die bisherigen Funktionsträger ihre Aufgaben auch in der Funktionsperiode 2000 bis 2005 beibehalten hätten. Dr. S. und Dr. H. seien nach wie vor Funktionsträger gewesen. Daraus ergebe sich, dass Mag. R. und Dr. G. in der fortgesetzten Verhandlung am nicht befugt gewesen wären, an der Fällung des bekämpften Straferkenntnisses mitzuwirken, weil durch ihre Mitwirkung der Spruchsenat nicht gesetzmäßig zusammengesetzt gewesen sei.
Die belangte Behörde entschied mit dem angefochtenen Bescheid über diese Berufung und sprach aus:
"Der Berufung des Beschuldigten wird Folge gegeben, die bekämpfte Entscheidung des Spruchsenates aufgehoben und die Finanzstrafsache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Vorlage an einen ordnungsgemäß zusammengesetzten Spruchsenat zwecks Verhandlung und Entscheidungsfindung zurückverwiesen."
Nach einer Verfügung der Finanzlandesdirektion vom sei zur Entscheidungsfindung der Spruchsenat II in einer Zusammensetzung mit Dipl. Ing. P als Laienbeisitzer zuständig gewesen. An der Verhandlung des Spruchsenates am habe - ohne dass aus den der belangten Behörde vorgelegten Akten Gründe dafür ersichtlich seien - anstelle des auch zur Verhandlung geladenen Dipl. Ing. P als Laienbeisitzer Dr. G, der viertgereihte Vertreter des Dipl. Ing. P, teilgenommen. Eine unrichtige Zusammensetzung des Erstsenates und damit die Entscheidung eines sachlich unzuständigen Organes der Finanzstrafbehörde erster Instanz erzwinge jedoch die Aufhebung dieser Entscheidung.
In weiterer Folge enthält der angefochtene Bescheid Ausführungen über die behauptete Befangenheit eines Senatsmitgliedes sowie unter der Überschrift "Für den Fortgang des Verfahrens ist anzumerken" Ausführungen zur Verjährung der Strafbarkeit.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht auf "Aufhebung des Erkenntnisses des Spruchsenates vom wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz, ohne dass die Finanzstrafsache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Vorlage an einen ordnungsgemäß zusammengesetzten Spruchsenat zwecks Verhandlung und Entscheidungsfindung zurückverwiesen wird", sowie im Recht, "dass die Finanzstrafbehörde erster Instanz im weiteren Verfahren an die im angefochtenen Bescheid niedergelegte Rechtsanschauung nicht gebunden ist", verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom , 2009/16/0048, und vom , 2000/14/0185, VwSlg. 7.971/F) kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist, sondern nur ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an dem der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. dazu Steiner in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 61 ff).
Wird der Beschwerdepunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , 2002/15/0025, und das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0163, und Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, 245).
Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, sofern das Rechtsmittel nicht gemäß § 156 zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder das Rechtsmittel als unbegründet abzuweisen.
Nach § 161 Abs. 4 FinStrG kann die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz auch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (Bescheides) unter Zurückverweisung der Sache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz verfügen, wenn sie umfangreiche Ergänzungen des Untersuchungsverfahrens für erforderlich hält; die Finanzstrafbehörde erster Instanz ist im weiteren Verfahren an die im Aufhebungsbescheid niedergelegte Rechtsanschauung gebunden.
Die Rechtsmittelentscheidung hat nach § 162 Abs. 1 lit. d FinStrG den Spruch zu enthalten.
§ 162 Abs. 2 FinStrG lautet:
"Der Spruch der Rechtsmittelentscheidung hat die Entscheidung in der Sache und die Entscheidung über die Kosten oder die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (Bescheides) unter Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz oder die Aufhebung der Entscheidung wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu enthalten. ..."
Dem ersten Halbsatz des Spruches des angefochtenen Bescheides nach wurde der Berufung Folge gegeben. Der Beschwerdeführer hatte seiner Schilderung in der Beschwerde zu Folge in der Berufung beantragt, das Erkenntnis des Spruchsenates wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz aufzuheben. Damit bedeutet der erste Halbsatz des Spruches des angefochtenen Bescheides, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid das bekämpfte (Straf)Erkenntnis des Spruchsenates wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz aufgehoben hat.
Die im weiteren Spruch des angefochtenen Bescheides gewählte Formulierung, dass der bekämpfte Bescheid des Spruchsenates (Straferkenntnis) aufgehoben und die Finanzstrafsache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Vorlage an einen ordnungsgemäß zusammengesetzten Spruchsenat zurückverwiesen wird, ist in dieser konkreten Formulierung im FinStrG nicht vorgesehen.
Dieser undeutliche Spruch des angefochtenen Bescheides ist jedoch einer Auslegung (Deutung) im Zusammenhang mit der Begründung des angefochtenen Bescheides zugänglich. Daraus ergibt sich eindeutig, dass die belangte Behörde mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides das vor ihr bekämpfte (Straf)Erkenntnis nach § 161 Abs. 1 FinStrG aufgehoben hat und die Formulierung des Spruches die in § 162 Abs. 2 leg. cit. vorgesehene Aufhebung der Entscheidung wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz bedeutet. Dem solcherart nicht erforderlichen Zusatz im Spruch des angefochtenen Bescheides "zur Vorlage an einen ordnungsgemäß zusammengesetzten Spruchsenat zwecks Verhandlung und Entscheidungsfindung zurückverwiesen" kommt damit keine eigenständige normative Bedeutung zu, weil die Aufhebung der bekämpften Entscheidung wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz auch ohne diesen Zusatz die Folge hätte, dass nach Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides über die Berufung des Beschwerdeführers von einer zuständigen Finanzstrafbehörde erster Instanz zu entscheiden ist.
Damit wurde der Beschwerdeführer aber im geltend gemachten Recht auf eine ohne den erwähnten Zusatz vorzunehmende Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz nicht verletzt.
Der Beschwerdeführer erachtet sich darüber hinaus im Recht verletzt, dass die Finanzstrafbehörde erster Instanz im weiteren Verfahren an die im angefochtenen Bescheid niedergelegte Rechtsanschauung nicht gebunden sei. Durch den angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer in diesem Recht jedoch nicht verletzt, denn § 161 Abs. 4 FinStrG sieht eine solche Bindungswirkung, welche der Beschwerdeführer im Auge hat, lediglich für die Fälle der Aufhebung eines bekämpften Erkenntnisses (Bescheides) unter Zurückverweisung der Sache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz vor. Im Falle der (sich auf § 161 Abs. 1 FinStrG stützenden) Aufhebung eines bekämpften Erkenntnisses (Bescheides) wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz entfalten die über die Beurteilung der Zuständigkeit hinaus gehenden Ausführungen einer Berufungsentscheidung - im Beschwerdefall die Ausführungen über die absolute Verjährung - für das Verfahren vor der dann zuständigen Finanzstrafbehörde erster Instanz keine Bindungswirkung.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am