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VwGH 25.05.2016, Ra 2015/10/0104

VwGH 25.05.2016, Ra 2015/10/0104

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
32003L0004 Umweltinformationen-RL;
EURallg;
UmweltinformationsG Tir 2005 §13 Abs1;
RS 1
Das Tir UmweltinformationsG 2005 setzt gemäß dessen § 13 Abs. 1 die Richtlinie 2003/4/EG um. Diese Richtlinie ist daher für die Auslegung des Tir UmweltinformationsG 2005 heranzuziehen.
Normen
32003L0004 Umweltinformationen-RL;
32005D0370 AarhusKonvention;
62009CJ0240 Lesoochranarske zoskupenie VORAB;
EURallg;
RS 2
Wie sich aus dem Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2003/4/EG (Umweltinformationen-RL) ergibt, verfolgt diese Richtlinie das Ziel, die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts an die von der EG unterzeichnete Aarhus-Konvention anzugleichen. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher anhand dieser Konvention auszulegen (vgl. , Lesoochranarske zoskupenie, nach dessen Rn 30 die Aarhus Konvention einen integralen Bestandteil der Unionsrechtsordnung darstellt).
Normen
NatSchG Tir 2005 §44 Abs4;
UmweltinformationsG Tir 2005 §2;
UmweltinformationsG Tir 2005 §4 Abs1;
RS 3
Bei der Bestellung einer ökologischen Bauaufsicht, deren Aufgabe gemäß § 44 Abs. 4 Tir NatschG 2005 die Überwachung der sich aus naturschutzrechtlichen Bescheiden ergebenden Verpflichtungen ist, handelt es sich um eine (Verwaltungs-)Maßnahme zum Schutz von Umweltbestandteilen, die vom Tir UmweltinformationsG 2005 umfasst ist. Der Öffentlichkeit kommt somit nach Maßgabe des Tir UmweltinformationsG 2005 ein Recht auf Information über diese Maßnahme zu.
Normen
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art3 Abs4;
32005D0370 AarhusKonvention Art4 Abs1;
EURallg;
UmweltinformationsG Tir 2005 §2;
UmweltinformationsG Tir 2005 §5 Abs5;
RS 4
Aus Art. 4 Abs. 1 der Aarhus Konvention ergibt sich zunächst, dass die "eigentlichen Unterlagen" nicht selbst als Umweltinformationen anzusehen sind, sondern nur solche Informationen enthalten. Bei umweltrelevanten Maßnahmen stellt jedenfalls der Bewilligungsbescheid eine solche "eigentliche Unterlage" dar. Aber auch der einleitende Antrag samt den Antragsunterlagen - ohne den oftmals der genaue Umfang einer Bewilligung nicht ersichtlich ist -

sowie zB von der Behörde eingeholte Sachverständigengutachten können "eigentliche Unterlagen" darstellen, die die relevanten Umweltinformationen enthalten.
Normen
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art3 Abs4;
32005D0370 AarhusKonvention Art4 Abs1;
EURallg;
NatSchG Tir 2005 §44 Abs4;
UmweltinformationsG Tir 2005 §2;
UmweltinformationsG Tir 2005 §5 Abs5;
RS 5
Bei der Bestellung einer ökologischen Bauaufsicht handelt es sich jedenfalls beim Bestellungsbescheid um eine "eigentliche Unterlage" iSd Art 4 Abs 1 Aarhus Konvention; der Antrag auf Bestellung der Bauaufsicht und die eingeholte Stellungnahme des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen zur Eignung der in Aussicht genommenen Person können als solche Unterlagen angesehen werden. Diese Unterlagen sind nicht per se Umweltinformationen, sondern Dokumente (Aktenbestandteile), die Umweltinformationen enthalten. Daher handelt es sich beim Begehren auf Ausfolgung (einer Kopie) des Bescheides betreffend die Bestellung der ökologischen Bauaufsicht sowie des entsprechenden Antrages und der Stellungnahme des Amtssachverständigen um die "Form" iSv § 5 Abs. 5 Tir UmweltinformationsG 2005, in der die Mitteilung der Umweltinformationen begehrt wurde.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der I, vertreten durch Dr. Werner Heißig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG- 2015/16/1461-1, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom , Zl. LVwG-2015/16/1461-2, betreffend Umweltinformationen (belangte Behörde: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom abgewiesen, mit dem der Antrag der Revisionswerberin auf Herausgabe des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom , mit dem die ökologische Bauaufsicht für ein bestimmt genanntes Kleinwasserkraftwerksprojekt bestellt wurde, sowie auf Herausgabe weiterer näher genannter Informationen zu diesem Bestellvorgang nach dem Tiroler Umweltinformationsgesetz 2005 - TUIG 2005, LGBl. Nr. 89, abgewiesen worden war.

2 Zur Begründung führte das Landesverwaltungsgericht - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wesentlich - aus, die Revisionswerberin habe mit Schreiben vom bei der belangten Behörde um die Übermittlung u.a. folgender Umweltinformationen ersucht:

1. "Wann wurde seitens der Gemeinde (I.) um Bestellung der ökologischen Bauaufsicht angesucht. Es wird die Übermittlung dieses Ansuchens samt Unterlagen beantragt.

2. Welche Verfahrensschritte wurden seitens Ihrer Behörde in diesem Zusammenhang gesetzt. Es wird um Übermittlung sämtlicher Unterlagen, Gutachten, Behördenanweisungen ersucht.

3. Wann wurde der Bescheid zur Bestellung der ökologischen Bauaufsicht erteilt. Es wird um Übermittlung dieses Bescheides samt darauf basierenden Gutachten, Stellungnahmen etc. ersucht.

...

7. Wurde im Verfahren zur Bestellung der ökologischen Bauaufsicht die Tiroler Umweltanwaltschaft eingebunden. Wenn nein, warum nicht?

..."

3 Diese Fragen habe die Tiroler Landesregierung mit Schreiben

vom wie folgt beantwortet:

"Im Hinblick auf die von Ihnen angesprochene Nebenbestimmung übermittelte die Gemeinde (I.) mit Schreiben vom Vorschläge für eine ökologische Bauaufsicht. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , (...) wurde eine ökologische Bauaufsicht bestellt, deren fachliche Eignung vom naturkundefachlichen Amtssachverständigen bestätigt wurde. Der angesprochene Bescheid wurde auch dem Landesumweltanwalt von Tirol übermittelt.

Die begehrten Informationen wurden ihnen hiermit vollständig mitgeteilt. Es wird darauf hingewiesen, dass das TUIG lediglich den Zugang zu Umweltinformationen gewährt, nicht aber das Recht auf Einsicht in bestimmte Dokumente oder auf Übermittlung derselben."

4 Mit Schriftsatz vom habe die Revisionswerberin unter der Behauptung, dass ihrem Informationsbegehren nicht vollständig entsprochen worden sei, die bescheidmäßige Erledigung ihres Ansuchens begehrt.

5 Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom sei dieser Antrag mit der wesentlichen Begründung abgewiesen worden, dass alle umweltrelevanten Informationen bereits mit Antwortschreiben vom  der Revisionswerberin mitgeteilt worden seien.

6 In der dagegen gerichteten Beschwerde habe die Revisionswerberin insbesondere vorgebracht, dass die Fragen 1. bis 3. des Schreibens vom nur zum Teil beantwortet worden seien. Insbesondere sei der Bescheid zur Bestellung der ökologischen Bauaufsicht nicht ausgefolgt worden. Auch die Übermittlung des Ansuchens der Gemeinde I. um Bestellung der ökologischen Bauaufsicht und der mit diesem Ansuchen zusammenhängenden Unterlagen und Stellungnahmen sei verweigert worden. Dies gelte insbesondere für die in der behördlichen Antwort vom erwähnte fachkundige Bestätigung der Eignung der bestellten Bauaufsicht. Diese Unterlagen seien als Umweltinformationen anzusehen, weshalb ein Recht auf Übermittlung bestehe.

7 Diesem Beschwerdevorbringen sei zu erwidern, dass sämtliche im Bestellungsbescheid betreffend die ökologische Bauaufsicht enthaltenen Umweltinformationen bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom  mitgeteilt worden seien. Mehr Umweltinformationen seien in diesem Bescheid nicht enthalten, es bestehe daher kein Rechtsanspruch auf Übermittlung dieses Bescheides oder Einsichtnahme in diesen Bescheid.

8 Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen gewesen, weil keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage vorliege.

9 Die dagegen gerichtete Revision wendet sich nach ihrem gesamten Inhalt ausschließlich gegen die Verweigerung der Übermittlung von Kopien der zur Beantwortung der Fragen 1. bis 3. des Schreibens vom begehrten Aktenbestandteile. Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde erwogen:

10 Zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision wird vorgebracht, dass folgende grundsätzliche Rechtsfragen zu lösen seien:

"(1) Sind umweltbezogene Dokumente bzw. Bescheide selbst, in erstellter bzw. erlassener Form, als ‚Umweltinformationen' zu verstehen, so dass sie nach § 5 Abs. 3 TUIG im Ganzen übermittelt werden müssen, oder gelten nur die darin enthaltenen umweltbezogenen Informationspunkte als ‚Umweltinformationen'?

(2) Ist das Gebot gemäß § 5 Abs. 5 TUIG, dass begehrte Umweltinformationen in verlangter Form mitzuteilen sind, dahingehend auszulegen, dass Umweltinformationen, die in Dokumenten bzw. in Bescheiden enthalten sind, in der originalen bzw. erlassenen Form zu übermitteln sind, wenn der Antragsteller auf die Formalvorgabe abstellt?

(3) Wie ist das Gebot gemäß § 5 Abs. 3 TUIG, dass Umweltinformationen in möglichst exakter Form mitzuteilen sind, auszulegen?"

11 Damit werden grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. Die Revision ist daher zulässig, jedoch aus folgenden Gründen im Ergebnis nicht berechtigt:

12 Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

13 Tiroler Umweltinformationsgesetz 2005 - TUIG 2005, LGBl. Nr. 89/2005 idF LGBl. Nr. 130/2013:

"§ 1

Ziel

Ziel dieses Gesetzes ist die Information der Öffentlichkeit

über die Umwelt, insbesondere durch

a) Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen und

b) Förderung der systematischen und umfassenden Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen; zu diesem Zweck sind, nach Maßgabe vorhandener Mittel, bevorzugt elektronische Kommunikationsmittel einzusetzen.

§ 2

Umweltinformationen

Umweltinformationen sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

a) den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft, Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Berggebiete, Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile einschließlich genetisch veränderter Organismen sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

b) Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm, Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die in der lit. a genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken;

c) Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie beispielsweise Politiken, Gesetze, Pläne, Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die in den lit. a und b genannten Umweltbestandteile und Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen und Tätigkeiten zu deren Schutz;

d)

Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts;

e)

Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die im Rahmen der in der lit. c genannten Maßnahmen und Tätigkeiten verwendet werden, und

f) den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit einschließlich - soweit diesbezüglich von Bedeutung - Kontamination der Lebensmittelkette, Bedingungen für menschliches Leben sowie Kulturstätten und Bauwerke in dem Maß, in dem sie vom Zustand der in der lit. a genannten Umweltbestandteile oder durch diese Umweltbestandteile von den in den lit. b und c genannten Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten betroffen sind oder sein können.

§ 3

Informationspflichtige Stellen

(1) Informationspflichtige Stellen im Sinn dieses Gesetzes sind, soweit sich die Umweltinformationen auf Angelegenheiten beziehen, die in Gesetzgebung Landessache sind:

a) Verwaltungsbehörden und unter ihrer sachlichen Aufsicht stehende sonstige Organe der Verwaltung, die durch Gesetz oder einen innerstaatlich unmittelbar wirksamen internationalen Rechtsakt übertragene Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, sowie diesen zur Verfügung stehende gesetzlich eingerichtete Beratungsorgane;

...

§ 4

Freier Zugang zu Umweltinformationen

(1) Das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die bei den informationspflichtigen Stellen vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, wird jeder natürlichen oder juristischen Person ohne Nachweis eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährleistet. Umweltinformationen sind vorhanden, wenn sie sich im Besitz der informationspflichtigen Stelle befinden und von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind. Umweltinformationen werden bereitgehalten, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle aufbewahrt und diese Stelle einen Anspruch auf Übermittlung dieser Umweltinformationen hat.

...

§ 5

Mitteilungspflicht

(1) Das Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen kann schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich scheint, mündlich gestellt werden. Dies kann in jeder technischen Form geschehen, die die informationspflichtige Stelle zu empfangen in der Lage ist. Geht aus dem eingebrachten Begehren der Inhalt oder der Umfang der begehrten Mitteilung nicht ausreichend klar hervor, so ist dem Informationssuchenden aufzutragen, das Begehren innerhalb von zwei Wochen schriftlich zu präzisieren.

...

(3) Die informationspflichtigen Stellen haben Umweltinformationen unter Bedachtnahme auf die Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe nach § 6 in möglichst aktueller, exakter, vergleichbarer und allgemein verständlicher Form mitzuteilen.

...

(5) Die Mitteilung ist grundsätzlich in der vom Informationssuchenden verlangten Form zu erteilen. Wenn dies zweckmäßiger ist, hat die Mitteilung in einer anderen Form zu erfolgen, wobei der elektronischen Datenübermittlung, nach Maßgabe vorhandener Mittel, der Vorzug zu geben ist. Der Informationssuchende kann insbesondere auf andere öffentlich verfügbare Informationen, die in einer anderen Form oder einem anderen Format vorliegen, verwiesen werden, sofern diese dem Informationssuchenden leicht zugänglich sind und dadurch der freie Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen gewährleistet ist. Die Gründe für die Wahl einer anderen Form oder eines anderen Formats sind anzugeben und dem Informationssuchenden so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach dem Einlangen des Begehrens bei der informationspflichtigen Stelle, mitzuteilen.

...

§ 8

Rechtsschutz

(1) Werden die begehrten Umweltinformationen nicht oder nicht im verlangten Umfang mitgeteilt, so ist auf Antrag des Informationssuchenden darüber ein Bescheid zu erlassen. Zuständig zur Erlassung des Bescheides ist die informationspflichtige Stelle, soweit sie behördliche Aufgaben besorgt. Über gleichgerichtete Anträge kann unter einem abgesprochen werden.

...

§ 13

Umsetzung von Unionsrecht, Inkrafttreten

(1) Durch dieses Gesetz wird die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG (ABl. 2003, Nr. L 41, S. 26 bis 32) umgesetzt.

..."

14 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 - TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26/2005 idF LGBl. Nr. 87/2015:

"§ 44

Sicherheitsleistung, ökologische Bauaufsicht

...

(4) Die Behörde hat im Bescheid, mit dem eine naturschutzrechtliche Bewilligung aufgrund einer Interessenabwägung erteilt wurde, oder in einem Bescheid nach § 17 Abs. 1 oder 4 einer Person, die über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Naturkunde und des Naturschutzes verfügt, mit deren Zustimmung die Aufgaben der ökologischen Bauaufsicht zu übertragen, wenn dies zur Erfüllung der sich aus diesen Bescheiden ergebenden Verpflichtungen erforderlich ist. Die Bestellung als Aufsichtsorgan kann auch mit gesondertem Bescheid erfolgen. Das Aufsichtsorgan hat die plan- und bescheidgemäße Ausführung des Vorhabens oder die Durchführung der behördlichen Vorschreibungen laufend zu überwachen und dem Verantwortlichen allfällige Mängel unter Setzung einer angemessenen Frist zu deren Behebung bekannt zu geben. Werden die aufgezeigten Mängel nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig behoben, so hat das Aufsichtsorgan davon die Behörde unverzüglich zu verständigen. Das Aufsichtsorgan hat weiters den Inhaber der naturschutzrechtlichen Bewilligung oder den durch einen Bescheid nach § 17 Abs. 1 oder 4 Verpflichteten bei der Ausführung des Vorhabens oder der Erfüllung der behördlichen Vorschreibungen auf Verlangen fachlich zu beraten. Die Übertragung der ökologischen Bauaufsicht ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihre Beibehaltung nicht mehr vorliegen oder wenn sonstige wichtige Gründe dies erfordern.

..."

15 Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates:

"...

in Erwägung nachstehender Gründe:

...

(5) Am unterzeichnete die Europäische Gemeinschaft das Übereinkommen der UN-Wirtschaftskommission für Europa über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (‚Übereinkommen von Aarhus'). Die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts müssen im Hinblick auf den Abschluss des Übereinkommens durch die Europäische Gemeinschaft mit dem Übereinkommen übereinstimmen.

...

(16) Das Recht auf Information beinhaltet, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe sollten eng ausgelegt werden, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen werden sollte. Die Gründe für die Verweigerung von Informationen sind dem Antragsteller innerhalb der in dieser Richtlinie festgelegten Frist mitzuteilen.

...

Art. 1

Ziele

Mit dieser Richtlinie werden folgende Ziele verfolgt:

a) Die Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, und die Festlegung der grundlegenden Voraussetzungen und praktischer Vorkehrungen für die Ausübung dieses Rechts sowie

b) die Sicherstellung, dass Umweltinformationen selbstverständlich zunehmend öffentlich zugänglich gemacht und verbreitet werden, um eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen in der Öffentlichkeit zu erreichen. Dafür wird die Verwendung insbesondere von Computer-Telekommunikation und/oder elektronischen Technologien gefördert, soweit diese verfügbar sind.

Art. 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

1. ‚Umweltinformationen' sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

...

c) Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie z. B. Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die unter den Buchstaben a) und b) genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zum Schutz dieser Elemente,

...

Art. 3

Zugang zu Umweltinformationen auf Antrag

(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen.

...

(4) Falls ein Antragsteller eine Behörde ersucht, ihm Umweltinformationen in einer bestimmten Form oder einen bestimmten Format (beispielsweise als Kopie) zugänglich zu machen, so entspricht die Behörde diesem Antrag, es sei denn,

a) Die Informationen sind bereits in einer anderen, den Antragstellern leicht zugänglichen Form bzw. einem anderen, den Antragstellern leicht zugänglichen Format, insbesondere gemäß Art. 7, öffentlich verfügbar, oder

b) es ist für die Behörde angemessen, die Informationen in einer anderen Form bzw. einem anderen Format zugänglich zu machen; in diesem Fall sind die Gründe für die Wahl dieser anderen Form bzw. dieses anderen Formats anzugeben.

Zur Durchführung dieses Absatzes bemühen sich die Behörden in angemessener Weise darum, dass die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen in unmittelbar reproduzierbaren und über Computer-Telekommunikationsnetze oder andere elektronische Mittel zugänglichen Formen oder Formaten vorliegen.

Die Gründe, aus denen es abgelehnt wird, die Informationen auszugsweise oder vollständig in der gewünschten Form oder dem gewünschten Format zugänglich zu machen, sind dem Antragsteller innerhalb der in Abs. 2 Buchstabe a) genannten Frist mitzuteilen.

..."

16 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus Konvention):

"Art. 3

Allgemeine Bestimmungen

(1) Jede Vertragspartei ergreift die erforderlichen Gesetzgebungs-, Regelungs- und sonstigen Maßnahmen, einschließlich Maßnahmen zur Harmonisierung der Bestimmungen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen über Informationen, Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gerichten, sowie geeignete Maßnahmen zum Vollzug, um einen klaren, transparenten und einheitlichen Rahmen zur Durchführung dieses Übereinkommens herzustellen und aufrecht zu erhalten.

...

Art. 4

Zugang zu Informationen über die Umwelt

(1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden nach Maßgabe der folgenden Absätze dieses Artikels und im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt auf Antrag zur Verfügung stellen; hierzu gehören, wenn dies beantragt wird und nach Maßgabe des Buchstaben b), auch Kopien der eigentlichen Unterlagen, die derartige Informationen enthalten oder die aus diesen Informationen bestehen; dies geschieht

a)

ohne Nachweis eines Interesses;

b)

in der erwünschten Form, es sei denn,

i)

es erscheint der Behörde angemessen, die Informationen in anderer Form zur Verfügung zu stellen, was zu begründen ist, oder

ii) die Informationen stehen der Öffentlichkeit bereits in anderer Form zur Verfügung.

..."

17 Das TUIG 2005 setzt gemäß dessen § 13 Abs. 1 die Richtlinie 2003/4/EG um. Diese Richtlinie ist daher für die Auslegung des TUIG 2005 heranzuziehen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 5 der Richtlinie ergibt, verfolgte diese das Ziel, die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts an die von der EG unterzeichnete Aarhus-Konvention anzugleichen. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher anhand dieser Konvention auszulegen (vgl. auch das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom in der Rechtssache C-240/09, Lesoochranarske zoskupenie, nach dessen Rn 30 die Aarhus Konvention einen integralen Bestandteil der Unionsrechtsordnung darstellt).

18 Gemäß § 2 TUIG 2005 sind Umweltinformationen Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über die dort angeführten Umstände, wozu nach der lit. c dieser Bestimmung insbesondere auch Maßnahmen, wie beispielsweise Verwaltungsakte gehören, die sich auf Umweltbestandteile auswirken bzw. zu deren Schutz erlassen werden.

Bei der Bestellung einer ökologischen Bauaufsicht, deren Aufgabe gemäß § 44 Abs. 4 TNschG 2005 die Überwachung der sich aus naturschutzrechtlichen Bescheiden ergebenden Verpflichtungen ist, handelt es sich zweifellos um eine (Verwaltungs-)Maßnahme zum Schutz von Umweltbestandteilen, die vom TUIG 2005 umfasst ist. Der Öffentlichkeit kommt somit nach Maßgabe des TUIG 2005 ein Recht auf Information über diese Maßnahme zu.

19 Gemäß § 5 Abs. 5 erster Satz TUIG ist die Mitteilung der Umweltinformation grundsätzlich in der vom Informationssuchenden verlangten Form zu erteilen. Gemäß Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/4/EG hat die Behörde Umweltinformationen grundsätzlich "in einer bestimmten Form oder einem bestimmten Format (beispielsweise als Kopie)" zugänglich zu machen, wenn dies begehrt wird. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Aarhus Konvention gehören zu den zur Verfügung zu stellenden Umweltinformationen, wenn dies beantragt wird, "auch Kopien der eigentlichen Unterlagen, die derartige Informationen enthalten oder die aus diesen Informationen bestehen".

20 Aus der letztgenannten Bestimmung ergibt sich zunächst, dass die "eigentlichen Unterlagen" nicht selbst als Umweltinformationen anzusehen sind, sondern nur solche Informationen enthalten. Bei umweltrelevanten Maßnahmen stellt jedenfalls der Bewilligungsbescheid eine solche "eigentliche Unterlage" dar. Aber auch der einleitende Antrag samt den Antragsunterlagen - ohne den oftmals der genaue Umfang einer Bewilligung nicht ersichtlich ist - sowie z.B. von der Behörde eingeholte Sachverständigengutachten können "eigentliche Unterlagen" darstellen, die die relevanten Umweltinformationen enthalten.

21 In Bezug auf die gegenständliche Bestellung einer ökologischen Bauaufsicht handelt es sich somit jedenfalls beim Bestellungsbescheid um eine solche "eigentliche Unterlage"; weiters könnten der Antrag auf Bestellung der Bauaufsicht und die eingeholte Stellungnahme des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen zur Eignung der in Aussicht genommenen Person als solche Unterlagen angesehen werden.

22 Bei der gebotenen Auslegung des TUIG 2005 im Licht der zitierten Bestimmungen der Richtlinie 2003/4/EG und der Aarhus-Konvention ergibt sich somit, dass es sich - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - bei diesen Unterlagen nicht per se um Umweltinformationen handelt, sondern um Dokumente (Aktenbestandteile), die Umweltinformationen enthalten.

23 Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsregel handelt es sich beim gegenständlichen Begehren der Revisionswerberin um Ausfolgung (einer Kopie) des Bescheides betreffend die Bestellung der ökologischen Bauaufsicht sowie des entsprechenden Antrages und der Stellungnahme des Amtssachverständigen um die "Form" im Sinn von § 5 Abs. 5 TUIG 2005, in der die Mitteilung der Umweltinformationen begehrt wurde.

24 Gemäß § 5 Abs. 5 erster Satz TUIG 2005 ist die Umweltinformation grundsätzlich in der verlangten Form zu erteilen. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung hat die Mitteilung jedoch in einer anderen Form zur erfolgen, wenn dies zweckmäßiger ist, wobei nach dem letzten Satz der Bestimmung die Gründe für die Wahl einer anderen Form oder eines anderen Formats dem Informationssuchenden mitzuteilen sind.

25 Im vorliegenden Fall hat die Revisionswerberin - soweit dies im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gegenständlich ist - folgende drei eindeutige Fragen an die belangte Behörde gerichtet:

1. Wann wurde seitens der Gemeinde (I.) um Bestellung der ökologischen Bauaufsicht angesucht?

2. Welche Verfahrensschritte wurden seitens der Behörde in diesem Zusammenhang gesetzt?

3. Wann wurde der Bescheid zur Bestellung der ökologischen Bauaufsicht "erteilt"?

Die Beantwortung dieser Fragen war Sache des angefochtenen Bescheides und somit auch Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

26 Zu diesen Fragen wurde jeweils um die Übermittlung von Unterlagen aus dem Behördenakt (Ansuchen, Gutachten, Stellungnahmen, Bescheid, ...) ersucht. Im Licht der obigen Ausführungen handelt es sich dabei um die "Form", in der die jeweilige Auskunft begehrt wurde.

27 Die belangte Behörde hat die gestellten Fragen mit Schreiben vom beantwortet. Damit wurde der Revisionswerberin mitgeteilt, dass die Gemeinde I. mit Schreiben vom Vorschläge für die von der belangten Behörde zu bestellende ökologische Bauaufsicht erstattet habe. Weiters wurde mitgeteilt, dass eine ökologische Bauaufsicht bestellt worden sei, deren Eignung zuvor von einem naturkundefachlichen Amtssachverständigen bestätigt worden sei. Schließlich wurde das Datum des Bescheides über die Bestellung der ökologischen Bauaufsicht bekannt gegeben.

28 Dass damit die konkreten Fragen nach dem Zeitpunkt der Antragstellung, der von der belangten Behörde über diesen Antrag gesetzten Verfahrensschritte und des Datums der Bestellung der ökologischen Bauaufsicht nicht oder nicht ausreichend exakt beantwortet worden seien, wird in der Revision nicht behauptet.

29 Die begehrten Informationen wurden jedoch nicht in der beantragten Form durch Übermittlung der Unterlagen aus dem Behördenakt, insbesondere des Bescheides über die Bestellung der ökologischen Bauaufsicht, erteilt. Wie oben dargestellt, ist eine derartige Vorgangsweise nur aus Gründen der Zweckmäßigkeit zulässig, wobei die Gründe für die Wahl einer anderen Form dem Informationssuchenden mitzuteilen sind.

30 Im vorliegenden Fall wird die Revisionswerberin durch die Unterlassung der Bekanntgabe der Zweckmäßigkeitsüberlegungen für die gewählte Form der Mitteilung nicht in Rechten verletzt:

31 Zunächst spricht schon der erste Anschein dafür, dass es zweckmäßiger ist, die bloßen Fragen nach dem Zeitpunkt der Antragstellung, der Art der behördlichen Verfahrensschritte und dem Datum des Bescheides nicht durch die Übermittlung von - unter Unkenntlichmachung der nicht vom Informationsbegehren umfassten Passagen erstellten - Kopien der entsprechenden Aktenbestandteile, sondern durch einfache Bekanntgabe der gefragten Daten zu beantworten.

32 Die Revisionswerberin vermag ihrerseits aber auch keine Gründe aufzuzeigen, warum es im vorliegenden Fall zumindest ebenso zweckmäßig gewesen wäre, die angefragten Daten durch die Übermittlung von Kopien der entsprechenden Aktenbestandteile bekanntzugeben.

33 Da sich die Revision somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

34 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am

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Normen
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art3 Abs4;
32003L0004 Umweltinformationen-RL;
32005D0370 AarhusKonvention Art4 Abs1;
32005D0370 AarhusKonvention;
62009CJ0240 Lesoochranarske zoskupenie VORAB;
EURallg;
NatSchG Tir 2005 §44 Abs4;
UmweltinformationsG Tir 2005 §13 Abs1;
UmweltinformationsG Tir 2005 §2;
UmweltinformationsG Tir 2005 §4 Abs1;
UmweltinformationsG Tir 2005 §5 Abs5;
Sammlungsnummer
VwSlg 19381 A/2016
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4
Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des
innerstaatlichen Rechts EURallg4/3
Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015100104.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAE-93852