VwGH vom 24.01.2017, Ro 2015/17/0025

VwGH vom 24.01.2017, Ro 2015/17/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Dr. Leonhartsberger als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG- 410702/5/Gf/Mu, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: I B in P, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hafferlstraße 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahin abgeändert, dass die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom , VStV/915 300 412 733/2015, abgewiesen wird.

Begründung

1 Mit Bescheid vom ordnete die Landespolizeidirektion Oberösterreich gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von vier näher bezeichneten Glücksspielgeräten gegenüber dem Mitbeteiligten an.

2 Dabei ging die belangte Behörde davon aus, dass die gegenständlichen Geräte zum Kontrollzeitpunkt betriebsbereit im Lokal R aufgestellt gewesen seien. Anhand der durchgeführten Testspiele und der vorhandenen Fotodokumentation sei erwiesen, dass es sich bei den gegenständlichen Geräten mit den FA-Nummern 1 bis 3 um Walzenspielgeräte handle, bei welchen das Walzenspiel nach Eingabe von Geld durch Tastenbetätigung ausgelöst werde. Zunächst werde der gewählte Einsatzbetrag, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten unterschiedlich hohen (Geld)Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet sei, vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei würden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstehe. Nach dem Stillstand der Walzen stehe ein etwaiger Spielerfolg in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Ein Gewinn werde vom Personal ausgezahlt. Beim Gerät mit der FA-Nummer 4 handle es sich um ein elektronisches Glücksrad, bei welchem bei Eingabe von Geld und Betätigung der Taste "Kaufen" ein Beleuchtungsumlauf am Glücksrad in Gang gesetzt werde, welcher mit dem zufälligen Stillstand auf einem der Felder am Glücksrad ende, welches beleuchtet bleibe. In Abhängigkeit davon, ob ein Zahlenfeld beleuchtet bleibe, werde der darin angezeigte Betrag als Gewinn dem Spielguthaben zugebucht oder in Münzen ausgefolgt. Bei Beleuchtung eines Notenfeldes passiere dagegen gar nichts; es werde keine Musik hörbar abgespielt.

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde, in welcher er ausführte, dass keine Ausspielungen iSd § 2 Abs 1 Z 4 (gemeint wohl Z 3) GSpG vorlägen, da bei den gegenständlichen Geräten keine vermögenswerten Leistungen in Aussicht gestellt worden seien. Es handle sich um reine Unterhaltungsautomaten, bei denen Punkteguthaben zu spielen seien. Auch sei das Monopolsystem des GSpG und somit auch das darauf fußende Sanktionssystem unionsrechtswidrig.

4 Auf die in der Beschwerde beantragte mündliche Verhandlung wurde von allen Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich verzichtet.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt, behob den angefochtenen Beschlagnahmebescheid und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

6 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des GSpG mit Art 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der vorgebrachten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene. Darüber hinaus seien die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig.

7 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende Revision des Bundesministers für Finanzen mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

8 Der Mitbeteiligte hat in seiner Revisionsbeantwortung beantragt, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Frage, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen (vgl etwa ).

11 Der Revisionsfall gleicht hinsichtlich der auch hier zu beurteilenden Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG ist somit ausgehend von den Verfahrensergebnissen im Revisionsfall nicht zu erkennen.

12 Soweit der Mitbeteiligte in seiner Beschwerde vorbringt, es lägen reine Unterhaltungsapparate vor und es sei den Kunden bekannt gewesen, dass bei den gegenständlichen Automaten keine vermögenswerten Leistungen in Aussicht gestellt würden, handelt es sich um nicht weiter substantiierte Behauptungen; insbesondere gibt er keine Beweismittel bekannt, durch die das Gericht zu einem anderen, von der Aktenlage abweichenden Ergebnis hätte kommen können. Es gelingt ihm damit nicht, die Erhebungen der Verwaltungsbehörde in Zweifel zu ziehen.

13 Die Behörde ging demnach in Bezug auf die beschlagnahmten Geräte zu Recht von einem hinreichenden Verdacht des Vorliegens einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG und vom fortgesetzten Verstoß gegen die Bestimmung des § 52 Abs 1 GSpG aus.

14 Gemäß § 42 Abs 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

15 Da es zur Fällung einer Sachentscheidung im vorliegenden Fall keiner weiteren Ermittlungen bedurfte, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs 1 VwGG in der Sache selbst entschieden und der dargestellten Rechtsprechung folgend die Beschwerde des Mitbeteiligten abgewiesen.

Wien, am