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VwGH vom 17.10.2017, Ro 2016/01/0011

VwGH vom 17.10.2017, Ro 2016/01/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching, Mag. Brandl, sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter bzw. Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des F T in W, vertreten durch Mag. Petra Illek-Klingenschmid, Rechtsanwältin in 2500 Baden, Wassergasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-103/079/4155/2016, betreffend Abweisung eines Antrages auf Hauptwohnsitzmeldung gemäß Meldegesetz 1991 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Wien),

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Die Revision gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wien vom wurde ein Antrag des Revisionswerbers auf Anmeldung an einer näher bezeichneten Adresse im X. Wiener Gemeindebezirk gemäß Meldegesetz 1991 (MeldeG) abgewiesen und dazu im Wesentlichen begründend ausgeführt, aus dem Zentralen Melderegister sei ersichtlich, dass der Revisionswerber seit mit Nebenwohnsitz in W (Justizanstalt), gemeldet sei. Anfragen der Meldebehörde bei Gericht bzw. in der Justizanstalt hätten ergeben, dass der Revisionswerber mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden sei. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens stehe für die Meldebehörde fest, dass der Revisionswerber die Wohnung, an welcher die gewünschte Anmeldung hätte durchgeführt werden sollen, nicht tatsächlich zum Wohnen oder Schlafen, also nicht widmungsgemäß, benütze.

2 Das Verwaltungsgericht Wien wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit dem angefochtenen Erkenntnis vom nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass sich die Abweisung auf die Anmeldung des Revisionswerbers an der näher genannten Adresse in W mit Hauptwohnsitz beziehe (I.), verpflichtete den Revisionswerber zur Kostentragung von Barauslagen in näher bezeichneter Höhe für die Beiziehung einer nichtamtlichen Dolmetscherin zur mündlichen Verhandlung (II.) und sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen Spruchpunkt I. des Erkenntnisses gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig und gegen Spruchpunkt II. des Erkenntnisses unzulässig sei (III.).

3 Begründend stellte das Verwaltungsgericht zusammengefasst fest, der Revisionswerber befinde sich seit durchgehend in Haft. Seit August 2014 sei er mit einer namentlich genannten ukrainischen Staatsangehörigen verheiratet. Ende März 2015 habe er mit dieser und deren beiden minderjährigen Kindern einen Hauptwohnsitz in einem angemieteten Einfamilienhaus in T, begründet. Etwa zum Zeitpunkt der Inhaftierung des Revisionswerbers im September 2015 habe seine Ehefrau ihre unselbständige Beschäftigung verloren, was die Familie in zusätzliche finanzielle Schwierigkeiten gebracht habe. Der Mietvertrag für das Haus in T sei daraufhin beendet worden; mit Vertrag vom habe die Ehefrau des Revisionswerbers eine Wohnung mit näher bezeichneter Adresse in W angemietet. Die Anmeldung der Familienmitglieder mit Ausnahme des inhaftierten Revisionswerbers an der neuen Adresse in W sei am in Verbindung mit der Abmeldung des Hauptwohnsitzes in T erfolgt. Der Revisionswerber sei seit Beginn der Untersuchungshaft am mit "Nebenwohnsitz" in der Justizanstalt J gemeldet. Die mit Hilfe seiner Mutter organisierte Abmeldung des Revisionswerbers an der T Wohnadresse sei mit erfolgt.

4 Am 21. bzw. habe die durch den Revisionswerber dahingehend bevollmächtigte Mutter des Revisionswerbers zunächst beim Magistratischen Bezirksamt für den X. Bezirk, bzw. in der Folge bei der Magistratsabteilung 62 vorgesprochen, um den Revisionswerber an der Wohnadresse der durch seine Frau im November 2015 angemieteten Wohnung in W anzumelden. Bei beiden Vorsprachen sei die Anmeldung im Hinblick auf die Inhaftierung des Revisionswerbers und unter Hinweis auf die fehlende Unterkunftnahme in dieser Wohnung zunächst mündlich und formlos abgelehnt und die Durchführung der Anmeldung verweigert worden. Am habe der Revisionswerber im Rahmen einer bezahlten Ausführung in Begleitung zweier Justizwachebeamter zum ersten und einzigen Mal die neue Mietwohnung in W betreten. Dabei sei seine Ehefrau, später auch seine Mutter, anwesend gewesen. Der Revisionswerber habe damit beabsichtigt, im Hinblick auf die behördliche Ablehnung seiner Anmeldung einen Akt der Unterkunftnahme bzw. des Wohnungsbezuges zu setzen. Der Aufenthalt des Revisionswerbers in der Wohnung habe höchstens eine Stunde gedauert und sei dazu genutzt worden, weitere, in der Haftanstalt nicht benötigte Kleidungsstücke in der Wohnung unterzubringen. Im Anschluss an diesen Aufenthalt habe er, weiterhin in Begleitung der Justizwache, die Meldebehörde beim Magistratischen Bezirksamt für den X. Bezirk aufgesucht, um nunmehr seine Hauptwohnsitzmeldung durchführen zu lassen. Nach erneuter Ablehnung durch die Behörde unter Hinweis auf eine Weisung der Magistratsabteilung 62 sei der Revisionswerber in die Justizanstalt J zurückgebracht worden. Er habe daraufhin einen Beschwerdebrief an den Bürgermeister der Stadt Wien verfasst; in der Folge sei der angefochtene Bescheid erlassen worden.

5 Ein vom Revisionswerber noch während der Untersuchungshaft gestellter Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest ("Fußfessel") sei vom zuständigen Haftrichter nicht genehmigt worden; weitere Anträge auf Genehmigung einer "Fußfessel", von Freigängen oder geregelten Haftausnahmen habe der Revisionswerber bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses nicht gestellt. Initiiert worden sei lediglich eine Verlegung in eine andere Strafanstalt, von wo aus der Revisionswerber in weiterer Folge einen "Studien- und Arbeitsfreigang" zur Absolvierung eines Doktoratsstudiums am Juridicum Wien zu beantragen beabsichtigte. Zumindest seit seiner Inhaftierung gehe der Revisionswerber keiner unselbständigen Beschäftigung mehr nach; er habe jedoch nach wie vor leitende Funktionen in drei zum Teil ausländischen Gesellschaften bzw. Unternehmen, welche aus seiner Sicht die Gewährleistung einer Geschäftskorrespondenz, allenfalls auch in größerem Umfang, erforderten. Im Hinblick auf die Möglichkeit einer mengenmäßigen Beschränkung des Empfangs von Postsendungen in der Justizanstalt liege es in der Absicht des Revisionswerbers, seine Geschäftspost an einer auch für Dritte eruierbaren Hauptwohnsitzadresse außerhalb der Haftanstalt zugestellt zu bekommen. Weiters sehe der Revisionswerber in einem aufrecht gemeldeten Hauptwohnsitz einen "Beitrag zu seiner Resozialisierung und einen örtlichen Bezugspunkt für allenfalls zu genehmigende Ausgänge".

6 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht unter Heranziehung einschlägiger Bestimmungen des MeldeG zusammengefasst mit näherer Begründung aus, es sei nicht davon auszugehen, dass die Meldebehörde zur Beurkundung und Eintragung von Meldedaten verpflichtet sei, die sie schon bei der Anmeldung als unrichtig erkenne. Es könne nicht im Sinne des Gesetzes liegen, dass die Meldebehörde die Richtigkeit von Meldedaten, insbesondere bei offenkundigen rechtlichen Bedenken, beim Anmeldevorgang grundsätzlich nicht prüfen und rechtswidrige Einträge nicht schon zu diesem Zeitpunkt ablehnen dürfe. Im Fall der Verweigerung der Anmeldung sei von einem Recht des Meldungslegers auf Sachentscheidung in Form eines abweisenden Bescheides auszugehen. In der Sache selbst seien die Ausführungen der belangten Behörde, wonach der Revisionswerber aufgrund seiner durchgehenden Inhaftierung nicht in der Lage gewesen sei, eine tatsächliche Nahebeziehung zu der zwischenzeitlich von seiner Ehefrau in W angemieteten Wohnung herzustellen, zutreffend. Dem etwa einstündigen "Kurzaufenthalt" des Revisionswerbers in der Wohnung im Zusammenhang mit einer Haftausführung am , bei welchem er einige Kleidungsstücke in die Wohnung verbracht habe, komme keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Ein solcher "symbolischer Betretungsakt", welcher außerdem im Einzelfall genehmigt und überwacht werden müsse, sei für die Unterkunftnahme bzw. Niederlassung in einer Wohnung nach der Rechtsprechung nicht ausreichend. Im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/11/0217, sei die Argumentation des Revisionswerbers zwar "wohl richtig", dass sein Hauptwohnsitz in T bei fiktivem Erhalt des dortigen Hauses nach wie vor aufrecht wäre; nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes sei der Erhalt einer wegen Inhaftierung zwangsläufig verlassenen Wohnadresse als Hauptwohnsitz jedoch rechtlich anders zu qualifizieren als die Begründung eines neuen Hauptwohnsitzes während einer dauerhaft aufrechten Haft. Dem Vorbringen des Revisionswerbers, er benötige eine Wohnsitzadresse außerhalb der Haftanstalt, um mengenmäßige Beschränkungen seiner Geschäftskorrespondenz zu vermeiden, sei entgegenzuhalten, dass Einschränkungen bei der Entfaltung einer freien Erwerbsbzw. Geschäftstätigkeit zum Strafcharakter einer Inhaftierung gehörten; eine Umgehung solcher Einschränkungen entspreche weder dem Zweck des Melderechtes, noch könne aus persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer nicht den Tatsachen entsprechenden Hauptwohnsitzmeldung abgeleitet werden. Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) von Häftlingen sei in den Vorschriften über den Strafvollzug berücksichtigt. Eine gemeinsame Meldung mit der Familie sei vom Schutzbereich dieses Grundrechtes nicht bzw. nur am Rande erfasst.

7 Die ordentliche Revision sei zulässig, da der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bislang nicht zu entnehmen sei, ob die Vorschriften des MeldeG lediglich verwaltungspolizeiliche Pflichten normierten, oder ob daraus auch subjektiv-öffentliche Rechte und ein Anspruch auf Durchführung einer eingereichten Meldung bzw. auf eine negative Erledigung in der Sache abzuleiten seien. Weiters bedürfe es einer Klärung, ob die Richtigkeit der gemeldeten Daten bei rechtlichen Bedenken der Behörde im Zuge der Meldebestätigung geprüft werden dürfe. Darüber hinaus liege zur Frage der Neubegründung eines Hauptwohnsitzes während aufrechter Haft keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor.

8 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 2159/2016-22, ablehnte.

9 Weiters erhob der Revisionswerber gegen dieses Erkenntnis die gegenständliche ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

10 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Kostenzuspruch; das Verwaltungsgericht legte die Akten des Verfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Zulässigkeit der Revision:

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen; ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (Abs. 3). Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

12 Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für ordentliche und außerordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision. Die Darlegung der grundsätzlichen Rechtsfrage erfolgt im Fall einer Zulassung der (ordentlichen) Revision durch das Verwaltungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung selbst (vgl. § 25a Abs. 1 VwGG), wobei der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden ist. Angesichts der von Art. 133 Abs. 4 B-VG vorgesehenen Begrenzung der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung und der danach für ordentliche und außerordentliche Revisionen bestehenden Darlegungsverpflichtung ist von einer revisionswerbenden Partei nicht nur für eine außerordentliche Revision (vgl. § 28 Abs. 3 VwGG), sondern auch bei einer vom Verwaltungsgericht zugelassenen - ordentlichen - Revision bezüglich jeder von ihr (hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes) als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret und auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte. In diesem Sinn hat der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet.

13 Liegen, wie im gegenständlichen Fall, in der angefochtenen Entscheidung trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. zu all dem etwa , mwN).

14 Vorliegend hat das Verwaltungsgericht die Revision betreffend Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses im Hinblick auf oben dargestellte, näher bezeichnete Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Abweisung des Antrages auf Hauptwohnsitzmeldung für zulässig erklärt.

15 Die Zulässigkeitsbegründung der Revision beinhaltet ebenso ausschließlich im Zusammenhang mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses stehende Ausführungen. Sofern sich die Revision darüber hinaus gegen andere Spruchpunkte des Erkenntnisses wendet, erweist sie sich auf Basis der dargestellten Rechtslage mangels (gesonderter) Darlegung der maßgeblichen Zulässigkeitsgründe als nicht zulässig.

16 Hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses ist die Revision aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen zulässig.

17 Sie ist jedoch nicht begründet.

Rechtslage:

18 Das MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992, in der zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung geltenden Fassung

BGBl. I Nr. 52/2015, lautet auszugsweise:

"...Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Unterkünfte sind Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.

(...)

(4) Wohnungen sind Unterkünfte, soweit es sich nicht um Beherbergungsbetriebe handelt. (...)

(...)

(7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

(8) Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

Meldepflicht und Ausnahmen von der Meldepflicht

§ 2. (1) Wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine solche Unterkunft aufgibt, ist zu melden.

(2) Nicht zu melden sind

(...)

4. Menschen, die auf Grund einer Entscheidung oder

Verfügung eines ordentlichen Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde angehalten werden.

(...)

Unterkunft in Wohnungen; Anmeldung

§ 3. (1) Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

(2) Für jeden anzumeldenden Menschen ist der Meldezettel entsprechend vollständig auszufüllen. (...)

(3) Für die Anmeldung sind der entsprechend ausgefüllte Meldezettel und öffentliche Urkunden erforderlich, aus denen die Identitätsdaten (§ 1 Abs. 5a) des Unterkunftnehmers - ausgenommen die Melderegisterzahl - hervorgehen; dieser ist verpflichtet, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken. (...)

(4) Die Meldebehörde hat die Anmeldung und gegebenenfalls die Um- oder Abmeldung schriftlich zu bestätigen. Dies hat durch Anbringung des Meldevermerkes auf einer Ausfertigung zu erfolgen, auf der die aufrechten Anmeldungen aus dem Gesamtdatensatz ausgewiesen sind, oder - auf Verlangen des Meldepflichtigen - auf einer Ausfertigung der zuletzt geänderten Meldedaten. (...)

Vornahme der An- und der Abmeldung

§ 4a. (1) Die An- und Abmeldung ist erfolgt, sobald der Meldebehörde der entsprechend vollständig ausgefüllte Meldezettel vorliegt. (...)

(2) Der An- und der Abmeldevermerk bestehen aus der Amtsstampiglie, dem Datum der Anbringung des Vermerks und der Unterschrift des Amtsorgans. (...)

(3) Die für den Meldepflichtigen bestimmte Ausfertigung der Meldedaten (§§ 3 Abs. 4 sowie 4 Abs. 4) sowie der vorgelegte Meldezettel sind diesem unverzüglich auszufolgen oder zuzuleiten; sie verbleiben bei der Behörde, solange die Identität des zu Meldenden nicht mit der jeweils gebotenen Verlässlichkeit festgestellt ist. Zu Dokumentationszwecken ist die Behörde ermächtigt, eine Ablichtung des Meldezettels aufzubewahren.

(4) Ist auf Grund eines vollständig ausgefüllten Meldezettels die Unterkunft des Betroffenen in einem Haus mit mehreren Wohnungen nicht eindeutig einer bestimmten Wohnung zuordenbar, ist die Behörde ermächtigt, eine solche Zuordnung von sich aus durch Ergänzungen des Meldezettels hinsichtlich Stiege und Türnummer vorzunehmen; der Meldepflichtige hat die dazu erforderlichen Angaben zu machen.

Besondere Pflichten des Unterkunftgebers

§ 8. (1) Der Unterkunftgeber hat alle vom Meldepflichtigen unterfertigten Meldezettel unter leserlicher Beifügung seines Namens zu unterschreiben. Die Unterschrift als Unterkunftgeber hat zu verweigern, wer Grund zur Annahme hat, daß der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche beziehen wird.

(...)

Identitätsnachweis und Auskunftspflicht

§ 12. (1) Zur Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes hat der Meldepflichtige auf Verlangen der Meldebehörde oder eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes unverzüglich öffentliche Urkunden vorzulegen, die zur Feststellung der Identität des Unterkunftnehmers geeignet sind.

(2) Der Unterkunftgeber hat auf Verlangen der Meldebehörde

oder eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes

unverzüglich darüber Auskunft zu erteilen,

1. wem er in den letzten sechs Monaten Unterkunft gewährt

hat oder derzeit gewährt;

2. ob er einem bestimmten Menschen in den letzten sechs

Monaten Unterkunft gewährt hat oder derzeit gewährt;

3. in den Fällen des § 2 Abs. 4 darüber hinaus über die Adresse der tatsächlichen Unterkunft.

In den Fällen der Z 1 ist die Auskunftspflicht erfüllt, wenn der Unterkunftgeber Namen und Geburtsdatum des Unterkunftnehmers mitteilt.

Meldebehörden

§ 13. (1) Meldebehörden sind die Bürgermeister.

(2) Über Beschwerden gegen Bescheide der Meldebehörden entscheidet das Landesverwaltungsgericht.

Berichtigung des Melderegisters

§ 15. (1) Erhält die Meldebehörde vom Tod eines angemeldeten Menschen Kenntnis, hat sie die Abmeldung durchzuführen. Hat sie Grund zur Annahme, dass eine Meldung entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgenommen oder unterlassen wurde, so hat sie die An- oder Abmeldung, in den Fällen des § 11 Abs. 1 auch die Ummeldung von Amts wegen vorzunehmen. Im übrigen hat sie das Melderegister, soweit es unrichtige oder unvollständige Meldedaten enthält, zu berichtigen. Die Berichtigung der Wohnsitzqualität einer Unterkunft (§ 1 Abs. 6 oder 7) ist nur nach einem Verfahren gemäß § 15 Abs. 7 oder nach einem Reklamationsverfahren (§ 17) zulässig; sie hat unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Weisung oder den Bescheid zu erfolgen.

(1a) Zur Überprüfung der Meldedaten dürfen die Meldebehörden in den Fällen des Abs. 1 in öffentliche Register Einschau halten.

(2) Von einer beabsichtigten An-, Ab- oder Ummeldung von Amts wegen hat die Meldebehörde den Meldepflichtigen zu verständigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erhebt der Meldepflichtige gegen eine solche Maßnahme Einwendungen, so ist die An-, Ab- oder Ummeldung, falls die Einwendungen nicht berücksichtigt werden, mit Bescheid vorzunehmen.

(...)

Zentrales Melderegister; Informationsverbundsystem

§ 16. (1) Das zentrale Melderegister ist insofern ein öffentliches Register, als der Hauptwohnsitz eines Menschen oder jener Wohnsitz, an dem dieser Mensch zuletzt mit Hauptwohnsitz gemeldet war, abgefragt werden kann, wenn der Anfragende den Menschen durch Vor- und Nach- oder Familiennamen sowie zumindest ein weiteres Merkmal, wie etwa das bPK für die Verwendung im privaten Bereich (§ 14 des E-Government-Gesetzes), Geburtsdatum, Geburtsort oder einen bisherigen Wohnsitz, im Hinblick auf alle im ZMR verarbeiteten Gesamtdatensätze eindeutig bestimmen kann. Wird ein bPK zur Identifizierung des Betroffenen angegeben, so muss der Anfragende auch seine eigene Stammzahl zwecks Überprüfung der Richtigkeit des bPK zur Verfügung stellen.

(...)

(3) Sofern eine Behörde Daten von Menschen, die auf Grund einer Entscheidung eines ordentlichen Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde angehalten werden, in Häftlingsevidenzen automationsunterstützt verarbeitet, hat sie diese durch maschinenlesbare Datenträger oder im Wege der Datenfernübertragung an das Zentrale Melderegister zum Zwecke der Verarbeitung für die Meldebehörden zu übermitteln. Der Bundesminister für Inneres bestimmt nach dem Stand der technischen Möglichkeiten durch Verordnung den Zeitpunkt, ab dem die jeweils zuständigen Behörden diese Übermittlungen vorzunehmen haben. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Angehaltenen von der Anstaltsleitung den Meldebehörden mittels Haftzettel (Haftentlassungszettel), die inhaltlich dem Meldezettel zu entsprechen haben, zu melden.

(...)

Meldeauskunft

§ 18. (1) Die Meldebehörde hat auf Verlangen gegen Nachweis der Identität im Umfang des § 16 Abs. 1 aus dem Zentralen Melderegister Auskunft zu erteilen, ob und zutreffendenfalls wo innerhalb des Bundesgebietes ein eindeutig bestimmbarer Mensch angemeldet ist oder war. Scheint für den gesuchten Menschen kein angemeldeter oder zuletzt gemeldeter Hauptwohnsitz auf oder besteht in Bezug auf ihn eine Auskunftssperre, so hat die Auskunft der Meldebehörde zu lauten: "Es liegen über den/die Gesuchte(n) keine Daten für eine Meldeauskunft vor. (...)

(...)

(2a) Für Meldungen auf Grund von Haftzetteln (Haftentlassungszetteln) besteht von Amts wegen eine Auskunftssperre.

(...)..."

In der Sache:

19 Das Verwaltungsgericht begründet die Zulässigkeit der vorliegenden Revision unter anderem mit dem Argument, dass zur Frage der Neubegründung eines Hauptwohnsitzes während aufrechter Haft keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

20 Der Verwaltungsgerichtshof hat den Begriff des Hauptwohnsitzes gemäß § 1 Abs. 7 MeldeG sowie den Begriff der Unterkunftnahme in melderechtlicher Hinsicht in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt behandelt:

21 Eine Unterkunftnahme liegt - nur - dann vor, wenn von einer Unterkunft widmungsgemäßer Gebrauch gemacht wird. Die Meldevorschriften stellen sowohl betreffend das Nehmen als auch betreffend die Aufgabe einer Unterkunft auf ein tatsächliches Naheverhältnis bzw. dessen Wegfall des Meldepflichtigen zur Unterkunft ab. Auch für das Bestehen eines Hauptwohnsitzes ist neben der Absicht, die Unterkunft zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen, der tatsächliche Aufenthalt an einer bestimmten Unterkunft erforderlich (vgl. , mwN). Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 7 MeldeG ist für das Bestehen eines Hauptwohnsitzes an einer bestimmten Unterkunft der tatsächliche Aufenthalt und die Absicht, die Unterkunft zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen, erforderlich (vgl. , mwN).

22 Die bloße Behauptung der Absicht, einen Wohnsitz zu nehmen, reicht zur Begründung eines (damals: ordentlichen) Wohnsitzes nicht aus; zur Wohnsitzbegründung ist erforderlich, dass die Wohnung tatsächlich zum Wohnen bezogen worden ist. Der Begriff des Wohnsitzes schließt somit ein zweifaches in sich, nämlich ein tatsächliches Moment - die Niederlassung vor Ort - und ein psychisches, und zwar die Absicht, in dem Ort der Niederlassung bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Der polizeilichen Anmeldung ist kein entscheidendes Gewicht beizumessen (vgl. , , 2007/10/0272, mwN). Die polizeiliche Meldung ist zwar ein wesentliches Indiz für das Bestehen eines inländischen Hauptwohnsitzes, aber keine notwendige Voraussetzung (vgl. ).

23 Im Erkenntnis vom , 92/01/0557, führte der Verwaltungsgerichtshof zu all dem Folgendes aus:

"(...) Die Meldevorschriften stellen sowohl betreffend das ‚Nehmen einer Unterkunft' (vgl. § 1 Abs. 1 Meldegesetz 1991) als auch betreffend die ‚Aufgabe einer Unterkunft' (vgl. §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 Meldegesetz 1991) auf ein tatsächliches Naheverhältnis (bzw. dessen Wegfall) des Meldepflichtigen zur Unterkunft, insbesondere die Benützung zum Wohnen und Schlafen, ab; bei gänzlicher Lösung des tatsächlichen Naheverhältnisses kommt es auch weder auf die Gründe, die zu dessen Aufgabe führten, noch auf eine allfällige Absicht, dieses Naheverhältnis in Zukunft wieder herzustellen, an. So hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine Unterkunftnahme nur dann vorliegt, wenn von einer Unterkunft (Wohnung) widmungsgemäßer Gebrauch gemacht wird; dies wird bei der Unterkunft in einer Wohnung zumeist nur dann der Fall sein, wenn eine Person diese tatsächlich zum Wohnen oder Schlafen benützt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/19/0195, und die dort zitierte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat weiters im Erkenntnis vom , Zlen. 82/01/0108, 0109, ausgesprochen, daß das Gesetz sowohl betreffend das ‚Nehmen einer Unterkunft' als auch betreffend die ‚Aufgabe einer Unterkunft' bloß auf den objektiven Tatbestand abstellt und somit die Meldepflicht in beiden Fällen völlig unabhängig vom Grund der Aufgabe der Wohnung oder der Unterkunftnahme statuiert hat; selbst eine unter Zwang oder Gewaltanwendung erfolgte Aufgabe der Unterkunft begründet somit die im Gesetz festgelegte Meldepflicht. In den Erkenntnissen vom , Zl. 86/01/0216, und vom , Zlen. 87/01/0038-0042, hat der Gerichtshof dargelegt, daß selbst die widerrechtlich unter Zwang oder Gewaltanwendung erfolgte Aufgabe der vorherigen Unterkunft unabhängig von der Absicht des Meldepflichtigen, dort weiterhin einen Wohnsitz aufrechterhalten zu wollen, nicht dazu führen kann, daß den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechende Eintragungen im Melderegister aufrechterhalten werden. (...) Im Zusammenhang mit den Meldepflichten kommt es auf das tatsächliche Naheverhältnis - und nicht auf die zivilrechtliche Beziehung - des Meldepflichtigen zur Wohnung bzw. Unterkunft an (...)"

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung daher bereits klargestellt, dass Voraussetzung für die Begründung eines Hauptwohnsitzes einer Person die Unterkunftnahme dieser Person an jenem Ort ist.

25 Auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Meldegesetznovelle 1991, RV 279 BlgNR XVIII. GP, heben die Bedeutung der Unterkunftnahme hervor: Zu § 1 MeldeG wird ausgeführt, dass die Unterkunftnahme mit dem Beginn des "widmungsgemäßen Gebrauches" einer Wohnung beginnt.

26 Den Materialien zur Meldegesetznovelle 1991 (AB 329 BlgNr XVIII. GP) ist weiters das Anliegen des Gesetzgebers - auch - die Möglichkeit von Scheinmeldungen hintanzuhalten, zu entnehmen:

"Der gegenständliche Gesetzesentwurf wurde erforderlich, da das geltende Meldegesetz seine Hauptaufgabe, Einwohner in der Gemeinde leicht und sicher aufzufinden, nur unzureichend erfüllt. Einer hohen Qualität der Identitätsdaten des Meldepflichtigen steht nahezu keine Möglichkeit einer Kontrolle der tatsächlichen Unterkunftnahme gegenüber. Dies führt einerseits zu Scheinmeldungen und andererseits zur Umgehung der Meldepflicht. (...)"

27 In diese Richtung weisen auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 8 MeldeG (Verpflichtungen des Unterkunftgebers) in der Stammfassung der Meldegesetznovelle 1991 (RV 279 BlgNR XVIII. GP; soweit gegenständlich von Bedeutung weiterhin in Geltung):

"Wie bereits im Allgemeinen Teil ausgeführt, besteht ein wichtiges Anliegen dieser Reform in der Bekämpfung von Scheinmeldungen. Dementsprechend sollen Anmeldungen nur dann vorgenommen werden, wenn sich eine Person als Unterkunftgeber zu ihr bekennt. Die Unterschrift auf dem Meldezettel darf erst abgegeben werden, wenn er ausgefüllt und vom Meldepflichtigen unterfertigt worden ist. Eine Person ist erst dann Unterkunftgeber, wenn der Mensch in der Wohnung auch tatsächlich Unterkunft nimmt; erst mit diesem Zeitpunkt dürfen demnach die Meldezettel unterschrieben werden. (...) Er hat sie jedoch zu verweigern, wenn er Grund zur Annahme hat, dass tatsächlich keine Unterkunftnahme erfolgt ist oder binnen einer Woche erfolgen wird. Tut er dies nicht, so macht er sich strafbar (§ 22 Abs. 2 Z 4). (...)"

28 Für den vorliegenden Fall bedeutet all dies Folgendes:

29 Nach der vom Revisionswerber unbestritten gebliebenen Feststellung des Verwaltungsgerichtes bestand bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses dessen einziger tatsächlicher Nahebezug zu der in Rede stehenden Wohnung in W in einem im Rahmen einer begleiteten Ausführung durchgeführten Aufenthalt in der Wohnung von in etwa einer Stunde am , bei welchem der Revisionswerber mehrere Kleidungsstücke in die Wohnung verbrachte.

30 Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn das Verwaltungsgericht diesen einmaligen Aufenthalt in der Wohnung nicht als Akt der "Unterkunftnahme" im Sinne des § 1 Abs. 7 MeldeG qualifiziert hat. Es besteht kein Zweifel daran, dass im vorliegenden Fall ein "widmungsgemäßer Gebrauch" der Wohnung durch den Revisionswerber jedenfalls in dem durch das Verwaltungsgericht beurteilten Zeitraum nicht stattgefunden hat: Weder benutzte der Revisionswerber die Wohnung zum Wohnen oder Schlafen, noch hielt er sich in einer solchen Dauer und wiederkehrenden Intensität darin auf, dass von einer Unterkunftnahme und einem widmungsgemäßen Gebrauch die Rede sein kann. Die vom Revisionswerber angestrebte Hauptwohnsitzmeldung an der verfahrensgegenständlichen Wohnadresse hätte daher nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen und somit eine den Zielsetzungen der melderechtlichen Bestimmungen widersprechende Scheinmeldung dargestellt.

31 Aus welchen tatsächlichen Gründen eine Unterkunftnahme nicht durchgeführt werden konnte bzw. warum der widmungsgemäße Gebrauch an einer Wohnadresse nicht stattfinden kann, ist dabei ohne Belang: Wie die Meldepflicht der Abmeldung von einer bestimmten Adresse völlig unabhängig vom Grund der Aufgabe der Wohnung oder Unterkunftnahme besteht und die bloße Absicht eines Meldepflichtigen, dort weiterhin einen Wohnsitz aufrechterhalten zu wollen, nicht dazu führen kann, dass den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechende Eintragungen im Melderegister aufrecht erhalten werden (vgl. nochmals ), so widerspräche es dem MeldeG, eine (Haupt-)Wohnsitzmeldung einer Person an einer Unterkunft, an der eine tatsächliche Unterkunftnahme nicht vorgenommen wurde und bezüglich der ein widmungsgemäßer Gebrauch nicht vorliegt, vorzunehmen.

32 Die durch das Verwaltungsgericht angesprochene Rechtsfrage der Möglichkeit einer Neubegründung eines Hauptwohnsitzes während aufrechter Haft ist daher dahingehend zu beantworten, dass immer dann, wenn eine tatsächliche Unterkunftnahme - die im Fall einer Wohnung darin besteht, die Wohnung zu beziehen und in einer zeitlich nicht vernachlässigbaren Intensität darin zu wohnen bzw. zu schlafen, sich also regelmäßig darin aufzuhalten - nicht möglich ist, für den Zeitraum, für den eine derartige Möglichkeit nicht besteht, die Anmeldung eines Wohnsitzes an jener Adresse nach den melderechtlichen Vorschriften nicht in Betracht kommt.

33 Dies gilt auch für den Fall, dass der Grund für die mangelnde Möglichkeit der Unterkunftnahme einer Person an einer bestimmten Adresse in deren Inhaftierung besteht. Im Falle inhaftierter Personen sieht das MeldeG zum einen eine Ausnahme von der allgemeinen Meldepflicht (§ 2 Abs. 2 Z 4 MeldeG) und zum anderen eine Pflicht zur Meldung solcher Personen an das Zentrale Melderegister durch die Behörde bzw. an die Meldebehörde durch die Anstaltsleitung mittels Haftzettel (bzw. Haftentlassungszettel) vor (§ 16 Abs. 3 leg. cit.). Weiters besteht für Meldungen aufgrund von Haftzetteln bzw. Haftentlassungszetteln von Amts wegen eine Auskunftssperre (§ 18 Abs. 2a leg. cit.). Liegt bezüglich einer Person keine Hauptwohnsitzmeldung vor, ist die Frage des Vorliegens eines Hauptwohnsitzes anhand der tatsächlichen Lebensverhältnisse zu klären (vgl. Thienel in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, B-VG, Art. 6, Rz 90; in diesem Sinne auch ).

34 Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf die hg. Rechtsprechung (, , 2002/05/0834, und , 96/11/0217) ins Treffen führt, durch eine Inhaftierung gehe ein bestehender Hauptwohnsitz nicht verloren, wodurch eine unsachliche Ungleichbehandlung des Revisionswerbers gegeben sei, ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall insofern ein Unterschied im Tatsächlichen vorliegt, als die vor der Inhaftierung aufrechte Hauptwohnsitzmeldung des Revisionswerbers aufgegeben wurde.

35 Das Verwaltungsgericht wirft in der Revisionszulassung die Frage auf, ob die Richtigkeit der Angaben in der An- oder Abmeldung bei rechtlichen Bedenken der Behörde im Zuge der Meldebestätigung geprüft werden dürfe. Der Revisionswerber wendet sich mit näherer Begründung dagegen und bringt dazu ua. vor, die belangte Behörde habe außerdem kein ausreichendes Ermittlungsverfahren geführt.

36 Den Materialien zu § 15 MeldeG in der Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994, ist Folgendes zu entnehmen (vgl. RV 1334 BlgNr XVIII. GP, 13):

"Mit diesen Änderungen wird die Regelung über die Berichtigung des Melderegisters an die Einführung des Hauptwohnsitzes angepaßt. Hier gilt die Regel, dass die Meldebehörde grundsätzlich nicht verpflichtet sein soll, die Richtigkeit der Angaben betreffend die Wohnsitzqualität zu prüfen. Dementsprechend gibt es in diesen Fällen weder ein Ummeldung von Amts wegen noch eine ‚freie Berichtigung' des Melderegisters. (...)"

37 Während der Meldegesetzgeber der Frage, wie mit einer bereits durchgeführten, in der Folge jedoch als unrichtig angenommenen Hauptwohnsitzmeldung umzugehen ist, durch die §§ 15 und 17 MeldeG begegnet, ist die Frage, ob die Meldebehörde angesichts einer beabsichtigten Meldung beim Anmeldevorgang offenkundig unrichtige Angaben jedenfalls anzunehmen (und erst allenfalls in der Folge einem Berichtigungsverfahren bzw. einem Reklamationsverfahren zuzuführen) hat, im MeldeG nicht ausdrücklich geregelt. Den wiedergegebenen Erläuterungen zu § 15 MeldeG ist insoweit nur die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, dass die Meldebehörde grundsätzlich keine Verpflichtung zur Überprüfung der Richtigkeit der Angaben betreffend die Wohnsitzqualität treffen soll.

38 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann dem Meldegesetzgeber jedoch nicht unterstellt werden, die Meldebehörde müsste im Zuge des Anmeldevorganges eines (Haupt-)Wohnsitzes im Falle offenkundig als unrichtig erkannter Angaben betreffend die Wohnsitzqualität jedenfalls eine Scheinanmeldung durchführen. Eine solche Sichtweise würde, wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, der Absicht des Gesetzgebers, Scheinmeldungen hintanzuhalten, zuwiderlaufen.

39 Die aufgeworfene Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Berechtigung der Ablehnung der Durchführung einer Meldung durch die Meldebehörde ist daher dahingehend zu beantworten, dass in Ansehung der vorliegenden Gesetzeslage die Meldebehörde bei der beabsichtigten Anmeldung eines (Haupt-)Wohnsitzes zwar nicht verpflichtet ist, die vom Meldungsleger getätigten Angaben betreffend die Wohnsitzqualität auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Umgekehrt besteht jedoch die Verpflichtung der Behörde, für den Fall, dass bereits im Zuge des Anmeldevorganges Angaben als offenkundig unrichtig erkannt werden, keine Anmeldung durchzuführen, um gesetzwidrige Scheinanmeldungen jedenfalls hintanzuhalten (zur Eingabe unrichtiger Meldedaten in das Melderegister unter dem Blickwinkel des Amtsmissbrauchs vgl. etwa auch ).

40 Eine Verweigerung der Anmeldung durch die Meldebehörde hat im Falle eines Beharrens des Meldungslegers auf einer Anmeldung in Form eines im Rechtsmittelweg bekämpfbaren Bescheides zu erfolgen (vergleiche etwa betreffend die Frage der faktischen Weiterleitung nach § 6 AVG die Verpflichtung der Behörde zur Fällung einer Zuständigkeitsentscheidung bei Beharren der Partei auf Entscheidung durch jene Behörde, an die sie sich ursprünglich gewendet hat, , mwN).

41 Wenn der Revisionswerber in der Revision über die aufgeworfenen Rechtsfragen hinaus die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht behauptet, wird die Relevanz der insoweit behaupteten Verfahrensmängel nicht konkret dargelegt, zumal das Verwaltungsgericht ein ordnungsgemäßes Verfahren geführt hat.

42 Soweit der Revisionswerber eine Verletzung von Art. 6 Abs. 3 B-VG durch das angefochtene Erkenntnis behauptet, ist auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , E 2159/2016-22, zu verweisen. In der Begründung dieses Beschlusses hielt der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 16.285/2001 fest, dass die genannte Verfassungsbestimmung kein Recht schafft, sondern eine organisatorische Regelung darstellt, die einen zentralen örtlichen Anknüpfungspunkt für die gesamte Rechtsordnung schaffen möchte, sowie dass weiters die einfachgesetzlichen Bestimmungen des Meldegesetzes dieser Verfassungsbestimmung nicht widersprechen. Im Zusammenhang mit einer behaupteten Verletzung des Art. 8 EMRK wurde ein aus verfassungsrechtlicher Sicht die Grenzen des Art. 8 Abs. 2 EMRK überschreitender Fehler bei der Beurteilung des Falles vom Verfassungsgerichtshof ebenfalls nicht erkannt.

43 Schließlich ist festzuhalten, dass der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, im Sinne der Zielsetzungen der geltenden melderechtlichen Vorschriften sei eine gesetzwidrige Scheinanmeldung jedenfalls zu vermeiden gewesen, unter dem Blickwinkel des Gesetzesvorbehaltes des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht entgegenzutreten ist.

44 Die Revision gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses war aus all diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

45 Im Übrigen war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

46 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Trennbarkeit gesonderter Abspruch

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