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VwGH vom 26.01.2012, 2009/16/0063

VwGH vom 26.01.2012, 2009/16/0063

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des K in B, vertreten durch Dr. Norbert Wess, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 20/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. ZRV/0035-Z1W/08, betreffend Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 Zollkodex, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom teilte das Zollamt Wien dem Beschwerdeführer gemäß Art. 221 Abs. 1 Zollkodex mit, dass für ihn gemäß Art. 203 Abs. 1 und 3 Zollkodex in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes Eingangsabgaben in Höhe von 32.887,30 EUR an Zoll, 261.020,66 EUR an Einfuhrumsatzsteuer und 1,215.120 EUR an Tabaksteuer buchmäßig erfasst worden sind. Gleichzeitig setzte das Zollamt eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz in Höhe von 46.566,09 EUR fest. Der Beschwerdeführer sei am hinsichtlich näher genannter 14,640.000 Stück Zigaretten zusammen mit H.G. und C.M. an deren Entziehung (aus der zollamtlichen Überwachung) beteiligt gewesen, obwohl er gewusst habe, dass sie die Ware der zollamtlichen Überwachung entzögen.

Innerhalb der vom Zollamt verlängerten Berufungsfrist erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Berufung und beantragte gleichzeitig die "Aussetzung der Einhebung gem. Art. 244 Zollkodex iVm § 212a BAO".

Mit Bescheid vom wies das Zollamt den Aussetzungsantrag ab. Das Zollamt hege zwar keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, gehe aber in Anbetracht der Höhe der Abgabenschuld von zusammen rund 1,555.000 EUR unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer dargelegten Vermögensverhältnisse davon aus, dass die sofortige Vollstreckung oder die Forderung einer Sicherheitsleistung die Gefahr eines unersetzbaren Schadens nach sich ziehen könnte. Da sowohl der Aussetzungsgrund als auch die Voraussetzung für die Abstandnahme von einer Sicherheitsleistung feststünden, habe die Zollbehörde im nächsten Schritt eine Ermessensentscheidung zu treffen. Der Beschwerdeführer sei vorsätzlich an der Entziehung von 14,640.000 Stück Zigaretten aus der zollamtlichen Überwachung beteiligt gewesen. Er habe die Entdeckung dieser Tathandlung zu keinem Zeitpunkt ausschließen können und habe damit zu rechnen gehabt, dass in diesem Fall auch ihm die durch sein rechtswidriges Verhalten entstandene Eingangsabgabenschuld abverlangt werde. Dennoch sei von seiner Seite aus keine entsprechende finanzielle Disposition getroffen worden. Ein Verzicht auf die Sicherheitsleistung würde eine ungerechtfertigte Benachteiligung aller steuerredlichen Abgabepflichtigen und auch all jener, die durch vorsorgliches Verhalten in der Lage seien, Sicherheit zu leisten, bedeuten und dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom mit der Begründung, gemäß Art. 244 Zollkodex dürfe eine Sicherheitsleistung nicht gefordert werden, wenn die Sicherheitsleistung auf Grund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führe. Daher räume Art. 244 ZK der Behörde kein Ermessen ein. Da die Forderung nach einer Sicherheitsleistung im Beschwerdefall unzweifelhaft und unwidersprochen zu ernsten wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten führen würde, sei von der Forderung einer Sicherheitsleistung Abstand zu nehmen und die Vollziehung ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

Diese Berufung wies das Zollamt mit Berufungsvorentscheidung vom mit dem Hinweis ab, dass nach Art. 244 Unterabsatz 3 letzter Satz Zollkodex in der geltenden Fassung eine Sicherheitsleistung nicht gefordert zu werden braucht und damit eine Ermessensentscheidung getroffen werden könne.

Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer dagegen eine (Administrativ )Beschwerde, in welcher er festhielt, das Zollamt selbst stelle nicht in Abrede, dass die sofortige Vollstreckung der aushaftenden Abgabenschuld zu einem unersetzbaren Schaden führen würde. Weiters legte er dar, weshalb begründete Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung (des Bescheides vom ) bestünden. Da jedenfalls eine der in Art. 244 Zollkodex angeführten Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung unzweifelhaft und auch von der Behörde unwidersprochen erfüllt sei, bestehe ein Rechtsanspruch auf Aussetzung der Vollziehung und lasse Art. 244 Zollkodex der Behörde keinen Anwendungsbereich für eine Ermessensentscheidung. Zur Forderung einer Sicherheitsleistung führte der Beschwerdeführer aus, es wäre absurd, wenn eine solche Forderung auch dann zulässig wäre, wenn die Bestellung einer Sicherheit zu einem unersetzbaren Schaden führen würde.

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom vor, er mache in der (Administrativ )Beschwerde geltend, die sofortige Vollstreckung der aushaftenden Abgabenschuld würde unter Bedachtnahme auf seine Vermögensverhältnisse zu einem unersetzbaren Schaden führen. Zur Beurteilung dieses Vorbringens bedürfe es einer Überprüfung der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers. Er werde deshalb aufgefordert, innerhalb einer ihm gesetzten Frist aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, die eine objektive Bewertung seiner gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse ermöglichten. Entsprechende Nachweise seien beizulegen. Als zweckdienlich habe sich in diesem Zusammenhang die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses nach § 185 der (damaligen) Konkursordnung erwiesen. Wesentliche Veränderungen der derzeitigen Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers im Vergleich zur wirtschaftlichen Situation zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung () seien darzulegen und zu erläutern.

Mit Schriftsatz vom führte der Beschwerdeführer dazu aus, dass zu seinen wesentlichen Einkunftsquellen derzeit die Vermietung und Verpachtung von Liegenschaften zähle. Einen früher unterhaltenen Handel mit Immobilien habe er gegen Ende des Jahres 2005 eingestellt. Jene Geschäftstätigkeit, die der Vorschreibung der in Rede stehenden Eingangsabgaben zugrunde liege, sei von ihm bereits im Jahr 2004 endgültig eingestellt worden. Sein Immobilienvermögen bestehe aus sechs durch EZ und Grundstücksnummer der betreffenden Grundbücher näher bezeichnete Liegenschaften. Es sei zu berücksichtigen, dass die in seinem Eigentum stehenden, der Einkünfteerzielung dienenden Liegenschaften zur Gänze fremdfinanziert angeschafft worden seien, sodass den Immobilien entsprechende Verbindlichkeiten gegenüberstünden. Der Gesamtstand der auf den Liegenschaften hypothekarisch besicherten Verbindlichkeiten belaufe sich auf rund

632.500 EUR und verteile sich auf vier der Liegenschaften mit näher angeführten Beträgen.

Seine jährlichen Mieteinnahmen aus den Immobilien betrügen derzeit rund 27.000 EUR, wovon rund 3.000 EUR auf einen mit zwei Jahren befristeten Mietvertrag für ein Geschäftslokal entfielen. Den Einnahmen aus der Vermietung stünden u. a. erhebliche Ausgaben für Kreditzinsen sowie Instandsetzungen und Instandhaltungen gegenüber, die den Überschuss aus der Vermietung entsprechend verringerten. Da insbesondere aufgrund des derzeit steigenden Zinsniveaus die jährlich an die Bank rückzuführenden Annuitäten den Betrag der jährlichen Mieteinnahmen bei Weitem überstiegen, sei es regelmäßig notwendig, einzelne Immobilien zu verkaufen. Eine sofortige Vollstreckung der aushaftenden Abgabenschuld würde in Anbetracht der gegenwärtigen Einkommens- und Vermögenslage unweigerlich zu einer Verwertung sämtlicher Liegenschaften führen. Die dabei erzielten Erlöse würden in erster Linie an die finanzierenden Kreditinstitute fließen. Darüber hinausgehende Erlöse wären voraussichtlich nicht zu erwarten. Seine wirtschaftliche Existenz wäre durch Verwertung der Liegenschaft bei sofortiger Vollstreckung vernichtet. Die sofortige Vollstreckung der Abgabenschuld wäre daher unzweifelhaft ein unersetzbarer Schaden.

Zur Verwendung als Sicherheit stünden grundsätzlich die erwähnten Liegenschaften zu Verfügung. Allerdings sei darauf zu verweisen, dass die bezeichneten Liegenschaften bereits zur Gänze mit Hypotheken zugunsten der finanzierenden Kreditinstitute belastet seien und die finanzierenden Kreditinstitute eine weitere Finanzierung ablehnen würden, wenn Liegenschaften mit Hypotheken zur Sicherung von Abgabenansprüchen belastet wären. Die bis dato bestehende Bonität bei den Kreditinstituten wäre mit einem Schlag vernichtet. Die fehlende Unterstützung durch die Kreditinstitute würde seine Liquidität jedoch massiv beeinträchtigen, damit die Instandhaltung der Mietobjekte und damit wiederum die Möglichkeit der Erzielung von Mieteinnahmen erheblich erschweren oder sogar unmöglich machen und somit letztlich die wirtschaftliche Existenz vernichten. Auch der Ankauf weiterer Immobilien wäre mangels Verfügbarkeit dafür erforderlicher Liquidität ausgeschlossen. Zur Erläuterung schließe er die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 in Ablichtung an. In der vorläufigen Saldenliste (die Steuererklärung für 2007 liege noch nicht vor) ergebe sich ein Überschuss von rund 14.000 EUR.

An Einkünften aus selbständiger Tätigkeit erziele er Bezüge als handelsrechtlicher Geschäftsführer dreier GesmbH in Höhe von derzeit monatlich 1.000 EUR. Schließlich sei er an einer GesmbH zu 80 % (Nominale 400.000 S) beteiligt. Diese GesmbH habe jedoch in den Jahren 2005 bis 2007 einen Verlust in Höhe von insgesamt rund 600.000 EUR erzielt.

Letztlich habe er eine Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 50.000 EUR gegenüber einem näher genannten Kreditinstitut übernommen.

Zusammenfassend würde die sofortige Vollstreckung der Abgabenschulden zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz führen und auch die Bestellung einer Sicherheit für die Abgabenschulden eine massive Beeinträchtigung seiner Liquidität und eine erhebliche Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz bewirken.

Mit Telekopie vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, "die notwendigen Unterlagen" beizubringen, weil die Mitteilung vom dem Vorhalt vom nicht gerecht würde und u.a fehle:


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"-
vollständige Aufstellung über Bargeld, Bausparverträge, Bankguthaben, Kraftfahrzeuge, Wertpapiere, Schmuck und sonstige Wertsachen
-
Belege zum Nachweis der geltend gemachten Verbindlichkeiten
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Angaben über die im Vorhalt angesprochenen Änderungen ihrer Vermögensverhältnisse"
In der vor der belangten Behörde am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde zunächst die Frage der Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung (Bescheid vom ) länger erörtert. Dann fragte der Vorsitzende den Beschwerdeführer, ob er genauere Angaben zu seiner Finanzierungssituation machen könne. Der Beschwerdeführer legte eine Liste vor, aus der der Wert seiner Liegenschaften und die entsprechenden Mieteinnahmen und Belastungen zu ersehen sei. Handschriftliche Korrekturen habe er im Zuge der Verhandlung vorgenommen; er werde die Liste nochmals durchrechnen und innerhalb einer Frist von einer Woche dem Senat nachreichen. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob es sonstige Einnahmen und Vermögensgegenstände gebe, antwortete der Beschwerdeführer, er habe verschiedene Immobilien auf Anraten seiner Bank veräußert. Von diesem Vermögen habe er während der letzten Jahre gelebt. Von diesem Geld habe er nicht mehr viel. Es seien noch etwa 50.000 EUR vorhanden. Anlässlich einer Einbringung nach dem Umgründungssteuergesetz zum habe er eine unbare Entnahme in Höhe von 600.000 EUR getätigt. Davon seien pro Jahr etwa 30.000 EUR in die Kredittilgung zugeschossen worden. Auf den Vorhalt des Vorsitzenden nach dem Vordruck nach § 185 KO legte er einen ausgefüllten Vordruck vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die (Administrativ
)Beschwerde als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und rechtlichen Ausführungen erläuterte die belangte Behörde, warum ihrer Ansicht nach keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zollschuldbescheides (vom ) hinsichtlich einer Menge von 1.200 Kartons Zigaretten bestünden. Hinsichtlich einer Teilmenge von 214 der 1.464 Kartons Zigaretten sei einer Berufung durchaus berechtigte Erfolgsaussicht zuzuerkennen.
Die Aussetzung der Vollziehung sei aber auch dann vorgesehen, wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen habe der Zollschuldner substantiiert darzulegen. Dieser Darlegungspflicht habe der Beschwerdeführer nicht entsprochen, weil er die von der belangten Behörde angeforderten Nachweise für die Richtigkeit seiner in diesem Zusammenhang vorgebrachten Behauptungen trotz mehrmaliger Aufforderungen nicht vorgelegt habe. Dem Beschwerdeführer sei es daher nicht gelungen, den Nachweis dafür zu erbringen, dass durch die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung für ihn ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte.
Da jedoch hinsichtlich der teilweise bestehenden Erfolgsaussichten der Berufung die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung (teilweise) vorlägen, sei auf die Frage einer Sicherheitsleistung einzugehen. Der Beschwerdeführer habe den Nachweis für die Richtigkeit seiner Behauptungen hinsichtlich der Einkünfteerzielung aus ihm gehörenden Grundstücken und der Belastung mit Hypotheken sowie, dass die finanzierenden Kreditinstitute weitere Finanzierungen ablehnen würden, wenn Liegenschaften mit Hypotheken zur Sicherung von Abgabenansprüchen belastet würden, nicht vorgelegt. Dem Schriftsatz vom seien keine so wesentlichen Vermögensgegenstände wie Bargeld und Bankguthaben zu entnehmen und außerdem seien die angeforderten Nachweise für die geltend gemachten Verbindlichkeiten nicht enthalten. Der Aufforderung vom sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung sei der Beschwerdeführer nochmals ausdrücklich aufgefordert worden, genauere Angaben zu seiner finanziellen Situation zu machen. Darauf habe er erstmals ein Vermögensverzeichnis vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch eine unbare Entnahme in Höhe von 600.000 EUR erwähnt, die zum Teil der Kredittilgung zugeschossen worden sei. Die geforderten Belege zum Nachweis der behaupteten Vermögenswerte und Verbindlichkeiten habe der Beschwerdeführer aber auch im Zuge der Berufungsverhandlung nicht vorgelegt. Da somit die belangte Behörde nicht in die Lage versetzt worden sei, das Vorliegen der behaupteten ernsten Schwierigkeiten anhand von verifizierbaren Belegen zu überprüfen, sei der belangten Behörde die rechtliche Basis für das Absehen von der Sicherheitsleistung entzogen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 359/09-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom im Recht auf Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 Zollkodex verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 243 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) kann jede Person einen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen der Zollbehörden auf dem Gebiete des Zollrechts einlegen, die sie unmittelbar und persönlich betreffen.
Art. 244 ZK in der Fassung der Berichtigung der deutschsprachigen Ausgabe ABlEG Nr. L 79 vom , lautet:
"Art. 244 Durch Einlegung des Rechtsbehelfs wird die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung nicht ausgesetzt.
Die Zollbehörden setzen jedoch die Vollziehung der Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte.
Bewirkt die angefochtene Entscheidung die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, so wird die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Diese Sicherheitsleistung braucht jedoch nicht gefordert werden, wenn eine derartige Forderung aufgrund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte."
Ist einer der beiden Tatbestände des Art. 244 zweiter Unterabsatz ZK erfüllt, so hat die Zollbehörde, wenn sie nicht in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens von der Forderung einer Sicherheitsleistung absieht, eine Sicherheit zu fordern (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0008, VwSlg 7.498/F).
Das Zollamt Wien ist in seinem Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung vom und in seiner Berufungsvorentscheidung vom davon ausgegangen, dass eine der beiden alternativen Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 244 zweiter Unterabsatz ZK erfüllt sei, weil dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Dessen ungeachtet hat das Zollamt der Aktenlage zufolge jedoch den Antrag abgewiesen, ohne eine Sicherheitsleistung zu fordern. Solcherart erweisen sich die beiden Bescheide des Zollamtes Wien als rechtswidrig.
Die belangte Behörde verneint zwar anders als das Zollamt Wien die Erfüllung dieses Tatbestandes, nimmt jedoch hinsichtlich eines Teiles der dem Bescheid des Zollamtes Wien vom zugrunde liegenden Zigarettenmenge begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser angefochtenen Entscheidung an und sieht damit zumindest teilweise den anderen Tatbestand als erfüllt, der für die Aussetzung der Vollziehung in Art. 244 zweiter Unterabsatz ZK vorausgesetzt wird. Dennoch ist die (Administrativ
)Beschwerde abgewiesen worden, ohne dass der Aktenlage zufolge dem Beschwerdeführer gegenüber eine Forderung einer Sicherheitsleistung ausgesprochen worden wäre.
Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Für das fortzusetzende Verfahren sei bemerkt:
Die belangte Behörde führt zutreffend an, der Zollschuldner habe substantiiert darzulegen, dass durch die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung für ihn ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte (vgl.
Witte , Zollkodex5, Rz 36 zu Art. 244). Von der Pflicht zur substantiierten Darlegung ist aber der Nachweis der Richtigkeit der dargelegten Umstände zu unterscheiden. Der Beschwerdeführer hat im Gefolge der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung ein Vermögensverzeichnis vorgelegt und durchaus substantiiert seine Einkünfte, seine Vermögensgegenstände und hypothekarische Belastungen dargelegt. Wenn die belangte Behörde diesen Behauptungen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenkte, hätte sie ihn zum Nachweis konkreter Behauptungen auffordern müssen. Ein pauschaler Vorhalt wie im Schreiben vom , "entsprechende Nachweise" beizulegen, reicht nicht. Dem Beschwerdeführer durfte die belangte Behörde daher nicht vorwerfen, er habe nicht nachweisen können, dass ihm aus der sofortigen Vollziehung des bekämpften Bescheides ein unersetzbarer Schaden entstünde.
Zur Ermessensentscheidung, ob eine Sicherheitsleistung gefordert wird oder nicht, ist zu bemerken, dass die in Art. 244 dritter Unterabsatz ZK dafür geforderte Tatbestandsvoraussetzung der Möglichkeit ernster Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art auf Grund der Lage des Schuldners nicht mit der Tatbestandsvoraussetzung des Art. 244 zweiter Unterabsatz ZK eines unersetzbaren Schadens gleichzusetzen ist und schon dann gegeben sein kann, wenn in der Vollziehung kein unersetzbarer Schaden die Folge ist. Dementsprechend ist eine eigenständige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Abgabenschuldners in Hinblick auf diese Tatbestandsvoraussetzung des Art. 244 dritter Unterabsatz ZK vorzunehmen. Auch hier ist die Darlegungspflicht des Zollschuldners nicht mit dem Nachweis der Richtigkeit von ihm aufgestellter Behauptungen zu verwechseln. Glaubte die belangte Behörde den Behauptungen des Beschwerdeführers auf Grund ihres Vorhaltes vom nicht, hätte sie ihn etwa bei der vor ihr durchgeführten mündlichen Verhandlungen zu Nachweisen konkreter Behauptungen auffordern müssen oder wird dies gegebenenfalls im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am