VwGH vom 17.10.2012, 2009/16/0044
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der Marktgemeinde R, vertreten durch die Dax Partner Rechtsanwälte GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl. OW-02-04- 63-2, betreffend Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: P in R), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei betreibt im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Marktgemeinde ein Gasthaus.
Mit Schreiben vom beantragte die mitbeteiligte Partei die Rückzahlung der Getränkesteuer ab dem Jahr 1995 und begründete dies mit der "bevorstehenden Rechtsprechung" durch den Europäischen Gerichtshof.
Mit Vorhalt vom übermittelte die beschwerdeführende Marktgemeinde der mitbeteiligten Partei einen Fragebogen, den diese am ausgefüllt retournierte (Eingangsstempel am ).
Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde der mitbeteiligten Partei für den Zeitraum bis Getränkesteuer von insgesamt EUR 12.519,30 vor. Abzüglich der bisher entrichteten Steuer von EUR 7.490,30 verbleibe ein noch zu entrichtender Betrag von EUR 5.029,00. Mit Spruchpunkt II. wies der Bürgermeister den Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer ab. Die Bemessungsgrundlagen seien in den Getränkesteuerprüfungen vom und ermittelt worden. Die Getränkesteuer bei Restaurationsumsätzen sei nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , Rs. C-491/03, und dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/16/0217, nicht gemeinschaftsrechtswidrig.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung wandte die mitbeteiligte Partei Verjährung ein.
Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde der Berufung keine Folge. Er führte begründend aus, die Abgabenbehörde habe mit ihrem Vorhalt vom eine Unterbrechung der Verjährungsfrist bewirkt. Gemäß § 158a Bgld. LAO stehe einer Abgabenfestsetzung, die in der Berufungsentscheidung erfolge, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung Folge und hob den angefochtenen Bescheid auf. Begründend führte die belangte Behörde aus, die von der beschwerdeführenden Marktgemeinde vorgelegten Unterlagen böten keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass in der Zeit vom bis Amtshandlungen mit Unterbrechungswirkung gesetzt worden wären.
Die Zusendung der Erhebungsbögen sei erst am erfolgt. Von da bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom liege ebenfalls ein längerer Zeitraum als die dreijährige Verjährungsfrist. Da es sich bei diesem Bescheid um keine Berufungsentscheidung handle, habe § 158a Bgld LAO unangewendet zu bleiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Marktgemeinde inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und stellte den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 156 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Burgenländischen Landesabgabenordnung (Bgld LAO) unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 156 Abs. 2 leg. cit. drei Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.
Die Verjährung beginnt nach § 157 lit. a Bgld LAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Die Verjährung wird gemäß § 158 Abs. 1 Bgld LAO durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung mit der Wirkung unterbrochen, dass mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt.
Sind seit der Entstehung des Abgabenanspruches (§ 3) fünfzehn Jahre verstrichen, darf gem. § 158 Abs. 3 Bgld LAO der Abgabenanspruch nicht mehr geltend gemacht werden.
Gemäß § 158a Abs. 1 Bgld LAO steht einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabevorschriften vorgesehenen Antrages ab, so steht gemäß § 158a Abs. 2 Bgld LAO der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt eingebracht wurde.
Unmittelbar hängt eine Abgabenfestsetzung etwa von einem Antrag auf Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe ab. Zweck der letztgenannten Bestimmung ist es, die Partei vor Rechtsnachteilen (durch Eintritt der Bemessungsverjährung) zu schützen, die lediglich dadurch entstehen, dass die Abgabenbehörde Anbringen nicht unverzüglich erledigt (vgl. Ritz , BAO4, Tz 10f zur im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 209a BAO).
Im Beschwerdefall wurde der Lauf der Verjährung durch die in der Beschwerde erwähnte aktenkundige Getränkesteuerprüfung im Jahr 1998 unterbrochen und hat die mitbeteiligte Partei mit ihrem Schreiben vom die Rückzahlung der Getränkesteuer ab dem Jahr 1995 beantragt.
Stellt der Abgabenpflichtige nach der durch Selbstbemessung erfolgten Festsetzung der Abgabe einen Antrag auf Rückerstattung und setzt die Entscheidung eines solchen Antrages voraus, dass die Behörde die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet, dann ist der Antrag auch als Begehren auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten. In einem solchen Fall hat die Abgabenbehörde zuerst über die Frage der Abgabenfestsetzung und danach über das Rückerstattungsbegehren zu entscheiden (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom , 2010/16/0039, mwN).
Das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom war somit auch als Antrag auf Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre ab 1995 anzusehen. Daraus folgt aber für den Beschwerdefall, dass die Festsetzung der Getränkesteuer durch den Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom unmittelbar in Erledigung eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages erfolgte, sodass dieser Festsetzung ein Eintritt der Verjährung nach § 156 Abs. 2 Bgld LAO jedenfalls nicht entgegenstand. Dies gilt auch für die absolute Verjährung nach § 158 Abs. 3 Bgld LAO (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz , BAO3, E 15. zu § 209a, mwN).
Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am