VwGH vom 24.01.2017, Ro 2015/16/0038
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma, Dr. Zehetner sowie Mag. Straßegger als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7104157/2014, betreffend Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG (mitbeteiligte Partei: M Werbegesellschaft m. b.H. in B, vertreten durch die Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte LLP & Co KG in 1010 Wien, Schottenring 25), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Aufwandersatzbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei veranstaltete gemeinsam mit der M Promotion GmbH & Co KG in der Zeit vom 15. November bis in Deutschland, Luxemburg und Österreich das sogenannte "Geschenke M Gewinnspiel".
2 Mit Glücksspielabgabebescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel für das Jahr 2012 gegenüber der mitbeteiligten Partei für das genannte "Geschenke M Glücksspiel" sowie für zwei weitere Gewinnspiele namens "Facebook" und "YPD" ausgehend von den in diesen drei Spielen in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinnen) in der Höhe von insgesamt EUR 248.793.744,87 die Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG mit EUR 12.440.078,36 fest, wogegen die Mitbeteiligte Beschwerde erhob.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und änderte den dort angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass die ermäßigte Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG mit EUR 2.443.069,08 (= 5 vH der Bemessungsgrundlage von EUR 48.861.181,60) festgesetzt werde. Aufgrund der festgesetzten Abgabe und des selbstberechneten Betrages von EUR 2.829,23 ergebe sich eine Nachforderung von EUR 2.440.293,85.
Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung von Bestimmungen aus dem Glücksspielgesetz sowie aus dem Bewertungsgesetz legte das Gericht seinen Entscheidungsgründen folgenden Sachverhalt zugrunde:
"Das Geschenke M Gewinnspiel fand im Zeitraum und statt und wurde in Österreich von der Bf. und in Deutschland und Luxemburg von der M Promotion GmbH & Co KG veranstaltet. Bei diesem Gewinnspiel ging es darum, vier zueinander passende Spielsticker für einen Sammelgewinn zu bekommen, wobei pro Vierergruppe immer ein Sofortgewinn enthalten war. Die Sticker waren entweder in den M-Restaurants der Teilnahmeländer beim Kauf bestimmter Nahrungsmittel oder durch Anruf bei einer in den Spielregeln angegebenen Telefon-Hotline zu bekommen. Der o. a. Folder mit dem Titel Spielregeln lag in den M Restaurants von Österreich, Deutschland und Luxemburg auf. In den Spielregeln wurden die potentiellen Spielnehmer zunächst darüber informiert, dass dieses Gewinnspiel in Deutschland, Österreich und Luxemburg stattfindet. Es ist darin auch festgehalten worden, welche und wie viele Gewinne insgesamt zu erhalten waren, bzw., dass die Gewinne Cinemaxx Kino Privatvorstellung für Fünfzehn Freunde und Hymer Campingbus nur in Deutschland verfügbar sind und dass Personen, die ihren Wohnsitz in Österreich oder Luxemburg haben, statt des Lovefilm-Abos einmalig eine DVD geschenkt bekommen. Zusätzlich enthielten die Spielregeln die Hinweise, dass alle Gewinne nicht auf andere Personen übertragbar sind, dass die Abbildungen des Wunschzettels lediglich Demonstrationswecken dienen und von den tatsächlichen Gewinnen insoweit abweichen können, dass sie durch andere, gleichwertige Gewinne ersetzt werden können, dass bei den zu gewinnenden Waren- und Einkaufgutscheinen die Kombination mit anderen Rabattgutscheinen, die Anrechnung auf einen Wertgutschein auf Porto- und Verpackung, der Weiterverkauf, der Umtausch und die Barauszahlung ausgeschlossen und untersagt ist; sowie, dass maximal ein Rabatt- oder ein Geschenkgutschein von Pearl.de pro Person und Monat eingelöst werden darf.
Zusätzlich zu diesen Spielregeln lag ein Folder mit dem Titel ‚Wunschzettel' auf, auf welchen alle Gewinne abgebildet waren. So waren je eine handelsübliche DVD ‚Mr. Poppers Pinguine' und ‚Gullivers Reisen - Da kommt was Großes auf und zu' zu sehen.
Unter diesen Abbildungen war zu lesen: 150.000 DVD von Love
Film und Fox Lovefilm.de: ein Amazon Unternehmen. Von Amazon sind sämtliche, zu gewinnende DVDs zur Verfügung gestellt worden. Der Wunschzettel enthielt den Vermerk Gewinnchance 1:4. In den Spielregeln war dazu vermerkt, dass diese Aussage sich auf das ganze Promotionsgebiet bezieht, auf der Ausgabe aller Spielsticker basiert und ein rein rechnerischer bzw. statistischer Wert ist.
Für Österreich gab es einen eigenen Preispool, das bedeutet, dass von vorne herein vorgesehen war, dass in Österreich nur eine bestimmte Stückzahl an Gewinnen zu erhalten war bzw. dass einige Gewinne im Österreichischen Preispool nicht enthalten waren.
..."
4 Im zu beurteilenden Fall sei - so die weitere Begründung - unstrittig, dass das verfahrensgegenständliche Gewinnspiel grundsätzlich unter die Bestimmung des § 58 Abs. 3 GSpG falle. Strittig sei zunächst, ob in Anwendung dieser Gesetzesbestimmung sämtliche in den Spielregeln genannten Gewinne in die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe miteinzubeziehen seien. Darüber hinaus sei die Bewertung folgender, in den Spielregeln aufscheinender Gewinne strittig:
Die Bewertung sämtliche Waren und Einkaufsgutscheine
Die Bewertung der DVDs Mr. Poppers Pinguine, Gullivers Reisen - Da kommt was Großes auf uns zu
Die Bewertung der Ersatz-DVD für das Love-Film Abo
Die Bewertung der Pearl-de Geschenkgutscheine
Von der (Mitbeteiligten) wurde in den Raum gestellt, dass diese Gutscheine nicht der Glücksspielabgabe unterliegen."
5 In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zunächst aus, durch die Ergänzung in § 58 Abs. 3 GSpG durch das Abgabenänderungsgesetz 2011
"wollte man bei länderübergreifenden Gewinnspielen sicherstellen, dass ihr Inlandsanteil steuerlich erfasst wird, aber keinen weltweiten Anwendungsbereich der Glückspielabgabe begründen. Eine derartige Anknüpfung würde zudem gegen das den Verkehrssteuern immanente Territorialprinzip verstoßen.
Es darf auch nicht übersehen werden, dass der Anwendungsbereich der Glücksspielabgabe sich nicht primär aus § 58 Abs. 3 GSpG ergibt, sondern aus § 57 Abs. 1 GSpG, dem Grundtatbestand für den Regelfall der Glücksspielabgabe, nämlich für entgeltliche Glücksspiele. Danach unterliegen Ausspielungen an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, einer Glücksspielabgabe. Glücksspiele ohne Einsatz sind als Sonderfall der Glücksspielabgabe zu verstehen, für den die allgemeine Voraussetzung des Regelfalls gemäß § 57 Abs. 1 GSpG genau so gilt. Es ist nicht davon auszugeben, dass der Sondertatbestand der ermäßigten Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG einen weiteren Anwendungsbereich als der Regeltatbestand hat.
Es ist, aufgrund der Einwohnerzahl Österreichs, durchaus realistisch, dass für Österreich die wirtschaftliche Relevanz länderübergreifender Gewinnspiele, an denen es beteiligt ist, im Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung solcher Gewinnspiele für andere, mitbeteiligte Länder, gering ist. Die Besteuerung aller Gewinne, die im Rahmen eines länderübergreifenden Gewinnspiels insgesamt in Aussicht gestellt worden sind, in Österreich, würde generell dazu führen, dass der abverlangte Steuerbetrag den, auf die Teilnahme an dem Gewinnspiel bezogenen, österreichischen Unternehmensgewinn, bei weitem übersteigt.
Auch wenn es zu den Aufgaben eines Unternehmens gehört, jedenfalls für die Entrichtung der Glücksspielabgabe vorzusorgen, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass eine derartige Besteuerung vom Gesetzgeber intendiert worden ist.
Darüber hinaus ist festzustellen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ) bedeutet ‚Inaussichtstellen' iSd § 2 GSpG dass der Unternehmer an dem Erlag des Vermögensgegenstandes, den der Spielteilnehmer zum Zweck des Spieles leistet, die Zusage knüpft, dass im Gewinnfall gemäß den Spielregeln ein Gewinn ausbezahlt wird. Demnach hängt es vom Inhalt der Spielregeln ab, was dem Spielteilnehmer zugesagt wird. Im Hinblick darauf, dass auch in § 58 Abs. 3 GSpG auf die Besteuerung des in Aussicht gestellten Gewinnes abstellt, darf im zu beurteilenden Fall nicht übersehen werden, dass in den Spielregeln dieses Gewinnspieles gleich zu Anfang ausdrücklich darüber informiert wurde, dass dieses Gewinnspiel nicht nur in Österreich sondern auch in Deutschland und Luxemburg veranstaltet wird, und die Auflistung der Gewinne nicht nur an Österreich sondern deutlich auch an Deutschland und Luxemburg gerichtet war. Demnach konnte ein durchschnittlich aufmerksamer Spielteilnehmer nicht damit rechnen, dass sämtliche Gewinne auf Österreich entfallen. Vielmehr konnte ein von Österreich aus teilnehmender Spieler vernünftigerweise davon ausgehen, dass ihm nur Gewinne, die im österreichischen Preispool enthalten sind, zugesagt werden. Wenn auch von einem durchschnittlich aufmerksamen Spielteilnehmer nicht erwartet werden konnte, aufgrund der im Wunschzettel enthaltenen Information: Gewinnchance 1:4, sich den auf Österreich entfallenden, prozentuellen Gewinnanteil auszurechnen, so mit diesem Hinweis doch verdeutlicht worden, dass den von Österreich aus teilnehmenden Spielern nicht alle, in diesem länderübergreifenden Gewinnspiel überhaupt mögliche, Gewinne zugesagt werden.
Somit richtete sich das verfahrensgegenständliche Gewinnspiel mit seinen Spielregeln insoweit an die inländische Öffentlichkeit, als dieser die im Österreichischen Preispool enthaltenen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.
Daraus ergibt sich, dass für einen durchschnittlichen Verbraucher in der, für bestimmte Preise in den Spielregeln gewählten, Formulierung: ‚nur in Deutschland verfügbar' der Ausschluss der Gewinnbarkeit dieser Preise für Spielteilnehmer von Österreich und Luxemburg aus erkennbar war.
Somit waren nur die Gewinne in die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe miteinzubeziehen, die in Österreich zu erhalten gewesen sind."
6 Zu der strittigen Bewertung einzelner in Aussicht gestellter Gewinne stellte das Gericht unter Wiedergabe von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie von Kommentarmeinungen zum Bewertungsgesetz folgendes fest:
"Die auf einen bestimmten Warenwert lautenden Gutscheine sind mit diesem Warenwert, zu bewerten. Das Vorliegen von Nachlässen, in Form üblicherweise gewährter Rabatte wird nicht als erwiesen angesehen. Der von der (Mitbeteiligten) bewiesene Sachverhalt, dass Gutscheine von Mirapodo, Mysportworld und Fashion for Home mit einem Warenwert bis zu 50 Euro auch gratis zu erhalten gewesen waren, wird nicht als ein üblicherweise gewährter Rabatt, für den in den gewonnenen Gutscheinen genannten Warenwert von Euro 100,00 angesehen.
Die zu gewinnenden DVDs ‚Gullivers Reisen - Da kommt was Großes auf uns zu' und ‚Mr. Poppers Pinguine" wurden lt. Wunschzettel als neue, handelsübliche DVD in Aussicht gestellt.
Aufgrund der Information in den Spielregeln: ‚die Abbildungen des Wunschzettels dienen lediglich Demonstrationszwecken und können d von den tatsächlichen Gewinnen abweichen bzw. durch gleichwertige Gewinne ersetzt werden' konnte der Spielteilnehmer allenfalls mit dem Erhalt einer gleichwertigen, also einer neuen, im Handel üblichen DVD rechnen. Bei der Bewertung dieser Gewinne ist daher von den Handelspreisen der genannten DVDs vor und um den Feststellungszeitpunkt (= gemäß § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG) auszugehen. Da diese DVDs von Amazon bezogen worden sind, und dieser Umstand im Wunschzettel auch verdeutlicht worden ist, war es zweckmäßig, bei der Schätzung des gemeinen Wertes von Handelspreisen dieses Unternehmens, betreffend solche (neuen) DVDs im Zeitraum 2012/2013 auszugeben und davon einen Durchschnittswert zu ermitteln.
Dazu ergaben Internetrecherchen über www.Google.at (Mr. Poppers Pinguin DVD Amazon 2012/2013, Gulliver's Reisen - Da kommt was Großes auf uns zu DVD Amazon 2012/2013) dass die erstangeführte DVD bei Amazon im genannten Zeitraum zu Handelspreisen von Euro 5,97, 7,99 und 9,99 zu erhalten war. Der Durchschnittspreis beträgt sohin Euro 7,98. Die zweitangeführte DVD war zu Handelspreisen von Euro 15,49; 4,99 und 9,99 zu erhalten. Der Durchschnittspreis beträgt sohin Euro 10,16. Der Durchschnittswert von Euro 7,98 und Euro 10,16 beträgt Euro 9,07. (gerundet sohin 9,00) Der Betrag von Euro 9,00 war daher als Stückpreis der Bemessung der Glücksspielabgabe zu Grunde zu legen.
Ersatz DVD für Love-film Abo:
Der Teilnehmer konnte anhand der Beschreibung auf dem Wunschzettel davon ausgehen, dass er eine neuwertige, handelsübliche DVD erhalten wird. Laut Internet (Google Suche: Love-film) handelte es sich im Feststellungszeitpunkt bei Love-Film um einen von Europas größten Online-Verleihen von DVDs. Dass ein solches Unternehmen als Ersatz für ein Leih-Film-Abonnement (2 Filme pro Monat, 1 Film gleichzeitig zu Hause, 90 Tage gratis = lt. Spielregeln Ausleihparket ‚Light') keinen DVD-Rohling zur Verfügung stellt ist evident. Ebenso wäre die ersatzweise Ausgabe einer gebrauchten DVD inadäquat gewesen. Der Spielteilnehmer konnte, aufgrund der marktmäßigen Positionierung der Bf., als Unternehmen welches Personen unterschiedlichen Alters gleichermaßen bedienen kann, davon ausgehen, einen für unterschiedliche Altersklassen geeigneten Film zu erhalten. Bei der tatsächlich, als Gewinn, erhaltenen DVD Almanya-Willkommen in Deutschland handelt es sich um einen solchen Film. Bei der Bewertung dieser Gewinne konnte daher von den Preisverhältnissen der genannten DVDs ausgegangen werden. Da diese DVD von Amazon bezogen worden ist, und dieser Umstand im Wunschzettel auch verdeutlicht worden ist, war es zweckmäßig, bei der Schätzung des gemeinen Wertes von Handelspreisen dieses Unternehmens, betreffend eine solche (neuen) DVD , in Zeitraum 2012/2013 auszugeben und davon einen Durchschnittswert zu ermitteln.
Dazu ergaben Internetrecherchen (www.Google.at (Almanya-Willkommen in Deutschland DVD Amazon 2012/2013) folgendes: Im aufgezeigten Feststellungszeitraum war diese DVD bei Amazon zu Handelspreisen von Euro 5,49; 4,49; 5,00, 7,99 und 9,99 zu erhalten. Der Durchschnittskaufpreis beträgt somit Euro 6,59 (gerundet 7, 00). Der Betrag von Euro 7,00 war daher als Stückpreis der Bemessung der Glücksspielabgabe zu Grunde zu legen.
Pearl-de Geschenkgutscheine:
Der in Aussicht gestellte Gewinn war insoweit bestimmbar, als sich der Spieleteilnehmer über die bei diesem Unternehmen erhältlichen (Billig)waren ein Bild machen konnte. (z: B. Internetabfrage). Aufgrund der sehr hohen Anzahl der zu gewinnenden Geschenkgutscheine konnte ein potentieller Spielteilnehmer nicht vom Erhalt einer relativ hochpreisigen Ware ausgegangen werden, jedoch ist - unbeschadet des von der (Mitbeteiligten) in den Raum gestellten psychologischen Momentes im Zusammenhang mit Gewinnversprechen - aufgrund des in den Spielregeln festgemachten Umstandes, dass der Spielnehmer für den Erhalt des Gewinnes Kosten zu tragen hat - lt. der unbestrittenen Darstellung der Bf. handelte es sich dabei um sogenannte Versandkosten im Betrag bis zu ca. 9,00 Euro - nicht davon auszugehen, dass der Spielteilnehmer damit rechnen musste, eine Ware zu erhalten, deren Wert diese Kosten nicht übersteigt. Unter diesem Aspekt erscheint die vom FA vorgenommene Bewertung schlüssig.
Dass diese Gutscheine - aus den von der (Mitbeteiligten) aufgezeigten Gründen - nicht der Glücksspielabgabe unterliegen, kann nicht erkannt werden. Auch wenn dieses Unternehmen Gratisgutscheine über das Internet anbietet, darf nicht übersehen werden, dass ein Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpG schon dann gegeben ist, wenn Gewinn und Verlust vorwiegend vom Zufall abhängen. ().
Im verfahrensgegenständlichen Gewinnspiel hat die (Mitbeteiligten) den Spielteilnehmern der Erhalt von Gratis-Geschenkgutscheinen des genannten Unternehmens zugesagt, für den Fall, dass diese die dafür geeigneten Spielsticker erhalten, was vom Zufall abhängig war.
Somit sind die genannten Geschenkgutscheine mit einem Wert von 10 Euro pro Stück in die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe miteinzubeziehen.
Im Lichte dieser rechtlichen Feststellungen ist die von der (Mitbeteiligten) als Veranstalter, gemäß § 59 Abs. 2 Z 2 GSpG, geschuldete Glücksspielabgabe wie im beiliegenden Berechnungsblatt 1 ersichtlich (dieses ist als Bestandteil des Spruches anzusehen) zu berechnen.
Der Unterschiedsbetrag der nunmehr festgesetzten Glücksspielabgabe im Betrage von EUR 2.443.069,08 zu der im bekämpften Bescheid mit EUR 12.440.078,36 festgesetzten Glücksspielabgabe beträgt ein Guthaben von EUR 9.997.009,28. Zur Differenz der einzelnen Bemessungsgrundlagen FA-BFG wird auf Beilage 2 verwiesen.
Aus den aufgezeigten Gründen war über die Beschwerde daher spruchgemäß zu entscheiden."
7 Seinen Spruch über die Zulässigkeit einer Revision begründete das Gericht unter Zitierung aus Art. 133 Abs. 4 B-VG damit, da es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Glücksspielabgaben im Sinn der §§ 57 bis 59 GSpG gebe, sei die Revision (von Seiten der Mitbeteiligten und des Finanzamtes) zulässig.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Ihre Zulässigkeit begründet die Amtsrevision damit, bei der Frage, ob die ermäßigte Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG ein eigener Steuertatbestand sei und wie gemäß diesem der in Aussicht gestellte Gewinn auszulegen sei, handle es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, zu welcher es bislang keine inhaltliche Entscheidung eines österreichischen Höchstgerichts gebe. Da zur hier zu beurteilenden Fallkonstellation noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, seien die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zur Zulässigkeit der Revision gegeben.
9 Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Amtsrevision als unbegründet und die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses unter Hinweis auf eine von ihr selbst gegen das angefochtene Erkenntnis erhobene (Anm.: zu Ro 2015/16/0039 protokollierte) Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt; außerdem beantragt die Mitbeteiligte die Zuerkennung von Aufwandersatz.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , A 2016/0002 und /0003, auf den im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 58 Abs. 3 GSpG idF AbgÄG 2011 zur Gänze, in eventu in § 58 Abs. 3 leg.cit. den Klammerbegriff "(auch)" als verfassungswidrig aufzuheben.
Ausgehend vom möglichen Wortsinn des Tatbestandes des § 58 Abs. 3 GSpG - so die Prämisse des Gesetzesprüfungsantrages - begegne der vom Gericht gewählte, jedoch von der Amtsrevision gerügte Ansatz, die Bemessungsgrundlage auf einen aus der Sicht des Veranstalters gebildeten "Preispool" zu beschränkten, dem Bedenken, dass der Tatbestand des § 58 Abs. 3 GSpG auf die (auch) der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne) abstelle, womit für die Bestimmung der in Aussicht gestellten abgabenrelevanten vermögenswerten Leistungen (die Bemessungsgrundlage) der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention des Veranstalters maßgeblich sei.
Mit Erkenntnis vom , G 650/2015 u.a., wies der Verfassungsgerichtshof u.a. diesen Antrag ab. In der Sache stimmte der Verfassungsgerichtshof der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs zu, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine Bemessung im Verhältnis zu den schätzungsweise auf das Inland entfallenden Teilnahmen bei grenzüberschreitenden Glücksspielen im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) nicht vorsehe. Der dem Einzelnen in Aussicht gestellte Gewinn bilde in seiner Gesamtheit die Bemessungsgrundlage für die Abgabe (Rz 24). Im Übrigen teilte der Verfassungsgerichtshof nicht die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes einer unsachlichen Anknüpfung von Besteuerungsgegenstand und Steuersatz nach § 58 Abs. 3 GSpG und Bedenken im Hinblick auf Art. 6 StGG sowie Art. 15 GRC.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Zur Darstellung der Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf den eingangs genannten Beschluss vom sowie auf den darin verwiesenen Beschluss vom , A 2015/0011, verwiesen.
12 Die Amtsrevision wendet sich zunächst dagegen, dass das Gericht im angefochtenen Erkenntnis die Bemessungsgrundlage (die in Aussicht gestellten Gewinne) anhand eines "österreichischen Preispools" ermittelt habe.
13 In tatsächlicher Hinsicht traf das Gericht die eingangs wiedergegebene Feststellung, für Österreich habe es einen eigenen Preispool gegeben, das bedeutet habe, es sei von Vornherein vorgesehen gewesen, dass in Österreich nur eine bestimmte Stückzahl an Gewinnen zu erhalten gewesen sei und dass einige Gewinne im österreichischen Preispool nicht enthalten gewesen seien. In rechtlicher Hinsicht fügte das Gericht dem hinzu, ein durchschnittlich aufmerksamer Spielteilnehmer habe nicht damit rechnen können, dass sämtliche Gewinne auf Österreich entfallen würden. Vielmehr habe ein von Österreich aus teilnehmender Spielnehmer vernünftigerweise davon ausgehen können, dass ihm nur Gewinne, die im österreichischen Preispool enthalten seien, zugesagt würden.
14 Nach § 58 Abs. 3 GSpG bemisst sich die Glücksspielabgabe mit einem Hundertsatz der "in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen" (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet.
15 Der Verwaltungsgerichtshof hält die - vom Verfassungsgerichtshof geteilte - Auslegung aufrecht, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vorsieht. Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters.
16 Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses entbehrt die Annahme des Gerichts, es habe für Österreich einen eigenen "Preispool" gegeben, in dieser Allgemeinheit einer Grundlage, weil nicht festgestellt ist, dass der inländischen Öffentlichkeit gleichermaßen auch die Begrenzung der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne) anhand eines "Preispools" erklärt worden wäre.
17 Davon sind die Feststellungen des Gerichts, wonach dem Inhalt der Folder (Flyer) zufolge die Gewinne "Cinemaxx Kino Privatvorstellung für 15 Freunde" und "Hymer Campingbus" nur in Deutschland verfügbar gewesen seien und dass Personen, die ihren Wohnsitz in Österreich oder Luxemburg hätten statt des "Lovefilm-Abos" einmalig eine DVD geschenkt bekämen, zu unterscheiden, weil sich daraus für die inländische Öffentlichkeit eine von vornherein erkennbare Beschränkung oder Modifizierung der in Aussicht gestellten Gewinne erschloss.
Die Amtsrevision zieht nicht in Zweifel, dass sich anhand dieser konkreten Bedingungen die der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen bestimmten.
18 Der Amtsrevision kommt daher schon in der Bemängelung der Berechnung der Bemessungsgrundlage anhand eines "österreichischen Preispools" Berechtigung zu, weshalb das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben ist (vgl. ebenso das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2016/16/0035).
19 Soweit sich die Amtsrevision auch gegen die Ermittlung des Wertes der "Ersatz-DVDs" in Anwendung des § 184 BAO wendet, ist für das weitere Verfahren auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 184 BAO zu verweisen, wonach die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit beruht, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (vgl. etwa die in Ritz, Kommentar zur BAO5, unter Rz 6 zu § 184 BAO wiedergegebene Rechtsprechung). Sollte sich daher die Ermittlung des gemeinen Werts der "Ersatz-DVDs" als unmöglich erweisen, so begegnet die Schätzung dieser Werte nach § 184 BAO keinen Bedenken. Soweit die Amtsrevision eine Unvollständigkeit der Schätzungsgrundlagen im angefochtenen Erkenntnis rügt, kann das Finanzamt im fortzusetzenden Verfahren - unbeschadet einer Mitwirkungspflicht der Mitbeteiligten (vgl. etwa die in Ritz, aaO, unter Rz 19 zu § 184 BAO wiedergegebene Rechtsprechung) - auch seinerseits zur Erweiterung der Grundlagen der Schätzung beitragen.
20 Weiters wird das Gericht bei der Festsetzung der Glücksspielabgabe für das gesamte Jahr 2012 allfällige weitere in diesem Jahr durchgeführte Gewinnspiele ("Facebook" und "YPD") in die Bemessung miteinzubeziehen (dem Aufhebungsbescheid vom zufolge Abgabenbeträge von EUR 411,70 und EUR 327,68) und auf allfällige Unstimmigkeiten, die die Amtsrevision als Rechen- und Schreibfehler moniert, Bedacht zu nehmen haben.
21 Die Abweisung des Aufwandersatzbegehrens der Mitbeteiligten gründet sich auf § 47 Abs. 3 VwGG, der nur im Fall einer Abweisung der Revision Anspruch auf Aufwandersatz zukäme (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/16/0095).
Wien, am