VwGH vom 23.06.2009, 2007/13/0017

VwGH vom 23.06.2009, 2007/13/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 49/28, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/1893- W/05, betreffend Haftung nach §§ 9, 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde über das Vermögen der R. GesmbH der Konkurs eröffnet.

Das Finanzamt zog den Beschwerdeführer mit Bescheid vom nach §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der R. GesmbH in Höhe von 62.877,45 EUR heran. Die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten ergäben sich aus einer dem Bescheid angeschlossenen Rückstandsaufgliederung, welche die Abgaben nach Abgabenart, Zeitraum und aushaftendem Betrag aufschlüssle. Der Beschwerdeführer sei vom bis als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R. GesmbH zu deren Vertretung berufen und verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, er vermisse Ausführungen, welche Einbringungsmaßnahmen gegenüber der R. GesmbH gesetzt worden seien und warum diese Einbringungsmaßnahmen zu keinem Erfolg geführt hätten. Weiters bemängelte er, dass er zur Haftung für Vorschreibungen aus dem Jahr 1999 herangezogen worden sei, als er als handelsrechtlicher Geschäftsführer bereits ausgeschieden sei. Dem Finanzamt warf er vor, es habe weder die Frage des Gleichbehandlungsgrundsatzes überprüft, wonach eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers erst vorliege, wenn bei zur Abdeckung aller Schulden nicht ausreichenden vorhandenen Mitteln keine verhältnismäßige Befriedigung der Gläubiger erfolge und dabei die Abgabenbehörde schlechter gestellt werde als die übrigen Gläubiger, noch habe das Finanzamt eine "entsprechende verantwortliche Stellungnahme" von ihm eingeholt. Schließlich führte er Verjährung der für das Jahr 1998 festgesetzten Abgaben ins Treffen, welche das Finanzamt nicht berücksichtigt habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung teilweise statt und schränkte den Haftungsbetrag auf 50.427,11 EUR ein. Näher bezeichnete rückständige Abgabenschuldigkeiten lägen außerhalb des "Haftungszeitraumes", weil deren Zahlungstermin nicht in die Zeit falle, in welcher der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der R. GesmbH gewesen sei. Ausdrücklich wies das Finanzamt den Beschwerdeführer daraufhin, dass es seine Aufgabe sei dazutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die fälligen Abgaben entrichtet worden seien. Es wäre an ihm gelegen, den Nachweis zu erbringen, welcher Betrag im Falle, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Schulden nicht ausreichten, bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger, bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits, an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Zum Einwand der Einhebungsverjährung verwies das Finanzamt darauf, dass diese durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen werde.

Der Beschwerdeführer stellte einen Vorlageantrag, in dem er vorbrachte, seine Tätigkeit für die R. GesmbH sei für den Steuerausfall nicht kausal gewesen. Da er erstmalig durch den Haftungsbescheid vom von seiner angeblichen Verbindlichkeit in Kenntnis gesetzt worden sei, seien für ihn die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung zum Eintritt der Verjährung nicht nachvollziehbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und schränkte den Haftungsbetrag auf 40.515,06 EUR ein.

Abgabenschuldigkeiten, deren Fälligkeitstage nach dem Ausscheiden des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R. GesmbH am gelegen seien, seien aus der Haftung auszuscheiden. Weiters sei die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für 1998 aus der Haftung auszuscheiden weil die Folge deren Nichtentrichtung in einem vorverlegten Fälligkeitstag der Umsatzsteuervorauszahlung 1999 gelegen sei. Schließlich berücksichtigte die belangte Behörde eine Quote in Höhe von 11,9046 % im Konkurs der R. GesmbH. Daraus errechnete sie den im Spruch festgesetzten Haftungsbetrag.

Dem Einwand der Einhebungsverjährung hielt die belangte Behörde entgegen, dass beispielsweise durch eine am erfolgte Androhung der Versteigerung bei der R. GesmbH gepfändeter Gegenstände, sowie durch eine mit Bescheid vom erfolgte Pfändung einer Forderung der R. GesmbH gegen eine H. GesmbH Unterbrechungshandlungen gesetzt worden seien. Nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des , würden Amtshandlungen gegenüber jedem, nicht nur gegenüber dem Haftenden den Lauf der Einhebungsverjährungsfrist unterbrechen.

Auf Grund des nach Verteilung der der Berechnung des Haftungsbetrags zugrunde gelegten Quote im aufgehobenen Konkurs der R. GesmbH sei im über diese Quote übersteigenden Ausmaß die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten gegeben. Zum Verschulden des Beschwerdeführers an der Uneinbringlichkeit der Abgaben hielt die belangte Behörde fest, bis knapp vor Konkurseröffnung am seien Zahlungen auf das Abgabenkonto der R. GesmbH vom in Höhe von rund 16.000 S erwiesen. Durch die erwähnte Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes, welcher insoweit Vorhaltscharakter zukomme, sei der Beschwerdeführer auf seine Konkretisierungs- und Nachweispflichten im Zusammenhang mit der Gläubigergleichbehandlung hingewiesen worden, habe es aber unterlassen, einen Nachweis dafür zu erbringen, dass ihn an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten kein Verschulden getroffen und er die Abgabenschuldigkeiten im Verhältnis zu den anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter gestellt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Vertreter der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Die Verjährung fälliger Abgaben wird nach § 238 Abs. 2 leg. cit. durch jede zur Durchsetzung des Abgabenanspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO wirken anspruchsbezogen und somit nicht nur gegenüber etwa dem Primärschuldner, sondern auch gegenüber einem allfällig Haftungspflichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/13/0037, 0038, VwSlg 7038/F, und etwa das hg. Erkenntnis vom , 2005/15/0116, sowie die bei Ritz, BAO3, Tz 18 zu § 238, zitierte hg. Rsp).

Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, die für das Jahr 1998 festgesetzten, vom Haftungsbetrag umfassten Abgaben seien mit Ende des Jahres 2003 verjährt, und wirft der belangten Behörde vor, sie habe das Gesetz unrichtig angewendet, wenn sie vermeine, Betreibungsmaßnahmen gegen die Primärschuldnerin R. GesmbH zu einem Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer aus dieser längst ausgeschieden gewesen sei, könnten die Verjährung gegenüber dem Haftungspflichtigen unterbrechen. Damit übersieht der Beschwerdeführer die angeführte hg. Rechtsprechung (insbesondere das im angeführten Bescheid zutreffend erwähnte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/13/0053).

Reichten die liquiden Mittel der Gesellschaft nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus, haftet der Vertreter nur insoweit, als er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und als er den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat. Die Haftung des Vertreters erstreckt sich auf den Betrag, um welchen der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).

Der Beschwerdeführer vermisst Darstellungen im angefochtenen Bescheid, welche Maßnahmen zur Einbringung der Abgabenverbindlichkeit überhaupt gesetzt worden seien und "welches Vermögen die Abgabenbehörde im Hinblick auf die Primärschuldnerin die Firma R. GesmbH für diesen Zeitraum erhoben hat".

Dass der von der belangten Behörde der Berechnung des Haftungsbetrages zugrunde gelegte Übersichtsrahmen über die einzelnen rückständigen Abgaben unrichtig wäre, bestreitet der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich. Soweit er eine Uneinbringlichkeit der vom Haftungsbetrag umfassten Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin erst nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer anspricht, ist er darauf hinzuweisen, dass es für die Frage der Haftung des Geschäftsführers darauf ankommt, dass der Geschäftsführer die einzelnen Abgabeschuldigkeiten zu deren Fälligkeitszeitpunkten nicht entrichtet hat, und nicht darauf, dass diese zu diesem Zeitpunkt nicht entrichteten Abgaben zu einem späteren, etwa nach Ausscheiden des Geschäftsführers aus der Gesellschaft gelegenen Zeitpunkt erst uneinbringlich geworden sind. Das für den Abgabenausfall kausale Verhalten des Beschwerdeführers, dessen Feststellung der Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid vermisst, liegt eben in der von der belangten Behörde festgestellten und von ihm nicht bestrittenen Unterlassung der Abgabenentrichtung zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten.

Das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer verfüge weder über eine Buchhaltung noch über sonstige Unterlagen, um darstellen zu können, dass das Finanzamt keine andere Behandlung erfahren habe, als andere Gläubiger, verstößt gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) und war schon deshalb unbeachtlich. Aus dem aktenkundigen Umstand des Endes seiner Geschäftsführertätigkeit allein ist der in der Beschwerde behauptete Sachverhalt nicht zwingend abzuleiten. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer die ihn treffende und ihm in der Berufungsvorentscheidung vorgehaltene Verpflichtung, die Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen, im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt gelassen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am