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VwGH vom 24.06.2010, 2009/16/0131

VwGH vom 24.06.2010, 2009/16/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der Dipl. Ing. (FH) P F in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , GZ. RV/0464-G/08, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine ungarische Staatsangehörige, bezog für ihren am geborenen Sohn D Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Mit Schreiben vom zur "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" ersuchte das Finanzamt die Beschwerdeführerin, eine Schulbestätigung von D vorzulegen.

Darauf legte die Beschwerdeführerin eine von ihr übersetzte Bestätigung in ungarischer Sprache vom vor, wonach D in einer Hauptschule in Budapest im Schuljahr 2006/2007 Gastschüler sei.

Mit Schreiben vom zur "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, einen Nachweis, wann D aus Österreich ausgereist sei, Zahlungsbelege über Unterhaltszahlungen an D, einen "Nachweis, dass kein bzw. für welchen Zeitraum Anspruch auf eine der österr. Familienbeihilfe gleichzusetzende ausländische Beihilfe bestand/besteht aus Ungarn" sowie eine Schulnachricht oder ein Jahreszeugnis von D für die Schuljahre 2002/2003, 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006 vorzulegen und anzugeben, bei wem D in Ungarn wohne.

Mit Schriftsatz vom antwortete die Beschwerdeführerin und führte an, D lerne seit September 2003 in Budapest in einer Hauptschule und verbringe alle Schulferien bei ihr (der Mutter) in G. Im Juni 2008 werde er mit der Hauptschule fertig und ab September 2008 werde er in G im Gymnasium weiterlernen. Sein ständiger Wohnsitz sei immer bei ihr in Österreich gewesen. Es sei nur geplant gewesen, "wegen Sprach- und Kulturkenntnisse für ihn die Hauptschule in Ungarn zu ermöglichen." D habe in Budapest einen Zweitwohnsitz bei seinem Vater, B. G., und wohne bei diesem. Bezüglich Unterhaltszahlungen bestehe eine mündliche Vereinbarung zwischen ihr und dem Vater Ds. Ds Vater habe bis September 2003 Alimente in der Höhe von 60 EUR monatlich bezahlt. Seit September 2003 zahle sie den selben Betrag als Alimente bis Juni 2008, bis D mit der Hauptschule fertig sei. Dann werde er wieder in G bei ihr wohnen und Alimente würden von seinem Vater bezahlt werden. Ds Vater habe von Juli 2003 bis über seinen namentlich angeführten Arbeitgeber Familienbeihilfe in Höhe von insgesamt 1.671 EUR erhalten, ohne sie bisher darüber informiert zu haben. Diesem Schriftsatz legte die Beschwerdeführerin ein von ihr als "Bestätigung über die Auszahlung der Familienbeihilfe" bezeichnetes Schreiben vom in ungarischer Sprache und ein Jahreszeugnis einer Volksschule in G über das Schuljahr 2002/2003 für D bei.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für D für den Zeitraum September 2003 bis Februar 2007 in Höhe von 5.297,60 EUR (Familienbeihilfe) und 2.137,80 EUR (Kinderabsetzbeträge), insgesamt 7.435,40 EUR, zurück. Da D seit nicht mehr mit der Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt wohnhaft sei, habe die Familienbeihilfe zurückgefordert werden müssen.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom und brachte vor, sie habe nicht gewusst, dass der Vater ihres Kindes in Ungarn Familienbeihilfe beantragt habe. Hätte er sie darüber informiert, hätte sie eine Differenzzahlung beantragt. Sie habe mit dem Vater ihres Kindes vereinbart, dass er nun die ungarische Familienbeihilfe kündige und die bisher erhaltene Gesamtsumme zurückzahle. Es sei ihr nicht möglich, den Rückforderungsbetrag zurückzuzahlen, weil sie Alleinverdienerin sei und einen Wohnkredit von 59.000 EUR zurückzuzahlen habe. Ihr zweiter studierender Sohn erhalte ebenfalls finanzielle Unterstützung von ihr. Ihr Nettogehalt betrage etwa 1.500 EUR monatlich, wovon sie etwa 900 EUR Fixkosten nur für die Wohnung habe. Sie ersuche, die Familienbeihilfe weiterzuzahlen, zumal D im Schuljahr 2008/2009 ohnehin zurück nach Österreich kommen werde.

Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr Kind D kehre ab Juli 2008 nach G zurück. Daher vertrete sie die Ansicht, dass die letzten fünf Schuljahre (2003 bis 2008) in Budapest als Auslandsstudium betrachtet werden könnten, wie es "auch von uns ursprünglich vorgesehen war."

Mit Vorhalt vom forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, betreffend einen (in den vorgelegten Verwaltungsakten allerdings nicht enthaltenen) am eingelangten Antrag auf Familienbeihilfe, eine Scheidungsurkunde oder einen Vergleich über die Scheidung, eine Bestätigung über die Aufnahme Ds am "BRG X", eine Krankenhausaufenthaltsbestätigung von D, den Nachweis über bezogene Familienbeihilfe in Ungarn ab 2003 oder das Formular "E411" in deutscher Sprache und "E401 für die Jahre 2003 bis 2008" vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom antwortete die Beschwerdeführerin, es gebe keine Scheidungsurkunde da "wir Eltern" noch nicht verheiratet seien. Sie übermittle eine Bestätigung über die Aufnahme ihres Sohnes am "BRG X" und eine Krankenhausaufenthaltsbestätigung, einen Nachweis über die bezogene Familienbeihilfe in Ungarn ab 2003 und das "E401 Formular für die Jahre 2003 bis 2008."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Unbestritten sei, dass D seit September 2003 in Ungarn die Schule besuche und dort bei seinem Vater gewohnt habe. D habe bei seinem Vater in Ungarn gelebt und sei somit bei diesem haushaltszugehörig gewesen. Da die Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben von 2003 bis 2008 nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Sohn und dessen Kindesvater in Ungarn gemeldet gewesen sei, bestehe auch kein Anspruch auf eine Differenzzahlung in Österreich. Ein Kind gehöre gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teile. Die Haushaltszugehörigkeit gelte nicht als aufgehoben, wenn das Kind für Zwecke der Berufsausbildung notwendigerweise am Ort und in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohne. Vorrangig sei aber "immer § 2 Abs. 2 zu betrachten". Zusammenfassend werde festgestellt, dass sich D in der Zeit von September 2003 bis Februar 2007 überwiegend in Ungarn aufgehalten habe, in dieser Zeit bei seinem Vater haushaltszugehörig gewesen sei und die Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben nicht im gemeinsamen Haushalt in Ungarn mit Vater und Sohn gemeldet gewesen sei.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag ein. Sie sei obsorgeberechtigte Mutter des minderjährigen D, dessen Eltern eine Vereinbarung nach § 177 Abs. 2 ABGB getroffen hätten, in wessen Haushalt sich das Kind vorwiegend aufhalten werde. Nach dieser Vereinbarung sei das Kind bei der Mutter haushaltszugehörig. Sie sei in Österreich niedergelassen und erwerbstätig und zum Bezug von Familienbeihilfe berechtigt. Der minderjährige D habe durch den Schulbesuch den Hauptwohnsitz in Österreich nicht aufgegeben. Sie legte eine "Vereinbarung zur Haushaltszugehörigkeit" zwischen ihr und dem Vater Ds vom bei, wonach die Eltern vereinbart hätten, dass das Kind D in Österreich seinen Hauptwohnsitz habe, er also bei der Mutter haushaltszugehörig sei. Beim Vater habe er seinen Zweitwohnsitz in Ungarn.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens und rechtlichen Ausführungen führte die belangte Behörde aus, unter der Voraussetzung, dass die Beschwerdeführerin "im streitgegenständlichen Zeitraum" überwiegend zum Unterhalt für ihr Kind beigetragen habe, stehe ihr die österreichische Familienbeihilfe grundsätzlich auch dann zu, wenn sich das Kind ständig im Gemeinschaftsgebiet aufhalte. Ob eine überwiegende Kostentragung in dem für den Beschwerdefall maßgeblichen Sinn vorliege, hänge nach herrschender Auffassung davon ab, wie hoch die gesamten tatsächlichen Unterhaltskosten für ein Kind in einem bestimmten Zeitraum gewesen seien und in welchem Ausmaß im selben Zeitraum von der unterhaltspflichtigen Person Unterhaltsbeiträge tatsächlich geleistet worden seien. Die Beschwerdeführerin habe erklärt, dass sie dem Kindesvater in Ungarn 60 EUR an Alimentationsleistung für den Sohn D überweise. Einer näher angeführten Homepage sei ein Unterhaltsanspruch für Kinder von 10 bis 15 Jahren von 20 % vom Nettoeinkommen minus 2 % für eine weitere Unterhaltsverpflichtung zu entnehmen. Der Nettoverdienst der Beschwerdeführerin betrage laut deren eigenen Angaben

1.500 EUR monatlich. Aus den Steuerbescheiden der Beschwerdeführerin ergebe sich ein monatlicher Nettoverdienst von rund 1.400 EUR für 2004, von rund 1.600 EUR für 2005 und von rund

1.900 EUR für 2006. Da die Beschwerdeführerin den überwiegenden Unterhalt (20 % vom Nettoeinkommen minus 2 % für eine weitere Unterhaltsverpflichtung) nicht geleistet habe, habe sie keinen Anspruch auf Familienleistungen gehabt. Daran könne auch die Vereinbarung über die Haushaltszugehörigkeit vom nichts ändern, weil nach der Aktenlage klar ersichtlich sei, dass D im strittigen Zeitraum beim Vater in Ungarn haushaltszugehörig gewesen sei und dieser daher auch zu Recht die ungarische Familienbeihilfe bezogen habe.

Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit eines Kindes sei ausschließlich die Tatsache der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung, die für den Zeitraum des Berufungsbegehrens unbestritten in Ungarn gelegen gewesen sei. Da sich der Sohn der Beschwerdeführerin über einen "feststehenden" Zeitraum von vier Jahren nicht im Haushalt der Beschwerdeführerin aufgehalten habe, sei die Voraussetzung nicht erfüllt, dass der Sohn der Beschwerdeführerin bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit ihr teile. Weiters könne im Beschwerdefall nicht von einer einheitlichen Wirtschaftsführung ausgegangen werden, weil die Aufwendungen für den Sohn der Beschwerdeführerin zum überwiegenden Teil vom Kindesvater durch die Haushaltsführung getragen worden seien. Bei einem Zeitraum von vier Jahren, in welchem der Sohn vom Kindesvater betreut und versorgt worden sei, könne auch nicht mehr von einem nur vorübergehenden Aufenthalt außerhalb der Wohnung die Rede sein. Daran würden auch allfällige Besuche im Haushalt der Beschwerdeführerin während der Ferien nichts ändern, weil diese von vornherein nur auf bestimmte Zeit angelegt gewesen seien und zeitlich in keinem Verhältnis zur auswärtigen Unterbringung stünden.

Da somit weder der Sohn der Beschwerdeführerin bei ihr haushaltszugehörig gewesen sei noch die Kosten des Unterhalts für ihren Sohn von der Beschwerdeführerin (überwiegend) getragen worden seien, habe die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Familienbeihilfe und auch nicht auf Differenzzahlung gehabt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht verletzt erachtet, nicht zur Rückzahlung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen verhalten zu werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 - FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 FLAG die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Zum Haushalt einer Person gehört nach § 2 Abs. 5 FLAG ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt u. a. nicht als aufgehoben, wenn

sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (lit. a),

das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt (lit. b).

Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, besteht gemäß § 5 Abs. 3 FLAG kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 53 Abs. 1 FLAG lautet:

"§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten."

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 50,90 EUR für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuwenden.

1. Zeitraum September 2003 bis April 2004:

Bei der Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG geht es nach der hg. Rechtsprechung um objektive Kriterien, die nach den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/16/0178, mwN). Diese Beurteilung hat auf das objektive Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit abzustellen. Angesichts des Umstandes, dass der Sohn der Beschwerdeführerin über einen mehrjährigen Zeitraum eine Schule im Ausland besuchte und nur in den Ferien bei der Beschwerdeführerin in Österreich sich aufgehalten hat, durfte die belangte Behörde für den Zeitraum September 2003 bis April 2004 davon ausgehen, dass sich der Sohn der Beschwerdeführerin ständig im Ausland aufgehalten hat (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , 2002/14/0103, und vom , 2001/13/0160, mwN).

Das Beschwerdevorbringen, der Sohn der Beschwerdeführerin sei auch an den Wochenenden bei seiner Mutter in G gewesen, verstößt gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) und war deshalb unbeachtlich.

Ob die Zugehörigkeit Ds zum Haushalt der Beschwerdeführerin nach § 2 Abs. 5 lit. b FLAG nicht als aufgehoben galt, ist insofern bedeutungslos, als der Anspruch auf Familienbeihilfe bereits durch § 5 Abs. 3 FLAG ausgeschlossen ist.

Die Beschwerdeführerin hat im Auge, dass die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates im Anhang VI des EWR-Abkommens angeführt ist, sodass ihr im Europäischen Wirtschaftsraum Geltung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0115). Deshalb trägt die Beschwerdeführerin vor, Ungarn sei seit Inkrafttreten des "Ersten EWR-Erweiterungsabkommens" vom EWR-Mitglied.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das am unterzeichnete Übereinkommen über die Beteiligung der mit der Europäischen Union beigetretenen Staaten, darunter der Republik Ungarn, am Europäischen Wirtschaftsraum, ABlEU Nr. L 130 vom , Seite 11 ff, im Art. 1 ausdrücklich vorsieht, dass die Bestimmungen des EWR-Abkommens ab Inkrafttreten des Übereinkommens für die neuen Vertragsparteien, darunter die Republik Ungarn, verbindlich sind. Dieses Übereinkommen ist gemäß seinem Art. 6 erst mit in Kraft getreten (vgl. die von der Beschwerdeführerin selbst zitierte Kundmachung BGBl. III Nr. 53/2006).

Mit Beschluss des Rates 2004/368/EG vom , ABlEU Nr. L 130 vom , Seite 1 ff, genehmigte der Rat ein Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Gemeinschaft und jedem der EWR-EFTA-Staaten über die vorläufige Anwendung des EWR-Erweiterungsübereinkommens ab . In diesem Briefwechsel ist ausdrücklich vorgesehen, das erwähnte Übereinkommen vom bereits vor seinem Inkrafttreten schon ab vorläufig anzuwenden.

Für den in Rede stehenden Zeitraum von September 2003 bis April 2004 ist Ungarn daher weder EWR-Mitglied gewesen noch war das EWR-Abkommen auf Ungarn vorläufig anzuwenden.

Die Beschwerdeführerin führt die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates vom zur Ausdehnung der Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmung fallen, ABlEU Nr. L 124 vom , ins Treffen. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin dass nach Art. 1 dieser Verordnung die genannten Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und (EWG) Nr. 574/72 vorbehaltlich der Bestimmungen im Anhang auf Drittstaatsangehörige Anwendung finden, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben und ihre Situation mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweist.

Die durch die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 beabsichtigte Annäherung der Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen mit derjenigen von Staatsangehörigen von Mitgliedstaaten (vgl. den ersten Erwägungsgrund dieser Verordnung) betrifft die Freizügigkeit der EU-Bürger innerhalb der Europäischen Union und die Anwendung der genannten Verordnungen bei Ausnutzen dieser Freizügigkeit. Für den in Rede stehenden Zeitraum von September 2003 bis April 2004 hat die Situation der Beschwerdeführerin aber kein Element der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinaus (in einen anderen) aufgewiesen, sondern war unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ein Aufenthalt ihres Kindes in einem Drittstaat entscheidend. Ob die Anwendung der genannten Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und (EWG) Nr. 574/72 auch durch die Österreich betreffenden Sonderbestimmungen in Punkt II. des Anhanges der Verordnung (EG) Nr. 859/2003 ausgeschlossen wäre, braucht deshalb nicht mehr geprüft werden.

In diesem Zusammenhang bestehen keine Zweifel an der Auslegung (vgl. das (C.I.L.F.I.T.)) und somit keine Pflicht, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen (Art. 267 AEUV).

Die Beschwerde zeigt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Zeitraumes September 2003 bis April 2004 auf.

2. Zeitraum Mai 2004 bis Februar 2007

Der ständige Aufenthalt eines Kindes in Ungarn war in diesem Zeitraum gem. § 53 Abs. 1 FLAG "nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften" dem ständigen Aufenthalt in Österreich gleichzuhalten. Zur Antwort auf die Frage, ob wegen § 53 Abs. 1 FLAG der ständige Aufenthalt Ds in Ungarn trotz § 5 Abs. 3 FLAG einem Beihilfenanspruch nicht entgegenstand, ist somit auf Unionsrecht abzustellen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der konsolidierten Fassung ABlEG Nr. L 28 vom (in der Folge Verordnung Nr. 1408/71), gilt nach ihrem Art. 4 Abs. 1 Buchstabe h für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen. Die österreichische Familienbeihilfe ist eine Familienleistung im Sinn des Art. 1 Buchstabe u der Verordnung 1408/71 (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0049, VwSlg 8.225/F).

Art. 13 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt, dass - vorbehaltlich hier nicht interessierender Sonderbestimmungen - Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates unterliegen. Soweit die hier nicht in Betracht kommenden Art. 14 bis 17 der zitierten Verordnung nicht etwas anderes bestimmen, gilt gemäß Art. 13 Abs. 2 Folgendes:

"a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat;

......"

Ausgehend vom unstrittigen Sachverhalt, dass die Beschwerdeführerin im in Rede stehenden Zeitraum von Mai 2004 bis Februar 2007 in Österreich erwerbstätig oder arbeitslos gewesen ist und hier gewohnt hat, unterlag sie im Sinn des Art. 13 der Verordnung Nr. 1408/71 den Rechtsvorschriften Österreichs.

Nach Art. 73 der Verordnung Nr. 1408/71 hat ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, vorbehaltlich hier nicht interessierender Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.

Nach Art. 74 der Verordnung Nr. 1408/71 hat ein arbeitsloser Arbeitnehmer oder ein arbeitsloser Selbständiger, der Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats bezieht, vorbehaltlich hier nicht interessierender Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.

Als Familienangehöriger gilt nach Art. 1 Buchstabe f sublit. i der Verordnung Nr. 1408/71 jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt, anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet ist; wird nach diesen Rechtsvorschriften eine Person jedoch nur dann als Familienangehöriger oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Arbeitnehmer oder dem Selbständigen oder dem Studierenden in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten wird.

Bei dieser Beurteilung hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom in der Rs. C-363/08 (Romana Slanina), Rn. 28, ausgeführt, es sei für die Frage, ob das Kind Familienangehöriger einer Person ist, ohne Bedeutung, dass diese Person, die zur Zahlung von Unterhalt für das Kind verpflichtet ist, diesen nicht gezahlt hat.

Der Anspruch auf Familienbeihilfe oder gegebenenfalls auf Ausgleichszahlung (§ 4 FLAG) für den Sohn der Beschwerdeführerin bestand daher dann, wenn er in den persönlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 fiel und Familienangehöriger der Beschwerdeführerin im Sinn des Art. 1 Buchstabe f sublit. i der Verordnung Nr. 1408/71 war.

Dies trifft etwa dann zu, wenn er "haushaltszugehörig" war. Selbst wenn D sich iSd § 5 Abs. 3 FLAG ständig im Ausland aufhielt und selbst wenn er mit der Beschwerdeführerin nicht mehr iSd § 2 Abs. 5 erster Satz FLAG eine Wohnung bei einheitlicher Wirtschaftsführung teilte, ist die Frage zu prüfen, ob D im in Rede stehenden Zeitraum für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnte, somit die Fiktion des § 2 Abs. 5 lit. b FLAG griff und die Haushaltszugehörigkeit nicht als aufgehoben galt.

Die Beschwerdeführerin hat dazu bereits im Schriftsatz vom angeführt, D kehre ab Juli 2008 zurück nach G und sie vertrete die Ansicht, die letzten fünf Schuljahre in Budapest seien als Auslandsstudium zu betrachten und auch ursprünglich so vorgesehen gewesen. Sie hat im Vorlageantrag vorgebracht, D habe durch den Schulbesuch den Hauptwohnsitz in Österreich nicht aufgegeben.

Damit hat sich die belangte Behörde nur insoweit auseinandergesetzt, als sie anführt, D habe sich über einen Zeitraum von vier Jahren nicht im Haushalt der Beschwerdeführerin aufgehalten und von einer einheitlichen Wirtschaftsführung könne nicht ausgegangen werden, weil der Kindesvater den überwiegenden Teil der Aufwendungen getragen habe. Mit der Frage, ob diese von der belangten Behörde als aufgehoben gesehene Haushaltszugehörigkeit aus dem in § 2 Abs. 5 lit. b FLAG genannten Grund nicht als aufgehoben galt, sondern weiter fingiert zu werden hat, hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt.

Sollte eine iSd § 2 Abs. 5 FLAG fingierte Zugehörigkeit Ds zum Haushalt der Beschwerdeführerin nicht gegeben sein, wäre er auch dann Familienangehöriger im Sinn der Verordnung Nr. 1408/71, wenn die Voraussetzung, mit der Beschwerdeführerin in häuslicher Gemeinschaft zu leben, nach Art. 1 Buchstabe f sublit. i der Verordnung Nr. 1408/71 deshalb als erfüllt galt und er deshalb "haushaltszugehörig" war, weil sein Unterhalt überwiegend von der Beschwerdeführerin bestritten wurde oder - so der EuGH im erwähnten Urteil vom - die Beschwerdeführerin zur Zahlung von Unterhalt für ihn verpflichtet war, diesen aber nicht gezahlt hat. Dass die Beschwerdeführerin zur Zahlung von Unterhalt an ihren Sohn nicht verpflichtet gewesen wäre - unabhängig davon, ob sie diesen auch gezahlt hat -, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.

Ist die Eigenschaft als Familienangehöriger der Beschwerdeführerin im unionsrechtlichen Sinn erst wegen Erfüllen der zuletzt genannten Voraussetzung gegeben, so ist dann nach dem nationalen Recht zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin die Unterhaltskosten für ihren Sohn überwiegend getragen hat (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG). Die belangte Behörde ersetzte die von der hg. Rechtsprechung geforderte Feststellung der gesamten Unterhaltskosten mit der Annahme des Betrages, der anhand des Nettoeinkommens der Beschwerdeführerin einem unterhaltsberechtigten Kind zukäme. Damit übersieht die belangte Behörde, dass es auf die tatsächlichen gesamten (Geld )Unterhaltsleistungen und den daran von der Beschwerdeführerin tatsächlich getragenen Teil ankommt, nicht auf - etwa durch Vergleich änderbare - Prozentsätze des Einkommens und daraus errechnete Beträge.

Zu den von der Beschwerdeführerin geleisteten Unterhaltskosten übernahm die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheid die Aussage der Beschwerdeführerin, 60 EUR monatlich "Alimente" an Ds Vater bezahlt zu haben. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Antwort im Schriftsatz vom auf den Vorhalt des Finanzamtes vom erfolgte, die Beschwerdeführerin möge Zahlungsbelege für Unterhaltszahlungen an D vorlegen. Über Zahlungen an Dritte (zB das in der Beschwerde erwähnte Schulgeld), um den Unterhalt Ds mitabzudecken, wurde die Beschwerdeführerin weder gefragt noch hat sie darüber Aussagen getroffen.

Da der Bescheid des Finanzamtes vom die rückgeforderten Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen im Spruch nicht nach Monaten aufgegliedert hat und die belangte Behörde mit der Abweisung der Berufung diesen Spruch übernommen hat, der Spruch des bekämpften Bescheides sich sohin als unteilbar erweist, war der angefochtene Bescheid aus den unter 2. genannten Gründen zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am