VwGH vom 28.03.2008, 2007/12/0207
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, über die Beschwerde des Mag. Dr. MF in E, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Erledigung der Burgenländischen Landesregierung vom , Zl. 1-1- 0075884/59-2007, betreffend Widerruf eines Sonderurlaubes (§ 91 des Bgld Landesbeamten-Dienstrechtsgesetzes) und Zuweisung zur Dienstleistung,
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Soweit sich die Beschwerde gegen den Punkt 2. des ersten Absatzes der angefochtenen Erledigung richtet, wird sie zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Der mit Punkt 1. des ersten Absatzes dieser Erledigung erlassene Bescheid (Widerruf des Sonderurlaubes) wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als wirklicher Hofrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Burgenland.
Mit einem dem Beschwerdeführer am zugestellten Bescheid der belangten Behörde wurde Folgendes verfügt (Anonymisierung auch der folgenden Wiedergaben durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Gem. § 91 des Landesbeamten-Dienstrechtsgesetzes 1997 wird Ihnen ab ein Sonderurlaub auf die Dauer Ihrer Verwendung als Geschäftsführer bei der F GmbH unter Fortzahlung Ihrer Bezüge und sonstiger Nebengebühren gewährt."
Eine Begründung entfiel, da dem Standpunkt des Beschwerdeführers vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei.
Am erging an den Beschwerdeführer die nunmehr angefochtene Erledigung folgenden Wortlauts:
"Sehr geehrter Herr Hofrat!
Die Landesregierung hat am beschlossen,
1. den Ihnen mit Beschluss der Bgld. Landesregierung
vom , Zl. 1-1-0075884/53-2002, gemäß § 91 des Landesbeamten-Dienstrechtsgesetzes 1997 gewährten Sonderurlaub auf Grund zwingender dienstlicher Erfordernisse gemäß § 91 Abs. 3 leg. cit. vorzeitig, mit Ablauf des , zu beenden und
2. Sie mit Wirksamkeit vom der
Landesamtsdirektion dem Generalsekretariat zur Dienstleistung zuzuweisen.
Die Organisationsstruktur der Landesamtsdirektion wurde durch die Schaffung der Referate Interne Revision und Beteiligungsmanagement in dem Landesamtsdirektion-Generalsekretariat geändert.
In dem Referat Beteiligungsmanagement soll die Verwaltung, die Steuerung und das Management der B GmbH und der anderen zahlreichen Beteiligungen des Landes nach vier Kernbereichen Beteiligungspolitik, Beteiligungsverwaltung, Beteiligungscontrolling und Mandatsbetreuung, zentralisiert, werden.
Zwecks Aufbau eines effizienten internen Systems zur Identifikation, Analyse, Bewertung, Steuerung sowie historischen Dokumentation von Unternehmensbeteiligungen des Landes sind hoch qualifizierte Mitarbeiter/innen, dringend erforderlich. Auf Grund Ihrer bisherigen Tätigkeiten und Funktionen - insbesondere in der Funktion des Büroleiters des Landeshauptmann-Stellvertreters - waren Sie in wesentliche Entscheidungen des Landes eingebunden und konnten sich umfangreiche Kenntnisse über die Unternehmen, Eigenbetriebe, Stiftungen und Vereine die im Beteiligungsmanagement verwaltet werden sollen, aneignen. Durch dieses Wissen und auf Grund Ihrer Fähigkeiten sind Sie die Idealbesetzung für die Einführung des Beteiligungsmanagementkonzeptes des Landes.
Weiters erfordern es die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (Art. 126b Abs. 5 BVG), auch zusätzliche Aufgaben möglichst ohne Erhöhung des Personalstandes wahrzunehmen, was auch vom Rechnungshof in seinem letzten Prüfungsbericht verlangt wird.
Ein weiterer Grund, warum Sie für die Einführung eines professionellen Beteiligungsmanagements eingesetzt werden sollen, liegt darin, dass die Fachhochschulstudienlehrgänge, für welche in den Jahren 2002 bzw. 2003 wegen der Umstrukturierung (Umwandlung des Vereines in eine GesmbH, Neubau, Einführung der neuen europäischen Hochschulstudien-Architektur) ein qualifizierter zweiter Geschäftsführer erforderlich war, jetzt auch auf Grund Ihrer ausgezeichneten Mitarbeit nach nunmehr einigen Jahren Betrieb durchaus in der Lage sind mit einem Geschäftsführer das Auslangen zu finden.
Aus den obigen angeführten zwingenden dienstlichen Erfordernissen werden Sie daher ersucht, am Ihren Dienst in der Landesamtsdirektion im Generalsekretariat anzutreten.
Für die Landesregierung:
N eh."
Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erklärt die Erledigung in vollem Umfang anzufechten. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, die angefochtene Erledigung aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 42 des Burgenländischen Landesbeamten-Dienstrechtsgesetzes 1997, LGBl. Nr. 17/1998 - LBDG 1997 -, lautet (Stammfassung):
"Verwendungsänderung
§ 42. (1) Wird der Beamte von seiner bisherigen Verwendung abberufen, so ist ihm gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung, eine neue Verwendung in seiner Dienststelle zuzuweisen. § 128 wird hiedurch nicht berührt.
(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen
Verwendung unter Zuweisung einer neuen Verwendung ist einer
Versetzung gleichzuhalten, wenn
1. durch die neue Verwendung in der Laufbahn des
Beamten eine Verschlechterung zu erwarten ist,
2. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des
Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder
3. die neue Verwendung des Beamten einer langdauernden
und umfangreichen Einarbeitung bedarf.
(3) Einer Versetzung ist ferner die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ohne gleichzeitige Zuweisung einer neuen Verwendung gleichzuhalten.
(4) Abs. 2 gilt nicht für die Zuweisung einer vorübergehenden Verwendung, soweit ihre Dauer drei Monate nicht übersteigt. Abs. 2 gilt ferner nicht für die Beendigung der vorläufigen Ausübung einer höheren Verwendung zur Vertretung eines an der Dienstausübung verhinderten oder zur provisorischen Führung der Funktion an Stelle des aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten."
§ 195 LBDG 1997 (Stammfassung) lautet:
"Begriffsbestimmung
§ 195. Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes sind die Behörden, Ämter und andere Verwaltungsstellen sowie die Anstalten und Betriebe des Landes, die nach ihrem organisatorischen Aufbau eine verwaltungs- oder betriebstechnische Einheit darstellen."
Gemäß § 39 Abs. 5 LBDG 1997 ist die Versetzung mit Bescheid zu verfügen.
§ 91 LBDG 1997 (Stammfassung) lautet:
"Sonderurlaub
§ 91. (1) Dem Beamten kann auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen oder aus einem sonstigen besonderen Anlass ein Sonderurlaub gewährt werden.
(2) Für die Zeit des Sonderurlaubes behält der Beamte den Anspruch auf die vollen Bezüge.
(3) Der Sonderurlaub darf nur gewährt werden, wenn keine zwingenden dienstlichen Erfordernisse entgegenstehen und darf die dem Anlass angemessene Dauer nicht übersteigen."
I. Zum Bescheidcharakter der angefochtenen Erledigung:
Es fällt zunächst auf, dass die angefochtene Erledigung nicht - wie dies gemäß § 1 Abs. 1 DVG in Verbindung mit § 58 Abs. 1 AVG bei Erlassung eines Bescheides geboten wäre - als Bescheid bezeichnet ist.
Freilich kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung ergeben (vgl. hiezu Walter/Thienel, Das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht I2 (1998), E. 38 zu § 58 AVG).
Soweit es den Punkt 1. des ersten Absatzes der angefochtenen Erledigung betrifft, wird hiedurch dem Beschwerdeführer zweifelsfrei ein Beschluss seiner Dienstbehörde zur Kenntnis gebracht, mit welchem normativ, nämlich rechtsgestaltend die vorzeitige Beendigung des ihm bescheidförmig zuerkannten Sonderurlaubes verfügt wurde. Diesem Abspruch kommt daher Bescheidcharakter zu.
Anderes gilt für die "Zuweisung zur Dienstleistung in der Landesamtsdirektion". Unstrittig ist, dass das Amt der Burgenländischen Landesregierung schon vor Gewährung des Sonderurlaubes an den Beschwerdeführer dessen Dienststelle gewesen ist. Der Punkt 2. des ersten Absatzes der angefochtenen Erledigung ist daher nicht auf die Verfügung einer Versetzung gerichtet. Inwieweit darin bloß eine Aufforderung zum Dienstantritt oder aber eine Verwendungsänderung im Sinne des § 42 LBDG 1997 zu erblicken ist, kann für den Bescheidcharakter der Erledigung dahinstehen. Für Personalmaßnahmen nach § 42 LBDG 1997 käme nämlich - abstrakt gesprochen - sowohl bescheidförmiges als auch weisungsförmiges Handeln in Betracht. In diesem Fall ist - unabhängig davon, was im konkreten Fall geboten gewesen wäre - stets die ausdrückliche Bezeichnung dafür maßgeblich, ob eine die Personalmaßnahme verfügende Erledigung nun als Bescheid oder als Weisung zu qualifizieren ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/12/0237). In Ermangelung der Bezeichnung der Erledigung vom als Bescheid ist daher deren Punkt 2. als Weisung zu werten.
Aus dem Vorgesagten folgt, dass die vorliegende Beschwerde, soweit sie sich gegen den Punkt 2. des ersten Absatzes der angefochtenen Erledigung richtet, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen war.
Soweit sich die Beschwerde demgegenüber gegen den Punkt 1. des ersten Absatzes der angefochtenen Erledigung richtet, erweist sie sich als berechtigt:
Zunächst ist festzuhalten, dass das LBDG 1997 keine ausdrückliche Ermächtigung dafür enthält, einen einem Beamten bewilligten Sonderurlaub vorzeitig zu beenden.
Dem angefochtenen Bescheid dürfte die Annahme der belangten Behörde zu Grunde liegen, dass durch das nachträgliche Auftreten dem Sonderurlaub entgegen stehender zwingender dienstlicher Erfordernisse eine Durchbrechung der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides eingetreten ist. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend:
Wird ein Sonderurlaub - wie hier - bis zu einem näher umschriebenen Zeitpunkt (hier: bis zur Beendigung der Verwendung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer bei der im Spruch des Bewilligungsbescheides genannten GmbH) gewährt, so setzt eine diesbezügliche Entscheidung nicht nur die Prüfung der Frage voraus, ob der Gewährung des Sonderurlaubes am Tag ihrer Erlassung zwingende dienstliche Erfordernisse im Verständnis des § 91 Abs. 3 LBDG 1997 entgegen stehen, sondern erfordert - darüber hinaus - eine Prognose, dass derartige Erfordernisse auch für die Dauer des zu bewilligenden Sonderurlaubes nicht eintreten werden. Erweist sich die zuletzt genannte Prognose nach rechtskräftiger Bewilligung des Sonderurlaubes als unzutreffend, so führt dies nicht zu einer Durchbrechung der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides mit der Wirkung, dass der einmal gewährte Sonderurlaub für den Zeitraum ab Eintritt der Erfordernisse gemäß § 91 Abs. 3 LBDG 1997 nunmehr widerrufen werden könnte. Diese Überlegung folgt im Übrigen auch daraus, dass es der Behörde auch von vornherein verwehrt ist, gegen den Willen des Beamten den Sonderurlaub bloß für Teilzeiträume zu gewähren (vgl. für Karenzurlaube nach § 75 Abs. 1 BDG 1979 auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/12/0108).
Aus diesen Erwägungen war Punkt 1. des ersten Absatzes der angefochtenen Erledigung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am