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VwGH vom 26.01.2012, 2009/16/0015

VwGH vom 26.01.2012, 2009/16/0015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des T R in G, vertreten durch Mag. Wolfgang Klasnic, Rechtsanwalt in 8111 Judendorf-Straßengel, Gratweinerstraße 21, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. ZRV/0134-Z3K/03, betreffend Eingangsabgaben und "Nebengebühren", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom teilte das (damalige) Hauptzollamt Graz dem Beschwerdeführer mit, dass für ihn nach Art. 203 Abs. 1 Zollkodex iVm § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz die Eingangsabgabenschuld für 430.000 Stück Zigaretten verschiedener Marken ausländischer Herkunft in Höhe von 198.144 S an Zoll, 200.758 S an Einfuhrumsatzsteuer und 461.648 S an Tabaksteuer entstanden sei, setzte eine Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz in Höhe von 9.523 S fest und forderte den Beschwerdeführer nach Art. 213 Zollkodex auf, einen Anteil an Eingangsabgaben, und zwar 48.154 S an Zoll, 48.789 S an Einfuhrumsatzsteuer,112.191 S an Tabaksteuer und 2.314 S an Abgabenerhöhung zu entrichten. Als Bemessungsgrundlage nahm das Zollamt für die anteilige Menge von 60.400 Stück Zigaretten einen Warenwert von 344.000 S im Zeitpunkt der Zollschuldentstehung am an. Zur Begründung stellte das Zollamt fest, SC habe unter Mithilfe seiner Frau MD im Zeitraum vom März 1999 bis zum die im Spruch bezeichneten Zigaretten bei wiederholten Einreisen in das Zollgebiet der Europäischen Union über das Zollamt Spielfeld/Bundesstraße vorsätzlich der zollamtlichen Überwachung entzogen und an den Beschwerdeführer weitergegeben. Obwohl der Beschwerdeführer gewusst habe, dass die Waren zuvor der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien, habe er diese bewusst von SC und teilweise im Beisein von MD übernommen. Da der Beschwerdeführer die Waren übernommen und in weiterer Folge an RA und an unbekannte Abnehmer weitergegeben habe, sei er gemäß Art. 213 Zollkodex mit mehreren Zollschuldnern gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet. Daher werde er vorerst anteilsmäßig in der im Spruch vorgesehenen Höhe als Zollschuldner herangezogen.

Mit Bescheid vom berichtigte das Zollamt den erwähnten Bescheid vom dahingehend, dass eine Eingangsabgabenschuld für 305.000 Stück Zigaretten in näher angeführter Höhe entstanden sei und es dem Beschwerdeführer für einen Anteil für 104.500 Stück Zigaretten eine näher angeführte Eingangsabgabenschuld samt Abgabenerhöhung vorschrieb.

Gegen beide Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er wehrte sich dagegen, die Zigaretten von den Genannten entgegengenommen zu haben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das (damalige) Hauptzollamt die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei hinsichtlich einer Menge von 305.000 Stück Zigaretten schuldig erkannt worden.

Gegen die Berufungsvorentscheidung erhob der Beschwerdeführer (Administraviv )Beschwerde, worin er sich gegen die Beweiswürdigung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wehrte und bestritt, die in Rede stehenden Zigaretten an sich gebracht zu haben.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den Spruch der vor ihr bekämpften Berufungsvorentscheidung dahingehend, dass der Bescheid des Hauptzollamtes Graz vom (Berichtigungsbescheid) aufgehoben wird und dass die Menge der mit Bescheid des Hauptzollamtes Graz vom als der zollamtlichen Überwachung entzogenen und vom Beschwerdeführer als erworben festgestellten Zigaretten mit 305.000 Stück verschiedener Marken festgesetzt und die Eingangsabgaben mit 140.544 S an Zoll, 142.398 S an Einfuhrumsatzsteuer und 327.448 S an Tabaksteuer sowie die Abgabenerhöhung mit 6.755 S festgesetzt wurden und im Übrigen der genannte Bescheid (vom ) unverändert bleibt.

Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens verwies die belangte Behörde auf das erwähnte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom und auf die Begründung des Bescheides des Hauptzollamtes vom . Die Aufhebung des Berichtigungsbescheides begründete die belangte Behörde damit, dass es sich nicht um eine Berichtigung, sondern um eine inhaltliche Änderung gehandelt habe, welche die belangte Behörde nunmehr mit dem angefochtenen Bescheid wahrnehme.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht auf "Vornahme einer angemessenen und nachvollziehbaren Schätzung" und im Recht auf "genaue Festlegung des konkreten Zeitpunktes der Zollschuldentstehung" verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß Art. 203 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichte Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird. Die Zollschuld entsteht nach Art. 203 Abs. 2 ZK in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

Zollschuldner sind nach Art. 203 Abs. 3 ZK u.a. die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs und Erhalts der Ware wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war.

Gemäß Art. 214 Abs. 1 ZK wird der Betrag der auf eine Ware zu erhebenden Einfuhrabgaben, sofern im Zollkodex nichts Gegenteiliges bestimmt ist, an Hand der Bemessungsgrundlagen bestimmt, die für diese Ware zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld gelten. Kann der Zeitpunkt, in dem die Zollschuld entsteht, nicht genau bestimmt werden, so ist gemäß Art. 214 Abs. 2 ZK für die Bestimmung der für die betreffenden Ware geltenden Bemessungsgrundlage der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Zollbehörden feststellen, dass diese Ware sich in einer Lage befindet, die eine Zollschuld hat entstehen lassen. Können die Zollbehörden jedoch aus ihnen bekannten Umständen schließen, dass die Zollschuld vor dem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sie diese Feststellung getroffen haben, so wird der Betrag der auf die betreffende Ware zu erhebenden Einfuhrabgaben an Hand der Bemessungsgrundlagen bestimmt, die für die Ware in dem weitersten zurückliegenden Zeitpunkt galten, für den das Bestehen der sich aus dieser Lage ergebenden Zollschuld an Hand der verfügbaren Angaben festgestellt werden kann.

Die Bestimmungen u.a. des Zollkodex gelten nach § 2 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes (ZollR-DG) auch in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit im ZollR-DG oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist. Unter solche sonstigen Eingangsabgaben zählen die Einfuhrumsatzteuer (§ 26 UStG 1994) und im Beschwerdefall die Tabaksteuer (§ 25 Tabaksteuergesetz in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Stammfassung).

Entsteht außer in hier nicht interessierenden Fällen eine Zollschuld u.a. nach Art. 203 ZK, dann ist gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung zu entrichten, die dem Betrag entspricht, der für den Zeitraum zwischen dem Entstehen der Zollschuld und dem der buchmäßigen Erfassung an Säumniszinsen angefallen wäre.

Der Beschwerdeführer trägt vor, die belangte Behörde habe keine nachvollziehbare und angemessene Schätzung der Höhe der Bemessungsgrundlagen der in Rede stehenden Zigaretten vorgenommen. Damit verstößt er gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG), denn er hat im Verwaltungsverfahren die Höhe der Bemessungsgrundlagen in keiner Weise bekämpft und keinen Hinweis dafür geboten, dass die behördliche Annahme der Höhe der Bemessungsgrundlagen, nämlich des Zollwertes und hinsichtlich der Tabaksteuer des Kleinverkaufspreises (§ 5 Abs. 1 Tabaksteuergesetz), unrichtig wäre.

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass die belangte Behörde (durch Verweis auf die Begründung des Bescheides des Hauptzollamtes vom ) als Zeitpunkt der Abgabenentstehung den angenommen habe. Die belangte Behörde hätte nach Art. 214 Abs. 2 ZK auf den jeweils weitest zurückliegenden Zeitpunkt, also auf den März 1999 abzustellen gehabt.

Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

Die belangte Behörde hätte gemäß Art. 214 Abs. 2 zweiter Satz ZK auf den März 1999 abzustellen gehabt, wenn sie etwa angenommen hätte, dass die in Rede stehenden Zigaretten anlässlich einer Einfuhr oder eines Transportes der zollamtlichen Überwachung entzogen worden wären und diese Einfuhr oder dieser Transport zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem März 1999 und dem stattgefunden hätte.

Die belangte Behörde hat aber (durch Verweis auf den Bescheid des Hauptzollamtes vom ) - vom Beschwerdeführer insoweit nicht bekämpft - angenommen, dass die in jenem Bescheid erwähnten SC und MD im Zeitraum von März 1999 bis die in Rede stehenden Zigaretten bei wiederholten Einreisen in die Europäischen Union der zollamtlichen Überwachung entzogen hätten. Damit ist aber deutlich, dass anlässlich einer nicht näher bestimmten Anzahl von Einreisen an nicht näher bestimmten Tagen innerhalb dieses Zeitraumes jeweils ein nicht näher bestimmter Anteil der Gesamtmenge der Zigaretten mitgeführt und der zollamtlichen Überwachung entzogen worden ist. Die gesamte Menge an Zigaretten kann daher nicht an einem vor dem liegenden Tag, schon gar nicht im März 1999 der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sein. Nähere Angaben über konkrete bei bestimmten Einreisen mit von den Betroffenen mitgeführten Zigarettenmengen lieferte der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch bietet er sie in der Beschwerde.

Dass die belangte Behörde (unter Verweis auf den Bescheid des Hauptzollamtes vom ) deshalb den als Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld angenommen hat, erweist sich somit nicht als rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am