VwGH vom 28.05.2009, 2009/16/0053
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer LL.M., über die Beschwerde des W F in N, vertreten durch Dr. Robert H. Schertler und Dr. Gerhard M. Paischer, Rechtsanwälte in 5280 Braunau am Inn, Salzburger Straße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Zollsenat 2, vom , GZ. ZRV/0158-Z2L/07, betreffend "Eingangsabgaben und Nebengebühren", zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung beigelegten angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am von Zollorganen vernommen wurde und dabei gestanden hatte, vorschriftswidrig ins Zollgebiet gebrachte Zigaretten ("Schmuggelzigaretten") erworben und weiterverkauft zu haben. Bei einer Aussage vor dem Zollamt Linz am widerrief der Beschwerdeführer seine Angaben vom .
Mit Bescheid vom teilte das Zollamt dem Beschwerdeführer die buchmäßige Erfassung einer für den Beschwerdeführer nach Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a Zollkodex entstandenen Eingangsabgabenschuld für 550 Stangen Zigaretten in näher angeführter Höhe mit. Gleichzeitig setzte das Zollamt eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG fest.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Angaben bei seiner ersten Aussage vom seien unrichtig. Er sei persönlich labil und habe diese Angaben unter dem Druck der "Vernehmungssituation" gemacht. Mit Schriftsatz vom legte der Beschwerdeführer einen ärztlichen Befund vom vor, der die Diagnose "Verdacht auf F 60.4 histrionische Persönlichkeitsstörung" enthielt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Zollamt die Berufung ab. Der vorgelegte ärztliche Befund ergebe nicht, dass jemand ein völlig unrichtiges Geständnis in seiner ersten niederschriftlichen Aussage abgebe.
In der dagegen erhobenen Administrativbeschwerde verwies der Beschwerdeführer neuerlich auf den ärztlichen Befund vom , der es als wahrscheinlich erscheinen lasse, dass sein anlässlich der Erstvernehmung von ihm abgelegtes Geständnis lediglich der Ausfluss seiner histrionischen Persönlichkeitsstörung sei und somit kein "reales Tatsachengeständnis" darstelle. Der von der Zollbehörde eingebrachte Hinweis auf einen hohen Beweiswert einer Erstaussage sei unter Berücksichtigung des für den Beschwerdeführer vorliegenden persönlichkeitsdiagnostischen Befundes verfehlt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde ab. Sie gab auszugsweise den ärztlichen Befund vom wieder und stellte fest, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am zunächst den Ankauf von 20 Stangen Zigaretten zugegeben und darüber hinaus jede weitere Verwicklung in Zigarettenan- und - verkäufe bestritten habe. Nach Konfrontation durch die Zollorgane mit von diesen bei einer Nachschau vorgefundenen "Zigarettenaufschreibungen" und nach dem Hinweis, dass ein Geständnis einen Milderungsgrund darstelle, habe die vom Beschwerdeführer verhandelte Zigarettenmenge nach dessen Aussage das Ausmaß von insgesamt rund 550 Stangen erreicht. Das im ärztlichen Befund gezeichnete Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers beschreibe "ein Vorhandensein einer Neigung eines ausgeprägten Geltungsdranges, sich in den Mittelpunkt zu stellen und - so auch durch erfundene Geschehnisse - vor anderen Personen Eindruck erwecken" zu möchten. Dieses Persönlichkeitsbild stehe im Widerspruch zum anfangs zögerlichen Geständnis des Ankaufs von 20 Stangen Zigaretten und zum weiteren Geständnis erst nach der Konfrontation mit Beweismitteln. Weiters halte es die belangte Behörde für wenig wahrscheinlich, dass - wie den Aussagen vom zu entnehmen sei - ein Nichtraucher (wie der Beschwerdeführer) über umfangreiche "Markenkenntnisse von Zigaretten sowie darüber hinaus über gängige An- und Verkaufspreise dieser - "noch dazu geschmuggelter" - Zigaretten Bescheid wisse. Deshalb sehe die belangte Behörde die in Rede stehende Aussage vom als tatsächliches Geständnis an und halte sie diese Aussage für glaubwürdiger als die Aussage im Widerruf des Geständnisses vom .
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, dass "gegen mich keine Eingangsabgaben und Abgabenerhöhungen ... festgesetzt werden".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a) der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.
Zollschuldner sind nach Art. 202 Abs. 3 ZK auch die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder in Besitz gehabt haben, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.
Gemäß § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) gilt u.a. Art. 202 ZK in allen nicht vom Zollkodex erfassten gemeinschaftsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
Entsteht außer den im Beschwerdefall unerheblichen Fällen des § 108 Abs. 2 ZollR-DG eine Zollschuld u.a. nach Art. 202 ZK, dann ist gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG eine in dieser Bestimmung näher geregelte Abgabenerhöhung zu entrichten.
Dass die vom Beschwerdeführer in seiner Aussage am zugestandene Erfüllung des Sachverhaltes die Rechtsfolge nach sich zieht, welche zur Entstehung einer Eingangsabgabenschuld nach Art. 202 ZK in der vom Zollamt buchmäßig erfassten und dem Beschwerdeführer mitgeteilten Höhe entspricht und die Zollbehörde zur Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG in der dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Höhe berechtigte, liegt klar auf der Hand.
Ob der Beschwerdeführer den von ihm in seiner Aussage am zugestandenen Sachverhalt tatsächlich erfüllt hat, hatte die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung (§ 85c Abs. 8 ZollR-DG iVm § 167 Abs. 2 BAO) festzustellen. Dabei obliegt dem Verwaltungsgerichtshof nur die Prüfung, ob diese Feststellungen schlüssig und in einem mängelfreien Verfahren getroffen wurden. Dieser Prüfung, ob die von der belangten Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung gezogenen Schlüsse der allgemeinen Lebenserfahrung oder den Denkgesetzten widersprechen, hält der angefochtene Bescheid stand.
Die belangte Behörde hat sich auf den vom Beschwerdeführer unbestrittenen Ablauf der Vernehmung vom gestützt, wonach ihr das Geständnis nicht als dem Persönlichkeitsbild des ärztlichen Befundes entsprechende "Inszenierung als Großhändler" erschienen sei, sondern dass nach zögerlichem Geständnis des Ankaufs von 20 Stangen Zigaretten erst auf Vorhalt von Indizien oder Beweismitteln (Zigarettenaufschreibungen) dementsprechende weitere Aussagen folgten. Weiters hat sie sich im Rahmen der Beweiswürdigung auf eine für einen Nichtraucher ungewöhnliche Kenntnis von Zigarettenmarken und von An- und Verkaufspreisen von Schmuggelzigaretten gestützt. Ohne das im ärztlichen Befund gezeichnete Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers damit in Abrede zu stellen, gelangte die belangte Behörde dabei zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer am Tatsächliches gestanden und nicht frei Erfundenes wiedergegeben habe.
Der Beschwerdeführer trägt vor, der lediglich sechs Monate nach der Vernehmung vom erstellte, angeführte ärztliche Befund vom bestätige auffällige Schizophrenie- und Paranoiawerte und die im verwaltungsbehördlichen Verfahren behauptete Persönlichkeitsstörung. Die belangte Behörde - rügt der Beschwerdeführer - habe sich mit dem ärztlichen Befund nicht auf gleicher sachlicher Ebene auseinandergesetzt, sondern bloße Wahrscheinlichkeitsüberlegungen angestellt.
Damit zeigt der Beschwerdeführer aber keine Unschlüssigkeit in der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung auf.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war gemäß § 35 Abs. 1 VwGG die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am