VwGH vom 16.11.2015, Ra 2015/12/0040

VwGH vom 16.11.2015, Ra 2015/12/0040

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des Ing. S P in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W 213 2013128- 1/5E, betreffend Abberufung vom Arbeitsplatz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Streitkräfteführungskommando), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber steht als Beamter des allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 6) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wird - innerhalb des Planstellenbereiches des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport - in der Fliegerwerft 2 verwendet.

Dem damaligen Leiter dieser Fliegerwerft (Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 3) war gemäß § 75 BDG 1979 für die Zeit vom bis zum ein Karenzurlaub unter Entfall der Bezüge gewährt worden. Am erfolgte die Ausschreibung zur Nachbesetzung seines Arbeitsplatzes. Mit Wirksamkeit vom wurde in der Folge Mag. Dr. R mit diesem Arbeitsplatz betraut.

Der Revisionswerber nahm vom bis zum , den Aufgaben seines Arbeitsplatzes entsprechend, die Tätigkeit der Vertretung des genannten Leiters wahr, weshalb ihm für diesen Zeitraum gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GehG eine (ruhegenussfähige) Verwendungszulage zuerkannt und ausbezahlt worden war.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis billigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die auf § 40 Abs. 2 und 4 iVm § 38 BDG 1979 gestützte Abweisung eines - in seiner Eingabe vom geltend gemachten - Anspruchs des Revisionswerbers "auf bescheidmäßige Beendigung der dauernden Einteilung als Leiter der Fliegerwerft 2 (und) Abberufung vom Arbeitsplatz Leiter Fliegerwerft 2".

Begründend bejahte das BVwG das Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 4 Z 2 BDG 1979 und führte aus, die vom Revisionswerber vertretungsweise wahrgenommene Leitungsfunktion habe zwar länger als sechs Monate angedauert, aber nur zur Überbrückung der erwähnten, zeitlich von vornherein absehbaren Karenzierung sowie der begrenzten Dauer des Verfahrens zur Nachbesetzung des Vertretenen gedient. Die Abberufung des Revisionswerbers von seiner somit nur vorübergehenden und einer zeitlichen Begrenzung unterworfenen Verwendung als Leiter der Fliegerwerft 2 habe daher gemäß § 40 Abs. 2 BDG 1979 nicht der Erlassung eines Bescheides bedurft.

Die mangelnde Zulässigkeit der Revision gründete das BVwG auf das Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr sei die Entscheidung im Einklang mit der einhelligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Der Revisionswerber beantragt, das angefochtene Erkenntnis im Sinn einer ersatzlosen Aufhebung der abweisenden Entscheidung über den gegenständlichen Anspruch abzuändern, in eventu es aufzuheben.

Das Streitkräfteführungskommando erstattete eine Revisionsbeantwortung in der es beantragte, die Revision "nicht zuzulassen" oder sie als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - infolge Abweichens von seiner Judikatur iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässige - Revision in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 40 BDG 1979 idF des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, lautet:

"Verwendungsänderung

§ 40. (1) Wird der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen, so ist ihm gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung eine neue Verwendung in seiner Dienststelle zuzuweisen. § 112 wird hiedurch nicht berührt.

(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn

1. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder

2. durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder

3. dem Beamten keine neue Verwendung zugewiesen wird.

(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig, wenn sie innerhalb derselben Verwendungsgruppe derselben Funktions- oder Dienstzulagengruppe zugeordnet ist.

(4) Abs. 2 gilt nicht

1. für die Zuweisung einer drei Monate nicht übersteigenden vorübergehenden Verwendung, wenn dem Beamten daran anschließend eine der bisherigen Verwendung zumindest gleichwertige Verwendung zugewiesen wird,

2. für die Beendigung der vorläufigen Ausübung einer höheren Verwendung zur Vertretung eines an der Dienstausübung verhinderten oder zur provisorischen Führung der Funktion an Stelle des aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten und

3. für das Enden des Zeitraums einer befristeten Ernennung des Beamten, ohne dass dieser weiterbestellt wird."

§ 75b Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung dieses Absatzes nach der 1. BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61, sieht vor:

"Auswirkungen des Karenzurlaubes und der Karenz auf den Arbeitsplatz

§ 75b. (1) Wenn bundesgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, bewirkt der Antritt eines mehr als sechs Monate dauernden Karenzurlaubes oder einer mehr als sechs Monate dauernden Karenz die Abberufung des Beamten von seinem Arbeitsplatz. In den letzten zwölf Monaten vor Antritt des Karenzurlaubes oder der Karenz zurückgelegte Karenzurlaubs- und Karenzzeiten sind für die Berechnung der Sechsmonatsfrist zusammenzuzählen."

Gemäß § 75b Abs. 1 BDG 1979 bewirkte bereits der erwähnte Antritt des mehr als sechs Monate dauernden Karenzurlaubes am die Abberufung des Leiters der Fliegerwerft 2 von seinem Arbeitsplatz, was dessen Ausschreibung zur Nachbesetzung (und zwar bereits vor dem März 2012) erforderlich gemacht hätte. Es lag daher von vornherein eine Konstellation gemäß § 40 Abs. 4 Z. 2 zweiter Fall BDG 1979 vor.

Dazu judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die dem Dienstgeber in § 40 Abs. 4 Z 2 zweiter Fall BDG 1979 übertragene Befugnis, einen Beamten lediglich zur provisorischen Führung der Funktion anstelle eines aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten zu bestellen, zwar für einen längeren Zeitraum als sechs Monate, jedoch freilich nicht zeitlich unbeschränkt besteht. Diese Befugnis soll offenbar in erster Linie dazu dienen, um während der Dauer der provisorischen Führung der Geschäfte das Verfahren zur neuerlichen dauernden Betrauung eines Beamten mit dieser Funktion abwickeln zu können. Dieses Instrument darf jedoch von der Dienstbehörde keinesfalls dazu verwendet werden, derartige Funktionen etwa nach Gutdünken auch für lange (unabsehbare) Zeiträume nur "provisorisch" zu vergeben. Daran können auch die näheren Ausführungen der Revisionsbeantwortung zu den Fragen, in wessen personellen Verantwortungsbereich Verzögerungen im Nachbesetzungsverfahren konkret gelegen waren, auf welchen Motiven sie beruht hatten und dass die vertretungsweise Wahrnehmung der Aufgaben des Arbeitsplatzes durch den Revisionswerber als erfahrenen Stellvertreter sichergestellt gewesen war, nichts ändern.

Da die in Rede stehende Funktion dem Revisionswerber schon am übertragen wurde, hat diese Verwendung ihren provisorischen Charakter auch im Verständnis der eben zitierten Gesetzesbestimmung jedenfalls noch vor dem Sommer 2013 verloren. Danach war es somit unzulässig, dem Revisionswerber die ihm seit drei Jahren übertragene Verwendung bloß im Wege einer verwendungsändernden Weisung ohne dauernde Zuweisung einer neuen gleichwertigen Verwendung zu entziehen. Vielmehr wäre diesfalls eine bescheidförmige Verwendungsänderung geboten gewesen (vgl. zum Ganzen etwa die bereits in der Revision zitierten hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/12/0049, VwSlg. 16.743 A/2005, sowie vom , Zl. 2012/12/0111, jeweils mwN).

Dies hat das BVwG im angefochtenen Erkenntnis verkannt, das daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am