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VwGH vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0030

VwGH vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des C O, zuletzt in W, vertreten durch Dr. Georg Rihs, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W154 2102215- 1/3E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am folgenden Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurückgewiesen, weil nach der Dublin III-Verordnung Italien für die Prüfung des Antrags zuständig sei. Gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG wurde die Außerlandesbringung des Revisionswerbers angeordnet, und es wurde ausgesprochen, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Italien zulässig sei.

Am um 22:20 Uhr wurde der Revisionswerber - laut Anhalteprotokoll gemäß § 40 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) - festgenommen und in das Polizeiliche Anhaltezentrum H. überstellt. Am folgenden Tag um 12:35 Uhr wurde er vom BFA niederschriftlich einvernommen. Anschließend verhängte das BFA gegen ihn mit sogleich in Vollzug gesetztem Mandatsbescheid vom gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm Art. 28 Dublin III-Verordnung die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung.

Gegen diesen Bescheid, die "Anordnung der Schubhaft und die andauernde Anhaltung in Schubhaft" sowie die "Anhaltung im Rahmen der Festnahme am " bis zur Vorführung vor das BFA erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

Dieses wies die Beschwerde "gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl" mit Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses gemäß Art. 28 Dublin III-Verordnung iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab, wobei sich aus der Begründung ergibt, dass die Behandlung der Beschwerde gegen die Festnahme (und der Kostenersatzanträge) einer gesonderten Entscheidung vorbehalten wurde. Mit Spruchpunkt A.II. stellte das BVwG gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 1 FPG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Mit Spruchpunkt B. wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision; Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese - wie sich aus dem Weiteren ergibt: zulässige - Revision in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat nach Aktenvorlage erwogen:

Mit Erkenntnis vom , G 151/2014 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass diese Bestimmungen nicht mehr anzuwenden seien (siehe dazu die Kundmachung des Bundeskanzlers unter BGBl. I Nr. 41/2015). Die auf § 22a Abs. 1 BFA-VG gestützte Abweisung der Beschwerde mit Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses erweist sich daher schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig.

Im Übrigen wird dazu aber auch noch auf die sogleich folgenden Ausführungen zu dem vom BVwG mit Spruchpunkt A.II. vorgenommenen Fortsetzungsausspruch verwiesen.

Diese Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG die für die Fortsetzung der Schubhaft gegen den Revisionswerber maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen, gründete das BVwG spruchgemäß auf den - verfassungsrechtlich unbedenklichen (siehe das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 151/2014 u.a., Rz 63) - Abs. 3 des § 22a BFA-VG iVm § 76 Abs. 1 FPG. Richtigerweise wäre auch auf Art. 28 Dublin III-Verordnung abzustellen gewesen, da die gegen den Revisionswerber angeordnete Schubhaft der Sicherung seiner - am dann auch effektuierten - Überstellung gemäß dieser Verordnung nach Italien diente. Schon das Fehlen der Bezugnahme auf die Dublin III-Verordnung belastet den Fortsetzungsausspruch mit Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/21/0080).

Im genannten Erkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe des Näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde außerdem - anschließend an das Erkenntnis vom , Ro 2014/21/0075 - zum Ausdruck gebracht, dass es am Boden von Art. 2 lit. n Dublin III-Verordnung ergänzend innerstaatlich gesetzlich festgelegter Kriterien zur Konkretisierung der in Art. 28 Abs. 2 der Verordnung für die Verhängung von Schubhaft (u.a.) normierten Voraussetzung des Vorliegens von "Fluchtgefahr" bedürfe und auch der Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 1 FPG diesen Vorgaben nicht genüge.

Aus all diesen Gründen, die auch in der Revision geltend gemacht werden, war das angefochtene Erkenntnis zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der in der Revision beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 5 VwGG abgesehen werden.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am

Fundstelle(n):
CAAAE-93984