VwGH vom 14.12.2015, Ra 2015/09/0057

VwGH vom 14.12.2015, Ra 2015/09/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentlichen Revisionen der Regionalen Geschäftsstelle Wels des Arbeitsmarktservice gegen die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts jeweils vom ,

1. L509 2017802-1/3E, 2. L512 2017804-1/3E, 3. L512 2100010-1/3E und 4. L516 2017805-1/4E, jeweils betreffend Zurückverweisung in einer Angelegenheit betreffend Untersagung der Entsendung der Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei jeweils: B d.o.o., vertreten durch SWS Scheed Wöss Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Jaxstraße 2-4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Beschlüsse werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Schreiben vom meldete die mitbeteiligte Partei, eine Gesellschaft mit Sitz in Kroatien, gemäß § 7b AVRAG und § 18 Abs. 12 AuslBG die Entsendung von vier kroatischen Arbeitskräften für eine Tätigkeit bei einer GmbH mit Sitz im Bundesgebiet. Mit Bescheiden der Revisionswerberin jeweils vom wurden diese Meldungen als Anträge auf Bestätigung der EU-Entsendung gewertet, diese Anträge abgelehnt und gemäß § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) die Entsendung untersagt. Begründet wurde dies damit, dass der wahre wirtschaftliche Gehalt einer EU-Entsendung nicht gegeben sei.

Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei jeweils Beschwerden, über welche die Revisionswerberin mit Beschwerdevorentscheidung vom absprach, die Beschwerden abwies und die angefochtenen Bescheide bestätigte. Die K-Aktiengesellschaft (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) mit Sitz in W. habe die komplette Montage der Behälterfördertechnik an die T-GmbH vergeben, welche ihrerseits den Auftrag mit einem Rahmenwerkvertrag für die Durchführung von Montageleistungen und einem konkreten Auftrag an die W-Personal- und Montage GmbH weitervergeben habe. Diese habe wiederum den Auftrag weiter an die mitbeteiligte GmbH vergeben.

Am sei von der Finanzpolizei W. in W. eine Kontrolle durchgeführt worden. Dabei seien vier namentlich angeführte kroatische Arbeitskräfte im Lager der K-Aktiengesellschaft bei der Montage der Fördertechnik angetroffen und kontrolliert worden. Als Dienstgeberin sei die Mitbeteiligte genannt worden. Der Logistikleiter der K-Aktiengesellschaft habe angegeben, dass der Auftrag an die T-GmbH vergeben worden sei, der Projektleiter der T-GmbH habe erklärt, dass das Gewerk an die W-Personal- und Montage GmbH vergeben worden sei.

Bei der Kontrolle hätten die vier kroatischen Arbeitskräfte T-Shirts mit der Aufschrift W-Personal- und Montage GmbH getragen. W.P. sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der W-Personal- und Montage GmbH und zugleich einer der drei handelsrechtlichen Geschäftsführer der Mitbeteiligten und habe dazu angegeben, dass es sich um eine Bekleidung der W-Personal- und Montage GmbH handle und dass er die T-Shirts übergeben habe. Einer der kroatischen Arbeitskräfte habe über einen Laptop verfügt, der im Eigentum der W-Personal- und Montage GmbH stehe. Er habe damit Arbeitsaufzeichnungen mit dem Firmengerät der W-Personal- und Montage GmbH durchgeführt.

Die W-Personal- und Montage GmbH habe sich in einem Rahmenvertrag mit der T-GmbH verpflichtet, als Werkunternehmer in eigener Regie und Verantwortung mit eigenem Personal tätig zu werden.

Aus diesen Umständen ergebe sich, dass die vier kroatischen Arbeitskräfte auf der Baustelle als Arbeiter der W-Personal- und Montage GmbH aufgetreten seien, organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert gewesen seien und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstanden seien. Es liege vor dem Hintergrund des § 4 Abs. 2 Z 3 AÜG nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt keine Entsendung sondern eine Arbeitskräfteüberlassung vor.

Mit Antrag vom stellte die mitbeteiligte Partei gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag. Auf Grund dieses Vorlageantrages hat das Bundesverwaltungsgericht mit den angefochtenen Beschlüssen die Bescheide der Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit jeweils zur Erlassung von neuen Bescheiden an die Regionale Geschäftsstelle Wels des Arbeitsmarktservice zurückverwiesen. Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht nach Rechtsausführungen im Wesentlichen wie folgt aus:

"2.9.7. Gemäß § 4 Abs 1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Gemäß § 4 Abs 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber 1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder 2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder 3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder 4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

2.9.8. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt dargelegt, dass für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig ist. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrags sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinn nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegenteiliges ergibt (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 97/09/0150). Bei Erfüllung auch nur eines der in § 4 Abs. 2 Z 1 bis 4 AÜG genannten Tatbestandsmerkmale liegt jedenfalls dem wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werkunternehmer als Überlasser im Sinn des § 3 Abs. 2 AÜG (der insofern die überlassenen Arbeitskräfte mittelbar zur Arbeitsleistung an den Beschäftiger verpflichtet) an den Werkbesteller als Beschäftiger im Sinn des § 3 Abs. 3 AÜG vor. Es kann Arbeitskräfteüberlassung im Sinn von § 4 Abs. 2 AÜG insbesondere auch vorliegen, wenn keine organisatorische Eingliederung der Arbeitskräfte in den Betrieb des Werkbestellers besteht, stellt doch dieses Tatbestandsmerkmal (im Sinn der Z 3 leg. cit.) nur eines von vier möglichen Merkmalen der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom , Zl. 95/09/0218, vom , Zl. 96/09/0131, und vom , Zl. 94/08/0178). Selbst im Fall zivilrechtlich als Werkvertrag einzustufender Vereinbarungen (und einer ihnen entsprechenden Vertragsabwicklung) zwischen Unternehmer und 'Subunternehmer' liegt danach eine Arbeitskräfteüberlassung vor, wenn eine der Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG anwendbar ist. Einer Gesamtbeurteilung des Sachverhalts im Sinn des § 4 Abs. 1 AÜG bedarf es nur dann, wenn durch den Tatbestand keine der vier Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG (in Verbindung mit dem Einleitungssatz dieser Bestimmung) zur Gänze erfüllt ist (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0345, sowie zum Ganzen das Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0042). ()

2.10. Zum gegenständlichen Verfahren

2.10.1. Das AMS führte zur Begründung seiner Entscheidung zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass sich die W GmbH laut ihrem Vertrag mit der T GmbH dazu verpflichtet habe, die Arbeiten ausschließlich mit eigenem Personal durchzuführen und sich in Summe mit den anderen Beweisen (Herr W sei sowohl handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma W GmbH als auch der Beschwerdeführerin; die mitbeteiligten kroatischen Arbeitnehmer hätten T-Shirts mit der Aufschrift 'W GmbH' getragen; der Montageleiter habe einen Laptop der Firma W GmbH verwendet) ergebe, dass die vier mitbeteiligten kroatischen Arbeitnehmer auf der Baustelle als Arbeiter der Firma W GmbH aufgetreten seien und organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert gewesen seien und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstanden seien. § 4 Abs 2 Z 3 AÜG sei somit erfüllt und es liege Arbeitskräfteüberlassung vor.

2.10.2. Im vorliegenden Fall stellen jedoch allein eine in schriftlicher Form getroffenen Vereinbarung zwischen der T GmbH und der W GmbH, die Arbeiten ausschließlich mit eigenem Personal der W GmbH durchzuführen, das Überlassung von vier T-Shirts und eines Laptops sowie der Umstand, dass einer von mehreren handelsrechtlichen Gesellschaftern der Beschwerdeführerin auch einer von mehrere handelsrechtlichen Geschäftsführern der inländischen Auftraggeberin ist, weder für sich noch 'in Summe' einen ausreichenden Nachweis dafür dar, dass die Arbeitnehmer iSd § 4 Abs 2 Z 3 AÜG in den Betrieb der Auftraggeberin eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder sonst nach dem wahren wirtschaftlichen Wert Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Dazu ist zunächst auszuführen, dass allein aufgrund einer Verflechtung von zwei Unternehmen auf Ebene der Geschäftsführung ohne weitere Prüfung nicht zugleich davon ausgegangen werden kann, dass Arbeitnehmer des einen Unternehmens bei der Ausführung von Arbeiten bzw Aufträgen für das andere Unternehmen jedenfalls organisatorisch in dieses eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen, zum anderen, dass es das AMS in seiner Beschwerdevorentscheidung selbst für möglich hält, dass die T GmbH mit der Beauftragung eines Subunternehmers einverstanden gewesen sei (Beschwerdevorentscheidung, Seite 8), und damit das AMS selbst seine eigene Argumentation relativiert und schließlich wurde vom AMS auch weder ermittelt, ob die Überlassung von T-Shirts der Auftraggeberin an die Auftragnehmerin, wie dies von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom begründet wurde, tatsächlich branchenüblich ist, noch wo sich der laut Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom nicht funktionierende Laptop, der von der W GmbH auf kurzem Wege leihweise ersetzt worden sein soll, befindet. Im vorliegenden Fall wurden jedoch darüber hinaus vom AMS einseitig zu Lasten der Beschwerdeführerin zunächst die dem AMS bereits vorgelegenen übrigen Vertragsvereinbarungen, des Weiteren die Angaben von Herrn W vor der Finanzpolizei am , wonach Werkzeug und Firmenfahrzeug von der Beschwerdeführerin stammen würden, kein Mitarbeiter der W GmbH an der Montagestelle im Einsatz sei, die Unterkunft von der Beschwerdeführerin bezahlt werde, der verantwortliche Montageleiter der Beschwerdeführerin zugehörig sei, die Haftung für die Arbeiten von der Beschwerdeführerin getragen werde, der Montageleiter der Firma T GmbH lediglich als Supervisor ohne Weisungsbindung fungiere und die Preisgestaltung bei der Beschwerdeführerin durch Herrn AB und den Befragten erfolge (Niederschrift der Finanzpolizei vom , Seite 3, 4, 5) sowie schließlich die Angaben des Mitbeteiligten und der weiteren kroatischen Arbeitnehmer gegenüber der Finanzpolizei laut Anzeige der Finanzpolizei vom , wonach die befragten Arbeitnehmer Arbeitsanweisungen von einem Herrn AB erhalten würden, welcher laut derselben Anzeige der Beschwerdeführerin und demzufolge weder der T GmbH noch der W GmbH zuzurechnen wäre (Anzeige der Finanzpolizei vom , Seite 2), unberücksichtigt gelassen. Das AMS hat demnach vielmehr den maßgeblichen Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt und insbesondere keine näheren Ermittlungen zu einer etwaigen Eingliederung des Mitbeteiligten und der übrigen betroffenen drei kroatischen Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin in das Unternehmen der W GmbH, etwa aufgrund konkreter arbeitsbezogener Weisungen durch Mitarbeiter der W GmbH oder einer laufenden Kontrolle der Tätigkeit des Mitbeteiligten durch diese sowie Vorgaben bei den Arbeitszeiten und der Anzahl einzusetzender Arbeiter, durchgeführt und auch weder den Mitbeteiligten oder die weiteren kroatischen Arbeitnehmer selbst noch Herrn AB, von dem laut den zuvor zitierten Angaben der kroatischen Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin die Arbeitsanweisungen erteilt worden seien, oder der verantwortliche Supervisor der T GmbH befragt und muss dieses Unterlassen der erforderlichen Ermittlungen des AMS vor dem Hintergrund der getroffenen Ausführungen als besonders gravierende Ermittlungslücke angesehen werden, weshalb nicht von einem geklärten Sachverhalt ausgegangen werden kann. Die diesbezüglichen Ermittlungen und Feststellungen werden daher im fortgesetzten Verfahren vom AMS nachzuholen sein.

2.10.3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das AMS wie oben dargestellte erforderliche Ermittlungstätigkeit zur Klärung des Sachverhaltes unterlassen hat, und somit keine brauchbaren Ermittlungsergebnisse vorliegen, welche das Bundesverwaltungsgericht zu einer meritorischen Entscheidung heranziehen könnte. Es handelt sich dabei schon deshalb um besonders gravierende Ermittlungslücken, da für das Verfahren unerlässliche Ermittlungen vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert wären (vgl. dazu ). Dies käme aber jenem unerwünschten Abbau der Zweiinstanzlichkeit des Verfahrens gleich, indem das Verwaltungsgericht, statt seine Kontrollbefugnis wahrzunehmen, jene Institution darstellt, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. dazu insbesondere RS29; , 2002/20/0315). Aber auch unter Effizienzgesichtspunkten verbietet sich eine Heranziehung des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG, zumal die Verwaltungsbehörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Sinne des Gesetzes zumindest mit der gleichen Raschheit und mit nicht höheren Kosten als das Verwaltungsgericht bewerkstelligen wird können. Im Gegenteil ist angesichts der erforderlichen Beweisaufnahme und der grundsätzlich gegebenen Verhandlungspflicht, sowie dem eingeschränkten bzw. erschwerten Zugang des Bundesverwaltungsgerichts zu den dem AMS für seine Tätigkeit zugänglichen Daten, nicht anzunehmen, dass die zur Erforschung der materiellen Wahrheit ergänzenden Ermittlungen unter Wahrung des Parteiengehörs durch das Bundesverwaltungsgericht selbst mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Wobei es bei der Beurteilung der Kostenersparnis und Raschheit darüber hinaus nicht auf die Auswirkungen auf das Gesamtverfahren, sondern nur auf die Ersparnis an Zeit und Kosten für die jeweilige konkrete Amtshandlung ankommt. Dass die Zurückverweisung den gesamten Verfahrensverlauf verlängert, ist bei der Zeit- und Kostenersparnis nicht in Rechnung zu stellen, weil ansonsten eine kassatorische Entscheidung nie in Frage käme (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG (2007), § 66 Rz 20 mwN).

2.11. Von diesen Überlegungen ausgehend ist daher im gegenständlichen Fall das dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und das Verfahren spruchgemäß an das AMS zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen."

Zur Unzulässigkeit der Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, zumal die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen (gemeint offensichtlich: § 66 Abs. 2 AVG) auf die nunmehr geltende Rechtslage (gemeint offensichtlich: § 28 Abs. 3 VwGVG) unverändert übertragbar sei und auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen sei.

Gegen diese Beschlüsse richten sich die vorliegenden Revisionen mit dem Antrag, jene wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben. Das Bundesverwaltungsgericht legte dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens zur Entscheidung vor. Die mitbeteiligte Partei hat Revisionsbeantwortungen erstattet, in denen sie die Zurückweisung der Revisionen beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Verfahren erwogen:

Gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist eine Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

§ 34 Abs. 1a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10/1985, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 122/2013 lautet:

"(1a) Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen."

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht. Die Revision ist auch berechtigt.

Die Beschwerden der Mitbeteiligten waren zwar gegen die Bescheide der Revisionswerberin vom gerichtet; sie wurden aber nach zulässiger Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen und in dieser die Begründung der Bescheide vom ergänzt. Die Beschwerdevorentscheidung vom ist derart an die Stelle der Bescheide vom getreten und mit diesen zu einer Einheit verschmolzen (vgl. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 14 VwGVG, 2009 BlgNR, 24. GP, 5, und Gruber in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, zu § 14 VwGVG, RZ 13 ff, mwN). Zutreffend hat das Bundesverwaltungsgericht angesichts des Vorlageantrages über die Beschwerden gegen die Bescheide "vom " abgesprochen.

Gegenstand des angefochtenen Beschlusses war ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG.

§ 28 Abs. 1 bis 4 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn


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1.
der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts
durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

Mit der zugrunde liegenden Frage, unter welchen Voraussetzungen das jeweilige Verwaltungsgericht den Bescheid einer Verwaltungsbehörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufheben und die Sache zurückverweisen kann, hat sich der Verwaltungsgerichtshof ausführlich in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0063, auseinandergesetzt. Demnach ist Zielsetzung des § 28 VwGVG, dass angesichts des in dieser Bestimmung insgesamt verankerten Systems die bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis verlangt das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. näher das hg. Erkenntnis Ro 2014/03/0063, sowie weiters etwa die hg. Erkenntnisse vom , Ra 2014/09/0043, und vom , Ra 2014/08/0005).

Angewendet auf den vorliegenden Revisionsfall lagen dem Bundesverwaltungsgericht die Erhebungen im Verwaltungsverfahren vor, insbesondere die Niederschrift der Finanzpolizei W. vom , Anzeige der Finanzpolizei vom , ein undatierter "Rahmenvertrag" zwischen der W-GmbH und der Mitbeteiligten sowie ein undatiertes, von P.M. unterzeichnetes Schreiben "Parteiengehör" der Mitbeteiligten.

Auch wenn einzelne für die Entscheidung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG bedeutende Fragen im vorliegenden Fall durch die Bescheide der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde noch nicht abschließend geklärt und daher auch das Ergebnis der Entscheidungen noch nicht als eindeutig zu erkennen gewesen sein mag, wäre es ausgehend von den Feststellungen der Bescheide, den den Bescheiden zugrunde liegenden Verwaltungsakten und dem Vorbringen in den Beschwerden dem Bundesverwaltungsgericht doch möglich gewesen und das Bundesverwaltungsgericht wäre daher gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG verpflichtet gewesen, nach Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG die Verfahrensergebnisse zu ergänzen und in der Sache selbst zu entscheiden.

Krasse oder besonders gravierende Ermittlungslücken sind nicht zu erkennen und werden vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht aufgezeigt. In Anbetracht dessen, dass die Verwaltungsgerichte in ihrer Konzeption nun die erste gerichtliche Tatsacheninstanz sind, haben sie auf Basis von vorhandenen Ermittlungsergebnissen und allfälligen Ergänzungen in der Sache selbst zu entscheiden. Ein Fall wie etwa der dem hg. Beschluss vom , Ra 2015/09/0088, zu Grunde liegender, in welchem die Behörde ohne weitere Feststellungen einen Antrag bloß "wegen Nichtvorliegens der entsprechenden Voraussetzungen abgewiesen" hat, liegt hier nicht vor.

Jene vom Verwaltungsgericht genannten Umstände, welche von der Revisionswerberin unberücksichtigt worden seien, sind aktenkundig. Sie wären gegebenenfalls vom Verwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens, nämlich der Revisionswerberin und der Mitbeteiligten mit Blick auf ihre rechtliche Würdigung vorzuhalten und sodann eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen gewesen.

Nach dem Gesagten erweisen sich die angefochtenen Beschlüsse als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am