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VwGH vom 07.02.2017, Ro 2015/17/0023

VwGH vom 07.02.2017, Ro 2015/17/0023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG- 410600/10/Gf/Mu, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Freistadt; mitbeteiligte Partei: D D in F, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom , Pol01-35-2014, wurde gemäß § 53 Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von vier näher bezeichneten Glücksspielgeräten sowie fünf Schlüsseln gegenüber dem Mitbeteiligten als Inhaber des Lokals angeordnet.

2 Dabei ging die belangte Behörde davon aus, dass die gegenständlichen Geräte zum Kontrollzeitpunkt betriebsbereit im Lokal D aufgestellt gewesen seien.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.

4 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des GSpG mit Art 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte rechtlich nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene.

5 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die Revision des Bundesministers für Finanzen mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

6 Der Mitbeteiligte hat in seiner Revisionsbeantwortung beantragt, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

7 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat in ihrer Revisionsbeantwortung beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Frage, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen (vgl ).

10 Der Revisionsfall gleicht hinsichtlich der auch hier zu beurteilenden Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, entschieden wurde. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der vom Gerichtshof der europäischen Union geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht erkannt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen.

11 Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses vom verwiesen. Selbst unter Zugrundelegung von den Verfahrensergebnissen im Beschwerdeverfahren ist auch im Revisionsfall bei zutreffender rechtlicher Beurteilung eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht zu erkennen.

12 Da das Verwaltungsgericht insoweit die Rechtslage verkannte, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

13 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

14 Im fortzusetzenden Verfahren wird das Landesverwaltungsgericht sich daher mit dem Beschwerdevorbringen auseinanderzusetzen und vor allem Feststellungen über den Spielablauf und die Art der beschlagnahmten Geräte zu treffen haben.

15 Ein Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof findet gemäß § 47 Abs 4 VwGG nicht statt.

Wien, am