VwGH vom 26.01.2017, Ro 2015/17/0032

VwGH vom 26.01.2017, Ro 2015/17/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG- 410680/8/Gf/Mu - 410681/2, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Schärding; mitbeteiligte Parteien: 1. C H,

2. Verein "T", beide in B, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahin abgeändert, dass die Beschwerde der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom , Pol10-18- 2014, abgewiesen wird.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom , Pol10-18-2014, wurde gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a, Abs 2 und 3 Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von zwei näher bezeichneten Glücksspielgeräten gegenüber den mitbeteiligten Parteien angeordnet.

2 Dabei ging die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde davon aus, dass die gegenständlichen Geräte zum Kontrollzeitpunkt betriebsbereit im Lokal der zweitmitbeteiligten Partei aufgestellt gewesen seien. Weiters stellte sie aufgrund der durchgeführten Testspiele fest, dass es sich bei den gegenständlichen Geräten um Walzenspielgeräte handle, bei welchen nach Eingabe von Geld, Auswahl des Spieles und Aufrufen zur Durchführung ein Spieleinsatz ausgewählt werden könne. Dem Spieleinsatz sei jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet. Das Spiel werde mit einer Starttaste ausgelöst. Dadurch werde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und das Walzenspiel ausgelöst, wobei der optische Eindruck entstehe, dass die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole rotierten. Nach dem Stillstand stehe ein Spielerfolg in Form eines Gewinnes oder Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Erzielte Gewinne würden an die Spieler in bar ausbezahlt werden.

Die erstmitbeteiligte Partei sei Eigentümerin der gegenständlichen Geräte. Es liege weder eine Konzession nach dem GSpG noch eine landesrechtliche Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen vor.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der von den mitbeteiligten Parteien erhobenen Beschwerde statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.

4 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des GSpG mit Art 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte rechtlich nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene. Darüber hinaus seien die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig.

5 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die Revision des Bundesministers für Finanzen mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

6 Die Mitbeteiligten beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Frage, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen (vgl ).

9 Der Revisionsfall gleicht hinsichtlich der auch hier zu beurteilenden Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, entschieden wurde. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der vom Gerichtshof der europäischen Union geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht erkannt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen.

10 Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses vom verwiesen. Unter Zugrundelegung der Verfahrensergebnisse im Beschwerdeverfahren ist auch im Revisionsfall bei zutreffender rechtlicher Beurteilung eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht zu erkennen.

11 Wenn in der Beschwerde die verwaltungsbehördliche Unzuständigkeit zur Beschlagnahme behauptet wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme nach Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 13/2014 am erfolgte. Die Behörde hatte daher § 52 Abs 3 GSpG idF dieser Novelle anzuwenden, sodass sie ihre Zuständigkeit zur Beschlagnahme zu Recht in Anspruch genommen hat (vgl ).

12 Zu dem nicht näher begründeten Vorbringen in der Beschwerde, wonach keine Glücksspiele iSd GSpG angeboten worden seien, genügt es, auf die Feststellungen im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom , die Niederschrift der Vernehmung der erstrevisionswerbenden Partei vom sowie die Fotodokumentation der Finanzpolizei betreffend die Kontrolle vom selben Tag zu verweisen. Da nicht dargelegt wird, dass diese Beweisergebnisse unzutreffend seien und auch keine diesbezüglichen Beweismittel angeboten werden, gelingt es den Mitbeteiligten nicht, die Ergebnisse der Erhebungen der Verwaltungsbehörde erfolgreich zu bekämpfen.

13 Die belangte Behörde konnte somit in Bezug auf die beschlagnahmten Geräte von einem hinreichenden Verdacht des Vorliegens einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG und vom fortgesetzten Verstoß gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG ausgehen.

14 Gemäß § 42 Abs 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

15 Da es zur Fällung einer Sachentscheidung im vorliegenden Fall keiner weiteren Ermittlungen bedurfte, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs 1 VwGG in der Sache selbst entschieden und die Beschwerde der mitbeteiligten Parteien abgewiesen.

Wien, am