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VwGH 24.04.2019, Ra 2015/11/0113

VwGH 24.04.2019, Ra 2015/11/0113

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AMG 1983 §1
AMG 1983 §1 Abs1
AMG 1983 §1 Abs4 Z3
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
RS 1
Stammzellen fallen unter die Arzneimitteldefinition des § 1 AMG 1983 (Abs. 1 iVm Abs. 4 Z 3) (vgl. Kopetzki, Stammzellforschung in Österreich - eine Bestandsaufnahme des geltenden Rechts, in Körtner/Kopetzki (Hrsg.), Stammzellforschung - Ethische und rechtliche Aspekte, 2008, 269). Auf die Lehre und Judikatur zur Anwendung von Arzneimitteln außerhalb einer Zulassung kann daher auch im vorliegenden Zusammenhang zurückgegriffen werden.
Normen
AMG 1983
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
RS 2
Den Bestimmungen des AMG 1983 kann ein den behandelnden Arzt treffendes generelles Anwendungsverbot nicht zugelassener Arzneimittel nicht entnommen werden. Eine Verletzung der "Einhaltung der bestehenden Vorschriften" im Sinne des § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ist somit nicht ersichtlich. Es ist daher zu prüfen, ob das weitere Gebot des § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998, "nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung

der ... fachspezifischen Qualitätsstandards" das Wohl der Kranken

zu wahren, verletzt wurde.
Normen
AMG 1983
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
RS 3
Die Anwendung von Arzneimitteln oder Behandlungsmethoden, deren Nutzen-Risiko-Verhältnis für eine bestimmte Indikation nicht zuvor in klinischen Studien geprüft wurde, wird in der Lehre als Heilversuch definiert. In der Helsinki-Deklaration des Weltärztebundes zu den Ethischen Grundsätzen für die medizinische Forschung am Menschen (Fassung 2013), die als "ethisches softlaw" bezeichnet wird, heißt es dazu: "Nicht nachgewiesene Maßnahmen in der klinischen Praxis. Bei der Behandlung eines einzelnen Patienten, für die es keine nachgewiesenen Maßnahmen gibt oder andere bekannte Maßnahmen unwirksam waren, kann der Arzt nach Einholung eines fachkundigen Ratschlags mit informierter Einwilligung des Patienten oder eines rechtlichen Vertreters eine nicht nachgewiesene Maßnahme anwenden, wenn sie nach dem Urteil des Arztes hoffen lässt, das Leben zu retten, die Gesundheit wiederherzustellen oder Leiden zu lindern. Diese Maßnahme sollte anschließend Gegenstand von Forschung werden, die so konzipiert ist, dass ihre Sicherheit und Wirksamkeit bewertet werden können. In allen Fällen müssen neue Informationen aufgezeichnet und, sofern angemessen, öffentlich verfügbar gemacht werden."
Norm
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
RS 4
Nach der Literatur ist ein Heilversuch eine Abweichung vom ärztlichen Standard, die in der individuell-konkreten Behandlungssituation angelegt ist, entweder weil der Standard im konkreten Fall nicht weiterhilft oder aber ein Standard für die konkrete Behandlungssituation fehlt, im Unterschied zur klinischen Prüfung allerdings einzelfallbezogen und nicht im Rahmen einer klinischen Forschungsreihe. § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verpflichte den Arzt zwar, von den Regeln der ärztlichen Wissenschaft auszugehen, jedoch bedeuteten diese angesichts des primär zu wahrenden Wohls des Kranken insofern nur eine Leitlinie, als über die schulmedizinischen Kenntnisse hinausgegangen werden könne, wenn das Wohl des Kranken dies rechtfertige. Aus § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 lasse sich somit jedenfalls dann kein Verbot von Heilversuchen ableiten, wenn mit schulmedizinischen Methoden nichts mehr erreicht werden könne, der Patient umfassend aufgeklärt worden sei und der Heilversuch objektiv betrachtet auch noch einen Sinn ergebe. Im Bereich des Heilversuchs zugunsten eines "austherapierten", sonst nicht mehr behandelbaren und schwerst erkrankten oder vom Tode bedrohten Patienten werde man zu riskanteren Behandlungsmethoden greifen dürfen, allerdings nur, wenn eine realistische, begründbare Chance auf Besserung bestehe und der Patient nach entsprechender Aufklärung einwillige.
Normen
AMG 1983
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
RS 5
Nach dem Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs vom , III ZR 175/54, liegt kein Heilversuch, sondern eine klinische Prüfung vor, wenn eine neue Behandlungsmethode "nicht entscheidend im Blick auf die Heilung des Kranken, sondern entscheidend im Blick auf die damit verbundenen Forschungszwecke erfolgt ist". Wie der Bundesgerichtshof zum Heilversuch erkannt hat, "darf die Anwendung einer neuen Behandlungsmethode erfolgen, wenn die verantwortliche medizinische Abwägung und ein Vergleich der zu erwartenden Vorteile dieser Methode und ihrer abzusehenden und zu vermutenden Nachteile mit der standardgemäßen Behandlung unter Berücksichtigung des Wohles des Patienten die Anwendung der neuen Methode rechtfertigt" (BGH , VI ZR 323/04). Die Vornahme von Heilversuchen an Patienten "unterscheidet sich von herkömmlichen, bereits zum medizinischen Standard gehörenden Therapien vor allem dadurch, dass in besonderem Maße mit bisher unbekannten Risiken und Nebenwirkungen zu rechnen ist. Deshalb erfordert die verantwortungsvolle medizinische Abwägung einen - im Verhältnis zur standardgemäßen Behandlung - besonders sorgfältigen Vergleich zwischen den zu erwartenden Vorteilen und ihren abzusehenden oder zu vermutenden Nachteilen unter besonderer Berücksichtigung des Wohles des Patienten" (BGH , VI ZR 55/05). Neue Verfahren dürften am Patienten "nur dann angewandt werden, wenn diesem zuvor unmissverständlich verdeutlicht wurde, dass die neue Methode die Möglichkeit unbekannter Risiken birgt". Der Patient muss in die Lage versetzt werden, für sich sorgfältig abzuwägen, ob er diese Risiken eingehen will (BGH , VI ZR 323/04; , VI ZR 55/05).
Normen
AMG 1983 §1
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
RS 6
Der zentrale Vorwurf des VwG lautet, der Revisionswerber habe seine Behandlungsmethode (autologe Stammzellenbehandlung) in den "klinischen Regelbetrieb" übernommen. Selbst ein im Einzelfall zulässiger Heilversuch werde dadurch unzulässig, dass er in den klinischen Regelbetrieb übernommen werde, da es sich dann nicht mehr um einen einzelfallbezogenen Heilversuch, sondern um eine regelmäßige Heilbehandlung mit nicht überprüften Methoden handle. Offenbar wird damit zum Ausdruck gebracht, der Revisionswerber habe seine Therapieform verbotener Weise nicht nur in wenigen Einzelfällen praktiziert. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass bei der Anwendung einer neuen Therapieform auf eine größere Anzahl von Patienten und Patientinnen die Qualifikation der Behandlung der einzelnen Person als Heilversuch von vornherein ausscheidet.
Norm
VStG §22 Abs2
RS 7
Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs. 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht beim fortgesetzten Delikt bzw. beim Dauerdelikt. Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Grundsätzlich wird bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts nicht die Identität des Angriffsobjekts gefordert, es sei denn, es handelt sich - (vgl. etwa ; , 90/19/0263; , 88/08/0181; , 96/03/0076; , 2004/04/0185; , Ro 2016/09/0001; , Ra 2016/03/0108) - um höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, Ehre oder Gesundheit.
Normen
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
VStG §22 Abs2
VStG §44a
VStG §44a Z1
RS 8
Nach § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ist ein Arzt verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen und "nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards" das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren. Mit dieser Bestimmung schützt das ÄrzteG den einzelnen Patienten bzw. die einzelne Patientin vor Schäden an der Gesundheit, die durch nicht diesen Vorgaben entsprechende Beratung oder Behandlung entstehen können. Um somit von einem fortgesetzten Delikt ausgehen zu können, müsste Identität des Angriffsobjektes vorliegen. Mehrere in einem zeitlichen Zusammenhang begangene Einzelübertretungen des § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 können somit ein fortgesetztes Delikt darstellen, wenn sie an derselben Person begangen werden, nicht hingegen, wenn sie sich gegen unterschiedliche Personen richten. Da es im Revisionsfall somit nicht um ein fortgesetztes Delikt geht, sondern um eine Vielzahl von Einzeldelikten, hätte der vom VwG bestätigte Spruch des Straferkenntnisses als Tatzeit nicht zwei Zeiträume sondern die Daten der vorgeworfenen Einzeldelikte zu enthalten gehabt.
Normen
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
VStG §44a Z1
RS 9
Die Angabe, dass eine Genehmigung für die Vornahme der Therapie vorliege, ist jedenfalls geeignet, bei Patienten und Patientinnen den Eindruck hervorzurufen, dass es sich um ein bewährtes Verfahren handelt, welches zumindest teilweise, sei es auch nur durch Genehmigungserteilung, staatlich beaufsichtigt wird. Durch diese Verharmlosung der geplanten Therapie kann die Entscheidungsfindung eines potentiellen Patienten maßgeblich beeinflusst werden. Dieser Täuschungsaspekt kann auch nicht durch den in den Behandlungsverträgen enthaltenen Hinweis entkräftet werden, dass die gegenständlichen Therapien "noch nicht als allgemeine Behandlungsmethoden anerkannt sind und die Kosten daher von der gesetzlichen Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden", zumal der bloße Hinweis auf eine noch nicht als allgemeine Behandlungsmethode anerkannte Therapie den eigens hervorgehobenen Aspekt der behördlichen Genehmigung nicht aufhebt. Die Pflichtverletzung durch die Täuschung kann notwendigerweise nur im Zeitpunkt des Abschlusses des jeweiligen Behandlungsvertrages stattfinden. Dieser Zeitpunkt ist somit als der jeweilige Tatzeitpunkt zu erachten.
Norm
ÄrzteG 1998 §51
RS 10
§ 51 ÄrzteG 1998 regelt eine Dokumentationspflicht des behandelnden Arztes, die jeden Arzt trifft, sowohl die in Spitälern tätigen als auch freiberufliche Ärzte (vgl. , mwN). Sie dient im Wesentlichen der Therapiesicherung, der Beweissicherung und der Rechenschaftslegung, also insbesondere der Dokumentation der wesentlichen diagnostischen Ergebnisse und therapeutischen Maßnahmen (vgl. , mwN). Ausgehend vom Gesetzeswortlaut handelt es sich bei den in § 51 Abs. 1 ÄrzteG 1998 genannten Aufzeichnungen um eine demonstrative Aufzählung. Danach sind jedenfalls Informationen über den Zustand der Person bei Übernahme, deren Beratung oder Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder therapeutischen Leistungen einschließlich der Anwendung von Arzneispezialitäten zu sammeln. Nach den jeweiligen Gegebenheiten können im Einzelfall darüber hinausgehende Aufzeichnungen erforderlich sein.
Normen
ÄrzteG 1998 §51
KAG Wr 1987 §17
RS 11
Der vom VwG dem § 51 ÄrzteG 1998 beigelegte Sinn, dass die medizinische Behandlung sowohl für den behandelnden Arzt als auch für diesen vertretende Ärzte am Ort der ärztlichen Behandlung nachvollziehbar sein und die diesbezügliche Dokumentation daher dort aufbewahrt werden muss, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung selbst noch aus den Materialien. Diesem Zweck dient vielmehr der § 17 Wr KAG 1987, demzufolge die Krankenanstalten verpflichtet sind, Krankengeschichten, für deren Inhalt der behandelnde Arzt verantwortlich ist, anzulegen und aufzubewahren. Diese Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht besteht zusätzlich zur Dokumentationspflicht nach § 51 ÄrzteG 1998 (vgl. ), welche den Zweck verfolgt, die ebenfalls in § 51 ÄrzteG 1998 normierte Pflicht zur Auskunftserteilung an die beratene bzw. behandelte Person oder deren gesetzliche Vertretung sicherzustellen. Diese Auskunftserteilung wird aber durch die Aufbewahrung der Patientendokumentation an einem anderen Ort nicht zwingend verunmöglicht.
Normen
ÄrzteG 1998 §43
ÄrzteG 1998 §43 Abs1
ÄrzteG 1998 §43 Abs4
ÄrzteG 1998 §43 Abs6
RS 12
§ 43 ÄrzteG 1998 regelt die Führung ärztlicher Berufsbezeichnungen und Zusätze (ungeachtet etwaiger Amtstitel), wie sich aus Abs. 1 leg.cit. ergibt, abschließend. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut handelt es sich bei § 43 Abs. 4 Z 1 bis 5 ÄrzteG 1998 um eine taxative Aufzählung möglicher Zusätze, und die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Primarius" ergibt sich nach Abs. 6 leg. cit. aus der aufrechten Betrauung mit der ärztlichen Leitung einer Krankenabteilung. Sind jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berufsbezeichnung "Primarius" nicht mehr erfüllt, fällt diese Berechtigung weg. Folglich handelt es sich bei dem Verweis auf eine abgeschlossene Tätigkeit, wie der Bezeichnung als Primarius emeritus, weder um einen zulässigen Zusatz nach § 43 Abs. 4 ÄrzteG 1998 noch um eine Berufsbezeichnung gemäß § 43 Abs. 6 leg. cit.

Entscheidungstext

Betreff



Spruch

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Dr. G K in K, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-001/047/26739/2014-28, betreffend Übertretungen des Ärztegesetzes 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien),

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird hinsichtlich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Erkenntnisses zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinen Spruchpunkten I. und III., jeweils soweit damit das behördliche Straferkenntnis bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Facharzt für Chirurgie mit den Zusatzfächern Gefäßchirurgie, Herz- und Thoraxchirurgie mit Ordinationssitzen in Wien und Klagenfurt.

2 Laut Straferkenntnis der belangten Behörde vom habe es der Revisionswerber zu verantworten,

1) entgegen § 49 Abs. 1 Ärztegesetz 1998 - ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idgF, insofern nicht das Wohl der Patienten gewahrt zu haben,

a) als er zumindest im Zeitraum von bis in Wien in der V-Klinik bei insgesamt 44 Patienten und Patientinnen und zumindest im Zeitraum von bis in der W-Klinik bei insgesamt 44 Patienten und Patientinnen eine Stammzellentherapie angewandt beziehungsweise an deren Durchführung mitgewirkt habe. Für den Einsatz der Stammzellentherapie bei den Erkrankungen, unter denen die Patienten und Patientinnen litten, seien derzeit weder die eventuellen Wirkungen, Nebenwirkungen und/oder unerwünschte Wirkungen, Indikationen (Anwendungsgebiete) und Kontraindikationen (Gegenanzeigen) noch die Anwendungs-Altersgruppe von Patienten und Patientinnen (Kinder und Jugendliche) wissenschaftlich geprüft, weshalb derzeit eine Gesundheitsgefährdung von Patienten und Patientinnen nicht ausgeschlossen werden könne. Die Therapie sei ohne Prüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses der neuen Therapieform im Rahmen von klinischen Studien in den klinischen Regelbetrieb übernommen worden. Die eigenständige Indikationsstellung zur Stammzellentherapie bei neurologischen, psychiatrischen, ophthalmologischen und urologischen Erkrankungen sowie Erkrankungen aus dem Bereich der Inneren Medizin ohne entsprechende Beiziehung eines diesbezüglich berechtigten Facharztes entspreche weder der Verpflichtung zur gewissenhaften Betreuung von Patienten und Patientinnen noch der Verpflichtung zur Durchführung der medizinischen Beratung und Behandlung nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft noch der Verpflichtung zur Einhaltung fachspezifischer Qualitätsstandards;

b) als er in sechs namentlich genannte Patienten und Patientinnen betreffenden Behandlungsverträgen, "welche bei der Erhebung am in der V-Klinik gesichtet wurden", und in acht namentlich genannte Patienten und Patientinnen betreffenden Behandlungsverträgen, "welche bei der Erhebung am in der W-Klinik gesichtet wurden", folgende Passage, die geeignet sei, die Patienten und Patientinnen grob zu täuschen, führe:

"Die ärztliche Untersuchung sowie Entnahme und Re-Injektion der Stammzellen werden von Fachärzten in einem eigens dafür vorgesehenen medizinischen Entnahmeverfahren durchgeführt, welches von den österreichischen Aufsichtsbehörden dem Österreichischen Gewebeschutzgesetz entsprechend genehmigt wurde (Point of Care Verfahren)."

Dieser Passus führe zu einer Täuschung der Patienten und Patientinnen, weil in Österreich kein "Gewebeschutzgesetz" existiere (gemeint sei wohl das Gewebesicherheitsgesetz (GSG, BGBl. 149/2008 idgF)), das GSG gemäß § 1 Abs. 3 aber nicht für Zellen und Gewebe, die innerhalb ein und desselben medizinischen Eingriffs als autologes Transplantat verwendet würden, gelte und daher bei der angebotenen Stammzellentherapie keine Anwendung finde. Der Verweis auf eine Genehmigung der Behandlungsmethode seitens der österreichischen Aufsichtsbehörden nach dem Point of Care-Verfahren vermittle den Eindruck, bei der angebotenen Stammzellentherapie handle es sich um eine von einer Behörde genehmigte und daher wissenschaftlich anerkannte Behandlungsform;

2) die Sonderfachbeschränkung des § 31 Abs. 3 ÄrzteG 1998 verletzt zu haben (wurde näher darstellt);

3) dass entgegen § 51 Abs 1 ÄrzteG 1998 in der V-Klinik am hinsichtlich verschiedener namentlich genannter Patienten und Patientinnen und in der W-Klinik am hinsichtlich anderer namentlich genannter Patienten und Patientinnen in einem Fall die Unterschrift des Patienten auf dem Behandlungsvertrag gefehlt habe und in anderen Fällen beim "Fragebogen zur Krankengeschichte des Patienten" (Anamnese), "Doku An 2K Narkose bei Kindern" die Einträge des Arztes sowie seine Unterschrift gefehlt hätten, die Checkliste zu "Anamnese und Status" und die "Pflegeanamnese", die Checkliste "Postoperativer Status", das Formular "Ärztevisite/Dekurs", die Checkliste "Pflegeanamnese" sowie die "Aufklärungs- und Anamnesebögen zur Anästhesie Erwachsener und Jugendlicher" nicht oder nicht vollständig ausgefüllt, unterschrieben beziehungsweise mit Datum versehen gewesen seien;

4) entgegen § 43 Abs. 4 und Abs. 6 ÄrzteG 1998 in allen von der Behörde am eingesehenen Entlassungsberichten betreffend die V-Klinik und in den am eingesehenen Entlassungsberichten verschiedener namentlich genannter Patienten und Patientinnen der W-Klinik folgende zur Täuschung der Patientinnen geeignete Signatur zu führen:

"Univ Doz. Dr. G.S. (K)

Prim. Em. Klinikum K".

Wegen Verletzung der §§ 31 Abs. 3, 43 Abs. 4 und Abs. 6, 49 Abs. 1 sowie 51 Abs. 1 iVm § 199 Abs. 3 ÄrztG 1998 wurden über den Revisionswerber (näher genannte) Geld- beziehungsweise Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

3 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen das Straferkenntnis erhobene Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 1) in der Schuldfrage als unbegründet ab und hob die verhängten Strafen auf (Spruchpunkt I.). Weiters gab es der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 2) Folge, behob insofern das Straferkenntnis und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG ein (Spruchpunkt II.), gab der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 3) insoweit Folge, als die Tatanlastung in Bezug auf einen namentlich genannten Patienten entfalle (Spruchpunkt III.), und wies die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 4) als unbegründet ab (Spruchpunkt IV.). Unter einem wurde die ordentliche Revision nicht zugelassen, da die auszulegenden Rechtsfragen entweder anhand der klaren gesetzlichen Regelung oder der hg. Judikatur zu lösen gewesen seien.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe der in der mündlichen Verhandlung getätigten Aussagen des Revisionswerbers und der Stellungnahme der beigezogenen Amtssachverständigen im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe im Zeitraum von bis zum in der V-Klinik "bei insgesamt 44 Patienten (Beilage 2, vgl. Bl. 59 und 60) eine Stammzellentherapie" sowie im Zeitraum vom bis in der W. Klinik "bei insgesamt 44 Patienten (Beilage 6, vgl. Bl. 69, 75 und 76) eine Stammzellentherapie" durchgeführt beziehungsweise an einer solchen mitgewirkt.

Die 44 Patienten und Patientinnen der V-Klinik hätten an verschiedenen Krankheiten gelitten, und zwar seien bei 16 Kindern und Jugendlichen folgende Indikationen vermerkt gewesen:

-

Einmal Progressive Muskeldystrophie (vererbter fortschreitender Muskelschwund)

-

Einmal Cerebralparese (Lähmungserscheinungen des Körpers durch eine Schädigung des Großhirns) mit Mikrocephalus (angeborene Kleinheit des Kopfes verbunden mit einer geistigen Entwicklungsstörung, zerebraler Hypoplasie - Unterentwicklung des Gehirns und Epilepsie)

-

Einmal spastische Parese (Lähmungserscheinungen mit erhöhter Muskelanspannung der Extremitäten)

-

Einmal Autismus (psychiatrische Erkrankung mit Rückzug von der Außenwelt verbunden mit Kontakt und Sprachstörungen und gestörter Sprachentwicklung)

-

Einmal Epilepsie mit verzögerter Entwicklung

-

Zweimal Duchenne - Aran- Muskeldystrophie (Spezialform des fortschreitenden Muskelschwundes)

-

Siebenmal Cerebralparese (Lähmungserscheinungen des Körpers durch eine Schädigung des Großhirns)

Die 28 erwachsenen Patienten und Patientinnen hätten unter folgenden Erkrankungen gelitten:

-

17mal Amyotrophe Lateralsklerose - ALS (schwere, fortschreitende Systemerkrankung des Rückenmarks mit Muskelschwund, Krämpfen, Erhöhung des Muskeltonus, Atembeschwerden bis zur Kehlkopflähmung und damit eine zum Tod führende Erkrankung)

-

Einmal Morbus Parkinson

-

Einmal Cerebralparese (Lähmungserscheinungen des K��rpers durch eine Schädigung des Großhirns

-

Einmal Morbus Stargardt (juvenile Maculadegeneration, jugendliche Degeneration der Netzhaut des Auges, zumeist angeboren)

-

Einmal Morbus Wegener (ungeklärte systemische Erkrankung der Blutgefäße, fortschreitendes Nierenversagen und Gangrän (Zerstörung des Gewebes)

-

Einmal spastische Paraplegie (inkomplette Lähmungserscheinungen der Extremitäten mit erhöhter Muskelanspannung)

-

Einmal Myelitis (Entzündung des Rückenmarks)

-

Einmal Multiple Sklerose (neurologische Erkrankung des zentralen Nervensystems)

-

Einmal Tetraplegie (Lähmung aller vier Extremitäten)

-

Dreimal spinal cord injury (traumatische Rückenmarksverletzung)

Zur Indikationsstellung sei für die Erkrankungen:

-

Progressive Muskeldystrophie, Cerebralparese mit Mikrocephalus, zerebrale Hypoplasie und Epilepsie, spastische Parese, Epilepsie mit verzögerter Entwicklung, Duchenne-Aran-Muskeldystrophie, Cerebralparese, Amyotrophe Lateralsklerose, Morbus Parkinson, spastische Paraplegie, Myelitis, Multiple Sklerose, Tetraplegie: eine Berechtigung zum Facharzt für Neurologie bzw. Neurologie und Psychiatrie nötig

-

Autismus: eine Berechtigung zum Facharzt für Psychiatrie bzw. Psychiatrie und Neurologie nötig

-

Morbus Stargardt: eine Berechtigung zum Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie nötig

-

Spinal cord injury: eine Berechtigung zum Facharzt für Neurologie bzw. Neurologie und Psychiatrie oder Unfallchirurgie oder Neurochirurgie nötig.

Von den 44 Patienten und Patientinnen der W-Klinik seien bei 10 Kindern und Jugendlichen folgende Indikationen vermerkt gewesen:

-

Einmal Diabetes Typ I

-

Einmal Cerebralparese (Lähmungserscheinungen des Körpers durch eine Schädigung des Großhirns) mit Epilepsie

-

Viermal Cerebralparese (Lähmungserscheinungen des Körpers durch eine Schädigung des Großhirns)

-

Zweimal Autismus (psychiatrische Erkrankung mit Rückzug von der Außenwelt verbunden mit Kontakt- und Sprachstörungen und gestörter Sprachentwicklung)

-

Einmal SMA I (spinal muscular atrophy)

-

Einmal SMA III (spinal muscular atrophy)

Die 34 erwachsenen Patienten und Patientinnen hätten unter folgenden Erkrankungen gelitten:

-

14mal Amyotrophe Lateralsklerose - ALS (schwere, fortschreitende Systemerkrankung des Rückenmarks mit Muskelschwund, Krämpfen,

-

Erhöhung des Muskeltonus, Atembeschwerden bis zur Kehlkopflähmung und damit eine zum Tod führende Erkrankung)

-

Einmal Amyotrophe Lateralsklerose und Tetraplegie (Lähmung aller vier Extremitäten)

-

Einmal Cerebralparese und Encephalopathie (Lähmungserscheinungen des Körpers durch eine Schädigung des Großhirns und Degeneration des Großhirns)

-

Einmal Maculadegeneration bds. (Degeneration der Netzhaut des Auges)

-

Einmal spastische Tetraparese nach Schädelhirntrauma (inkomplette Lähmungserscheinungen der Extremitäten mit erhöhter Muskelanspannung)

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Einmal Zustand nach Hirnblutung

-

Einmal Multiple Sklerose (neurologische Erkrankung des zentralen Nervensystems)

-

Sechsmal spinal cord injury (traumatische Rückenmarksverletzung)

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Einmal Friedreich Ataxie (vererbte Kleinhirn Rückenmarkserkrankung mit Gangstörungen und Sensibilitätsstörungen)

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Einmal Sertoli Zell Syndrom (angeborenes Fehlen des Keimepithels in den Hoden verbunden mit Unfruchtbarkeit)

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Einmal Diabetes mellitus Typ I

-

Viermal Diabetes mellitus Typ II

-

Einmal diabetische Nephropathie (Nierenerkrankung durch Diabetes mellitus)

Zur Indikationsstellung seien für die Erkrankungen:

-

SMA I + III (spinal muscular atrophy), Zustand nach Hirnblutung, Cerebralparese, Cerebralparese mit Epilepsie, Cerebralparese/Encephalopathie, Amyotrophe Lateralsklerose, Amyotrophe Laterals klerose/Tetraplegie, Friedreich Ataxie, Zustand nach Schädelhirntrauma mit spastischer Tetraparese, spastische Paraplegie, Multiple Sklerose, Tetraparese: eine Berechtigung zum Facharzt für Neurologie bzw. Neurologie und Psychiatrie nötig

-

Autismus: eine Berechtigung zum Facharzt für Psychiatrie bzw. Psychiatrie und Neurologie nötig

-

Sertoli Zell Syndrom (Form der männlichen Sterilität): eine Berechtigung zum Facharzt für Urologie nötig

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Spinal cord injury: eine Berechtigung zum Facharzt für Neurologie bzw. Neurologie und Psychiatrie oder Unfallchirurgie oder Neurochirurgie nötig

-

Maculadegeneration: eine Berechtigung zum Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie nötig

-

Diabetes mellitus Typ I und Typ II sowie Diabetische Nephropathie: eine Berechtigung zum Facharzt für Innere Medizin nötig.

5 Für den Einsatz der Stammzellentherapie seien bei allen aufgezählten Krankheiten weder die Wirkungen beziehungsweise Nebenwirkungen noch die Indikationen und Kontraindikationen oder die Anwendungsaltersgruppe wissenschaftlich geprüft. Eine Gesundheitsgefährdung könne nicht ausgeschlossen werden, da es sich bei der Stammzellentherapie um eine innovative (experimentelle) medizinische Therapie handle, die der Revisionswerber - ohne Prüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses im Rahmen klinischer Studien - in den klinischen Regelbetrieb übernommen habe. Die Indikationsstellung zur Stammzellentherapie bei den genannten Leiden der Patienten und Patientinnen sei vom Revisionswerber, ohne dass dieser dafür eine diesbezügliche fachärztliche Ausbildung habe, sowie ohne entsprechende Beiziehung eines jeweils berechtigten Facharztes erfolgt. Die Feststellung, dass der Einsatz der Stammzellentherapie bei den Erkrankungen, unter denen die Patienten und Patientinnen des Revisionswerbers gelitten hätten, nicht der Lege-Artis-Regel entspreche, ergebe sich aus den schlüssigen, glaubwürdigen und mit den Denkgesetzen im Einklang stehenden Ausführungen der Amtssachverständigen, wonach die Stammzellentherapie eine innovative (experimentelle) medizinische Behandlung sei und eine solche erst nach Befassung einer Ethikkomission sowie Durchführung klinischer Studien angewendet werde, in deren Rahmen die Therapie für Patienten und Patientinnen kostenlos sei. Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers, wonach es sich bei den durchgeführten Stammzellentherapien um zulässige Heilversuche handle, habe die Sachverständige glaubhaft und im Einklang mit den Denkgesetzen unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Belege ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines individuellen Heilversuches nicht vorlägen. Weiters habe sie ausgeführt, dass ohne die Durchführung ordnungsgemäßer klinischer Studien die Gefahr bestehe, dass nicht wirksame oder gar schädliche Therapien in den klinischen Versorgungsprozess aufgenommen würden. Dass der Revisionswerber in jedem Einzelfall eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen habe, sei nicht glaubhaft dargelegt worden. Überdies hätte eine solche Abwägung nach den Ausführungen der Amtssachverständigen im Rahmen von klinischen Studien erfolgen müssen.

6 Der Inhalt der Behandlungsverträge sei nicht bestritten worden. Den Feststellungen zu den Wahrnehmungen der Amtssachverständigen vor Ort zu den Mängeln der ärztlichen Dokumentation in den Krankenanstalten sowie der Verwendung der Signatur "Prim. Em. Klinikum K" sei der Revisionswerber nicht substantiiert entgegen getreten.

7 Der Einwand der Verfolgungsverjährung in Bezug auf die angewandte Stammzellentherapie gehe schon deshalb ins Leere, weil es sich bei der angelasteten Tathandlung um ein fortgesetztes Delikt handle. Bereits aufgrund der äußeren Begleitumstände, wie insbesondere der Planung und Organisation der medizinischen Eingriffe in den beiden Krankenanstalten, etwa hinsichtlich des Hilfspersonals und der Räumlichkeiten, sowie auf Grund der Acquise der Patienten und Patientinnen über Kollegen des Revisionswerbers oder das Internet, seien die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss des Beschwerdeführers getragen. Da die letzte einzelne Tathandlung in den Krankenanstalten mit beziehungsweise angelastet worden sei, erweise sich die Aufforderung zur Rechtfertigung vom als rechtzeitige Verfolgungshandlung. Bedenken hinsichtlich einer mangelnden Konkretisierung der angelasteten Taten lägen nicht vor, zumal eine namentliche Nennung der behandelten Patienten und Patientinnen kein wesentliches Tatbestandselement der unter Spruchpunkt l)a) angelasteten Verwaltungsübertretung bilde und dem Umstand, ob der Revisionswerber bei einzelnen Patienten und Patientinnen die Stammzellentherapie angewendet oder an deren Durchführung mitgewirkt habe, keine Relevanz hinsichtlich einer hinreichenden Tatkonkretisierung gemäß § 44a Z 1 VStG zukomme. Die behauptete Gefahr einer Doppelbestrafung bzw. Doppelverfolgung liege nicht vor, da im Falle eines fortgesetzten Deliktes durch die Erlassung des Straferkenntnisses durch die Behörde alle bis dahin erfolgten Einzelakte abgegolten seien, mögen sie auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen sein. Setzte der Täter nach diesem Zeitpunkt die verpönte Tätigkeit fort, so dürfte die neuerliche Bestrafung nur die nach der letzten Bestrafung gesetzten Tathandlungen umfassen.

8 Die unter Spruchpunkt 1)b) des Straferkenntnisses angelastete Bezugnahme in den Behandlungsverträgen auf eine Genehmigung der Stammzellentherapie von den österreichischen Aufsichtsbehörden nach dem Point of Care-Verfahren stelle ein Täuschung dar, wodurch der Revisionswerber das Wohl der Patienten und Patientinnen nicht wahre und damit § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verletze. Dass die betroffenen Patienten und Patientinnen laut Aussagen des Revisionswerbers über überdurchschnittlich hohe Vorkenntnisse verfügten, vermöge daran nichts zu ändern. Der Einwand einer mangelnden Konkretisierung der Tat treffe nicht zu, da der Zeitpunkt der Einsichtnahme in die Behandlungsverträge in den Krankenanstalten relevant sei, nicht hingegen jener des Vertragsabschlusses.

9 Die Einstellung zu Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses begründete das Verwaltungsgericht damit, dass dem Revisionswerber der Verstoß gegen die Sonderfachbeschränkung in § 31 Abs. 3 ÄrzteG 1998 bereits zu Spruchpunkt 1)a) des Straferkenntnisses angelastet wurde.

10 Hinsichtlich der dem Revisionswerber in Spruchpunkt 3) des Straferkenntnisses vorgeworfenen Verletzung der Aufzeichnungspflicht gemäß § 51 Abs. 1 ÄrzteG 1998 sei dieser zwar insofern im Recht, als die Unterschrift des Patienten nicht zu den zwingenden Aufzeichnungen gehöre und daher der diesbezügliche Vorwurf der Verwaltungsbehörde hinsichtlich einer fehlenden Unterschrift eines näher genannten Patienten unrichtig sei. Jedoch könne aus dem Schutzzweck der Norm abgeleitet werden, dass die Unterschrift des behandelnden Arztes dessen Identifizierbarkeit diene. Das Vorbringen, wonach den Revisionswerber infolge der an Dr. M delegierten Dokumentationspflicht keine Verantwortung treffe, verkenne, dass die in § 49 Abs. 2 ÄrzteG 1998 geregelte Mitwirkung von Hilfspersonal die Verantwortlichkeit des behandelnden Arztes nicht ändere. Der Revisionswerber habe nicht behauptet, Dr. M sei der behandelnde Arzt der näher genannten Patienten und Patientinnen. Dass der Revisionswerber laut eigenen Aussagen die Aufzeichnungen in seiner Privatordination aufbewahrt hätte, vermöge an seiner Haftung nichts zu ändern, weil Sinn der ärztlichen Dokumentationspflicht sei, dass die medizinische Behandlung sowohl für den behandelnden Arzt als auch für diesen vertretende Ärzte am Ort der ärztlichen Behandlung nachvollziehbar sei. Die verfahrensgegenständlichen Behandlungen seien unbestritten in den genannten Krankenanstalten durchgeführt worden, weshalb die Aufzeichnungen auch an diesen Orten zu führen seien.

11 Dem Vorbringen des Revisionswerbers zu Spruchpunkt 4) des Straferkenntnisses, wonach die Träger der Krankenanstalten die Entlassungsberichte mit dem Zusatz "Prim. Em." abgefertigt hätten bzw. im Einzelfall andere Mitarbeiter der Krankenanstalten diese abgefertigt hätten, sei entgegenzuhalten, dass es unglaubwürdig erscheine, dass der Revisionswerber die Verwendung dieses gegen § 43 Abs. 4 und Abs. 6 ÄrzteG 1998 verstoßenden Beisatzes im Laufe seiner mehrjährigen Tätigkeit nicht wahrgenommen hätte. Er hätte von Beginn an die Verwendung dieser Signatur durch entsprechende Anweisungen unterbinden müssen.

12 Bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen handle es sich um Ungehorsamsdelikte, bei denen der Beschuldigte nach § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen habe, dass ihn kein Verschulden treffe. Der vom Revisionswerber vorgebrachte Verbotsirrtum liege schon deshalb nicht vor, weil in den vom Revisionswerber vorgelegten E-Mails der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) die Unbedenklichkeit der gegenständlichen Stammzellentherapie vor dem Hintergrund des ÄrzteG 1998 nicht bescheinigt werde. Auch das Vorbringen, der Revisionswerber habe auf das an die Ärztekammer gerichtete Schreiben keine Antwort dahin erhalten, dass stammzellenbasierte Eingriffe unzulässig seien, stelle keinen Entschuldigungsgrund dar. Der vorgebrachte Irrtum des Revisionswerbers über die vermeintliche behördliche Genehmigung der Behandlungsmöglichkeit vermöge kein mangelndes oder fehlendes Verschulden darzutun, da es am Revisionswerber gelegen wäre, eine einschlägige Rechtsauskunft bei der zuständigen Behörde einzuholen. Eine Fehlinterpretation habe er selbst zu verantworten. Hinsichtlich der Dokumentationsmängel genüge es nicht, dass er Dr. M fallweise kontrolliert habe, weil dies einerseits kein ausreichendes Kontrollsystem darstelle und andererseits die Verantwortlichkeit beim behandelnden Arzt verbleibe.

13 Da die belangte Behörde hinsichtlich Spruchpunkt 1)a) und 1)b) des Straferkenntnisses eine Gesamtstrafe verhängt habe, obwohl es sich bei den zur Last gelegten Taten hinsichtlich der Tathandlung und Tatzeit um gänzlich unterschiedliche Taten handle und somit eine Hälfteaufteilung der verhängten Gesamtstrafe wegen des Verbots der reformatio in peius nicht in Betracht komme, sei die verhängte Strafe ersatzlos zu beheben gewesen.

14 Gegen die Spruchpunkte I., III. und IV. dieses Erkenntnisses, soweit damit das behördliche Straferkenntnis bestätigt wurde, richtet sich die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegte Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, auf die der Revisionswerber repliziert hat.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

16 Die folgenden Rechtsvorschriften werden jeweils in der zum letzten vorgeworfenen Tatzeitpunkt, d.i. der , geltenden Fassung wiedergegeben.

Das Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998, in der Fassung BGBl. I Nr. 81/2013, lautet auszugsweise:

"Selbständige Berufsausübung

§ 31. (1) ...

(2) ...

(3) Fachärzte haben ihre fachärztliche Berufstätigkeit auf ihr Sonderfach zu beschränken. ...

...

Berufsbezeichnungen

§ 43. (1) Ärztliche Berufsbezeichnungen dürfen - unbeschadet der besonderen Vorschriften über die Führung solcher Berufsbezeichnungen als Amtstitel - nur nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen geführt werden.

(2) Die Berufsbezeichnungen ‚Arzt für Allgemeinmedizin', ‚approbierter Arzt', ‚Facharzt' oder ‚Turnusarzt' sowie sonstige Berufsbezeichnungen dürfen nur nach Erfüllung der hiefür geltenden Voraussetzungen (§§ 4, 27, 32, 33 und 44) geführt werden.

(3) Jede Bezeichnung oder Titelführung im allgemeinen Verkehr, die geeignet ist, die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes oder einzelner Zweige dieses Berufes vorzutäuschen, ist verboten.

(4) Der Bezeichnung der ärztlichen Berufstätigkeit dürfen neben den amtlich verliehenen Titeln nur nachstehende, der Wahrheit entsprechende Zusätze beigefügt werden:

auf die gegenwärtige Verwendung hinweisende Zusätze,

1. auf eine Ausbildung in einem Additivfach hinweisende Zusätze,

2. von der Österreichischen Ärztekammer verliehene oder anerkannte Diplome über die erfolgreiche Absolvierung einer fachlichen Fortbildung,

3. in- und ausländische Titel und Würden, sofern sie zur Verwechslung mit inländischen Amts- oder Berufstiteln geeignet sind, jedoch nur mit Bewilligung des zuständigen Bundesministers oder in der von diesem festgelegten Form,

4. Hinweise gemäß § 4 Abs. 9 des Bundesgesetzes über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen (ÄsthOpG), BGBl. I Nr. 80/2012.

(5) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für im Ausland zur Ausübung des ärztlichen Berufes Berechtigte, die sich nur vorübergehend und nicht zum Zweck der Ausübung des ärztlichen Berufes im Inland aufhalten.

(6) Die Berufsbezeichnung ‚Primararzt' oder ‚Primarius' dürfen nur Fachärzte unter der Voraussetzung führen, dass sie in Krankenanstalten dauernd mit der ärztlichen Leitung einer Krankenabteilung, die mindestens 15 systemisierte Betten aufweist, betraut sind, und ihnen mindestens ein Arzt unterstellt ist. Zur Führung der genannten Berufsbezeichnung sind auch die mit der dauernden Leitung eines im Rahmen einer Krankenanstalt geführten Instituts oder eines selbständigen Ambulatoriums betrauten Fachärzte berechtigt, denen mindestens zwei zur selbständigen Berufsausübung berechtigte, hauptberuflich tätige Ärzte unterstellt sind.

...

Behandlung der Kranken und Betreuung der Gesunden

§ 49. (1) Ein Arzt ist verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen. Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter Fortbildungsprogramme der Ärztekammern in den Bundesländern oder der Österreichischen Ärztekammer oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards, insbesondere aufgrund des Gesundheitsqualitätsgesetzes (GQG), BGBl. I Nr. 179/2004, das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren.

(2) Der Arzt hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln.

...

(3) Der Arzt kann im Einzelfall an Angehörige anderer Gesundheitsberufe oder in Ausbildung zu einem Gesundheitsberuf stehende Personen ärztliche Tätigkeiten übertragen, sofern diese vom Tätigkeitsbereich des entsprechenden Gesundheitsberufes umfasst sind. Er trägt die Verantwortung für die Anordnung. Die ärztliche Aufsicht entfällt, sofern die Regelungen der entsprechenden Gesundheitsberufe bei der Durchführung übertragener ärztlicher Tätigkeiten keine ärztliche Aufsicht vorsehen.

...

Dokumentationspflicht und Auskunftserteilung

§ 51. (1) Der Arzt ist verpflichtet, Aufzeichnungen über jede zur Beratung oder Behandlung übernommene Person, insbesondere über den Zustand der Person bei Übernahme der Beratung oder Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder therapeutischen Leistungen einschließlich der Anwendung von Arzneispezialitäten und der zur Identifizierung dieser Arzneispezialitäten und der jeweiligen Chargen im Sinne des § 26 Abs. 8 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, erforderlichen Daten zu führen und hierüber der beratenen oder behandelten oder zu ihrer gesetzlichen Vertretung befugten Person alle Auskünfte zu erteilen. In Fällen eines Verdachts im Sinne des § 54 Abs. 4 sind Aufzeichnungen über die den Verdacht begründenden Wahrnehmungen zu führen. Den gemäß § 54 Abs. 5 oder 6 verständigten Behörden oder öffentlichen Dienststellen ist hierüber Auskunft zu erteilen. Der Arzt ist verpflichtet, dem Patienten Einsicht in die Dokumentation zu gewähren oder gegen Kostenersatz die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen.

...

Strafbestimmungen

§ 199.

...

(3) Wer den im § 3 Abs. 1 oder 3, § 12 Abs. 3, § 12a Abs. 4,

§ 15 Abs. 5, § 27 Abs. 2 oder Abs. 7 zweiter Satz, § 29 Abs. 1,

§ 31 Abs. 3, § 32 Abs. 3, § 35 Abs. 7, § 36, § 37 Abs. 1 oder 8,

§ 43 Abs. 2, 3, 4 oder 6, § 45 Abs. 3 oder 4, § 46, § 47 Abs. 1,

§ 48, § 49, § 50 Abs. 1 oder 3, § 50a, § 50b, § 51, § 52 Abs. 2,

§ 53 Abs. 1 bis 3, § 54 Abs. 1, § 55, § 56 Abs. 1, § 57 Abs. 1, § 63, § 89 oder § 194 erster Satz enthaltenen Anordnungen oder Verboten zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar."

Das Wiener Krankenanstaltengesetz 1987, LGBl. Nr. 23/1987 idF

LGBl. Nr. 30/2013, lautet auszugsweise:

"§ 17

Führung von Krankengeschichten und sonstigen Vormerkungen

(1) Die Krankenanstalten sind verpflichtet:

a) über die Aufnahme und die Entlassung der Patientinnen und Patienten Vormerke zu führen, sowie im Fall der Ablehnung der Aufnahme und bei der Aufnahme nach § 36 Abs. 1 letzter Satz die jeweils dafür maßgebenden Gründe zu dokumentieren;

b) Krankengeschichten anzulegen, in denen die Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese), der Zustand der Patientin oder des Patienten zur Zeit der Aufnahme (status praesens) und der Krankheitsverlauf (decursus morbi), die angeordneten Maßnahmen sowie die erbrachten ärztlichen und gegebenenfalls zahnärztlichen Leistungen einschließlich Medikation (insbesondere hinsichtlich Name, Dosis und Verordnungsform) und Aufklärung der Patientin oder des Patienten, die Durchführung der Transplantation von Organen und Organteilen sowie der Zustand der Patientin oder des Patienten und die Art der Behandlung zur Zeit des Abganges aus der Krankenanstalt darzustellen sind und die einen Hinweis auf die Niederschrift über die Entnahme von Organen und Organteilen der Spenderin oder des Spenders, sofern dies nicht möglich ist, einen Hinweis auf die Herkunft des Transplantats, zu enthalten haben; die unter lit. a bezeichneten Angaben sind in die Krankengeschichte zu übernehmen; der Krankengeschichte ist auch die Obduktionsniederschrift (§ 40 Abs. 3 und 4) beizugeben. Weiters sind sonstige angeordnete sowie erbrachte wesentliche Leistungen, insbesondere der pflegerischen, einer allfälligen psychologischen bzw. psychotherapeutischen Betreuung sowie Leistungen der medizinischtechnischen Dienste, darzustellen;

c) über Operationen eigene Operationsniederschriften zu führen und der Krankengeschichte beizulegen;

d) über die Entnahme von Organen und Organteilen nach § 5 Organtransplantationsgesetz (OTPG) sowie über Entnahmen nach § 4 Abs. 5 Gewebesicherheitsgesetz, Niederschriften zu führen, in denen der Eintritt und der Zeitpunkt des Todes, die Art der Feststellung des Todes, der Zeitpunkt der Entnahme, die entnommenen Organe und Organteile einzutragen sind, und der Krankengeschichte der Spenderin oder des Spenders beizulegen;

diese Niederschriften dürfen keine Hinweise auf die Empfängerinnen oder Empfänger enthalten;

e) sicherzustellen, dass Patientenverfügungen (§ 2 Abs. 1 Patientenverfügungs-Gesetz) durch die aufklärende Ärztin beziehungsweise den aufklärenden Arzt sowie die behandelnde Ärztin beziehungsweise den behandelnden Arzt in der Krankengeschichte dokumentiert werden;

f) im Rahmen der Krankengeschichte allfällige Widerspüche gemäß § 44 Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG) und § 5 Abs. 1 Organtransplantationsgesetz (OTPG) zu dokumentieren;

g) über Maßnahmen der Pflege und deren Verlauf eigene Dokumentationsblätter zu führen und der Krankengeschichte beizulegen.

h) Weisen nachgereichte Befunde auf bösartige oder sonstige schwere Erkrankungen hin, ist die Patientin oder der Patient nachweislich hievon in Kenntnis zu setzen und zu einer Befundbesprechung einzuladen. Die nachweisliche Verständigung der Patientin oder des Patienten sowie das Ergebnis einer allfälligen Befundbesprechung ist in der Krankengeschichte zu dokumentieren.

(2) Krankengeschichten von stationär aufgenommenen Patienten und Operationsniederschriften sind bei ihrem Abschluß vom behandelnden Arzt, der für ihren Inhalt verantwortlich ist, und vom Abteilungsleiter zu unterfertigen. Der Teil der Niederschrift über die Entnahme von Organen und Organteilen, der sich mit der Feststellung des Todes befaßt, ist von dem den Tod feststellenden Arzt, und der Teil dieser Niederschrift, der sich mit der Entnahme befaßt, von dem die Entnahme durchführenden Arzt zu unterfertigen. Die Krankengeschichten (Abs. 1 lit. a bis e) sind während der Behandlung so zu verwahren, daß sie von unbefugten Personen nicht eingesehen werden können. Krankengeschichten sind nach ihrem Abschluß von der Krankenanstalt mindestens 30 Jahre, von einem Ambulatorium mindestens 10 Jahre, allenfalls in Form von Mikrofilmen oder in gleichwertiger Weise in doppelter Ausfertigung, aufzubewahren. Röntgenbilder und andere Bestandteile von Krankengeschichten, deren Beweiskraft nicht 30 Jahre hindurch gegeben ist, sind mindestens 10 Jahre aufzubewahren.

..."

Das Arzneimittelgesetz - AMG, BGBl. Nr. 185/1983 idF

BGBl. I Nr. 110/2012, lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) ‚Arzneimittel' sind Stoffe oder Zubereitungen aus

Stoffen, die

1. zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind, oder

2. im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder

a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder

b) als Grundlage für eine medizinische Diagnose zu dienen.

...

(4) ‚Stoffe' sind

1.

...

2.

...

3.

Tierkörper sowie Körperteile, -bestandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch oder Tier in jeglicher Form ...

...

Begriffsbestimmungen betreffend klinische Prüfungen

§ 2a. (1) ‚Klinische Prüfung' ist eine systematische Untersuchung eines Arzneimittels an einem Prüfungsteilnehmer, die mit dem Ziel durchgeführt wird,

1. Wirkungen von Prüfpräparaten zu erforschen oder nachzuweisen,

2.

Nebenwirkungen von Prüfpräparaten festzustellen, oder

3.

die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel und die Ausscheidung von Prüfpräparaten zu untersuchen.

..."

17 Die Revision ist, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I. und III. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, aus den in ihr genannten und im Folgenden dargestellten Gründen zulässig. 18 Zum Vorwurf der ungeprüften Anwendung der Stammzellentherapie im klinischen Regelbetrieb und ohne fachärztliche Indikationsstellung (Spruchpunkt I.) wird in den Zulässigkeitsgründen der Revision im Wesentlichen vorgebracht, es liege keine hg. Rechtsprechung zur Anwendung neuartiger Behandlungsmethoden im Hinblick auf § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 vor. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arzt eine Behandlungsmethode anwenden dürfe, die noch nicht vollständig etabliert sei, habe eine über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Hinsichtlich der hier relevanten ärztlichen Therapiefreiheit sei ausschlaggebend, dass keine Gefährdung eines Patienten festgestellt worden sei und es sich um jedenfalls zulässige Heilversuche handle. Dass nur im Rahmen klinischer Studien erprobte Behandlungsmethoden angewendet werden dürften, könne § 49 ÄrzteG 1998 nicht entnommen werden. Die Frage der Zulässigkeit sowie der Rahmenbedingungen von Heilversuchen sei eine elementare Frage des Medizinrechts, zu der keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

19 Zu Spruchpunkt III. wird zunächst ausgeführt, es fehle hg. Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit der Delegierung der ärztlichen Dokumentationspflicht nach § 51 ÄrzteG 1998 auch ohne ständige Beaufsichtigung. Angesichts des Arbeitsalltags in einer Krankenanstalt und weil Ärzte kein Hilfspersonal iSd § 49 Abs. 2 und 3 ÄrzteG 1998 seien, erscheine die Auffassung, dass bei Delegierung an einen anderen Arzt dieser nach § 49 Abs. 2 ÄrzteG 1998 ständig zu beaufsichtigen sei, unvertretbar. Weiters sei fraglich, ob sämtliche der vermissten Angaben (wie etwa alle Angaben der "Checkliste Pflegeanamnese", die kein Standardformular mit gesetzlich vorgegebenem Inhalt sei) tatsächlich gemäß § 51 ÄrzteG 1998 zwingend zu dokumentierende Informationen seien, und ob eine Pflicht zur Unterzeichnung jedes Dokumentes durch den behandelnden Arzt bestehe, auch wenn die Autorenschaft des Dokuments außer Zweifel stehe. Darüber hinaus gebe es keine Grundlage für die Auffassung, dass der Arzt seiner Dokumentationspflicht nur durch Führung der Patientenakten in der jeweiligen Krankenanstalt nachkommen könne, zumal § 17 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 aus systematischer Sicht nahelege, dass nur die Krankenanstalten bzw. deren Rechtsträger - und nicht auch die Ärzte - zur Aufbewahrung der Akten in der Krankenanstalt verpflichtet seien. Wo und wie ärztliche Dokumente iSd § 51 ÄrzteG 1998 aufzubewahren seien, stelle auch im Hinblick auf Belegspitäler eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung dar. 20 Die Revision ist zu den Spruchpunkten I. und III., soweit damit das behördliche Straferkenntnis bestätigt wurde, im Ergebnis berechtigt:

21 Zu Spruchpunkt 1)a) des Straferkenntnisses - Übertretung des § 49 Abs. 1 ÄrzteG durch die Anwendung einer Therapieform im klinischen Regelbetrieb ohne vorhergehende Studie und ohne Beiziehung eines Facharztes:

Der Revisionswerber führt zu diesem Punkt in den Revisionsgründen aus, dass das Verwaltungsgericht § 49 Abs. 1 ÄrzteG falsch ausgelegt habe. Auch wenn man davon ausgehe, dass die vom Revisionswerber vorgenommene autologe Stammzellentherapie (Entnahme, Aufbereitung und Reinjektion im Rahmen eines Eingriffs - sogenanntes "Point of Care-Verfahren") noch nicht ausreichend erforscht sei, würde dies nicht bedeuten, dass ein Einsatz dieser Therapieform verwehrt sei. In § 49 ÄrzteG sei unter anderem auch die Therapiefreiheit verankert. Das Verwaltungsgericht meine, dass die Durchführung einer Therapie, ohne dass diesbezüglich zunächst klinische Studien hinsichtlich des Nutzen-Risiko-Verhältnisses durchgeführt worden wären, einen Verstoß gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht darstelle. Dieses Verständnis ignoriere jedoch die ärztliche Therapiefreiheit und die sich daraus ergebende Zulässigkeit von Heilversuchen. Im Rahmen dieser Therapiefreiheit könne auch vom bisherigen Standard der Schulmedizin abgewichen werden, wenn dies zum Wohl der Patienten und Patientinnen erfolge. Im Fall des Revisionswerbers sei keine einzige konkrete Gefährdung eines Patienten festgestellt worden. Die Patienten und Patientinnen des Revisionswerbers hätten aus Sicht der klassischen Schulmedizin als austherapiert gegolten, es sei nach dem schulmedizinischen Standard demnach kein weiterer Heilerfolg zu erwarten gewesen. Dieser Umstand habe auf die vor jedem Eingriff vorzunehmende Nutzen-Risiko-Abwägung insofern einen Einfluss, als die Anwendung einer "Neulandmethode" in Abwesenheit therapeutischer Alternativen umso eher indiziert erscheinen könne. Dies entspreche der einhelligen medizinrechtlichen Literatur sowie der deutschen Judikatur, in der die Anwendung neuer Methoden nach Abwägung der Nutzen und Risiken unter dem Begriff "Heilversuch" zusammengefasst werde. Beim Heilversuch stehe die Heilung des Kranken und nicht der medizinische Erkenntnisgewinn im Vordergrund. Die Zulässigkeit derartiger über den derzeitigen Standard in der Schulmedizin hinausgehender Behandlungsmethoden werde auch in Österreich anerkannt. § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verpflichte den Arzt zwar, von den Regeln der medizinischen Wissenschaft auszugehen, diese bedeuteten aber nur eine Orientierung. Heilversuche seien nicht nur in Einzelfällen zulässig, sofern der Arzt eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung im Einzelfall vornehme.

22 Darüber hinaus sei die Sichtweise, dass eine Sonderfachbeschränkung vorliege, völlig verfehlt, da sich aus der Ausbildungsordnung, die festlege, welche Bereiche der Revisionswerber behandeln dürfe, ergebe, dass er alle Organbereiche operativ behandeln dürfe. Die Indikationsstellung bzw. -überprüfung sei immer logische Voraussetzung für eine operative Behandlung, da sich sonst ein unzulässiges Weisungsverhältnis zwischen dem Facharzt des jeweils zuweisenden Faches und dem Chirurgen ergebe. Ein Chirurg könne keinen Eingriff durchführen, den er nicht selbst für indiziert halte. 23 Heilversuch und klinischer Regelbetrieb

Im Wesentlichen wird dem Revisionswerber im ersten Teil des Spruchpunktes 1)a) des Straferkenntnisses vorgeworfen, dass er die als neue Methode eingestufte autologe Stammzellenbehandlung im "klinischen Regelbetrieb" durchgeführt habe, obwohl nicht zuvor im Rahmen einer klinischen Studie das Nutzen-Risiko-Verhältnis dieser neuen Therapieform geprüft worden sei. Dagegen wendet sich der Revisionswerber mit dem Argument, er habe jeweils einen "Heilversuch" durchgeführt. Dies sei nicht nur in Einzelfällen zulässig.

24 Zunächst ist klarzustellen, dass Stammzellen unter die Arzneimitteldefinition des § 1 AMG (Abs. 1 iVm Abs. 4 Z 3) fallen (vgl. Kopetzki, Stammzellforschung in Österreich - eine Bestandsaufnahme des geltenden Rechts, in Körtner/Kopetzki (Hrsg.), Stammzellforschung - Ethische und rechtliche Aspekte, 2008, 269). Auf die Lehre und Judikatur zur Anwendung von Arzneimitteln außerhalb einer Zulassung kann daher auch im vorliegenden Zusammenhang zurückgegriffen werden.

25 Dass die Anwendung der vom Revisionswerber praktizierten Behandlungsmethode schlechthin untersagt wäre, wird vom Verwaltungsgericht unter Hinweis auf diesbezügliche Rechtsvorschriften nicht dargelegt und vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Insbesondere kann auch den Bestimmungen des AMG ein den behandelnden Arzt treffendes generelles Anwendungsverbot nicht zugelassener Arzneimittel nicht entnommen werden (vgl. Kopetzki, "Off-label-use" von Arzneimitteln, in: Ennöckl/Raschauer/Schulev-Steindl/Wessely (Hrsg.), FS Raschauer, 2008, 73 ff (77, 80)). Eine Verletzung der "Einhaltung der bestehenden Vorschriften" im Sinne des § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ist somit nicht ersichtlich. Es ist daher zu prüfen, ob das weitere Gebot des § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998, "nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter

Einhaltung der ... fachspezifischen Qualitätsstandards" das Wohl

der Kranken zu wahren, verletzt wurde.

26 Die Anwendung von Arzneimitteln oder Behandlungsmethoden, deren Nutzen-Risiko-Verhältnis für eine bestimmte Indikation nicht zuvor in klinischen Studien geprüft wurde, wird in der Lehre als Heilversuch definiert. In der Helsinki-Deklaration des Weltärztebundes zu den Ethischen Grundsätzen für die medizinische Forschung am Menschen (Fassung 2013), die als "ethisches softlaw" bezeichnet wird (vgl. die Nachweise bei Wallner in Resch/Wallner (Hrsg.), Handbuch Medizinrecht2, 2015, Rz 219) heißt es dazu:

"Nicht nachgewiesene Maßnahmen in der klinischen Praxis

37. Bei der Behandlung eines einzelnen Patienten, für die es keine nachgewiesenen Maßnahmen gibt oder andere bekannte Maßnahmen unwirksam waren, kann der Arzt nach Einholung eines fachkundigen Ratschlags mit informierter Einwilligung des Patienten oder eines rechtlichen Vertreters eine nicht nachgewiesene Maßnahme anwenden, wenn sie nach dem Urteil des Arztes hoffen lässt, das Leben zu retten, die Gesundheit wiederherzustellen oder Leiden zu lindern. Diese Maßnahme sollte anschließend Gegenstand von Forschung werden, die so konzipiert ist, dass ihre Sicherheit und Wirksamkeit bewertet werden können. In allen Fällen müssen neue Informationen aufgezeichnet und, sofern angemessen, öffentlich verfügbar gemacht werden."

27 Nach der Literatur ist ein Heilversuch eine Abweichung vom ärztlichen Standard, die in der individuell-konkreten Behandlungssituation angelegt ist, entweder weil der Standard im konkreten Fall nicht weiterhilft oder aber ein Standard für die konkrete Behandlungssituation fehlt, im Unterschied zur klinischen Prüfung allerdings einzelfallbezogen und nicht im Rahmen einer klinischen Forschungsreihe (Wallner in Resch/Wallner (Hrsg.), Handbuch Medizinrecht2, 2015, Rz 222; Wallner in Neumayr/Resch/Wallner (Hrsg.), Gmundner Kommentar zum Gesundheitsrecht, 2016, Rz 9 zu § 49 ÄrzteG 1998). § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verpflichte den Arzt zwar, von den Regeln der ärztlichen Wissenschaft auszugehen, jedoch bedeuteten diese angesichts des primär zu wahrenden Wohls des Kranken insofern nur eine Leitlinie, als über die schulmedizinischen Kenntnisse hinausgegangen werden könne, wenn das Wohl des Kranken dies rechtfertige. Aus § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 lasse sich somit jedenfalls dann kein Verbot von Heilversuchen ableiten, wenn mit schulmedizinischen Methoden nichts mehr erreicht werden könne, der Patient umfassend aufgeklärt worden sei und der Heilversuch objektiv betrachtet auch noch einen Sinn ergebe (Wallner in Resch/Wallner (Hrsg.), Handbuch Medizinrecht2, 2015, Rz 222, mwN). Im Bereich des Heilversuchs zugunsten eines "austherapierten", sonst nicht mehr behandelbaren und schwerst erkrankten oder vom Tode bedrohten Patienten werde man zu riskanteren Behandlungsmethoden greifen dürfen, allerdings nur, wenn eine realistische, begründbare Chance auf Besserung bestehe und der Patient nach entsprechender Aufklärung einwillige (Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht6, 2008, Rz 196, mwN). 28 Eine gesetzliche Definition des Heilversuchs existiert nicht. Auch besteht, soweit ersichtlich, keine österreichische höchstgerichtliche Judikatur zum Heilversuch. Der deutsche Bundesgerichtshof hatte sich in einigen Urteilen (zu aus der Anwendung neuer Behandlungsmethoden entstandenen Schäden) mit dieser Frage zu beschäftigen:

Nach dem Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs vom , III ZR 175/54, liegt kein Heilversuch, sondern eine klinische Prüfung vor, wenn eine neue Behandlungsmethode "nicht entscheidend im Blick auf die Heilung des Kranken, sondern entscheidend im Blick auf die damit verbundenen Forschungszwecke erfolgt ist". Wie der Bundesgerichtshof zum Heilversuch erkannt hat, "darf die Anwendung einer neuen Behandlungsmethode erfolgen, wenn die verantwortliche medizinische Abwägung und ein Vergleich der zu erwartenden Vorteile dieser Methode und ihrer abzusehenden und zu vermutenden Nachteile mit der standardgemäßen Behandlung unter Berücksichtigung des Wohles des Patienten die Anwendung der neuen Methode rechtfertigt" (BGH , VI ZR 323/04). Die Vornahme von Heilversuchen an Patienten "unterscheidet sich von herkömmlichen, bereits zum medizinischen Standard gehörenden Therapien vor allem dadurch, dass in besonderem Maße mit bisher unbekannten Risiken und Nebenwirkungen zu rechnen ist. Deshalb erfordert die verantwortungsvolle medizinische Abwägung einen - im Verhältnis zur standardgemäßen Behandlung - besonders sorgfältigen Vergleich zwischen den zu erwartenden Vorteilen und ihren abzusehenden oder zu vermutenden Nachteilen unter besonderer Berücksichtigung des Wohles des Patienten" (BGH , VI ZR 55/05). Neue Verfahren dürften am Patienten "nur dann angewandt werden, wenn diesem zuvor unmissverständlich verdeutlicht wurde, dass die neue Methode die Möglichkeit unbekannter Risiken birgt". Der Patient muss in die Lage versetzt werden, für sich sorgfältig abzuwägen, ob er diese Risiken eingehen will (BGH , VI ZR 323/04; , VI ZR 55/05).

29 Vor diesem Hintergrund ergibt sich für den Revisionsfall Folgendes:

Unstrittig ist, dass sämtliche vom Revisionswerber behandelten Patienten und Patientinnen als "austherapiert" gegolten haben, also nach dem zum Entscheidungszeitpunkt geltenden schulmedizinischen Standard keinerlei weitere Heilerfolge zu erwarten waren. Auch ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht, dass durch die vorgenommenen Behandlungen konkrete Gefährdungen oder Schädigungen von Patienten und Patientinnen erfolgt wären. Das Verwaltungsgericht hat bloß allgemein und abstrakt ausgeführt, eine Gesundheitsgefährdung könne ohne klinische Studien "nicht ausgeschlossen werden", ohne dies fallbezogen zu konkretisieren. Die Annahme, dass es sich bei den vorgenommenen Behandlungen um Heilversuche gehandelt hat, scheidet unter diesen Umständen nicht aus.

30 Der zentrale Vorwurf des Verwaltungsgerichts lautet aber, der Revisionswerber habe seine Behandlungsmethode in den "klinischen Regelbetrieb" übernommen. Selbst ein im Einzelfall zulässiger Heilversuch werde dadurch unzulässig, dass er in den klinischen Regelbetrieb übernommen werde, da es sich dann nicht mehr um einen einzelfallbezogenen Heilversuch, sondern um eine regelmäßige Heilbehandlung mit nicht überprüften Methoden handle. Offenbar wird damit zum Ausdruck gebracht, der Revisionswerber habe seine Therapieform verbotener Weise nicht nur in wenigen Einzelfällen praktiziert.

31 Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass bei der Anwendung einer neuen Therapieform auf eine größere Anzahl von Patienten und Patientinnen die Qualifikation der Behandlung der einzelnen Person als Heilversuch von vornherein ausscheidet (vgl. auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht6, 2008, Rz 957). 32 Soweit das Verwaltungsgericht die Behauptung des Revisionswerbers, er habe in jedem Einzelfall eine Nutzen-Risiko-Abwägung durchgeführt, in Frage stellt, fehlen konkrete Feststellungen zum Ausmaß des Risikos, das gegen die Vornahme von Heilversuchen sprechen könnte. Auch zu den Umständen und dem Inhalt der Aufklärung der einzelnen Patienten und Patientinnen fehlen konkrete Feststellungen, aus denen eine Unzulässigkeit der Vornahme von Heilversuchen hervorginge.

Das angefochtene Erkenntnis erweist sich zu Spruchpunkt 1)a) des Straferkenntnisses aber auch aus folgendem Grund als rechtswidrig:

33 Kein fortgesetztes Delikt

Der Revisionswerber bringt unter Hinweis auf hg. Judikatur vor, das Verwaltungsgericht weiche von der hg. Judikatur zum fortgesetzten Delikt und zu § 44a VStG ab. Bereits in der Beschwerde sei dargelegt worden, aus welchen Gründen in diesem Fall die Annahme eines fortgesetzten Deliktes ausscheide. Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern wie Leben oder Gesundheit werde bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts auch die Identität des Angriffsobjekts gefordert, jedoch seien laut dem Tatvorwurf unterschiedliche Behandlungen unterschiedlicher Patienten erfolgt und lägen daher unterschiedliche "Angriffsobjekte", also Patienten, vor. Infolge unrichtiger Beurteilung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sei die Verfolgungsverjährung falsch beurteilt worden.

Mit diesem Vorbringen ist der Revisionswerber im Recht. 34 Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs. 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht beim fortgesetzten Delikt bzw. beim Dauerdelikt. Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Grundsätzlich wird bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts nicht die Identität des Angriffsobjekts gefordert, es sei denn, es handelt sich - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt (vgl. etwa ; , 90/19/0263; , 88/08/0181; , 96/03/0076; , 2004/04/0185; , Ro 2016/09/0001; , Ra 2016/03/0108) - um höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, Ehre oder Gesundheit.

35 Nach § 49 Abs. 1 ÄrzteG ist ein Arzt verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen und "nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards" das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren. Mit dieser Bestimmung schützt das Ärztegesetz den einzelnen Patienten bzw. die einzelne Patientin vor Schäden an der Gesundheit, die durch nicht diesen Vorgaben entsprechende Beratung oder Behandlung entstehen können. Um somit von einem fortgesetzten Delikt ausgehen zu können, müsste Identität des Angriffsobjektes vorliegen. Mehrere in einem zeitlichen Zusammenhang begangene Einzelübertretungen des § 49 Abs. 1 ÄrzteG können somit ein fortgesetztes Delikt darstellen, wenn sie an derselben Person begangen werden, nicht hingegen, wenn sie sich gegen unterschiedliche Personen richten. Da es im Revisionsfall somit nicht um ein fortgesetztes Delikt geht, sondern um eine Vielzahl von Einzeldelikten, hätte der vom Verwaltungsgericht bestätigte Spruch des Straferkenntnisses als Tatzeit nicht zwei Zeiträume (" bis " und " bis ") sondern die Daten der vorgeworfenen Einzeldelikte zu enthalten gehabt.

36 Gemäß § 31 Abs 1 VStG in der ab geltenden Fassung, BGBl. I Nr. 33/2013, ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 VStG) vorgenommen wurde. Nach der bis zum geltenden Fassung dieser Bestimmung, BGBl. I Nr. 20/2009, betrug die Verjährungsfrist sechs Monate. Diese Frist ist ab dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt (vgl. § 31 Abs 1 zweiter Satz VStG). Eine die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG ist auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z 2 VStG zu beziehen; die (korrekte) rechtliche Qualifikation der Tat ist hingegen nicht erforderlich (vgl. zum Ganzen , mwN).

37 Aus den vom Verwaltungsgericht vorgelegten Akten geht hervor, dass dem Revisionswerber mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom zur Last gelegt wurde, in der V-Klinik in insgesamt 44 Fällen von bis und in der W-Klinik in insgesamt 44 Fällen von bis Stammzellentherapien durchgeführt zu haben. In dieser Aufforderung zur Rechtfertigung wird auf beiliegende Patientenlisten verwiesen. Diese Listen, aus denen auch die jeweiligen Operationsdaten hervorgehen, waren nach der Aktenlage auch dem Straferkenntnis angeschlossen. Selbst wenn man davon ausginge, dass damit die zu Spruchpunkt 1)a) angelasteten Taten hinsichtlich ihrer Zeitpunkte ausreichend bestimmt wären, so wäre jedenfalls für einen Teil dieser Handlungen Verfolgungsverjährung eingetreten.

38 Dies hat das Verwaltungsgericht aufgrund einer verfehlten Rechtsansicht zum fortgesetzten Delikt verkannt und es daher auch verabsäumt, die notwendigen Feststellungen zu den vorgeworfenen Einzelhandlungen und ihren jeweiligen Zeitpunkten zu treffen. 39 Sonderfachbeschränkung

40 Was den zweiten unter Spruchpunkt 1)a) des Straferkenntnisses angeführten Tatvorwurf der eigenständigen Indikationsstellung ohne Beiziehung eines jeweils berechtigten Facharztes betrifft, so erweist sich das angefochtene Erkenntnis schon deshalb als rechtswidrig, weil es sich dabei um eine Übertretung des § 31 Abs. 3 ÄrzteG 1998 handelt (lex specialis; vgl. § 199 Abs. 3 ÄrzteG 1998, der eine Verletzung des § 31 Abs. 3 leg. cit. zu einer Verwaltungsübertretung erklärt). 41 Da das Verwaltungsgericht den Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses, welcher den Vorwurf der Übertretung des § 31 Abs. 3 ÄrzteG 1998 enthielt, jedoch aufgehoben und das Strafverfahren dazu bereits eingestellt hat, kommt freilich ein neuerlicher diesbezüglicher Tatvorwurf nicht mehr in Betracht. 42 Der Revision war daher, soweit sie sich gegen die Bestätigung des Spruchpunktes 1)a) des Straferkenntnisses der belangten Behörde richtet, stattzugeben.

43 Zu Spruchpunkt 1)b) des Straferkenntnisses - Täuschung näher bezeichneter Patienten und Patientinnen dahingehend, dass eine Genehmigung für die Vornahme der Therapie vorliege:

Im vom Verwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkt 1)b) des Straferkenntnisses war dem Revisionswerber angelastet worden, in sechs namentlich genannte Patienten und Patientinnen betreffenden Behandlungsverträgen, "welche bei der Erhebung am in der V-Klinik gesichtet wurden", und in acht namentlich genannte Patienten und Patientinnen betreffenden Behandlungsverträgen, "welche bei der Erhebung am in der W-Klinik gesichtet wurden", folgende zur Täuschung geeignete Passage geführt zu haben:

"Die ärztliche Untersuchung sowie Entnahme und Re-Injektion der Stammzellen werden von Fachärzten in einem eigens dafür vorgesehenen medizinischen Entnahmeverfahren durchgeführt, welches von den österreichischen Aufsichtsbehörden dem Österreichischen Gewebeschutzgesetz entsprechend genehmigt wurde (Point of Care Verfahren)."

44 Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass dieser Passus als täuschungsgeeignet zu erachten war. Allem voran ist auszuführen, dass in der österreichischen Rechtsordnung das vom Revisionswerber angeführte "Gewebeschutzgesetz" nicht existiert und das Gewebesicherheitsgesetz, BGBl. I Nr. 49/2008 idF BGBl. I Nr. 63/2009, nach seinem § 1 Abs. 3 Z 1 für "Zellen und Gewebe, die innerhalb ein und desselben medizinischen Eingriffs als autologes Transplantat verwendet werden", nicht gilt, weswegen auch keine Genehmigung danach hätte erteilt werden können. Die Angabe, dass eine Genehmigung für die Vornahme der Therapie vorliege, ist jedenfalls geeignet, bei Patienten und Patientinnen den Eindruck hervorzurufen, dass es sich um ein bewährtes Verfahren handelt, welches zumindest teilweise, sei es auch nur durch Genehmigungserteilung, staatlich beaufsichtigt wird. Durch diese Verharmlosung der geplanten Therapie kann die Entscheidungsfindung eines potentiellen Patienten maßgeblich beeinflusst werden. Dass der Revisionswerber selbst von einer Genehmigung nach diesem Gesetz ausgegangen ist, wird nicht einmal behauptet. Entgegen dem Revisionsvorbringen kann dieser Täuschungsaspekt auch nicht durch den in den Behandlungsverträgen enthaltenen Hinweis entkräftet werden, dass die gegenständlichen Therapien "noch nicht als allgemeine Behandlungsmethoden anerkannt sind und die Kosten daher von der gesetzlichen Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden", zumal der bloße Hinweis auf eine noch nicht als allgemeine Behandlungsmethode anerkannte Therapie den eigens hervorgehobenen Aspekt der behördlichen Genehmigung nicht aufhebt.

45 Auch betreffend diesen Spruchpunkt hat das Verwaltungsgericht jedoch verkannt, dass es sich nicht um ein fortgesetztes Delikt handelt. Die Pflichtverletzung durch die Täuschung kann notwendigerweise nur im Zeitpunkt des Abschlusses des jeweiligen Behandlungsvertrages stattfinden. Dieser Zeitpunkt ist somit - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes, welches von der Relevanz des Zeitpunkts der Einsichtnahme in die Behandlungsverträge in den Krankenanstalten ausging - als der jeweilige Tatzeitpunkt zu erachten. Diese Tatzeitpunkte ergeben sich jedoch weder aus der Formulierung des Spruches noch aus der Aufforderung zur Rechtfertigung vom oder den beigelegten Patientenlisten.

46 Daher erweist sich das angefochtene Erkenntnis auch hinsichtlich der Bestätigung des Spruchpunktes 1)b) des Straferkenntnisses der belangten Behörde als inhaltlich rechtswidrig.

47 Zu Spruchpunkt III. - Dokumentationspflicht:

§ 51 ÄrzteG 1998 regelt eine Dokumentationspflicht des behandelnden Arztes, die jeden Arzt trifft, sowohl die in Spitälern tätigen als auch freiberufliche Ärzte (vgl. , mwN). Sie dient im Wesentlichen der Therapiesicherung, der Beweissicherung und der Rechenschaftslegung, also insbesondere der Dokumentation der wesentlichen diagnostischen Ergebnisse und therapeutischen Maßnahmen (vgl. , mwN). Ausgehend vom Gesetzeswortlaut handelt es sich bei den in § 51 Abs. 1 ÄrzteG 1998 genannten Aufzeichnungen um eine demonstrative Aufzählung. Danach sind jedenfalls Informationen über den Zustand der Person bei Übernahme, deren Beratung oder Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder therapeutischen Leistungen einschließlich der Anwendung von Arzneispezialitäten zu sammeln. Nach den jeweiligen Gegebenheiten können im Einzelfall darüber hinausgehende Aufzeichnungen erforderlich sein.

48 Der vom Verwaltungsgericht dem § 51 ÄrzteG 1998 beigelegte Sinn, dass die medizinische Behandlung sowohl für den behandelnden Arzt als auch für diesen vertretende Ärzte am Ort der ärztlichen Behandlung nachvollziehbar sein und die diesbezügliche Dokumentation daher dort aufbewahrt werden muss, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung selbst noch aus den Materialien. Diesem Zweck dient vielmehr der von der Revision zu Recht erwähnte § 17 des Wiener Krankenanstaltengesetzes, demzufolge die Krankenanstalten verpflichtet sind, Krankengeschichten, für deren Inhalt der behandelnde Arzt verantwortlich ist, anzulegen und aufzubewahren. Diese Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht besteht zusätzlich zur Dokumentationspflicht nach § 51 ÄrzteG 1998 (vgl. ), welche den Zweck verfolgt, die ebenfalls in § 51 ÄrzteG 1998 normierte Pflicht zur Auskunftserteilung an die beratene bzw. behandelte Person oder deren gesetzliche Vertretung sicherzustellen. Diese Auskunftserteilung wird aber durch die Aufbewahrung der Patientendokumentation an einem anderen Ort nicht zwingend verunmöglicht.

49 Der Revisionswerber hatte in der Beschwerdeverhandlung vorgebracht, die vollständige Patientendokumentation betreffend jene Personen, zu denen die belangte Behörde die in den Wiener Kliniken aufliegenden Aufzeichnungen als lückenhaft eingestuft hatte, seien zum Zeitpunkt der behördlichen Überprüfung in seiner Ordination in Kärnten aufbewahrt gewesen. Dieses Vorbringen führt die Revision zu Spruchpunkt III. zum Erfolg, da das Verwaltungsgericht aufgrund der verfehlten Rechtsansicht, die Dokumentation iSd. § 51 ÄrzteG 1998 sei jedenfalls in der Krankenanstalt aufzubewahren, keine Feststellungen zu den - in der Verhandlung auch vorgelegten - Aufzeichnungen des Revisionswerbers getroffen hat.

50 Bei diesem Ergebnis und weil dem Revisionswerber zu Spruchpunkt III. lediglich die Übertretung des § 51 ÄrzteG 1998 angelastet wurde, erübrigt sich ein Eingehen auf den in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses erhobenen Vorwurf einer Verletzung der in § 49 ÄrzteG 1998 geregelten Aufsichtspflicht bei Delegation der Dokumentationspflicht sowie auf das dazu erstattete Revisionsvorbringen.

51 Das angefochtene Erkenntnis war aus den genannten Gründen in seinen Spruchpunkten I. und III., jeweils soweit damit das behördliche Straferkenntnis bestätigt wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 52 Zu Spruchpunkt IV. - Führen des Titels "Primarius emeritus":

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 53 Zur Zulässigkeit der Revision in diesem Punkt wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es fraglich sei, ob eine Verwaltungsübertretung gemäß § 43 iVm § 199 Abs. 3 ÄrzteG 1998 überhaupt in Form eines unechten Unterlassungsdeliktes begangen werden könne, beziehungsweise, ob trotz Fehlens einer § 2 StGB vergleichbaren Vorschrift auch im Verwaltungsstrafrecht das Institut des unechten Unterlassungsdeliktes existiere. Es werde dem Revisionswerber im Ergebnis nicht zur Last gelegt, er habe den Titel "Prim. em." aktiv geführt, sondern vielmehr, dass er es unterlassen hätte, andere daran zu hindern, den Titel im Zusammenhang mit seinem Namen zu verwenden. Darüber hinaus sei fraglich, ob das Verbot des Führens des Titels "Primarius" ohne Vorliegen der Voraussetzungen in § 43 Abs. 6 ÄrzteG 1998 überhaupt verletzt werden könne, wenn der Titel "Prim. em." geführt werde und somit für den Verkehr klar sei, dass es sich um einen emeritierten Primarius handle.

54 Entgegen diesem Vorbringen stellt sich vorliegend schon angesichts der Tatumschreibung in dem vom Verwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkt 4) des Straferkenntnisses ("entgegen § 43 Abs. 4 und 6 ÄrzteG 1998 ... führen Sie jedoch folgende ... Signatur"), die ein aktives Tun beschreibt, die Frage des Unterlassungsdelikts nicht.

55 § 43 ÄrzteG 1998 regelt die Führung ärztlicher Berufsbezeichnungen und Zusätze (ungeachtet etwaiger Amtstitel), wie sich aus Abs. 1 leg.cit. ergibt, abschließend. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut handelt es sich bei § 43 Abs. 4 Z 1 bis 5 ÄrzteG 1998 um eine taxative Aufzählung möglicher Zusätze, und die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Primarius" ergibt sich nach Abs. 6 leg. cit. aus der aufrechten Betrauung mit der ärztlichen Leitung einer Krankenabteilung. Sind jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berufsbezeichnung "Primarius" nicht mehr erfüllt, fällt diese Berechtigung weg. Folglich handelt es sich bei dem Verweis auf eine abgeschlossene Tätigkeit, wie der Bezeichnung als Primarius emeritus, weder um einen zulässigen Zusatz nach § 43 Abs. 4 ÄrzteG 1998 noch um eine Berufsbezeichnung gemäß § 43 Abs. 6 leg. cit. 56 Angesichts dieser eindeutigen Rechtslage wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargelegt, auch wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa , mwN). 57 Diesbezüglich war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

58 Verhandlungsantrag und Kostenspruch

59 Die Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 VwGG schon deshalb entfallen, weil das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat. 60 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AMG 1983
AMG 1983 §1
AMG 1983 §1 Abs1
AMG 1983 §1 Abs4 Z3
ÄrzteG 1998 §43
ÄrzteG 1998 §43 Abs1
ÄrzteG 1998 §43 Abs4
ÄrzteG 1998 §43 Abs6
ÄrzteG 1998 §49 Abs1
ÄrzteG 1998 §51
KAG Wr 1987 §17
VStG §22 Abs2
VStG §44a
VStG §44a Z1
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit
Mängel im Spruch
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2015110113.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAE-93998