VwGH vom 26.05.2011, 2009/16/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch die Masser Partner Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Zoll-Senat 1, vom , GZ. ZRV/0060- Z 1W/06, betreffend Tabaksteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde am wegen des Verdachts des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgaben- und Monopolhehlerei gemeinsam mit DM in seiner Wohnung festgenommen. Bei seiner noch am selben Tag erfolgten niederschriftlichen Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, DM habe ihn in der Früh (desselben Tages) telefonisch gebeten, ihm "bei einer Umladung in P" zu helfen. Sie hätten sich dann in P getroffen, wo sie von einem ungarischen Lkw Kartons in den von ihm gelenkten Ford Kastenwagen und in den von DM gelenkten Fiat Ducato, einem Fahrzeug der P GmbH, umgeladen hätten. Er habe nicht gewusst, was sich in den Kartons befunden habe. Danach sei der Beschwerdeführer mit dem Ford Kastenwagen in den X-Bezirk gefahren, habe das Fahrzeug dort abgestellt und die Fahrzeugschlüssel vereinbarungsgemäß unter der Fußmatte verwahrt. Erst nachdem er wieder in seiner Wohnung gewesen sei, habe ihn DM angerufen und mitgeteilt, dass es sich um Zigaretten gehandelt habe.
Er habe DM bereits bei einer früheren Lieferung am geholfen. Auch damals hätten sie in P Kartons von einem ungarischen Lkw in den damals von ihm gelenkten Firmenwagen Fiat Ducato und in ein weiteres von DM gelenktes Fahrzeug umgeladen. Es sei schon möglich, dass DM ihm damals gesagt habe, dass Zigaretten transportiert würden. Er habe ihm das aber nicht geglaubt, weil DM öfters Späße mache.
Mit Bescheid vom schrieb das Zollamt dem Beschwerdeführer (als Gesamtschuldner u. a. mit DM) gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 Tabaksteuergesetz (in der Folge TabStG) Tabaksteuer in Höhe von EUR 101.886,79 mit der Begründung vor, dass er am und am näher bezeichnete 1,070.600 Stück Zigaretten verschiedener Marken, welche außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens in das Steuergebiet verbracht worden seien, unter Nichteinhaltung der Verfahrensvorschriften zum Weiterverkauf in Empfang genommen habe.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Botenfahrten seien unentgeltliche Gefälligkeitsdienste gewesen. Der Beschwerdeführer habe nicht gewusst, um welche Gegenstände es sich beim beförderten Gut gehandelt habe. Der Bezieher des Transportgutes sei - wenn überhaupt - ausschließlich DM gewesen. Der Beschwerdeführer habe keine Ahnung von dem illegalen Handel mit Zigaretten gehabt. Er habe sich an einem solchen - so er überhaupt vorliege - in keiner Weise beteiligt. Der Beschwerdeführer beantragte zum Beweis dessen seine Einvernahme sowie die Einvernahme von sechs weiteren namentlich angeführten Personen, welche er zwar mit Ausnahme von DM nicht kenne, mit welchen aber laut erstinstanzlicher Abgabenvorschreibung ein Gesamtschuldverhältnis bestehe.
Der Beschwerdeführer habe hinsichtlich der Tabakwaren, welche ihm die Behörde begründungslos zugeschrieben habe, nicht einmal Besitz begründet. Auch gewerbsmäßiges Handeln sei ihm von der Behörde ohne nähere Begründung und unzutreffenderweise unterstellt worden.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wurde u.a. der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, am 17. Jänner und am in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit DM eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich 1,070.600 Stück (5.353 Stangen) Zigaretten, hinsichtlich derer von unbekannt gebliebenen Personen ein Schmuggel begangen und in Bezug auf die Zoll in Höhe von EUR 83.980,80 verkürzt worden sei, an sich gebracht und damit das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben. Er wurde dafür zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 18.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Monat) verurteilt. Hinsichtlich des Beschwerdeführers wurde von der Verhängung einer Wertersatzstrafe betreffend die nicht mehr sichergestellten Zigaretten sowie betreffend die im Eigentum der nicht an den Straftaten beteiligten MS und IS stehenden Kraftfahrzeuge jeweils der Type Ford Transit abgesehen. Weiters wurde der Beschwerdeführer vom Vorwurf der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung (§§ 33 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG) und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols (§ 44 Abs. 1 lit. a FinStrG) freigesprochen.
Begründend führte das Landesgericht für Strafsachen Wien aus, die ebenfalls angeklagten DM und VJ hätten von Dezember 2004 (im Fall des VJ von September 2004) bis mehrmals Zigaretten übernommen, welche zuvor in das Zollgebiet der EU geschmuggelt und über S (Ungarn) nach Österreich verbracht worden seien, um in weiterer Folge im Inland verkauft zu werden. Die Hinterziehung des Zolles sei erst in Österreich entdeckt worden. DM und VJ hätten die Zigaretten sodann an die Handelsorte verbracht, wo sie diese ohne Besitz einer nach dem (Tabakmonopolgesetz) TMG erforderlichen Bewilligung verkauft hätten. Die zu befördernde Menge habe jeweils den Einsatz eines Kraftfahrzeuges bedingt. Der Beschwerdeführer habe sowohl am 17. Jänner als auch am am Transport der Zigaretten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit DM teilgenommen. Er und DM hätten jeder für sich die Gewahrsame an den übernommenen Schmuggelzigaretten gehabt. Alle drei hätten um den zuvor durchgeführten Schmuggel der Zigaretten in das Zollgebiet der EU gewusst. Während DM und VJ jeweils in der Absicht gehandelt hätten, dadurch fortlaufende Einnahmen zur Bestreitung ihrer persönlichen Bedürfnisse zu erlangen, habe hinsichtlich des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden können, dass dieser aus seiner Tätigkeit einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil gezogen habe. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer aktiv am Weiterverkauf der Zigaretten durch den Erstangeklagten mitgewirkt habe. Wirtschaftlich seien die vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Mengen dem DM zuzurechnen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Zollamt die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Vorschreibung der Tabaksteuer ab. Dabei legte es denselben Sachverhalt wie die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung zugrunde und führte überdies aus, der Beschwerdeführer habe in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Wien ein umfassendes Geständnis abgelegt, welches dem nunmehrigen Berufungsvorbringen widerspreche. Er habe den Schuldspruch unbekämpft angenommen und damit die Urteilsfeststellungen als richtig anerkannt. Der im Urteil festgestellte Sachverhalt ziehe aber die Entstehung der Tabaksteuerschuld nach § 27 Abs. 1 Z. 1 Tabaksteuergesetz nach sich.
In seiner dagegen erhobenen (Administrativ )Beschwerde brachte der Beschwerdeführer neuerlich vor, nicht Steuerschuldner iSd § 27 Abs. 1 TabakStG zu sein, weil er nicht Bezieher gewesen sei, was sich zwingend aus dem Freispruch durch das Landesgericht für Strafsachen Wien ergebe. Dieser sei erfolgt, weil ihn hinsichtlich der Tabaksteuer keine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Anzeige und Offenlegung getroffen hätte. Er sei nur als Abgabenhehler verurteilt worden. Daher sei er zu einer Abgabenhinterziehung oder Bewirkung einer Abgabenverkürzung gar nicht in der Lage gewesen, weil er als Hehler tatbestandsmäßig die Ware zwar von einer Person erhalten habe, die allenfalls Bezieher im Sinne des § 27 TabakStG sei, er jedoch nicht selbst die Waren im Sinne dieser Bestimmung bezogen habe. In dem angeführten Urteil sei überdies rechtskräftig festgestellt worden, dass der Einschreiter nicht gewerbsmäßig gehandelt habe. Da der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 27 TabakStG nicht erfüllt habe, sei die Vorschreibung der Tabaksteuer zu Unrecht erfolgt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die (Administrativ )Beschwerde als unbegründet ab. Sie führte begründend aus, der Beschwerdeführer sei gemäß dem Spruch des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen vom für schuldig erkannt worden, am 17. Jänner und in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit DM eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 1,070.600 Stück (5.353 Stangen) Zigaretten, hinsichtlich derer von unbekannt gebliebenen Personen ein Schmuggel begangen und in Bezug auf die Zoll in Höhe von EUR 83.980,80 verkürzt worden sei, an sich gebracht zu haben. Das Gericht sei zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Beschwerdeführer die Verwirklichung des Tatbestandes der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG anzulasten sei.
Der Beschwerdeführer habe in der Hauptverhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt und dabei selbst diesen Sachverhalt bestätigt. Er habe den Schuldspruch angenommen und die Urteilsfeststellungen als den Tatsachen entsprechend anerkannt. Auch in der (Administrativ )Beschwerde habe der Beschwerdeführer eingeräumt, dass die Feststellungen, auf Grund derer die Verurteilung erfolgt sei, zutreffend seien.
Das widerrechtliche Ansichbringen der Tabakwaren durch den Beschwerdeführer werde auch durch die Aussagen des DM im Rahmen seiner Vernehmung durch Organe des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom bestätigt. Daher bestehe für die belangte Behörde keine Veranlassung, die Feststellung des Zollamtes Wien, wonach der Beschwerdeführer die Tabakwaren im Steuergebiet in Empfang genommen habe, in Zweifel zu ziehen. Nicht einmal der Beschwerdeführer behaupte, dass jemand anderer als er selbst die Zigaretten vom unredlichen Verbringer (also von jener Person, die die Rauchwaren nach dem Schmuggel von Ungarn nach Österreich befördert habe) übernommen habe.
Wenn sich der Beschwerdeführer darauf berufe, vom Vorwurf der Abgabenhinterziehung (§ 33 FinStrG) freigesprochen worden zu sein, so sei ihm zu entgegnen, dass die Abgabenbehörde an die im Spruch des die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteils festgestellten Tatsachen bzw. an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen dieser Spruch beruhe, gemäß § 116 Abs. 2 BAO gebunden sei. Diese Bindung betreffe jedoch nur den festgestellten Sachverhalt, nicht jedoch dessen steuerliche Beurteilung. Es bleibe daher der Abgabenbehörde vorbehalten, den Sachverhalt abgabenrechtlich zu würdigen. § 27 Abs. 1 TabStG regle den Bezug zu gewerblichen Zwecken bei der Verbringung von Tabakwaren außerhalb des Steueraussetzungsverfahrens und stelle dabei auf Tabakwaren ab, die aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates bezogen würden. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 92/12/EWG des Rates (Systemrichtlinie) gelte jede - auch unrechtmäßige - Einfuhr von verbrauchsteuerpflichtigen Waren als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. Dass die Zigaretten in Ungarn in die Gemeinschaft geschmuggelt worden seien, stehe unbestritten fest. Außer Streit stehe auch, dass die Rauchwaren nach der widerrechtlichen Einfuhr von Ungarn nach Österreich befördert worden seien, wo auch an den beiden oben angeführten Tagen die Übernahme stattgefunden habe. Die Waren seien daher zweifellos aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates (eben Ungarn) bezogen worden. Bei der Beurteilung, ob Tabakwaren zu privaten Zwecken oder nach § 27 TabStG zu gewerblichen Zwecken bezogen würden, seien gemäß § 29 Abs. 2 TabStG die nachstehenden Umstände zu berücksichtigen:
1. Handelsrechtliche Stellung und Gründe des Inhabers
für die Gewahrsame an den Tabakwaren;
2. der Ort, an dem sich die Tabakwaren befänden, oder
die Art der Beförderung;
3. Unterlagen über die Tabakwaren;
4. die Mengen und die Beschaffenheit der Tabakwaren.
Daraus ergebe sich für den Beschwerdefall folgendes Bild:
Zu 1.: Der Beschwerdeführer habe die unversteuerten Zigaretten, die nicht für den eigenen Bedarf bestimmt gewesen seien, und die er nicht selbst ins Steuergebiet verbracht habe, gemeinsam mit DM zum Zwecke der Weiterbeförderung übernommen. Damit stehe fest, dass es sich um keine Verbringung zu privaten Zwecken iSd § 29 Abs. 1 TabStG gehandelt habe.
Zu 2.: Die Tabakwaren seien nach der widerrechtlichen Einfuhr ohne Erstellung eines verbrauchsteuerrechtlichen Begleitdokuments (§ 28 TabStG) außerhalb des Steueraussetzungsverfahrens befördert worden.
Zu 3.: Die Übernahme der Zigaretten durch den Beschwerdeführer sei unter Missachtung der in § 27 Abs. 3 TabStG normierten Anzeigepflicht und ohne Leistung der dort geforderten Sicherheit erfolgt. Entgegen § 27 Abs. 5 TabStG sei keine Steueranmeldung abgegeben worden.
Die in Art. 9 der Systemrichtlinie genannte Richtmenge von 800 Stück Zigaretten sei um mehr als das Tausendfache überschritten worden.
Bei einer Gesamtbetrachtung dieser unstrittigen Tatsachen stehe fest, dass die Zigaretten zu "gewerblichen Zwecken" bestimmt gewesen seien. Die Frage, ob dem Bezieher gewerbsmäßige Begehung iSd § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG vorzuwerfen sei, komme für die Beurteilung des Begriffes der "gewerblichen Zwecke" iSd
§ 27 TabStG keine Relevanz zu.
§ 27 TabStG definiere den Begriff des Beziehers nicht
ausdrücklich. Es könne aber kein ernsthafter Zweifel darin bestehen, dass es sich dabei um jene Person handle, welche die Ware in Empfang nehme. Dies decke sich auch mit Art. 7 Abs. 3 der Systemrichtlinie, wonach die Steuer u.a. von jener Person geschuldet werde, bei der die Ware bereitgestellt werde.
Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit DM die Tabakwaren in Österreich vom Verbringer übernommen. Er habe sie damit entsprechend dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Z. 1 TabStG im Steuergebiet in Empfang genommen.
Mit dem Einwand, er sei als Abgabenhehler (nicht jedoch als Abgabenhinterzieher) verurteilt worden, könne der Beschwerdeführer nichts gewinnen. Bei Freisprüchen bestehe einerseits keine Bindungswirkung an Strafurteile. Die materielle Rechtskraft des Schuldspruches des Strafurteiles äußere über die Bindung an die Tatsachenfeststellungen hinaus eine rechtliche Wirksamkeit nur in dem Umfang, dass die Abgabenbehörde im Hinblick auf die Tatbestandswirkung des Urteils von der Verwirklichung des Straftatbestandes durch den Verurteilten auszugehen habe, ohne dass es ihr zustehe, die Rechtsrichtigkeit des Strafurteils zu prüfen.
Die belangte Behörde erachte es somit als erwiesen, dass der Beschwerdeführer am 17. Jänner und die verfahrensgegenständlichen Zigaretten gemeinsam mit DM im Steuergebiet übernommen habe. Damit sei gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 TabStG die Steuerschuld entstanden. Steuerschuldner sei gemäß § 27 Abs. 1 letzter Satz TabStG auch der Beschwerdeführer als einer der beiden Bezieher gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiven Recht, nicht zur Zahlung von Tabaksteuer verhalten zu werden, sowie in seinem subjektiven Recht, nicht als Bezieher und daher nicht als Steuerschuldner iSd § 27 Abs. 1 TabakStG beurteilt zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die §§ 27 und 29 Tabaksteuergesetz 1995 (in der Folge: TabStG), BGBl. Nr. 704/1994 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 151/2009, lauten:
"8. Verbringen außerhalb des Steueraussetzungsverfahrens
Bezug zu gewerblichen Zwecken
§ 27. (1) Werden Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines
Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken bezogen, entsteht die
Steuerschuld dadurch, dass der Bezieher
1. die Tabakwaren im Steuergebiet in Empfang nimmt oder
2. die außerhalb des Steuergebietes in Empfang
genommenen Tabakwaren in das Steuergebiet verbringt oder verbringen lässt.
Steuerschuldner ist der Bezieher. Der Bezug durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts steht dem Bezug zu gewerblichen Zwecken gleich.
(2) Werden Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates in anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen in das Steuergebiet verbracht, entsteht die Steuerschuld dadurch, dass sie erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden. Steuerschuldner ist, wer sie in Gewahrsame hält oder verwendet.
(3) Wer Tabakwaren nach den Abs. 1 oder 2 beziehen, in Gewahrsame halten oder verwenden will, hat dies dem Hauptzollamt, in dessen Bereich er seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, vorher anzuzeigen und für die Steuer Sicherheit zu leisten. Hat der Anzeigepflichtige keinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Steuergebiet, ist die Anzeige beim Hauptzollamt Innsbruck zu erstatten.
(4) In der Anzeige sind die Gattungen, die voraussichtlich benötigten Mengen der Tabakwaren und der Zweck anzugeben, für den sie bezogen, in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden sollen; dabei ist auch anzugeben, ob gleichartige Tabakwaren des freien Verkehrs gehandelt, gelagert oder verwendet werden.
(5) Der Steuerschuldner hat für die Tabakwaren, für die die Steuerschuld entstanden ist, unverzüglich bei dem Hauptzollamt, in dessen Bereich der Steuerschuldner seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, in Ermangelung eines solchen, beim Zollamt Innsbruck, eine Steueranmeldung abzugeben, die Steuer zu berechnen und diese spätestens am 25. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden Kalendermonats zu entrichten. Wird das Verfahren nach Abs. 3 nicht eingehalten, ist die Steuer unverzüglich zu entrichten. Hat in diesen Fällen der Steuerschuldner keinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Steuergebiet, ist das als erstes befasste Zollamt zuständig.
(6) Für Personen oder Personenvereinigungen, die Tabakwaren an Letztverbraucher abgeben, ist es unzulässig, Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken zu beziehen oder gemäß Abs. 2 in Gewahrsame zu halten oder zu verwenden.
...
Verbringen zu privaten Zwecken
§ 29. (1) Tabakwaren, die eine natürliche Person für den eigenen Bedarf in einem anderen Mitgliedstaat im freien Verkehr erwirbt und selbst in das Steuergebiet verbringt, sind steuerfrei, wenn diese für private und nicht für gewerbliche Zwecke bestimmt sind.
(2) Bei der Beurteilung, ob Tabakwaren nach Abs. 1 zu privaten Zwecken oder nach § 27 zu gewerblichen Zwecken bezogen, in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden, sind die nachstehenden Umstände zu berücksichtigen:
1. handelsrechtliche Stellung und Gründe des Inhabers
für die Gewahrsame an den Tabakwaren;
2. der Ort, an dem sich die Tabakwaren befinden, oder
die Art der Beförderung;
3. Unterlagen über die Tabakwaren;
4. die Menge und Beschaffenheit der Tabakwaren.
(3) Die Steuerschuld für Tabakwaren, die nicht steuerfrei sind, entsteht mit dem Verbringen in das Steuergebiet. Steuerschuldner ist die natürliche Person, die die Tabakwaren in das Steuergebiet verbringt oder durch einen nicht gewerblich tätig werdenden Beförderer verbringen lässt. Es gelten die Bestimmungen des § 27 Abs. 3 bis 5."
Nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe c der (im Beschwerdefall noch anzuwendenden) Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren, ABl. L 76, S. 1 (im Folgenden: Richtlinie 92/12/EWG), entsteht die Verbrauchsteuer mit der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. Als Überführung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr gilt u.a. jede - auch unrechtmäßige - Einfuhr dieser Waren, sofern sie nicht einem Verfahren der Steueraussetzung unterstellt worden sind.
Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer auf Ersuchen des DM sowohl am als auch am auf einem Parkplatz in P zahlreiche Kartons mit insgesamt 5.353 Stangen in das Zollgebiet der EU geschmuggelter Zigaretten aus einem von Ungarn kommenden Lkw in ein jeweils von ihm gelenktes Fahrzeug geladen und anschließend nach W befördert hat, wo er die Fahrzeuge samt Ladung dem DM überließ. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass die Zigaretten aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates, nämlich Ungarn, stammten (vgl. Art. 6 der Richtlinie 92/12/EWG). Er bringt jedoch wie bereits im Abgabenvorfahren vor, weder gewerbsmäßig gehandelt zu haben, noch Bezieher der gegenständlichen Tabakwaren gewesen zu sein. Die belangte Behörde gehe daher zu Unrecht davon aus, dass für ihn eine Abgabenschuld nach § 27 Abs. 1 Z 1 TabStG entstanden sei.
§ 27 TabStG regelt den innergemeinschaftlichen Handel mit Tabakwaren des freien Verkehrs. Die Tabaksteuer soll in den dort genannten Fällen erst (endgültig) im Bestimmungsmitgliedstaat erhoben werden. Der Empfänger der Tabakwaren hat bereits vor dem Bezug die Tabakwaren anzumelden und Sicherheit zu leisten (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 1702 BlgNR 18. GP 19, betreffend die Stammfassung des TabStG).
Voraussetzung für die Anwendung des § 27 TabStG ist, dass Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates (vgl. § 1 Abs. 4 TabStG) in das Steuergebiet (das ist das Bundesgebiet ausgenommen das Gebiet der Ortsgemeinde Jungholz und Mittelberg; vgl. § 1 Abs. 2 TabStG) gelangen und diese Warenbewegung zu gewerblichen Zwecken erfolgt.
Das TabStG bestimmt nicht ausdrücklich, was unter gewerblichen Zwecken zu verstehen ist. Es nennt nur in seinem § 29 Abs. 2 bestimmte Umstände, die bei der Unterscheidung, ob Tabakwaren für private oder gewerbliche Zwecke bezogen, in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden, zu berücksichtigen sind. Dazu gehören die Gründe des Inhabers der Gewahrsame an den Tabakwaren (Z 1), die Art der Beförderung (Z 2) sowie die Menge und Beschaffenheit der Tabakwaren (Z 4).
Unbestritten ist, dass die Tabakwaren, die der Beschwerdeführer jeweils mit dem Kraftfahrzeug befördert hat, nicht für dessen eigenen Bedarf, sondern für den Bedarf anderer Personen bestimmt waren. Aufgrund der großen Mengen war es erforderlich, die in Kartons verpackten Stangen Zigaretten zunächst in einem Lkw und danach in zwei eigens dafür bereitgestellten Kraftfahrzeugen zu befördern. Nach dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom hatten DM und VJ bereits bei Übernahme der Zigaretten im Steuergebiet die Absicht gehabt, diese in weiterer Folge im Inland zu verkaufen. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund dieser Umstände vom Vorliegen gewerblicher Zwecke ausgegangen ist. Anders als der Beschwerdeführer vermeint, ist es zur Beurteilung des Vorliegens gewerblicher Zwecke nämlich unerheblich, ob der Beschwerdeführer mit der Beförderung der Tabakwaren eigene gewerbliche Zwecke verfolgt hat oder ob diese Beförderungen den gewerblichen Zwecken einer anderen Person gedient haben.
Zum Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer die Tabakwaren nie bezogen habe und er daher nicht als Steuerschuldner iSd § 27 Abs. 1 TabStG anzusehen sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 27 TabStG bei der Bestimmung des Steuerschuldners zwei Fallgruppen unterscheidet:
Abs. 1 regelt den Fall, dass eine Person, welche die Eigenschaft eines Beziehers aufweist, in dieser Eigenschaft die Tabakwaren entweder im Steuergebiet oder außerhalb desselben in Empfang nimmt. Erfolgt die Empfangnahme der Tabakwaren innerhalb des Steuergebietes, so wird der Abgabentatbestand nach dieser Bestimmung bereits durch die Empfangnahme verwirklicht. Erfolgt die Empfangnahme jedoch außerhalb des Steuergebiets, so muss zur Verwirklichung des Abgabentatbestandes noch hinzutreten, dass der Bezieher die Tabakwaren in das Steuergebiet (selbst) verbringt oder zumindest verbringen lässt. Steuerschuldner ist nach § 27 Abs. 1 TabStG (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 251/2009) in beiden Fällen ausschließlich der Bezieher der Tabakwaren.
Nach Abs. 2 wird der Abgabentatbestand bereits dadurch verwirklicht, dass die Tabakwaren (aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates) im Steuergebiet erstmals zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden. Dabei wird jede Person, welche die Tabakwaren erstmals im Steuergebiet in Gewahrsame hält oder verwendet, Steuerschuldner. Diese Person braucht keine weiteren Eigenschaften aufzuweisen.
Aus dem Wortlaut dieser beiden Bestimmungen ergibt sich, dass Abs. 1 als die speziellere Bestimmung und Abs. 2 als Auffangtatbestand (arg. "in anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen") anzusehen sind. Dies verdeutlicht auch folgendes Beispiel: Die Person, welche Tabakwaren zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbringt, hat zum Zeitpunkt des Verbringens auch die (im Steuergebiet) erstmalige Gewahrsame an den verbrachten Tabakwaren und wird daher zum Steuerschuldner nach Abs. 2. Ist sie allerdings gleichzeitig auch Bezieher der Tabakwaren, so wird sie Steuerschuldner nach § 27 Abs. 1 TabStG.
Bei der Gewahrsame einer Person über die Tabakwaren iSd § 27 Abs. 2 TabStG reicht es aus, dass sich die Tabakwaren in der Macht dieser Person, ihres Inhabers, befinden (§ 309 erster Satz ABGB). Der Bezug der Tabakwaren iSd § 27 Abs. 1 TabStG setzt hingegen eine Nähe zu den Tabakwaren voraus, welche über die bloße Gewahrsame hinausgeht. Diese Nähe wird in der Regel dann gegeben sein, wenn die Tabakwaren zu den gewerblichen Zwecken dieser Person bestimmt sind, etwa weil sie damit Handel betreibt. Dazu ist es nicht erforderlich, dass sie die unmittelbare Gewahrsame über die Tabakwaren hat (etwa, wenn sie die außerhalb des Steuergebiets in Empfang genommenen Tabakwaren in das Steuergebiet verbringen lässt). Umgekehrt ist aber eine Person, welche Tabakwaren nur für die gewerblichen Zwecke eines anderen (grenzüberschreitend oder ausschließlich im Steuergebiet) befördert, nicht als Bezieher iSd § 27 Abs. 1 TabStG anzusehen, sondern allenfalls als Steuerschuldner nach § 27 Abs. 2 TabStG.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihre Beurteilung, dass der Beschwerdeführer der Bezieher der Tabakwaren iSd § 27 Abs. 1 Z 1 TabStG ist, ausschließlich darauf gestützt, dass dieser die Tabakwaren im Steuergebiet in Empfang genommen hat. Damit verkennt die belangte Behörde aber, dass bei der Steuerschuld nach § 27 Abs. 1 Z 1 TabStG die bloße Empfangnahme von Tabakwaren im Steuergebiet nicht ausreicht. Zur Verwirklichung des Steuertatbestandes nach § 27 Abs. 1 Z 1 TabStG muss zur Empfangnahme der Tabakwaren auch die Beziehereigenschaft dessen, der die Tabakwaren in Empfang nimmt, hinzutreten. Die belangte Behörde hat aber in Verkennung der Rechtslage keine Feststellungen getroffen, aus denen geschlossen werden könnte, dass der Beschwerdeführer selbst die Tabakwaren bezogen hat, weil er eine über die bloße Gewahrsame hinausgehende Nahebeziehung zu den Tabakwaren gehabt hätte.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am