VwGH vom 24.02.2016, Ra 2015/09/0138
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision
1. des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Wien, Niederösterreich und Burgenland,
2. des Disziplinaranwaltes der Österreichischen Ärztekammer, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Daniela Altendorfer-Eberl, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Brucknerstraße 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW- 172/042/20521/2014-3, betreffend Disziplinarstrafe nach dem Ärztegesetz (mitbeteiligte Partei: Dr. X Y in Z, vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Kostenantrag der Revisionswerber wird abgewiesen.
Begründung
Mit Erkenntnis der Erstrevisionswerberin wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe durch die Teilnahme an der dritten Staffel der ATV-Serie "Ein Leben für die Schönheit" (Ausstrahlung im TV Februar und März 2013), in der neben dem Berufsleben auch über dessen Privat- und Beziehungsleben, die Teilnahme am Society-Leben, das Posieren als Fotomodell, die Teilnahme am Tanzunterricht und einem Promi-Shoppen berichtet werde, gegen die Werbebeschränkung des § 53 Abs. 1 ÄrzteG iVm Art. 1, 2 und 3 lit. c der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" verstoßen.
Er habe dadurch das Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 1 Z. 2 ÄrzteG iVm § 53 Abs. 1 ÄrzteG iVm Art. 1, 2 und 3 lit. c der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" begangen. Es wurde eine Geldstrafe verhängt.
Dagegen erhob der Disziplinaranwalt beim Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer Berufung. Er beantragte, es möge das angefochtene Erkenntnis dahin abgeändert werden, dass zusätzlich zu der verhängten Geldstrafe gemäß § 139 Abs. 10 ÄrzteG die Veröffentlichung von Kopf und Spruch dieses Erkenntnisses in näher genannten Medien auf Kosten des Disziplinarbeschuldigten angeordnet werde.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde "die auf die Strafhöhe gerichtete Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert, als die verhängte Disziplinarstrafe dahingehend abgeändert wird, dass über den Beschwerdeführer aufgrund der Tatanlastung gemäß § 139 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt wird."
Die wesentlichen Teile der Begründung lauten:
"Gegen das gegenständliche Disziplinarerkenntnis wurde vom (Mitbeteiligten) kein Rechtsmittel eingebracht. Vielmehr wurde nur durch den Disziplinaranwalt eine Berufung (Beschwerde) eingebracht, wobei sich diese ausdrücklich nur gegen die verhängte Strafsanktion wendet.
Folglich ist davon auszugehen, dass der Verfahrensgegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens nur mehr die Feststellung der Art der Strafsanktion und allfällig des Ausmaßes der zu verhängenden Sanktion ist. Demgegenüber ist der Schuldvorwurf in Rechtskraft erwachsen, und ist dieser im gegenständlichen Verfahren nicht mehr zu thematisieren.
Trotz des Umstands, dass sich im gesamten Akt keinerlei Beweismittel befindet, aus welchem hervorgeht, was in den gegenständlichen Sendungen ausgestrahlt wurde, und trotz des Umstands, dass sich im gesamten Akt (auch nicht in der Darstellung des Disziplinaranwalts) keinerlei Hinweis ergibt, dass in den gegenständlichen Sendungen auch das Berufsleben des (Mitbeteiligten) thematisiert bzw. näher beschrieben wurde, ist daher von der Rechtskraft des gegenständlichen Schuldausspruchs auszugehen. Infolge dieser Rechtskraftwirkung ist das erkennende Gericht auch nicht befugt, die belangte Behörde aufzufordern, diesen eklatanten Verfahrensmangel der Verurteilung ohne dass irgendein Beweismittel, welches die Anschuldigungen zu tragen vermag, durch Nachholung der gebotenen Beweisaufnahmen im Wege einer Verfahrenszurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2.Satz VwGVG zu sanieren. Insofern unterscheidet sich die gegenständliche Verfahrenskonstellation daher von der dem Verfahren VGW- 172/053/20525/2014, zugrunde gelegenen Konstellation (vgl. den Aufhebungsbeschluss des erkennenden Gerichts vom , Zl. VWG-172/053/20525/2014). Verfahrensgegenstand eines Rechtsmittelverfahrens ausschließlich zur Frage der zu verhängenden Strafart und der Höhe der zu verhängenden Strafe ist nämlich aufgrund der Rechtskraftwirkung des Schuldspruchs nicht die Nachholung und Sanierung des Beweisverfahrens zur Frage der Tatbildverwirklichung.
In diesem Zusammenhang sei auch bemerkt, dass einem Rechtsmittelverfahren in Strafsachen, wie auch einem Rechtsmittelverfahren in einem Disziplinarverfahren nur der Grundsatz zugrunde liegt, dass die Rechtsmittelinstanz an das Gebot des Verbots der reformatio in peius gebunden ist. Gerade der Umstand, dass das Gesetz nur der Rechtsmittelinstanz nur im Falle der Beschwerde durch den (Mitbeteiligten) es untersagt, die Strafe zu erhöhen, ist zu folgern, dass im Übrigen die Rechtsmittelinstanz i.S.d. Vorgaben des § 28 VwGVG eine bekämpfte disziplinarrechtliche Entscheidung auch in der Straffrage in jede Richtung abändern kann. Dem Disziplinarverfahren wie auch dem Verwaltungsstrafverfahren ist der Grundsatz des Verbots einer reformatio in maius fremd. Schon gar nicht kann der Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens die Frage sein, ob eine bestimmte begehrte Strafsanktion zu verhängen ist oder nicht.
Im gegenständlichen Fall erfolgte durch den Disziplinaranwalt ausschließlich eine Bekämpfung der erstinstanzlichen Strafbemessung, sodass nur diese Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens war. Gemäß § 28 VwGVG war daher das Verwaltungsgericht Wien auch befugt, die Strafbemessung abzuändern.
Da weder vom Disziplinaranwalt noch vom (Mitbeteiligten) die Kostenentscheidung der belangten Behörde bekämpft worden ist, ist auch diese in Rechtskraft erwachsen. Diese war daher auch nicht vom erkennenden Gericht zu überprüfen.
Mangels jeglicher Sachverhaltsfeststellungen im bekämpften Bescheid und dem Umstand, dass der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, ist das erkennende Gericht genötigt, der Strafbemessung die im Verfahren unsubstantiiert vorgebrachten (und nicht substantiiert bestrittenen) konkreten Sachbehauptungen des Disziplinaranwalts zugrunde zu legen.
Der Disziplinaranwalt behauptete nun aber nur nachfolgende Sachverhalte:
Im Feber und März 2013 sei im TV-Sender ATV die 3. Staffel der ATV-Serie 'Ein Leben für die Schönheit' ausgestrahlt worden. Diese dritte Staffel habe sich aus 8 Folgen zusammengesetzt. In dieser Staffel sei der (Mitbeteiligte) (offenkundig mit seinem Einverständnis) gefilmt worden und sei (offenkundig mit dessen Einverständnis) wie folgt über dessen Privat- und Beziehungsleben berichtet worden.
In der dritten Folge dieser Staffel seien der (Mitbeteiligte) und seine Gattin in Societykreisen gezeigt worden und sei eine Bauchtanzvorführung der Gattin des (Mitbeteiligten) gefilmt worden.
In der vierten Folge dieser Staffel sei wieder über das Privatleben des (Mitbeteiligten) und seiner Gattin berichtet worden, nämlich über deren Teilnahme an einem Tanzunterricht in einer Tanzschule.
In der fünften Folge habe der (Mitbeteiligte) gemeinsam mit UK bei einem Fotoshooting vor der Fotokamera posiert. In diesem Zusammenhang sei der (Mitbeteiligte) zu seinem Kleidungsgeschmack befragt worden.
In der siebenten Folge seien der (Mitbeteiligte) und seine Gattin bei einem Promi Shopping Event gezeigt worden.
In der achten Folge seien dem (Mitbeteiligten) und seiner Gattin durch eine Kartenlegerin die Zukunft vorher gesagt worden.
Zudem wird festgestellt, dass jedenfalls im Feber und März 2013 auf der Homepage des Senders ATV ein Filmportrait des (Mitbeteiligten) abgerufen werden konnte. Auch befand sich auf der Senderhomepage ein Link auf die Homepage des (Mitbeteiligten).
Es gibt keinerlei Feststellung im bekämpften Bescheid noch einen Hinweis in der Disziplinaranzeige, inwiefern in diesen Sendungen über die oa Aufnahmen zum Privat- und Familienleben hinaus das Berufsleben des (Mitbeteiligten) thematisiert worden ist. Folglich ist davon auszugehen, dass die vom Disziplinaranwalt angezeigte und von der belangten Behörde zur Last gelegte Darstellung zum Berufsleben des (Mitbeteiligten) sich darauf beschränkt hat, dass anlässlich der Wiedergaben zur Privat- und Familienleben des (Mitbeteiligten) auch der Umstand, dass dieser ein plastischer Chirurg ist, den Zusehern zur Kenntnis gebracht worden ist.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der Einleitungsbeschluss der belangten Behörde über die Beschuldigungspunkte des Disziplinaranwalts hinausgeht, und zusätzlich zu den vom Disziplinaranwalt zur Anzeige gebrachten Ausstrahlungen auch den Umstand, dass auf der Homepage eine nicht näher beschriebenes Filmportrait des (Mitbeteiligten) abrufbar gestellt worden war, und dass ein Link zur Homepage des (Mitbeteiligten) angebracht worden ist, zur Last gelegt. Mangels Bekämpfung dieser überschießenden, von der Disziplinaranzeige nicht gedeckten Ausweitung der Tatanlastung ist auch diese völlig unsubstantiiert gebliebene zusätzliche Anlastung in Rechtskraft erwachsen. Mangels jeglicher Substantiierung im bekämpften Bescheid bzw. mangels jeglicher Beweismittel zu diesen Zusatzanlastungen im Akt muss im Zweifel zu Gunsten des (Mitbeteiligten) angenommen werden, dass in diesem Filmclip nicht neue private bzw. berufliche Sachverhalte des (Mitbeteiligten) gezeigt wurden, und dass auf der Homepage kein besonderer Bezug zur beruflichen Tätigkeit des (Mitbeteiligten) zu ersehen ist.
...
Es ist daher gegenständlich ausschließlich zu prüfen, ob der (Mitbeteiligte) eine das Standesansehen beeinträchtigende Information verbreitet hat.
Der Begriff der das Standesansehen beeinträchtigenden Information wird durch Art. 3 der oa Richtllinie 'Arzt und Information' dahingehend konkretisiert, dass eine derartige Information vorliegt:
- bei herabsetzenden Äußerungen über Ärztinnen, ihre
Tätigkeit und ihre medizinischen Methoden
- Darstellung einer wahrheitswidrigen medizinischen
Exklusivität
- Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen
durch aufdringliche bzw. marktschreierische Darstellung
- Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige
medizinische Produkte sowie für deren Hersteller und Vertreiber
Gegenständlich kommt nur die Annahme, dass durch die gegenständlichen Fernsehsendungen eine Selbstanpreisung der eigenen Personen durch eine aufdringliche bzw. marktschreierische Darstellung erfolgt ist, als denkmögliche Übertretung des § 53 Abs. 1 ÄrzteG in Frage.
Wie zuvor ausgeführt sind Ausführungen und Darstellungen zur eigenen Person nur dann als standeswidrig einzustufen, wenn diese aufdringlich und marktschreierisch einzustufen sind. In diesem Sinne ist eine sachliche, redaktionell in Berichtsform gestaltete Darstellung in einer Zeitschrift nicht standeswidrig (vgl. ). Ebenso ist eine Darstellung in einer Zeitschrift, die bloß die Aufmerksamkeit des Lesers erweckt, nicht aber auch die ärztliche Tätigkeit in aufdringlicher Weise anpreist, nicht standeswidrig (vgl. ).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe, stellt eine von einem Arzt gebilligte Berichterstattung über einen Arzt in den Medien, welche ausführlich über dessen Privatleben berichtet, grundsätzlich keine Standeswidrigkeit dar. Problematisch wird eine derartige Berichterstattung erst dann, wenn diese im Rahmen der Berichterstattung derart in einen engen Konnex zur beruflichen Tätigkeit des Arztes gestellt wird, dass dadurch bei Zugrundelegung einer objektiven Betrachtung die von diesem Arzt erbrachten ärztlichen Leistungen in aufdringlicher Weise angepriesen werden. Dasselbe gilt für mediale Berichte über die von einem Arzt erbrachten ärztlichen Leistungen.
Nach Ansicht des erkennenden Gerichts liegt im gegenständlichen Verfahren wenn überhaupt ein Grenzfall vor, in welchem gerade schon von einer standeswidrigen Anpreisung der eigenen ärztlichen Leistungen des (Mitbeteiligten) auszugehen ist. Dies deshalb, da bei Zugrundelegung der Aktenlage überhaupt keine näheren Ausführungen bzw. Darstellungen zum Berufsleben des (Mitbeteiligten) ausgestrahlt worden sind. Vielmehr wurde in einer soapartigen Form das Privatleben einer Person gefilmt. Lediglich im Zuge dieser Fernsehauftritte wurde dem Zuschauer auch der Beruf der gezeigten Personen zur Kenntnis gebracht.
Es stellt sich daher die Frage, ob allein der Umstand, dass ein Arzt in einer Fernsehsendung auftritt und sein Privatleben zur Schau trägt, schon dann eine marktschreierische Werbung für dessen berufliche Tätigkeit darstellt, wenn in dieser Fernsehsendung dem Publikum auch mitgeteilt wird, dass dieser ein Arzt mit einer bestimmten Privatordination ist.
Bei Zugrundelegung der obigen Judikaturausführungen wird schon aufgrund der Garantien des Art. 6 EMRK jedem Bürger, und daher auch einem Arzt, das Recht zuzuerkennen sein, in einer Fernsehsendung soapartig sein Privatleben darzustellen.
Ob der Umstand, dass in Zuge dieser Selbstdarstellung auch dem Publikum bekannt gegeben wird, dass der vorgestellte Arzt ein Schönheitschirurg ist, schon als eine marktschreierische Werbung für seine Praxis zu werten ist, muss im gegenständlichen Verfahren infolge des Umstands, dass infolge der nur auf die Strafhöhe gerichteten Beschwerde durch den Diszipliaranwalt und infolge der Nichteinbringung einer Beschwerde durch den (Mitbeteiligten) der diesbezügliche Schuldvorwurf in Rechtskraft erwachsen ist, dahin gestellt bleiben.
Doch selbst im Falle der Bejahung einer Tatbildlichkeit vermag dieser Umstand nur die Annahme eines Unrechtsgehalts der Tat im aller untersten Ausmaß zu rechtfertigen.
Zu diesem Ergebnis hat man schon deshalb zu gelangen, da gerade die durch Art. 10 MRK garantierte Meinungsfreiheit, welche auch die Freiheit zur Selbstberichterstattung beinhaltet, grundsätzlich auch einem Arzt das Recht zur Selbstdarstellung einräumt. Nur in dem Ausmaß, in welchem dieses Selbstdarstellungsrecht in einen Konflikt mit dem öffentlichen Interesse an der Beschränkung von Berichterstattungen über ärztliche Tätigkeiten auf die sachliche Wissensweitergabe gerät, ist eine Beschränkung dieses Grundrechts zulässig (vgl. in diesem Sinne die oa Entscheidung des Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte vom , Zl. 37928/97 (Stambuk gegen Deutschland)).
In diesem Zusammenhang sei zudem klargestellt, dass es wohl nicht bestritten werden kann, dass es ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über ärztliche Eingriffe, Operationen, Operationsgestaltungen und Behandlungsmethoden gibt. Schon bei Berücksichtigung des gesellschaftlichen Stellenwerts von Schönheitsoperationen ist gerade im Hinblick auf die Art und Durchführung von Schönheitsoperationen ein deutliches öffentliches Informationsbedürfnis als gegeben anzusehen.
So gesehen ist von einem extrem geringen Unwertgehalt im Hinblick auf die angelastete Verletzung des § 53 Abs. 1 ÄrzteG auszugehen.
Auch ist im gesamten Verfahren kein Indiz hervor gekommen, dass der (Mitbeteiligte) vorsätzlich gegen ärztliche Standesinteressen verstoßen hat bzw. Kenntnis hatte, dass auch schon eine überausführliche Selbstdarstellung (insbesondere privater Sachverhalte) - ohne dass gleichzeitig über die Ordinationstätigkeit ausführlich berichtet wird - als ein Gesetzesverstoß einzustufen ist. Zudem ist auch davon auszugehen, dass der (Mitbeteiligte) in Anbetracht der oa Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 EMRK auch keinen Anlass hatte, einen solchen Gesetzesverstoß als gegeben anzusehen. Es ist daher davon auszugehen, dass dieser die gegenständliche Übertretung 'bloß' gering fahrlässig gesetzt hat.
Im gegenständlichen Fall ist daher von einem geringen Unwertgehalt der Tat und zudem von einem geringen Verschulden auszugehen. Es besteht daher kein Anlass, eine über die geringste gesetzlich festsetzbare Strafe hinausgehende Strafe festzusetzen.
Es war daher die Strafhöhe mit der Strafsanktion des Verweises zu bestimmen.
Im Hinblick auf den geringen Unwertgehalt der Tat ist höchstens von einer extrem geringen Verletzung der Interessen der Ärzteschaft auszugehen. Sodass schon deshalb nicht die Voraussetzungen für einen Ausspruch i.S.d. § 139 Abs. 10 ÄrzteG vorliegen. Zudem erscheint es auch deshalb nicht geboten, die Veröffentlichung des Erkenntnisses in den einschlägigen Publikationen der Ärzteschaft anzuzeigen, zumal mit solch einer Publikation auch eine pönalisierende Wirkung für den (Mitbeteiligten) verbunden ist, welche im konkreten Fall keinesfalls angebracht und im Hinblick auf die Vorgaben des Art. 10 MRK überschießend wäre. Im Übrigen werden die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Wien ohnedies in der Rechtsdatenbank 'RIS' publiziert, sodass auch aus diesem Grund es nicht geboten erscheint, auch noch auf einem anderen Wege diese Entscheidung medial kundzumachen."
Die ordentliche Revision sei unzulässig.
Dagegen richtet sich die vorliegende Revision. Das Landesverwaltungsgericht erstattete eine "Stellungnahme", mit der es das angefochtene Erkenntnis verteidigte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass auf die vom Landesverwaltungsgericht ohne taugliche Rechtsgrundlage erstattete "Stellungnahme" nicht einzugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/09/0064).
1) Die Revisionswerber bringen zur Zulässigkeit vor, es fehle eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, welche Rechtsnatur die Veröffentlichung des verurteilenden Erkenntnisses nach § 139 Abs. 10 ÄrzteG habe, insbesondere ob sie eine Disziplinarstrafe iSd § 139 Abs. 1 ÄrzteG sei, die der Strafzumessung nach § 139 Abs. 6 und 7 ÄrzteG unterliege, sodass das Landesverwaltungsgericht bei nicht bekämpftem Strafausmaß durch den Disziplinarbeschuldigten (= Mitbeteiligten) aufgrund einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes mit dem Antrag auf Veröffentlichung nach § 139 Abs. 10 ÄrzteG das unbekämpft gebliebene Strafausmaß neu bewerten und gänzlich neu bestimmen könne.
Da die Lösung dieser Rechtfrage entscheidend für das Schicksal des angefochtenen Erkenntnisses ist, erweist sich die Revision entgegen den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes als zulässig.
Sie ist auch berechtigt:
Die Beschränkung der Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichts durch den Anfechtungsumfang der Beschwerde setzt voraus, dass der im angefochtenen Bescheid enthaltene Abspruch rechtlich in mehrere selbständige Teile trennbar ist.
Zur Beantwortung der Frage, wann eine untrennbare Einheit zwischen dem Hauptinhalt des Spruches, hier also des Schuldspruches und der Verhängung einer (Haupt )Disziplinarstrafe, und einer vom Berufungswerber (= Beschwerdeführer) beantragten, im Erkenntnis der Disziplinaroberkommission jedoch gar nicht verhängten Neben(disziplinar)strafe der Veröffentlichung besteht, ist zu prüfen, ob der Hauptinhalt des Spruches ohne die Nebenstrafe rechtmäßigerweise bestehen dürfte.
Der vierte Abschnitt des ÄrzteG regelt die "Disziplinarstrafen".
§ 139 Abs. 1 Ärztegesetz nennt die Arten der (Haupt )Disziplinarstrafen. Die Regeln, nach denen sie verhängt werden können, finden sich in § 139 Abs. 2 bis 7 ÄrzteG. Die Regeln für die Strafbemessung finden sich insbesondere in Abs. 7 leg. cit. Die in § 139 Abs. 10 genannte Möglichkeit, im Disziplinarerkenntnis auf Veröffentlichung des gesamten Disziplinarerkenntnisses zu erkennen, ist keine (Haupt )Disziplinarstrafe im Sinne des Abs. 1, sondern eine Nebenstrafe (vgl. RV 1386 Blg NR, 20. GP, S. 111). Sie darf ausgesprochen werden, wenn die Veröffentlichung "im Interesse der Wahrung des Ansehens der österreichischen Ärzteschaft und der Einhaltung der Berufspflichten gelegen ist".
Daraus ergibt sich einerseits, dass der Hauptinhalt des Spruches auch ohne einen Ausspruch auf Veröffentlichung rechtmäßig bestehen darf. Andererseits gelten für den Ausspruch dieser Nebenstrafe gänzlich verschiedene Regeln als für den Ausspruch der Art und die Bemessung der Höhe einer der in § 139 Abs. 1 ÄrzteG genannten (Haupt )Disziplinarstrafen.
Daher handelt es sich bei der Art und der Höhe der verhängten Disziplinarstrafe einerseits und bei der Anordnung der Veröffentlichung andererseits um teilbare Absprüche, die (im Falle der Verhängung einer Disziplinarstrafe und zusätzlich der Anordnung der Veröffentlichung) getrennt angefochten werden können. Wurde keine Veröffentlichung angeordnet, so bleiben im Falle eines Rechtsmittels, das sich ausschließlich auf "zusätzliche" Veröffentlichung richtet, Schuldspruch und verhängte Disziplinarstrafe unangefochten und sind daher in Rechtskraft erwachsen.
Im gegenständlichen Fall wurde vom Disziplinaranwalt die als Beschwerde zu wertende Berufung lediglich deswegen erhoben, weil im Disziplinarerkenntnis nicht auf Veröffentlichung erkannt worden war. Dieser Inhalt des Rechtsmittels ergibt sich unzweifelhaft aus dem Antrag des Disziplinaranwaltes, die Rechtsmittelbehörde (bei Erhebung der Berufung der Disziplinarsenat der Österreichischen Ärztekammer beim Bundesministerium für Gesundheit, nach Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit trat de lege das Landesverwaltungsgericht Wien an dessen Stelle) möge das angefochtene Erkenntnis der Behörde erster Instanz dahin abändern, dass "zusätzlich zu der verhängten Geldstrafe gemäß § 139 Abs. 10 ÄrzteG die Veröffentlichung von Kopf und Spruch ... auf Kosten des Disziplinarbeschuldigten angeordnet" werde.
Die Höhe der verhängten Disziplinarstrafe wurde hingegen nicht (auch nicht von der mitbeteiligten Partei) angefochten. Damit ist nicht nur der Schuldspruch, sondern auch der Ausspruch über die verhängte Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Rechtskraft erwachsen.
Das Landesverwaltungsgericht hat dennoch über die Art der verhängten Strafe und die Strafbemessung entschieden und damit eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihm nicht zukam.
2) Da das angefochtene Erkenntnis sich schon aus den unter 1) genannten Gründen als inhaltlich rechtswidrig erweist, ist die von den Revisionswerbern aufgeworfene Frage, ob auf Grund einer ausschließlich zum Nachteil des Disziplinarbeschuldigten erhobenen Strafbeschwerde die Strafe auch zu dessen Gunsten geändert werden darf, eine rein theoretische Frage, die keine Relevanz für den gegenständlichen Fall hat.
3) Die Revisionswerber bringen noch vor, dass das Landesverwaltungsgericht vom rechtskräftig durch den Schuldspruch feststehenden Sachverhalt abweiche.
Auch mit diesem Vorbringen zeigen sie eine inhaltliche Rechtswidrigkeit auf:
Denn im unbekämpft gebliebenen Schuldspruch wurde dem Mitbeteiligten ua. vorgeworfen, dass in (mehreren) Fernsehsendungen ("dritte Staffel der ATV-Serie" samt Ausstrahlungsmonaten) "neben dem Berufsleben" private Angelegenheiten behandelt worden seien. Das Landesverwaltungsgericht rügt mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung, es läge im Akt "keinerlei Hinweis" für die Befassung der Sendungen mit dem "Berufsleben" ein (das Landesverwaltungsgericht ist daran zu erinnern, dass auf den Auffindungsort der jeweiligen Fernsehsendungen im Akt hingewiesen wird und auf die Wiedergabe der Sendungen in der mündlichen Verhandlung verzichtet worden war, weil deren Inhalte den Parteien bekannt war) und kommt zum Ergebnis "es stelle sich daher die Frage, ob allein der Umstand, dass ein Arzt in einer Fernsehsendung auftritt und sein Privatleben zur Schau trägt, schon dann eine marktschreierische Werbung für dessen berufliche Tätigkeit darstellt, wenn in dieser (Hervorhebungen durch Fettdruck durch den Verwaltungsgerichtshof) Fernsehsendung dem Publikum auch mitgeteilt wird, dass dieser ein Arzt mit einer bestimmten Privatordination ist."
Diese vom rechtskräftigen Schuldspruch abweichenden neuen Feststellungen durfte das Landesverwaltungsgericht nicht treffen.
Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Kostenantrag der Revisionswerber war abzuweisen, da nach § 47 Abs. 4 VwGG der Revisionswerber bzw. der Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z. 2 bis 4 und Abs. 8 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz haben.
Wien, am