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VwGH vom 10.05.2010, 2009/16/0102

VwGH vom 10.05.2010, 2009/16/0102

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2009/16/0103

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerden der M GmbH in V, vertreten durch die N N Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 8010 Graz, Herdergasse 11, gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, jeweils vom , GZ. RV/0169-K/07 (hg. Zl. 2009/16/0102) und RV/0316-K/06 (hg. Zl. 2009/16/0103), jeweils betreffend Pfändung einer Geldforderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.221,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei jeweils an eine Bank als Drittschuldnerin gerichteten Bescheiden vom sprach das Finanzamt Spittal Villach aus, dass wegen einer Abgabenforderung in Höhe von EUR 18,127.286,-

- das jeweilige Guthaben der Beschwerdeführerin auf deren Girokonten in dieser Höhe gepfändet werde. Soweit die Forderung gepfändet sei, dürfe keine Zahlung an die Beschwerdeführerin geleistet werden.

Mit Berufungsvorentscheidungen jeweils vom wurden die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufungen als unbegründet abgewiesen. Dabei berief sich die Abgabenbehörde erster Instanz auf einen Sicherstellungsauftrag vom in Höhe von EUR 18,127.286,--.

In ihren Vorlageanträgen brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, weder die Abgabenvorschreibung noch der Sicherstellungsauftrag seien rechtskräftig, weswegen die Pfändungen rechtswidrig seien.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen übereinstimmend aus, die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, wonach für den rechtmäßigen Erwerb des Pfandrechtes im Abgabensicherungsverfahren Voraussetzung sei, dass sowohl der zu sichernde Abgabenanspruch bereits rechtskräftig feststehe als auch, dass der der Pfändung zu Grunde liegende Titel, also der Sicherstellungsauftrag, in Rechtskraft erwachsen sei, sei entgegen zu halten, dass dies im Wortlaut des § 78 Abs. 1 Abgabenexekutionsordnung (im Folgenden: AbgEO) keine Deckung finde. Vielmehr wäre bei diesem Verständnis der Normzweck vereitelt, weil im Falle des Abwartenmüssens der Rechtskraft des Abgabenbescheides oder des Sicherstellungsauftrages wertvolle Zeit zur Sicherung des Pfandranges verloren ginge.

Es werde dabei auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach die Pfändung einer Forderung zur Sicherstellung einer Abgabe durch Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner bereits vollzogen werden könne, ehe der Sicherstellungsauftrag dem Abgabenschuldner überhaupt zugestellt worden sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2572/50, VwSlg. 687/F). Dadurch werde verdeutlicht, dass die Forderungspfändung zur Sicherung einer Abgabenschuld nur die Erlassung eines entsprechenden Sicherstellungsauftrages, nicht aber dessen bereits vollzogene Zustellung an den Abgabenschuldner, geschweige denn dessen Rechtskraft zur Voraussetzung habe.

Die Einwände der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Abgabenanspruches und des Sicherstellungsauftrages, seien in den diesbezüglichen Verfahren vorzubringen. Sie seien nicht im Berufungsverfahren gegen den Pfändungsbescheid zu prüfen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in welchen die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid - immerhin erkennbar - in ihrem Recht auf Unterbleiben der Pfändungen verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in welchen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - erwogen:

Sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, kann die Abgabenbehörde nach § 232 Abs. 1 BAO bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Sicherstellungsauftrag ist gemäß § 233 Abs. 1 BAO Grundlage für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren.

Nach § 78 Abs. 1 AbgEO kann auf Grund eines Sicherstellungsauftrages zur Sicherung von Abgaben und Abgabenstrafen schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist die Vornahme von Vollstreckungshandlungen angeordnet werden.

Gemäß § 78 Abs. 2 AbgEO kann zur Sicherung nur die Pfändung und Verwahrung beweglicher körperlicher Sachen und die Pfändung grundbücherlich nicht sichergestellter Geldforderungen und von Ansprüchen auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen vorgenommen werden.

Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO mittels Pfändung derselben. Sofern nicht die - hier nicht in Betracht kommende - Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen.

Gegen die Forderungspfändung im finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahren steht dem Abgabenschuldner ein Rechtsmittel zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/15/0031, mwN).

Die Beschwerdeführerin vertritt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, die Pfändung setze einen rechtskräftigen Sicherstellungsauftrag voraus.

Die Vornahme von Vollstreckungshandlungen nach § 78 Abs. 1 AbgEO erfordert nur das Bestehen eines Sicherstellungsauftrages nach § 232 BAO. Entscheidend ist, dass ein Sicherstellungsauftrag und damit ein Titel für das Vollstreckungsverfahren vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/15/0228, mwN). Auf die Rechtskraft des Sicherstellungsauftrages kommt es nach dem Wortlaut des § 78 Abs. 1 AbgEO nicht an.

Auch aus dem Umstand, dass gegen die im Verfahren über den Sicherstellungsauftrag ergangene Berufungsentscheidung (Anm.: die zur hg. Zl. 2007/15/0140 protokollierte) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden ist, lässt sich somit für die Beschwerdeführerin nichts gewinnen (vgl. diesbezüglich auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/13/0140).

Sollte sich im Beschwerdefall als Ergebnis des genannten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Rechtswidrigkeit des Sicherstellungsauftrages ergeben und dieser in der Folge aus dem Rechtsbestand beseitigt werden, so wäre eine Änderung des Pfändungsbescheides nach § 295 Abs. 3 BAO möglich. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach es auf die Rechtskraft des Sicherstellungsauftrages ankäme, weil sonst auch bei dessen Rechtswidrigkeit keine Möglichkeit bestehe, gegen die Pfändung vorzugehen, erweist sich daher als nicht richtig.

Wenn sich die Beschwerdeführerin überdies in ihren Rechten dadurch verletzt erachtet, weil sie sich "im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung zum Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Abgabenbehörde II. Instanz nicht äußern" habe können, so legt sie in der Beschwerde aber nicht dar, welches Vorbringen sie durch diesen behaupteten Verfahrensfehler zu erstatten zu gehindert gewesen ist.

Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am