VwGH vom 26.04.2016, Ra 2015/09/0137
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision des S D in W, vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 26/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W201 2114542-1/4E, betreffend Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, der mit einer kosovarischen Staatsangehörigen verheiratet ist, stellte am einen Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 iVm § 1 Abs. 2 lit. l des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), wozu er vorbrachte, als Schwiegersohn eines österreichischen Staatsbürgers vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen zu sein (Ausnahmebestätigung).
2 Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit Bescheid vom abgewiesen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass als "Familienangehöriger" im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2004/38/EG und den Regelungen des AuslBG ausschließlich Blutsverwandte in gerader Linie des Unionsbürgers bzw. Blutsverwandte von dessen Ehegatten oder Lebenspartner zu sehen seien und somit der Revisionswerber als Schwiegersohn des Unionsbürgers weder von diesem noch von seiner Ehefrau (einer kosovarischen Staatsangehörigen) ein Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß § 3 AuslBG ableiten könne. Wenngleich der Revisionswerber über eine Aufenthaltskarte nach § 54 NAG (für den Zeitraum vom bis ) verfüge, werde darin ausschließlich seine (von seiner Ehefrau als EWR-Bürgerin und damit Ankerperson abgeleitete) Aufenthaltsberechtigung geregelt. Dieser Regelungsinhalt sei somit völlig unterschiedlich zu § 3 AuslBG, worin festgelegt sei, unter welchen Voraussetzungen Ausländer beschäftigt werden dürften; deshalb gehe auch die vom Revisionswerber behauptete Bindungswirkung der Entscheidung über die aufenthaltsrechtliche Situation für dieses Verfahren ins Leere.
4 Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch das Verwaltungsgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde erwogen hat:
6 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach Art. 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom ("Freizügigkeitsrichtlinie" bzw. "Unionsbürgerrichtlinie") heißt es auszugsweise:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
...
2. 'Familienangehöriger'
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a) | den Ehegatten; |
b) | den Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind; |
c) | die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird; |
d) | die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, denen von diesen Unterhalt gewährt wird; |
3. ...
Artikel 7
Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er
a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder
b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder
c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und
- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder
d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.
(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.
(3) ...
Artikel 22
Räumlicher Geltungsbereich
Das Recht auf Aufenthalt und das Recht auf Daueraufenthalt
erstrecken sich auf das gesamte Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats. ....
Artikel 23
Verbundene Rechte
Die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat genießen, sind ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit berechtigt, dort eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger aufzunehmen."
Die §§ 1 bis 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 72/2013, lauten (auszugweise):
"§ 1. (1) ...
(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf:
...
l) Ausländer, die aufgrund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen;
...
(4) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales kann nach Anhörung des Ausländerausschusses (§ 22) durch Verordnung weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes festlegen, sofern es sich um Personengruppen handelt, deren Beschäftigung die allgemeine Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter besonderer Berücksichtigung der Schutzinteressen der betroffenen inländischen Arbeitnehmer zuläßt.
...
§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
(2) ...
§ 3. (1) ...
(8) Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat Ausländern, die gemäß § 1 Abs. 2 oder aufgrund einer Verordnung gemäß § 1 Abs. 4 vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, auf deren Antrag eine Bestätigung darüber auszustellen.
(9) ..."
Die bezughabenden Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, im 4. Hauptstück (unter der Überschrift "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht", womit im Kernbereich eine Adaptierung zur "Freizügigkeitsrichtlinie" vorgenommen wurde) haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate
§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
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1. | in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind; |
2. | für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder |
3. | als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen. |
(2) ...
Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern
§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
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1. | Ehegatte oder eingetragener Partner sind; |
2. | ... |
Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers |
§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.
(3) ...
Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate
§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) ..."
8 Wenn in der Revision zu deren Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht wird, es bestehe durch das Vorliegen einer Aufenthaltskarte nach § 54 Abs. 1 NAG eine Bindungswirkung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der aufenthaltsrechtlichen Stellung des Revisionswerbers, so wird im Ergebnis aufgezeigt, dass dazu - soweit ersichtlich - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt und somit eine erhebliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt.
9 Soweit der Revisionswerber zur behaupteten Bindungswirkung auf das hg. Erkenntnis vom , 2012/09/0007, hinweist, ist ihm Folgendes zu entgegnen: In jener Entscheidung ging es darum, dass ein Drittstaatsangehöriger als Ehegatte einer polnischen Staatsangehörigen, die ihr Freizügigkeitsrecht durch Verlagerung ihres Wohnsitzes nach Österreich ausgeübt hat, die Ausstellung der Ausnahmebestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG vor der Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltstitels durch die NAG-Behörde begehrte und dabei letztlich das Vorliegen eines (unionsrechtlichen) Aufenthaltsrechtes der Ehegattin nach § 51 Abs. 1 NAG (aus dem der Antragsteller wiederum sein Recht nach § 54 leg. cit. abzuleiten versuchte) nicht dazulegen vermochte.
Dazu wurde vom VwGH ausgeführt:
"Zu dem von ihm (gemeint: dem damaligen Rechtsmittelwerber) ... ins Treffen geführten Durchführungserlass des BMASK zur Novelle zum AuslBG, BGBl. I Nr. 25/2011, vom , wonach ‚die Ausnahmebestätigung (Anm.: von der regionalen Geschäftsstelle des AMS) vor der Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes durch die NAG-Behörde ausgestellt werden kann, wenn die Angehörigeneigenschaft durch die Vorlage entsprechender Dokumente (Heirats-, Geburtsurkunde etc.) nachgewiesen wird und der Angehörige mit seiner Bezugsperson über einen gemeinsamen Wohnsitz in Österreich verfügt (Nachweis durch Meldebestätigung/Meldezettel)', ist vorweg darauf hinzuweisen, dass die Unterlassung der rechtzeitigen Beantragung einer Aufenthaltskarte (im Fall des § 54 Abs. 1 NAG innerhalb von vier Monaten ab Einreise) eine Verwaltungsübertretung nach § 77 Abs. 1 Z. 4 NAG darstellt. Damit ist evident, dass der Gesetzgeber in angemessener zeitlicher Nähe zur Einreise des Ausländers in das Bundesgebiet eine diesbezügliche aufenthaltsrechtliche Klarstellung unter aktiver Mitwirkung des Ausländers sicherstellen will.
Mit der Ausstellung dieser Aufenthaltskarte ist (jedenfalls) die Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG durch den Ausländer dokumentiert (worüber über Antrag eine Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG ausgestellt werden kann) und hat der Ausländer damit freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt."
10 Eine Aufenthaltskarte nach § 54 NAG gehört zu den Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts. In diesen Fällen ergibt sich das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht nicht aus einer nationalen gesetzlichen Berechtigung, sondern Kraft unmittelbar anwendbaren Unionsrechts. Diese Bescheinigung hat bloß deklaratorische Wirkung (vgl. dazu Abermann/Czech/Kind/Peyrl , NAG , Anmerkungen zu § 9 , insbes. Rz 4). Ein das Aufenthaltsrecht konstitutiv begründender Aufenthaltstitel liegt mit der Aufenthaltskarte damit nicht vor (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2010/22/0035, wonach einer Aufenthaltskarte gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG als bloße Anmeldebescheinigung keine Bindungswirkung für die nationale Behörde zukommt). Dies deckt sich im Ergebnis mit den in der Revision genannten Erkenntnissen vom , 2006/09/0070, und vom , 2012/09/0003; diese sehen grundsätzlich nur außerhalb der Freizügigkeitssachverhalte ein Recht auf Aufenthalt (oder Niederlassung) mit einem Aufenthaltstitel mit konstitutiver Wirkung eingeräumt.
Im Falle einer Aufenthaltskarte nach § 54 Abs. 1 NAG "dokumentiert" - also bescheinigt - diese die Berechtigung für Angehörige eines EWR-Bürgers zum Aufenthalt für mehr als drei Monate (und iVm Art. 23 der Richtlinie 2004/38/EG auch zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger).
11 Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist aus dem zuletzt zitierten Satz der oben genannten Entscheidung daher keine Bindungswirkung für das AMS abzuleiten, sondern stellt die erwähnte Aufenthaltskarte bloß eine Bescheinigung dar. Im Verfahren über die Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG sind die diesbezüglichen Voraussetzungen zu prüfen. Die dafür zuständige Behörde hat darzutun, ob sie die erwähnte Dokumentation/das Vorliegen einer Bescheinigung für die Annahme der Tatbestandsmerkmale als ausreichend erachtet oder nicht.
12 Eine Entscheidung hat auch in jenem Fall, in dem ihr die sachverhaltsbezogenen Ausführungen einer Verfahrenspartei als der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt zugrunde gelegt werden, die entsprechenden Feststellungen und darauf bezogene beweiswürdigende Überlegungen - und sei es auch, dass (aus den darzulegenden Gründen) die Angaben einer Verfahrenspartei als glaubwürdig angesehen werden - zu enthalten (vgl. das Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0069).
13 Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Ausstellung der Bestätigung mit der Begründung abgelehnt, dass die zur Ankerperson notwendige Familienangehörigeneigenschaft des Revisionswerbers als möglichen Begünstigten fehle, sich jedoch überhaupt nicht mit dem (festgestellten) Vorliegen einer Aufenthaltskarte nach § 54 Abs. 1 NAG (woraus gegenteilig der Anspruch des Revisionswerbers abgeleitet werden könnte bzw. bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen Schritte nach § 55 NAG eingeleitet werden könnten) auseinandergesetzt.
14 Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen, welche der Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Erhebung der Beweise dient. Als Ausnahme von dieser Regel ist ein Entfall der Verhandlung nur zulässig, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden , deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom , Ra 2015/22/0008, und vom , Ra 2014/09/0007).
15 Damit kommt der Revision, die dieses Unterbleiben der beantragten mündlichen Verhandlung und die fehlende Auseinandersetzung mit dem Vorliegen der Aufenthaltskarte rügt, im Ergebnis auch Berechtigung zu.
16 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am