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VwGH vom 20.12.2012, 2011/23/0500

VwGH vom 20.12.2012, 2011/23/0500

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/407.966/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

In ihrer Begründung führte sie aus, dass sich der Beschwerdeführer laut Akteninhalt seit dem im Bundesgebiet aufhalte. Sein am (unter Berufung auf seinen österreichischen Stiefvater) gestellter Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö" sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom abgewiesen worden. Da er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels sei, lägen die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG vor.

In Ansehung des § 66 FPG verwies die belangte Behörde auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, Grund seines Aufenthaltes in Österreich sei das Familienleben mit seiner Mutter und seinem österreichischen Stiefvater. Selbst wenn man aber - so die belangte Behörde - auf Grund des bisherigen Inlandsaufenthaltes des Beschwerdeführers von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben ausginge, wäre dieser Eingriff zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme nämlich aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Diese Vorschriften habe der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet jedoch gravierend missachtet. In Ermangelung besonderer, zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des Ermessens Abstand genommen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Oktober 2008 geltende Fassung.

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG beim Beschwerdeführer vorläge.

Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang insbesondere gleichheitsrechtliche Bedenken (hinsichtlich der Schlechterstellung von Angehörigen von Österreichern gegenüber den Angehörigen von "freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern") geltend. Dazu genügt es allerdings, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 18.968, hinzuweisen.

Wird durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Ausweisung darf nach dem - auch bei Ausweisungen gemäß § 53 Abs. 1 FPG zu beachtenden (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0348, Punkt 2.3.2.) - § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen (Z 2) Bedacht zu nehmen. Bei der Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt.

Der Beschwerdeführer bemängelt in diesem Zusammenhang, die belangte Behörde habe keine ordnungsgemäße Interessenabwägung durchgeführt und sei nicht auf seine familiären und privaten Interessen eingegangen. Damit zeigt er aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Auch wenn - wie dem Beschwerdeführer zuzugestehen ist - die fallbezogenen Überlegungen im Rahmen der Interessenabwägung im angefochtenen Bescheid eingehender hätten zum Ausdruck gebracht werden können, ist darin im vorliegenden Fall kein relevanter Begründungsmangel zu sehen. Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung nämlich erkennbar den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit Juli 2005, somit bis zur Bescheiderlassung von (nur) etwas mehr als drei Jahren, und die Bindungen zu seiner Mutter und seinem österreichischen Stiefvater zugrunde gelegt. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers hat sie aber zu Recht das hoch zu veranschlagende Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften entgegengehalten. Dieses Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen - durchgehend - unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gravierend beeinträchtigt. Selbst wenn - wie in der Beschwerde geltend gemacht und worauf auch die aus dem Akt ersichtlichen Meldedaten hindeuten - von einer Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich bereits im Mai 2002 (und somit von einer Aufenthaltsdauer bis zur Bescheiderlassung von knapp sechseinhalb Jahren) auszugehen sein sollte, würde dies im vorliegenden Fall nicht zu einer entscheidungserheblichen Verstärkung seiner Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet führen. In diesem Fall hätte der Beschwerdeführer nämlich mehr als drei Jahre unrechtmäßig in Österreich gelebt, bis er überhaupt einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stellte. Weitere Umstände, die das Ergebnis der Interessenabwägung zugunsten des Beschwerdeführers hätten beeinflussen können, werden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. In Ermangelung einer Aufenthaltsberechtigung durfte der Beschwerdeführer schließlich auch nicht damit rechnen, sich dauerhaft in Österreich niederlassen zu können.

Es ist daher insgesamt nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als dringend geboten iSd § 66 FPG angesehen und auch unter Ermessensgesichtspunkten nicht von ihrer Erlassung abgesehen hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-93989