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VwGH vom 25.03.2010, 2009/16/0121

VwGH vom 25.03.2010, 2009/16/0121

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des S P in A, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/0990- L/06, betreffend Gewährung der Familienbeihilfe ab Dezember 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des (damaligen) Staates Serbien und Montenegro, beantragte am beim Finanzamt mit Formblättern "Beih 1" Familienbeihilfe für seine vier minderjährigen Kinder.

In den Antragsformularen führte er an, er sei im August 2002 und seine Ehefrau, ebenfalls eine Staatsangehörige des (damaligen) Staates Serbien und Montenegro, sei am nach Österreich eingereist.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag des Beschwerdeführers "betreffend Familienbeihilfe ab Dezember 2005" mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer sei im Dezember 2005 nicht beschäftigt gewesen sei, weshalb für diesen Monat kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Ab bestehe für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger seien, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhielten. Da der Beschwerdeführer "trotz Anforderung keinen Niederlassungsnachweis oder positiven Asylbescheid" vorgelegt habe, sei die Familienbeihilfe ab Jänner 2006 nicht zu gewähren gewesen.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, er sei seit mehreren Jahren in Österreich entsprechend den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtmäßig unselbständig beschäftigt "bzw. habe ich bereits Anspruch auf Bezug von Arbeitslosengeld" und verfüge über eine gültige Arbeitserlaubnis. Vom 14. Februar bis sei er allerdings arbeitslos gewesen. Der Beschwerdeführer und seine minderjährigen Kinder befänden sich seit mehreren Jahren als Asylwerber in Österreich, verfügten über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß den Bestimmungen des § 19 des Asylgesetzes 1997 und hielten sich rechtmäßig in Österreich auf.

Ausdrücklich beantragte der Beschwerdeführer, den bekämpften Bescheid des Finanzamtes "zur Gänze" zu beheben und ihm die Familienbeihilfe für seine minderjährigen Kinder ab zu gewähren, in eventu den bekämpften Bescheid zur Gänze ersatzlos zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Dezember 2005 sei der Beschwerdeführer bei keinem inländischen Dienstgeber beschäftigt gewesen und habe auch nicht infolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 und 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes seien nicht vorgelegen. Überdies habe der Beschwerdeführer selbst in der Berufung ausschließlich einen Zuspruch der Familienbeihilfe ab Juni 2006 begehrt.

Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe nach der Neuregelung der Ansprüche von Personen, die nicht österreichische Staatsbürger seien, durch das Fremdenrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 100, ab nur mehr für die Personen, die auch zur Niederlassung in Österreich berechtigt seien, wobei diese Berechtigung nach den Bestimmungen des ebenfalls im Rahmen des Fremdenrechtspaketes 2005 erlassenen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erteilt werde. Die Arten und Formen der Aufenthaltstitel seien in den §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes aufgezählt. Der Beschwerdeführer habe keinen Aufenthaltstitel nach der neuen gesetzlichen Regelung nachgewiesen. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass sowohl er als auch seine Kinder über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 verfügten, könne für das Beschwerdeverfahren nichts gewonnen werden, weil Asylsuchende erst ab dem Zeitpunkt begünstigt würden, ab dem ihnen mit Bescheid endgültig Asyl gewährt worden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht auf Gewährung der Familienbeihilfe verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die dort näher genannte Voraussetzungen erfüllen.

Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Die Frage ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0098, VwSlg 8.202/F, und den hg. Beschluss vom , 2009/16/0082).

Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ist ein zeitraumbezogener Abspruch. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/13/0083, mwN).

Der Zeitraum, über den das Finanzamt mit Bescheid vom abgesprochen hat, endete sohin frühestens mit dem Juli 2006, und erstreckte seine Wirkung auch über diesen Monat hinaus bis zur Änderung der Sach- oder Rechtslage.

Die Befugnis der belangten Behörde, nach § 289 BAO in der Sache selbst zu entscheiden, erstreckt sich auf die Sache des erstinstanzlichen Bescheides.

Da der Beschwerdeführer in der Berufung ausdrücklich den Antrag stellte, ihm die Familienbeihilfe ab Juni 2006 zu gewähren, und dies einer Änderung und Einschränkung seiner Berufung gleichkommt, lag für den Zeitraum Dezember 2005 bis Mai 2006 keine Berufung des Beschwerdeführers mehr vor, weshalb die belangte Behörde mit der Abweisung der Berufung nur mehr über den Zeitraum ab Juni 2006 abgesprochen hat.

§ 3 Abs. 1 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, lautet:

"§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

(3) Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2 erfüllt."

§ 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100, ist auf Personen, die vor dem einen Asylantrag gestellt haben und deren Asylverfahren am noch anhängig war, noch nicht anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0170, und in seither ständiger Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/16/0128, mwN).

Da der Asylantrag des Beschwerdeführers und der Asylerstreckungsantrag seiner Ehefrau vor dem gestellt wurden und die beiden Asylverfahren nach dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift nicht bestrittenen Vorbringen in der Beschwerde am noch anhängig waren (vgl. auch die Hinweise des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren auf seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 4 Asylgesetz 1997, welche von einem anhängigen Asylverfahren ausgehen), ist im vorliegenden Beschwerdefall noch

§ 3 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes anzuwenden.

§ 3 Abs. 2 FLAG in der Fassung des

Pensionsharmonisierungsgesetzes kommt im Beschwerdefall nicht in Betracht, weil die dort normierte Zeit eines ständigen Aufenthaltes in Österreich von 60 Kalendermonaten bei einer Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich im August 2002 im hier interessierenden Zeitraum Juni und Juli 2006 noch nicht gegeben sein konnte, und weil eben beiden noch kein Asyl gewährt worden ist.

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass er bis arbeitslos gewesen sei. Er tritt der Feststellung der belangten Behörde nicht entgegen, dass er aus einer früheren Beschäftigung auch keinen Bezug aus der Krankenversicherung erhalten habe. Eine unselbständige Beschäftigung, die dem Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge am begonnen hatte, konnte aber weder im Juni noch im Juli 2006 den in § 3 Abs. 1 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes erforderlichen Mindestzeitraum von drei Monaten erfüllen.

Damit stand dem Beschwerdeführer im für die Beschwerde noch interessierenden Zeitraum Juni und Juli 2006 ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht zu.

Zu ergänzen bleibt, dass sich die Wirkung des angefochtenen Bescheides auf Zeiträume nach der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (Juli 2006) erstreckt, bis sich die Sach- oder Rechtslage geändert hat. Eine Änderung der Sachlage könnte etwa darstellen, dass die behauptete unselbständige Beschäftigung des Beschwerdeführers die in § 3 Abs. 1 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes geforderte Dauer von drei Monaten erreicht hat oder der ständige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die in § 3 Abs. 2 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes geforderte Dauer von 60 Kalendermonaten erreicht oder dem Beschwerdeführer oder seiner Ehefrau (§ 3 Abs. 3 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes) Asyl gewährt wird. Für Kalendermonate ab einem solchen Zeitpunkt würde der angefochtene Bescheid keine Rechtswirkung (entschiedene Sache) mehr entfalten. Dem Beschwerdeführer stünde es dann frei, einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab diesem Zeitpunkt zu stellen.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am