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VwGH vom 28.09.2016, Ro 2015/16/0036

VwGH vom 28.09.2016, Ro 2015/16/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W208 2017122-1/3E, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren, (mitbeteiligte Partei: Mag. (FH) M L in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom wurde die u.a. eine näher bezeichnete Eigentumswohnung enthaltende Verlassenschaft nach der verstorbenen E.K. deren Schwester E.S. eingeantwortet.

2 Mit Kaufvertrag vom verkaufte E.S. als außerbücherliche Eigentümerin die erwähnte Eigentumswohnung ihrer Schwiegertochter, der Mitbeteiligten.

3 Auf Grund eines ausdrücklich auf die Ermäßigung der Eintragungsgebühr nach § 26a GGG hinweisenden und den Einheitswert anführenden Antrages der Mitbeteiligten wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom das Eigentumsrecht der Mitbeteiligten an näher bezeichneten Anteilen einer näher bezeichneten Liegenschaft, verbunden mit Wohnungseigentum an der genannten Eigentumswohnung, einverleibt.

4 Mit Schriftsatz vom begehrte die Mitbeteiligte die Rückzahlung von zu viel bezahlter Eintragungsgebühr. Ihr sei im Wege einer Lastschriftanzeige die Eintragungsgebühr ohne Ermäßigung nach § 26a GGG vorgeschrieben worden; den geforderten Betrag habe sie einbezahlt. Die Verkäuferin habe von ihrer Schwester geerbt. Hätte die Verkäuferin, die außerbücherliche Eigentümerin, "sich im Grundbuch eintragen lassen", wäre diese Eintragung unter die Bestimmung des § 26a GGG gefallen. Die Mitbeteiligte habe von ihrer Schwiegermutter gekauft und wäre - nach Eintragung deren Eigentumsrechts im Grundbuch - ebenfalls begünstigt gewesen.

5 Mit Bescheid vom wies die Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien den Rückzahlungsantrag ab. Unter Übertragung im Sinn des § 26a Abs. 1 Z 1 GGG sei nur eine solche zu sehen, die unmittelbar vom im Grundbuch eingetragenen Eigentümer der Liegenschaft (vom bücherlichen Eigentümer) auf einen in der genannten Bestimmung angeführten Familienangehörigen erfolge. Die Mitbeteiligte sei die Ehefrau des Neffen der Verstorbenen; die Ehegatten der Geschwister, Nichten und Neffen des bisherigen bücherlichen Eigentümers seien vom Gesetz nicht erfasst.

6 Mit Schriftsatz vom erhob die Mitbeteiligte dagegen eine Beschwerde.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und sprach aus, dass der Mitbeteiligten ein näher genannter Betrag an zu viel bezahlter Eintragungsgebühr zu erstatten sei. Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

8 Unter einer Übertragung im Sinn des § 26a Abs. 1 Z 1 GGG komme nur eine solche in Betracht, die (unmittelbar) von im Grundbuch eingetragenen Eigentümer der Liegenschaft (d.h. vom bücherlichen Eigentümer) erfolge. Dies gelte jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn - wie etwa bei der Einantwortung - bereits außerbücherliches Eigentum vorliege. Da im Revisionsfall die Verkäuferin durch Einantwortung außerbücherliche Eigentümerin gewesen sei, habe sie - entgegen den Ausführungen im bekämpften Bescheid könne von einem "Überspringen" nicht die Rede sein - dieses Eigentum an ihre Schwiegertochter im Sinn des § 26a Abs. 1 Z 1 GGG "übertragen" können. Da Verschwägerte in gerader Linie zum begünstigten Personenkreis des § 26a Abs. 1 Z 1 GGG gehörten und die Mitbeteiligte als Ehefrau des Sohnes der Verkäuferin daher mit der Verkäuferin verschwägert sei, sei eine entgeltliche Übertragung einer Liegenschaft von der (außer)bücherlichen Eigentümerin unmittelbar auf eine in § 26a Abs. 1 Z 1 GGG angeführte Familienangehörige erfolgt. Ein "begünstigter Erwerbsvorgang" nach der zitierten Gesetzesstelle liege somit vor. Deshalb sei bei diesem Erwerbsvorgang der dreifache Einheitswert der Bemessung der Eintragungsgebühr zugrunde zu legen und der darüber hinaus entrichtete Gebührenbetrag antragsgemäß zurückzuerstatten gewesen.

9 Das Bundesverwaltungsgericht legte die dagegen erhobene Revision, die Revisionsbeantwortung der Mitbeteiligten und die Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Gemäß TP 9 lit. b Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) sind in Grundbuchsachen für die Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums Gerichtsgebühren in Höhe von 1,1 vH vom Wert des Rechtes zu entrichten.

11 Gemäß § 26 Abs. 1 GGG ist die Eintragungsgebühr bei der Eintragung des Eigentumsrechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen, der durch den Preis bestimmt wird, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Bei einem Kauf ist gemäß § 26 Abs. 3 leg. cit. - soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben - der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, nämlich der Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

12 § 26a GGG in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung der Grundbuchsgebührennovelle - GGN, BGBl. I Nr. 1/2013, lautet samt Überschrift:

"Begünstigte Erwerbsvorgänge

§ 26a. (1) Abweichend von § 26 ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30 % des Werts des einzutragenden Rechts (§ 26 Abs. 1), heranzuziehen:

1. bei Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers;

2. bei Übertragung einer Liegenschaft aufgrund einer Verschmelzung, ...

(2) Eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage tritt nur ein, wenn sie eingangs der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird. Die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage sind durch Vorlage geeigneter Urkunden, bei Lebensgefährten insbesondere durch Bestätigungen über den Hauptwohnsitz zu bescheinigen.

(3) ..."

13 Mit der Gerichtsgebühren-Novelle 2014 (GGN 2014), BGBl. I Nr. 19/2015, wurden dem § 26a Abs. 1 folgende Sätze angefügt:

"Für die Frage, ob eine begünstigte Übertragung vorliegt, ist auf das Verhältnis zwischen dem eingetragenen Vorberechtigten und jener Person abzustellen, zu deren Gunsten das Recht eingetragen werden soll. Eine begünstigte Übertragung liegt auch dann vor, wenn jeder Erwerb in der Erwerbskette, die zur Eintragung in das Grundbuch führt, zwischen Personen stattfindet, bei denen die Voraussetzungen für eine begünstigte Übertragung vorlägen."

14 Die Materialien zur GGN 2014 (ErläutRV 366 BlgNR, 25. GP, 4) führen dazu an:

"Mit dieser Bestimmung soll der Zweifelsfall geregelt werden, zwischen welchen Personen bei einer Rechtserwerbskette, bei der nur der letzte Erwerber eingetragen wird ("Sprungeintragung"), das Rechtsverhältnis vorliegen muss, das nach Abs. 1 begünstigt ist. Wie schon für die Begünstigung nach der Tarifpost 9 Anmerkung 6 GGG idF vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr. 130/1997 wird auf das Verhältnis des Eintragungswerbers zum eingetragenen

Vorberechtigten abgestellt. ... Zusätzlich wird vorgeschlagen,

auch jenen Fall zu begünstigen, in dem das begünstigte Verhältnis zwischen allen Erwerbern in der Erwerbskette vorliegt. ..."

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0023, zur auch hier maßgeblichen Rechtslage vor der GGN 2014 in einem Revisionsfall, in welchem bei einer Sprungeintragung der erste Erwerbsvorgang (Zuschlag bei einer Zwangsversteigerung) unter keinen der Tatbestände des § 26a Abs. 1 GGG fiel, während der zweite Erwerbsvorgang (eine gesellschaftsrechtliche Einbringung) den Tatbestand des § 26a Abs. 1 Z 2 GGG erfüllte, ausgesprochen, dass § 26a GGG auf die Begünstigung bestimmter Erwerbsvorgänge an Liegenschaften abziele, indem auf die Übertragung der Liegenschaft zwischen bestimmten nahen Angehörigen oder in bestimmten gesellschaftsrechtlichen Konstellationen abgestellt werde. Der Begriff der "Übertragung" im Sinn der begünstigenden Norm des § 26a GGG sei demnach autonom gerichtsgebührenrechtlich auszulegen. Die Einschaltung eines begünstigten Erwerbsvorganges in eine Kette von Übertragungen solle eine Privilegierung auch vorangehender oder nachfolgender Erwerbsvorgänge nicht erzielen können. Das Gesetz fasse offensichtlich nur die Begünstigung einer einzelnen Eintragung auf Grund einer besonderen Übertragungskonstellation ins Auge. Im Falle einer Eintragung auf Grund einer Kette von Erwerbsvorgängen müsse zur Erlangung der Begünstigung nach § 26a GGG durchgängig für jeden Erwerbsvorgang ein Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle erfüllt sein; anderes möge allenfalls nach § 26a GGG idF der GGN 2014 gelten.

16 Damit hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass es nicht - wie das Bundesverwaltungsgericht offenbar annimmt - auf den Erwerbsvorgang zwischen dem Erwerber und dem außerbücherlichen Voreigentümer ankommt, sondern dass im Fall einer Sprungeintragung jeder einzelne Erwerbsvorgang in der Erwerberkette für sich unter einen Tatbestand der Begünstigung nach § 26a GGG fallen muss. Fiel somit in der Erwerbskette auch nur ein Erwerbsvorgang für sich nicht unter diesen Begünstigungstatbestand, so war bei einer Sprungeintragung die Eintragung nicht begünstigt.

17 Durch Einschaltung eines "begünstigten" Erwerbsvorganges bei einer Sprungeintragung sollte somit nicht eine gesamte Erwerberkette begünstigt werden.

18 Wären bei einer Sprungeintragung alle Erwerbe der Erwerberkette für sich begünstigt, soll durch Unterlassen einer Eintragung diese Begünstigung indes nicht dadurch verloren gehen, dass zwischen dem bücherlichen Voreigentümer und dem Letzten in der Kette kein Verhältnis im Sinne des Begünstigungstatbestandes des § 26 Abs. 1 GGG bestünde.

19 Wären daher - wie im Revisionsfall - beide Erwerbe eines Kettenerwerbs nach § 26a Abs. 1 GGG für sich allein begünstigt, während der Erwerb vom bücherlichen Voreigentümer unmittelbar an den Letzten in der Erwerbskette nicht begünstigt wäre, ist die Eintragung des Eigentumsrechts nach der im Revisionsfall maßgeblichen Rechtslage begünstigt.

20 Eine missbräuchliche Umgehung der Bestimmung ist dabei nicht zu befürchten, weil eine solche ja eine Einschaltung eines sonst nicht vorgesehenen Erwerbs erfordert, dessen dafür anfallende Grunderwerbsteuer die Ersparnis an Gerichtsgebühren wieder aufhebt (zB könnte ein nicht begünstigter Verkauf einer Liegenschaft an eine Tante zwar aus der isolierten Sicht der Gerichtsgebühren durch eine Übertragung an einen Elternteil und eine weitere Übertragung an die Schwester dieses Elternteils umgangen werden, doch würde dabei zweimal Grunderwerbsteuer anfallen, was den Gerichtsgebührenvorteil aufheben würde).

21 Mit der GGN 2014 wurde die Begünstigung dieser Konstellation ausdrücklich normiert (§ 26a Abs. 1 letzter Satz GGG).

22 Die Aussage im erwähnten hg. Erkenntnis vom , wonach im Falle einer Eintragung auf Grund einer Kette von Erwerbsvorgängen zur Erlangung der Begünstigung nach § 26a GGG idF der GGN durchgängig für jeden Erwerbsvorgang ein Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle erfüllt sein müsse, anderes allenfalls nach § 26a GGG idF der GGN 2014 gelten möge, betraf demgegenüber jenen Fall, dass zwar nicht jeder einzelne Erwerbsvorgang unter den Tatbestand des § 26a GGG idF vor der GGN 2014 fiel, wohl jedoch das Verhältnis zwischen dem bücherlichen Voreigentümer und demjenigen, dessen Eigentumsrecht nunmehr eingetragen werden soll (z.B. den Fall, dass eine Person durch Erbschaft von einem Elternteil außerbücherlicher Eigentümer einer Liegenschaft wird und diese ihrem Onkel oder ihrer Tante veräußert; diese Veräußerung wäre nicht begünstigt, während der unmittelbare Erwerb zwischen dem Erblasser und seinem Bruder oder seiner Schwester begünstigt wäre). Diese Konstellation wurde erst durch die GGN 2014 (§ 26a Abs. 1 vorletzter Satz GGG) begünstigt.

23 Der Revision ist einzuräumen, dass es entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem außerbücherlichen Voreigentümer und dem Erwerber ankommt. Doch ist auch nicht ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem bücherlichen Voreigentümer und dem Eintragungswerber abzustellen. Es muss, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem erwähnten Erkenntnis vom ausgesprochen und in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0049, wiederholt hat, im Falle einer grundbücherlichen Eintragung auf Grund einer Kette von Erwerbsvorgängen zur Erlangung der Begünstigung nach § 26a GGG idF der GGN durchgängig für jeden Erwerbsvorgang ein Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle erfüllt sein.

24 Daher hat das Bundesverwaltungsgericht die im vorliegenden Revisionsfall zu beurteilende Eintragung im Ergebnis zu Recht als nach § 26a Abs. 1 GGG begünstigt behandelt.

25 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am