VwGH vom 23.11.2016, Ro 2015/17/0036
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, den Hofrat Dr. Mairinger, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der A GmbH in Wien, vertreten durch Schwartz Huber-Medek Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W138 2107443- 1/3E, betreffend Vorschreibung der Produktionsabgabe für Zucker für das Zuckerwirtschaftsjahr 2014/2015 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorstand für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom wurde der revisionswerbenden Partei für die Wirtschaftsjahre 2008/2009 bis 2014/2015 gemäß Art 18 Abs 1 der Zuckermarktordnungs-Durchführungsverordnung 2008 (ZMDVO 2008) iVm Art 1 der Verordnung (EG) Nr 510/2008 für die Produktion von Zucker eine Quote im Ausmaß von jeweils 351.027,4 t zur Verfügung gestellt.
2 Mit Bescheid vom setzte der Vorstand für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (AMA) gegenüber der revisionswerbenden Partei die Produktionsabgabe für Zucker für das Wirtschaftsjahr 2014/2015 in Höhe von EUR 4.212.328,80 fest.
3 Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen diesen Bescheid von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis ab (Spruchpunkt A I.), den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Vorlage der in der Beschwerde ausgeführten Fragen bzw von Fragen vergleichbaren Inhalts an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung als unzulässig zurück (Spruchpunkt A II.) und sprach aus, dass die Revision zulässig sei (Spruchpunkt B).
4 Begründend legte das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und der wesentlichen Rechtslage dar, dass gemäß Art 128 der Verordnung (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 Abs 1 der Verordnung (EU) Nr 1370/2013 die Produktionsabgabe unter Heranziehung der für dieses Wirtschaftsjahr zur Verfügung gestellten Quote zur Produktion von Zucker im Ausmaß von 351.027,4 t und des Abgabenbetrages von EUR 12,-- pro t Quotenzucker rechnerisch richtig mit EUR 4.212.328,80 für das Wirtschaftsjahr 2014/2015 festgesetzt worden sei. Die Beschwerde sei deshalb als unbegründet abzuweisen gewesen.
5 Der Antrag auf Vorlage bestimmter Fragen an den EuGH zur Vorabentscheidung sei bereits mangels Antragsrecht der Parteien als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
6 In Bezug auf die Produktionsabgabenerhebung nach der Verordnung (EG) Nr 318/2006 und der Verordnung (EG) Nr 1234/2007 sei eine klare Verknüpfung zwischen der Produktionsabgabe und den die Zuckererzeuger und Rübenbauern begünstigenden agrarpolitischen Maßnahmen gegeben gewesen. Die Verordnung (EG) Nr 1260/2001 habe den Mechanismus zur Selbstfinanzierung des Zuckersektors eingeführt. Die verfolgten Ziele seien in den Erwägungsgründen 9 und 12 niedergelegt worden, wobei im Erwägungsgrund 12 ausgeführt worden sei, dass es "wünschenswert" sei, die Selbstfinanzierung des Sektors durch die Produktionsabgaben und die Regelung der Erzeugungsquoten beizubehalten. Art 16 der Verordnung (EG) Nr 318/2006 sei zunächst durch Art 51 der Verordnung (EG) Nr 1234/2007 und danach durch Art 128 der Verordnung (EU) Nr 1308/2013 zwar ersetzt worden, jedoch in der Sache unverändert geblieben.
7 Die von der revisionswerbenden Partei in Frage gestellte Wahrung der Begründungspflicht sei anhand des Kontextes der Rechtsvorschriften zu beurteilen. Das Verwaltungsgericht habe keinen Zweifel, dass die in Bezug auf die Produktionsabgabenerhebung nach der Verordnung (EG) Nr 318/2006 und der Verordnung (EG) Nr 1234/2007 bestehende Verknüpfung zwischen den Produktionsabgaben und den die Zuckererzeuger und Rübenbauern begünstigenden agrarpolitischen Maßnahmen auch bei Auslegung der Verordnung (EU) Nr 1308/2013 und der dem Verordnungstext zugrunde liegenden Erwägungsgründe mit zu berücksichtigen sei. Demnach bestehe kein Zweifel, dass die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsaktes angepasst sei und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen habe, klar und deutlich zum Ausdruck bringe, sodass die Betroffenen dieser Begründung die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen könnten und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgaben wahrnehmen könne.
8 Die Rechtmäßigkeit eines Rechtsaktes der Union sei nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Aktes zu beurteilen und könne insbesondere nicht von nachträglichen Betrachtungen über dessen Wirkungsgrad abhängen. Unter Hinweis auf den Budgetplan des Rates der Europäischen Union vom führe die revisionswerbende Partei an, dass ab dem Wirtschaftsjahr 2014/2015 keinerlei Ausgaben im Zuckersektor anfallen würden. Diese Überlegung könne jedoch die Rechtmäßigkeit der in Zweifel gezogenen Verordnung nicht beseitigen, zumal zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht unverrückbar feststehe, dass keinerlei Ausgaben im Zuckersektor anfielen.
9 Die revisionswerbende Partei gehe davon aus, dass keinerlei Zahlungen an die Zuckerindustrie in Form von Hilfen für Lagerkosten, Produktionsabgaben oder Ausfuhren in den betroffenen Wirtschaftsjahren vorgesehen seien, zumal es zu einer solchen Erstattung seit dem Wirtschaftsjahr 2008/2009 nicht mehr gekommen sei. Diese Mutmaßungen bewegten das Verwaltungsgericht nicht dazu, an der erforderlichen Verknüpfung zwischen der Produktionsabgabe und der Finanzierung von Abgaben im Zuckersektor zu zweifeln.
10 Es sei auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu sehen, zumal nicht mit Sicherheit feststehe, dass keine Ausgaben im Zuckersektor anfallen würden und damit jedenfalls ein Ausgleich eintreten könne. Dabei sei daran zu erinnern, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehöre, die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürften, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich sei. Dabei sei zu beachten, dass von mehreren zur Auswahl stehenden geeigneten Maßnahmen die am wenigsten belastende zu wählen sei und die verursachten Nachteile nicht gegenüber den angestrebten Zielen unangemessen sein dürften. Aufgrund des weiten Ermessens, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik verfüge, sei die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Zieles, das das zuständige Organ verfolge, offensichtlich ungeeignet sei. Es gehe somit nicht darum, ob die vom Gesetzgeber erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche Maßnahme gewesen sei, sondern nur darum, ob sie offensichtlich ungeeignet gewesen sei. Eine solche sei jedoch für das Verwaltungsgericht nicht offenkundig.
11 Ohne nähere Ausführungen gebe die revisionswerbende Partei an, dass die Sachverhalte bezüglich Zuckerproduzenten und Weinerzeugern bzw Milchproduzenten vergleichbar seien und eine objektive Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung nicht ersichtlich sei. Weshalb die Sachverhalte so vergleichbar seien, dass die Erhebung der Produktionsabgabe bei den Zuckerproduzenten eine Ungleichbehandlung bewirken solle, sei für das Verwaltungsgericht jedoch nicht ersichtlich.
12 Das Bundesverwaltungsgericht sehe sich daher nicht zur Vorlage der von der revisionswerbenden Partei aufgeworfenen Fragen an den EuGH zur Vorabentscheidung veranlasst. Es sei auch mangels Stellung als letztinstanzliches Gericht im Sinne des Art 267 Abs 3 AEUV iVm Art 83 Abs 2 B-VG dazu nicht verpflichtet.
13 Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG begründete das Bundesverwaltungsgericht lediglich mit dem Hinweis, dass die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, hilfsweise auf Entscheidung in der Sache selbst durch ersatzlose Aufhebung des Erkenntnisses sowie des erstinstanzlichen Abgabenbescheides.
15 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig abzuweisen.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.
Die Revision ist hinsichtlich der von der revisionswerbenden Partei dazu dargelegten Frage der Unionsrechtskonformität der konkret maßgeblichen Bestimmungen des Art 128 Abs 1 der Verordnung (EU) Nr 1308/2013 und des Art 7 der Verordnung (EU) Nr 1370/2013 zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.
18 Die für den Abgabenzeitraum (Wirtschaftsjahr 2014/2015) im konkreten Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:
19 Art 6 Buchstabe f, Art 124 und Art 128 der Verordnung (EU) Nr 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr 922/72, (EWG) Nr 234/79, (EG) Nr 1037/2001 und (EG) Nr 1234/2007 (im Folgenden: VO (EU) Nr 1308/2013):
"...
TEIL I
EINLEITENDE BESTIMMUNGEN
...
Artikel 6
Wirtschaftsjahre
Folgende Wirtschaftsjahre werden festgesetzt:
...
f) 1. Oktober bis 30. September des darauf folgenden Jahres für den Zuckersektor.
...
TEIL II
BINNENMARKT
...
TITEL II
VORSCHRIFTEN FÜR DIE VERMARKTUNG UND DIE
ERZEUGERORGANISATIONEN
...
KAPITEL II
Sonderbestimmungen für einzelne Sektoren
Abschnitt 1
Zucker
Artikel 124
Geltungsdauer
Mit Ausnahme der Artikel 125 und 126 gilt dieser Abschnitt
bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2016/2017.
...
Unterabschnitt 2
Anforderungen an den Zuckersektor, die in dem im Artikel 124 genannten Zeitraum gelten
...
Artikel 128
Produktionsabgabe
(1) Auf die Zucker-, Isoglucose- und Inulinsirupquote, über die die Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup erzeugenden Unternehmen nach Artikel 136 Absatz 2 verfügen, wird eine Produktionsabgabe erhoben.
(2) Maßnahmen zur Festsetzung der in Absatz 1 genannten Produktionsabgabe auf Quotenzucker, Quotenisoglucose und Quoteninulinsirup werden vom Rat in Übereinstimmung mit Artikel 43 Absatz 3 AEUV getroffen."
20 Art 7 der Verordnung (EU) Nr 1370/2013 des Rates vom mit Maßnahmen zur Festsetzung bestimmter Beihilfen und Erstattungen im Zusammenhang mit der gemeinsamen Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (im Folgenden: VO (EU) Nr 1370/2013):
"Artikel 7
Produktionsabgabe für den Zuckersektor
(1) Die gemäß Artikel 128 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 auf die Zucker-, die Isoglucose- und die Inulinsirupquote erhobene Produktionsabgabe wird auf 12,00 EUR pro Tonne Quotenzucker bzw. Quoteninulinsirup festgesetzt. Für die Isoglucose wird die Produktionsabgabe auf 50 % der Abgabe für Zucker festgesetzt.
(2) Die gesamte gemäß Absatz 1 gezahlte Produktionsabgabe wird von dem betreffenden Mitgliedstaat bei in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen auf der Grundlage der im betreffenden Wirtschaftsjahr besessenen Quote erhoben.
Die Zahlungen durch diese Unternehmen müssen spätestens Ende Februar des jeweiligen Wirtschaftsjahres erfolgen."
(3) Die Zucker- und Inulinsirupunternehmen der Union können die Zuckerrüben- oder Zuckerrohrerzeuger oder Zichorienlieferanten auffordern, bis zu 50 % der betreffenden Produktionsabgabe zu übernehmen."
21 § 13 Marktordnungsgesetz 2007, BGBl I Nr 55/2007 in der Fassung BGBl I Nr 189/2013:
" Abgaben
§ 13. (1) Auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die im Rahmen von Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, sind die Vorschriften der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961 in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden, soweit durch dieses Bundesgesetz oder durch Verordnung auf Grund dieses Bundesgesetzes nicht anderes bestimmt ist. Die jeweils zuständige Marktordnungs- und Zahlstelle ist, soweit die Vorschriften der BAO anzuwenden sind, bei der Vollziehung dieser Bestimmung Abgabenbehörde im Sinne des § 49 Abs. 1 BAO; weiters ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Oberbehörde bei Ausübung des Aufsichtsrechts.
(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann durch Verordnung, soweit die jeweiligen Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts eine Durchführung hinsichtlich der technischen Abwicklung bei Abgaben gemäß Abs. 1, insbesondere über den Kreis der Abgabeschuldner, Abführungspflichtigen und die Ansprüche zwischen diesen vorsehen und soweit diese in den zugrunde liegenden Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts bestimmt, bestimmbar oder begrenzt ist, die näheren Vorschriften erlassen."
22 § 7 Abs 1 Z 2 sowie Abs 2 der Zuckermarktordnungs-Durchführungsverordnung 2008 (ZMODV 2008), BGBl II Nr 232/2008:
" Festsetzung von Abgaben und anderen Geldleistungen
§ 7. (1) Die AMA setzt
...
2. ab dem Wirtschaftsjahr 2007/2008 gemäß Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 in Verbindung mit Art. 20a der Verordnung (EG) Nr. 952/2006 jährlich eine Produktionsabgabe auf die Zuckerquote, über die das zugelassene, Zucker erzeugende Unternehmen verfügt,
...
bescheidmäßig fest.
(2) Für die nach Abs. 1 zu zahlenden Beträge kann kein Zahlungsaufschub gewährt werden."
23 Art 20a der Verordnung (EG) Nr 952/2006 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr 318/2006 des Rates hinsichtlich der Binnenmarktordnung und Quotenregelung für Zucker in der Fassung der Verordnung (EG) Nr 551/2007 der Kommission vom (im Folgenden: VO (EG) Nr 952/2006):
"Artikel 20a
Produktionsabgabe
Ab dem Wirtschaftsjahr 2007/08 teilen die Mitgliedstaaten jeweils spätestens am 31. Jänner eines Jahres jedem zugelassenen Zucker und jedem Isoglucose erzeugenden Unternehmen den Betrag der Produktionsabgabe mit, den es für das laufende Wirtschaftsjahr zu zahlen hat."
24 Nach Ansicht der revisionswerbenden Partei seien die die Erhebung der Produktionsabgabe regelnden Art 128 Abs 1 der VO (EU) Nr 1308/2013 und Art 7 der VO (EU) Nr 1370/2013 nicht von den einzig als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommenden Art 43 Abs 2 AEUV iVm Art 40 Abs 1 und 2 AEUV sowie Art 39 AEUV gedeckt. Dessen Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Erhebung der Produktionsabgabe gerade nicht, wie Art 43 Abs 2 AEUV dies fordere, für die Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendig sei. Ein Rückgriff auf Art 43 Abs 2 AEUV als Ermächtigungsgrundlage setze nach der ständigen Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) voraus, dass die Erhebung von Abgaben der Finanzierung einer Maßnahme der gemeinsamen Agrarpolitik (im Folgenden: GAP) diene und die Abgabenhöhe die für diese Maßnahmen erforderlichen Ausgaben nicht übersteige. Die in Art 43 Abs 2 AEUV vorausgesetzte "Notwendigkeit" bestehe nur dann, wenn eine klare und direkte Verknüpfung zwischen der Erhebung von Produktionsabgaben und den dadurch zu finanzierenden und die Zuckererzeuger und Rübenbauern begünstigenden agrarpolitischen Maßnahmen bestehe. Anders als bei den in den Vorgängerverordnungen geregelten Produktionsabgaben fehle es bei der Neuregelung der VO (EU) Nr 1308/2013 an einer solchen direkten Verknüpfung von Abgabenerhebung einerseits und den dadurch zu finanzierenden agrarpolitischen Zielen andererseits. Anhaltspunkte für eine solche Verknüpfung ergäben sich weder aus dem Verordnungstext noch aus den Erwägungsgründen. Aus der VO (EU) Nr 1308/2013 lasse sich keine Begründung für das Vorliegen der Ermächtigungsvoraussetzungen des Art 43 Abs 2 AEUV ableiten. Das einzig klar zu Tage tretende Ziel der Produktionsabgabenerhebung nach Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 sei die Einnahmenerzielung zulasten der Zuckererzeuger. Dabei handle es sich weder um eine für Produktionsabgaben anerkannte Funktion, noch um ein nach Art 39 AEUV zulässiges Ziel gemeinsamer Agrarpolitik.
25 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH muss die nach Art 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsaktes angepasst und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere anhand des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art 296 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (
Österreichische Post AG/Kommission , Rs T 463/14, Rn 20 mwN). Zudem kann sich die Begründung, wenn es sich um eine Verordnung handelt, darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zu ihrem Erlass geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihr erreicht werden sollen ( Abrias ua/Kommission , Rs T 3/83, Rn 30; vom , Fliesen-Zentrum Deutschland , Rs C- 687/13, Rn 77; vom , Dyson/Kommission , Rs T 544/13, Rn 122).
26 In den Erwägungsgründen 1 und 3 zur VO (EU) Nr 1308/2013 wird allgemein darauf hingewiesen, dass die GAP mit Wirkung vom reformiert werden und sich diese Reform auf alle Hauptinstrumente der GAP erstrecken sollte, einschließlich der Verordnung (EG) Nr 1234/2007 des Rates vom über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl L 299 S 1 vom (im Folgenden: VO (EG) Nr 1234/2007). Aufgrund des Umfangs einer solchen Reform sei es angezeigt, die genannte Verordnung aufzuheben und durch eine neue Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu ersetzen. Diese Verordnung sollte alle grundlegenden Elemente der gemeinsamen Marktorganisation (im Folgenden: GMO) für landwirtschaftliche Erzeugnisse enthalten und für alle in Anhang I des Vertrages über die Europäische Union (EUV) und des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse gelten, um sicherzustellen, dass es eine gemeinsame Marktorganisation für alle diese Erzeugnisse gibt, wie in Art 40 Abs 1 AEUV vorgeschrieben. Konkret bezogen auf den Zuckersektor wird - soweit in Bezug auf die in Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 geregelte Produktionsabgabe auf Quotenzucker maßgeblich - lediglich in Erwägungsgrund 115 zu dieser Verordnung ausgeführt, dass mit der Reform der Zuckermarktordnung von 2006 weitreichende Änderungen im Zuckersektor der Union eingeführt worden seien. Damit die Zuckerrübenerzeuger ihre Anpassung an die neue Marktlage und an die verstärkte Marktorientierung des Sektors abschließen können, sollte die Geltungsdauer des derzeitigen Zuckerquotensystems bis zu seiner Abschaffung zum Ende des Wirtschaftsjahres 2016/2017 verlängert werden. Demnach sollte das gemäß Art 204 Abs 3 der VO (EG) Nr 1234/2007 bis zum Ende des Zuckerwirtschaftsjahres 2014/2015 geltende Zuckerquotensystem einschließlich der auf Quotenzucker einzuhebenden Produktionsabgabe bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2016/2017 erstreckt werden.
27 Die Ziele, die mit der Produktionsabgabe erreicht werden sollen, müssen entsprechend der in Rz 25 dargelegten Rechtsprechung des EuGH zur Begründungspflicht von Verordnungen im Fall der bloßen Verlängerung der befristeten Geltungsdauer des Quotensystems und der Abgabe nicht nochmals in der Begründung der VO (EU) Nr 1308/2013 wiederholt werden, wenn diese Ziele in den Begründungen zu den Vorgängerverordnungen und zwar der Verordnung (EG) Nr 318/2006 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker, ABl L 58 vom (im Folgenden: VO (EG) Nr 318/2006) sowie der VO (EG) Nr 1234/2007 hinreichend deutlich dargelegt wurden.
28 Die GMO für Zucker beruhte mit der Erlassung der Verordnung (EWG) Nr 1785/81 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker, ABl L 177 S 4 vom (im Folgenden: VO (EWG) Nr 1785/81), seit dem Wirtschaftsjahr 1981/82 auf dem Prinzip der Verantwortung der Erzeuger für die Gesamtheit der sich aus dem Absatz der im Rahmen des Quotensystems entstehenden Erzeugungsüberschüsse der Gemeinschaft ergebenden Verluste für jedes Wirtschaftsjahr, die durch die Finanzbeiträge der Erzeuger gedeckt werden sollten. Die Beiträge der Erzeuger bestanden zunächst in der Erhebung einer Grundproduktionsabgabe gemäß Art 28 Abs 3 der VO (EWG) Nr 1785/81 sowie einer B-Abgabe gemäß Art 28 Abs 4 leg cit und ab in der Erhebung einer Ergänzungsabgabe gemäß Art 28a der VO (EWG) Nr 1785/81, die mit Verordnung (EWG) Nr 1107/88 des Rates vom zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr 1785/81 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker, ABl L 110 S 20 vom (VO (EWG) Nr 1107/88), eingeführt wurde. Das System der Selbstfinanzierung der sich aus dem Absatz des Überschusses ergebenden Kosten durch von den Erzeugern zu leistende Produktionsabgaben und die Regelung der Erzeugungsquoten wurde auch mit dem Erlass der Verordnung (EG) Nr 1260/2001 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker, ABl L 178 S 1 vom (im Folgenden: VO (EG) Nr 1260/2001), beibehalten und darauf ausdrücklich in den Erwägungsgründen 9, 11, 12 und 13 zu dieser Verordnung hingewiesen (vgl und C- 23/06 bis C-36/06, Zuckerfabrik Jülich ua , Rn 57; vom , Rs C-113/10, C-147/10 und C-234/10, Zuckerfabrik Jülich ua , Rn 46).
29 Mit der VO (EG) Nr 318/2006, der Verordnung (EG) Nr 319/2006 des Rates vom zur Änderung der Verordnung (EG) Nr 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl L 58 S 32 vom (VO (EG) Nr 319/2006), und der Verordnung (EG) Nr 320/2006 des Rates vom mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl L 58 S 42 (VO (EG) Nr 320/2006), hat der Gemeinschaftsgesetzgeber eine einschneidende Reform der europäischen Zuckermarktordnung eingeleitet. Ziel dieser Reform der GMO für Zucker war die allmähliche Abschaffung des Interventionsmechanismus und des Interventionspreises für Zucker. Zu diesem Zweck wurde der Interventionspreis für Zucker durch einen Referenzpreis ersetzt, der im Prinzip durch eine Verknappung des Angebots von Zucker auf dem europäischen Markt erreicht werden sollte, zu welchem Zweck im Rahmen eines Umstrukturierungsfonds finanzielle Anreize für wettbewerbsschwächere Zuckerhersteller, aus der Produktion auszuscheiden, geschaffen wurden. Zusätzlich zu diesen strukturellen Maßnahmen zum Abbau unrentabler Erzeugungskapazitäten in der Gemeinschaft wurde der Kommission darüber hinaus die Befugnis eingeräumt, im Falle eines drohenden Überangebots von Zucker die Marktrücknahme zu beschließen, um dadurch das strukturelle Gleichgewicht der Zuckermärkte auf einem Preisniveau zu erhalten, das sich dem jeweils festgestellten Referenzpreis annähert (vgl Schlussantrag der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache C-365/08, Agrana II , Rn 38 und 39). Die mit der VO (EU) Nr 318/2006 eingeführten Maßnahmen umfassten eine stufenweise deutliche Kürzung der institutionellen Stützungspreise für Gemeinschaftszucker (Erwägungsgrund 1 zur VO (EG) Nr 319/2006). Nach den Erwägungsgründen 2 bis/und 4 zur VO (EG) Nr 319/2006 sollte aufgrund der Verringerung der Marktstützung im Zuckersektor die Einkommensstützung zugunsten der Betriebsinhaber erhöht werden. Die Gesamthöhe der Ausgleichszahlung sollte der schrittweisen Verringerung der Marktstützung angepasst werden. Damit die zentralen Ziele der Reform der GAP erreicht werden können, sollte die Stützung für Zuckerrüben, Zuckerrohr und Zichorien, die zur Erzeugung von Zucker oder Inulinsirup verwendet werden, entkoppelt und in die Betriebsprämienregelung einbezogen werden. Die Geltungsdauer der reformierten GMO für Zucker war gemäß Art 46 der VO (EG) Nr 318/2006 zeitlich bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2014/2015 begrenzt. Gemäß Erwägungsgrund 19 zur VO (EG) Nr 318/2006 sollte eine Produktionsabgabe - die letztlich in Art 16 der Verordnung ab dem Wirtschaftsjahr 2007/2008 auf die Zucker-, Isoglucose- und Inulinsirupquote, über die die Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup erzeugenden Unternehmen verfügen, normiert wurde - eingeführt werden, um zur Finanzierung der Ausgaben im Rahmen der GMO beizutragen und nicht - wie es bei der mit VO (EG) Nr 1260/01 vorgesehenen Produktionsabgabe der Fall war - vollständig die Kosten finanzieren, die sich aus dem Absatz des Überschusses ergeben, um den die Gemeinschaftserzeugung den Gemeinschaftsverbrauch übersteigt (vgl , Saint Louis Sucre , Rn 50).
30 An die Stelle der einzelnen für jedes Erzeugnis bzw jede Erzeugnisgruppe erlassenen Grundverordnungen, so auch der VO (EG) Nr 318/2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker, trat die VO (EG) Nr 1234/2007. In Art 51 dieser Verordnung war die Erhebung einer Produktionsabgabe weitgehend wortident zu Art 16 der VO (EG) Nr 318/2006 geregelt. Dazu wurde in Erwägungsgrund 27 zur VO (EG) Nr 1234/2007 ausgeführt, dass die in der GMO für Zucker vorgesehene Produktionsabgabe zur Finanzierung der Ausgaben im Rahmen dieser GMO in die vorliegende Verordnung aufgenommen werden sollte. Schließlich löste, wie unter Rz 29 ausgeführt, die VO (EU) Nr 1308/2013 die VO (EG) Nr 1234/2007 ab. Dabei wurde die Regelung der Produktionsabgabe in Art 51 der VO (EG) Nr 1234/2007 durch Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 der VO (EU) Nr 1370/2013 ersetzt, blieb jedoch in der Sache unverändert.
31 Entsprechend den in Rz 25 wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH zum Begründungserfordernis von Rechtsakten der Unionsorgane insbesondere in Bezug auf Verordnungen erweist sich aus dem Gesamtzusammenhang mit den Vorgängerverordnungen VO (EG) Nr 318/2006 sowie VO (EG) Nr 1234/2007 und dem dazu angeführten Zweck der Finanzierung der Ausgaben im Rahmen der GMO für Zucker durch die Produktionsabgabe auf Quotenzucker der bloße Hinweis in Erwägungsgrund 115 zur VO (EU) Nr 1308/2013 auf die Verlängerung der Geltungsdauer des bestehenden Zuckerquotensystems bis zu seiner Abschaffung zum Ende des Wirtschaftsjahres 2016/2017 mit dem Zweck, dass die Zuckerrübenerzeuger ihre Anpassung an die neue Marktlage und an die verstärkte Marktorientierung des Sektors abschließen können, als hinreichende Begründung.
32 Soweit sich der Vorwurf der mangelnden Verknüpfung zwischen der Produktionsabgabe und der Finanzierung von Ausgaben im Zuckersektor auch auf Art 7 der Durchführungsverordnung VO (EU) Nr 1370/2013 bezieht, genügt nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ein Durchführungsrechtsakt der Begründungspflicht, wenn er eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorschriften der Verordnung auf die er sich stützt, enthält und so erkennen lässt, welche Kriterien seinem Erlass zugrunde liegen (vgl , Portugal/Kommission , Rn 69 mwN). Dem entspricht Art 7 der VO (EU) Nr 1370/2013.
33 Die revisionswerbende Partei vermeint überdies, dass Art 128 Abs 1 der VO (EU) Nr 1308/2013 gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt und deshalb keine Notwendigkeit dieser Bestimmung iSd Art 43 Abs 2 AEUV zur Verfolgung des Ziels der Finanzierung der Ausgaben im Zuckersektor bestehe. Für die Zuckerwirtschaftsjahre ab 2014/2015 fielen keinerlei Ausgaben im Zuckersektor an. Derzeit seien keinerlei Zahlungen an die Zuckerindustrie, etwa in Form von Hilfen für Lagerkosten, Produktionskosten oder Ausfuhren vorgesehen. Zu einer solchen Erstattung sei es seit dem Zuckerwirtschaftsjahr 2008/2009 nicht mehr gekommen. Es sei auch zukünftig eine solche Erstattung nicht zu erwarten, weil die in den maßgeblichen Vorschriften enthaltenen Bedingungen für die Gewährung solcher Beihilfen wie eine besonders schwierige Marktlage aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eintreten werden. Ab dem Zuckerwirtschaftsjahr 2014/2015 erfolgten Zahlungen an Erzeuger nicht mehr produktspezifisch, sondern unabhängig vom angebauten Erzeugnis auf Grundlage der Hektarfläche. Diese Zahlungen seien keine Ausgaben spezifisch zugunsten des Zuckersektors und könnten daher rechtmäßig nicht durch Abgaben allein der Zuckerindustrie finanziert werden. Mangels Ausgaben im Zuckersektor bedürfe es keines durch die Produktionsabgabenerhebung zu erreichenden Haushaltsausgleichs. Die Produktionsabgabenerhebung sei auch deshalb nicht erforderlich, weil nicht zwischen mehreren geeigneten zur Auswahl stehenden Maßnahmen gewählt worden sei, die Abgabenerhebung jedoch einen präventiven, sachlich nicht gebotenen und damit grundsätzlich größtmöglichen Eingriff darstelle. Die Produktionsabgabe werde unabhängig von einer irgendwie gearteten Finanzierung des Agrarsektors erhoben und stehe daher in keinem Verhältnis zum Zweck des Ausgleichs der Kosten. Die Erhebung von Produktionsabgaben sei somit ungeeignet, nicht erforderlich und unangemessen. Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 erweise sich daher als unverhältnismäßig und primärrechtswidrig.
34 Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, dürfen die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen. Was die gerichtliche Kontrolle der Beachtung dieses Grundsatzes betrifft, kann aufgrund des weiten Ermessens, über das der Unionsgesetzgeber im Bereich der GAP verfügt, die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl , Spanien/Kommission , Rn 152). Es geht somit nicht darum, ob die vom Gesetzgeber erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche Maßnahme war, sondern darum, ob sie offensichtlich ungeeignet war (vgl C- 365/08, Agrana Zucker , Rn 29 - 31).
35 Dabei ist die Gültigkeit eines Rechtsaktes der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen und kann nicht von nachträglichen Beurteilungen seines Wirkungsgrades abhängen. Wenn der Unionsgesetzgeber künftige Auswirkungen einer zu erlassenden Regelung zu beurteilen hat, die nicht mit Bestimmtheit vorausgesagt werden können, kann seine Beurteilung nur beanstandet werden, wenn sie sich im Licht der Informationen, über die er zum Zeitpunkt des Erlasses der betreffenden Regelung verfügte, als offensichtlich fehlerhaft erweist (vgl , Agrana Zucker II , Rn 45, sowie vom , Rs C-101/12, Schaible , Rn 50).
36 Wie in Rz 31 dargelegt, dient die in Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 der VO (EU) Nr 1370/2013 geregelte Produktionsabgabe auf die Zucker-, Isoglucose- und Inulinsirupquote, über die die Zucker, Isoglucose und Inulinsirup erzeugenden Unternehmen nach Zuteilung durch den jeweiligen Mitgliedstaat verfügen, als Beitrag zur Finanzierung der Ausgaben im Rahmen der GMO für Zucker. Dies impliziert, dass die Einnahmen aus der Produktionsabgabe die Ausgaben der GMO für Zucker während des Zeitraums der bis zum Wirtschaftsjahr 2016/2017 verlängerten Geltungsdauer des Quotensystems nicht zu überschreiten haben.
37 Im Urteil vom , Rs C-365/08, Agrana Zucker , Rn 34 bis 37, legte der EuGH in Bezug auf die in Art 16 der VO (EG) Nr 318/2006 geregelte Produktionsabgabe dar, dass das im 19. Erwägungsgrund dieser Verordnung genannte Ziel in dem Sinne zu verstehen sei, dass die Produktionsabgabe zur Finanzierung der verschiedenen Maßnahmen im Zuckersektor einschließlich der entkoppelten Direktzahlung, der höchsten Ausgabe dieses Sektors, beitrage.
38 Bei den im 19. Erwägungsgrund der VO (EG) Nr 318/2006 genannten Ausgaben könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich nur um die Ausfuhrerstattungen bei Zucker und Isoglucose, die Produktionserstattungen für die Verwendung von Zucker in der chemischen Industrie sowie die Ausgaben im Zusammenhang mit der Einlagerung handle. Die Reform der GMO für Zucker habe den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht, im Rahmen der neuen GAP die Politik der Preisstützung und der produktionsabhängigen Förderung stufenweise auf eine Politik der produktionsentkoppelten Stützung der landwirtschaftlichen Einkommen umzustellen. Die Verringerung der Stützung des Zuckermarkts sei durch eine Stützung der Einkommen der landwirtschaftlichen Unternehmen in Gestalt einer "entkoppelten" Direktzahlung teilweise ausgeglichen worden. Die Kosten der neuen Maßnahmen, die hauptsächlich für die entkoppelten Direktzahlungen an die Erzeuger anfielen, sollten nach Nr 5 des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (KOM(2005) 263 end) im Wesentlichen durch die Einsparungen ausgeglichen werden, die sich aus der deutlichen Reduzierung der Ausgaben für Ausfuhrerstattungen und aus der Abschaffung der Raffinationsbeihilfe ergäben, wobei die Reform, wie zum Zeitpunkt der Reformvorschläge für die GAP im Januar 2003 vereinbart, für den betreffenden Zeitraum gleichbleibende Kosten vorgesehen habe. Es stehe fest, dass die Einnahmen aus der Produktionsabgabe für jedes Wirtschaftsjahr sehr viel niedriger seien als der Gesamtbetrag dieser Ausgaben.
39 Wie bereits unter Rz 30 ausgeführt, wurde Art 16 der VO (EG) Nr 318/2006 betreffend die Produktionsabgabe zunächst durch Art 51 der VO (EG) Nr 1234/2007 und in weiterer Folge durch Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 der VO (EU) Nr 1370/2013 ersetzt, blieb jedoch in der Sache unverändert. Die Erhebung der Produktionsabgabe dient weiterhin dem Zweck zur Finanzierung der Ausgaben im Rahmen der GMO für Zucker beizutragen.
40 Demnach ist dem C- 365/08, Agrana Zucker , folgend auch in Bezug auf die in Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 der VO (EU) Nr 1370/2013 geregelte Produktionsabgabe davon auszugehen, dass die Produktionsabgabe der Finanzierung nicht nur der Beihilfe für die private Lagerhaltung gemäß Art 17 UAbs 1 Buchstabe a der VO (EU) Nr 1308/2013, der Produktionserstattung gemäß Art 129 leg cit, sowie der Ausfuhrerstattungen gemäß Art 196 Abs 1 leg cit, dient, sondern auch der entkoppelten Direktzahlung als weitere Ausgabe im Rahmen der GMO für Zucker.
41 Dagegen bringt die revisionswerbende Partei weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht etwas vor, das den Verwaltungsgerichtshof zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH veranlassen würde.
42 Die Produktionsabgabe gemäß Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 Abs 1 der VO (EU) Nr 1370/2013 ist somit nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH zur Erreichung des Ziels, und zwar zur Finanzierung der Ausgaben für die GMO für Zucker beizutragen, erforderlich und angemessen. Sie verstößt daher nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
43 Schließlich vermeint die revisionswerbende Partei, dass Art 128 Abs 1 der VO (EU) Nr 1308/2013 gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung verstoße, weil die Weinerzeuger und Milchproduzenten, deren Situation ebenfalls von einem Quotensystem geprägt sei, nicht zusätzlich durch Erhebung einer Produktionsabgabe belastet seien und es für diese Ungleichbehandlung keine objektive Rechtfertigung gäbe.
44 Der Grundsatz der Gleichbehandlung als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts besagt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl , Polen/Kommission , Rn 30, sowie vom , Rs T 404/12, Toshiba/Kommission , Rn 112). In Bezug auf den Umfang der Kontrolle der Beachtung dieses Grundsatzes ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber im Bereich der Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfügt (, Lidl GmbH Co KG , Rn 47).
45 Die revisionswerbende Partei begründet die Vergleichbarkeit der GMO für Wein und Milch mit jener für Zucker ausschließlich mit dem jeweiligen Vorliegen eines Quotensystems. Der Wein- und Milchsektor ist jedoch bereits betreffend Struktur, Produktion und Marktlage nicht mit dem Zuckersektor vergleichbar. Im Weinsektor besteht überdies die Produktionsbeschränkung nicht durch ein Quotensystem, sondern in Form der Ein- bzw Beschränkung der Rebflächen. Im Milchsektor lief das Quotensystem gemäß Art 230 Abs 1 Buchstabe a der VO (EU) Nr 1308/2013 im Jahr 2015 aus. Die revisionswerbende Partei hegt Zweifel am diskriminierungsfreien Charakter der fraglichen Regelung in Bezug auf verschiedene Agrarsektoren. Insoweit sieht Art 40 Abs 2 UAbs 1 AEUV die Verwendung verschiedener Mechanismen vor, die zur Erreichung der in Art 39 AEUV definierten Ziele eingesetzt werden können und somit in den verschiedenen Agrarsektoren unterschiedliche Regelungen vorgesehen werden können (vgl , Lidl GmbH Co KG , Rn 49). Mangels Vergleichbarkeit des Zuckersektors mit dem Wein- und Milchsektor stellt die Belastung der Zucker, Isoglucose und Inulinsirup erzeugenden Unternehmen mit einer Produktionsabgabe auf die diesen Unternehmen zugeteilte Zucker-, Isoglucose- bzw Inulinsirupquote diesbezüglich keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber dar.
46 Aus diesen Erwägungen bestehen nach der Rechtsprechung des EuGH für den Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel, dass die in Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 Abs 1 der VO (EU) Nr 1370/2013 geregelte Produktionsabgabe im Hinblick auf die Ermächtigungsgrundlage des Art 43 Abs 2 AEUV hinreichend begründet ist und weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt. Da entsprechend der Rechtsprechung des EuGH klar gestellt ist, dass Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 Abs 1 der VO (EU) Nr 1370/2013 betreffend die Erhebung einer Produktionsabgabe auf die den Zucker- , Isoglucose- und Inulinsirup erzeugenden Unternehmen zugeteilte Zucker-, Isoglucose- bzw Inulinsirupquote als Beitrag zur Finanzierung der Ausgaben der GMO für Zucker nicht primärrechtswidrig ist, bestand keine Pflicht zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens, wie von der revisionswerbenden Partei angeregt.
47 Aufgrund der sich unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des EuGH ergebenden mangelnden Primärrechtswidrigkeit des Art 128 der VO (EU) Nr 1308/2013 iVm Art 7 Abs 1 der VO (EU) Nr 1370/2013 wurde der revisionswerbenden Partei zu Recht auf der Grundlage dieser Bestimmungen eine Produktionsabgabe für Zucker für das Wirtschaftsjahr 2014/2015 in der Höhe von EUR 12,-- je t Quotenzucker, insgesamt EUR 4.212.328,80 vorgeschrieben.
48 Die Revision erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
49 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am