VwGH vom 30.05.2017, Ro 2015/16/0012

VwGH vom 30.05.2017, Ro 2015/16/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des Dr. O P in W, vertreten durch Dr. Max Pichler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7103738/2014, betreffend Pfändung nach der AbgEO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Wien 1/23), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom sprach das Finanzamt Wien 1/23 aus, dass wegen einer ziffernmäßig näher bezeichneten Abgabenschuld die dem Revisionswerber gegen eine Körperschaft öffentlichen Rechts zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis oder sonstigen Bezüge im Sinne des § 290a EO gemäß § 65 AbgEO gepfändet würden, und wies darauf hin, dass sich die unpfändbaren Beträge, die dem Abgabenschuldner zu verbleiben haben, aus den von der "Internet-Webseite www.justiz.gv.at/service" abrufbaren Tabellen ergäben. Mit weiteren Bescheiden vom selben Tag wurden die gepfändeten Forderungen in Höhe der genannten Abgabenschuld gemäß § 71 AbgEO dem Bund zur Einziehung überwiesen und dem Revisionswerber gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie die Einziehung derselben untersagt.

2 Mit der gegen den Pfändungsbescheid gerichteten Beschwerde beantragte der Revisionswerber denselben aufzuheben, weil ihm nach Abzug von Lohnsteuer, Krankenversicherung und Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehefrau weniger bleibe als der Ausgleichszulagenrichtsatz.

3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

4 Dagegen erhob der Revisionswerber einen Vorlageantrag. Er brachte unter anderem vor, dass die Wahrung des Existenzminimums der uneingeschränkten Kognitionsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes nach §§ 278 und 279 BAO unterliege, wie dies im gerichtlichen Exekutionsverfahren der Kompetenz des "Außerstreitgerichts" nach dem § 292k EO entspreche.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe rechtlicher Bestimmungen führte das Bundesfinanzgericht aus, der Revisionswerber könne den Drittschuldner mit dem Einwand, dass dieser das Existenzminimum gemäß § 291a EO falsch berechnet und daher zu viel an den Abgabengläubiger überwiesen habe, im streitigen Rechtsweg in Anspruch nehmen. Eine dahingehende Berechnung durch die Abgabenbehörde sei nicht vorgesehen. Nicht einmal bei Zusammenrechnung von mehreren beschränkt pfändbaren Geldforderungen sei nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes aus § 292 Abs. 3 EO eine Verpflichtung des Exekutionsgerichtes ableitbar, den von einem Drittschuldner in Abzug zu bringenden Betrag zu berechnen, sondern lediglich den Drittschuldner zu bezeichnen, der den unpfändbaren Geldbetrag zu gewähren habe.

6 Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ersichtlich zur Frage, ob eine Berechnung des dem Verpflichtenden zustehenden Existenzminimums nach § 291a EO durch die Abgabenbehörden zu erfolgen habe - fehle.

7 Das Bundesfinanzgericht legte die dagegen erhobene Revision, eine Revisionsbeantwortung des Finanzamtes, mit welcher dieses die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt, und die Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

8 Der Revisionswerber erachtet sich in seinem Recht auf Wahrung der gesetzlichen Pfändungsbeschränkungen verletzt.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 §§ 53 (idF BGBl. I Nr. 161/2005), 64 Abs. 1 und 65 Abs. 1 (jeweils idF BGBl. Nr. 457/1992), 68 Abs. 3 (idF BGBl. I Nr. 161/2005), 71 Abs. 1 Satz 1 und 73 Abs. 1 AbgEO (jeweils in der Stammfassung BGBl. Nr. 104/1949) lauten samt Überschrift:

"III. Abschnitt.

Vollstreckung auf grundbücherlich nicht sichergestellte

Geldforderungen.

Arbeitseinkommen.

§ 53. Im abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahren sind die Bestimmungen der §§ 290 bis einschließlich 291a, der §§ 291d, 291e, 292, 292d, 292e, 292f, 292g, 292h Abs. 1, 292j und 299a der EO sinngemäß anzuwenden.

...

Zwingendes Recht.

§ 64. (1) Die Anwendung der Pfändungsbeschränkungen kann durch ein zwischen dem Abgabenschuldner und der Republik Österreich getroffenes Übereinkommen weder ausgeschlossen noch beschränkt werden.

...

Pfändung.

§ 65. (1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

...

§ 68. (1) ...

...

(3) Ein Pfandrecht wird auch dann begründet, wenn eine Gehaltsforderung oder eine andere in fortlaufenden Bezügen bestehende Forderung zwar nicht im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsverbots, aber später den unpfändbaren Betrag übersteigt.

...

Überweisung.

§ 71. (1) Die gepfändete Geldforderung ist der Republik Österreich nach Maßgabe des für sie begründeten Pfandrechtes unter Bedachtnahme auf § 73 zur Einziehung zu überweisen. ...

...

§ 73. (1) Die Überweisung zur Einziehung ermächtigt die Republik Österreich, namens des Abgabenschuldners vom Drittschuldner die Entrichtung des im Überweisungsbescheid bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung und des Eintrittes ihrer Fälligkeit zu begehren, den Eintritt der Fälligkeit durch Einmahnung oder Kündigung herbeizuführen, alle zur Erhaltung und Ausübung des Forderungsrechtes notwendigen Präsentationen, Protesterhebungen, Notifikationen und sonstigen Handlungen vorzunehmen, Zahlung zur Befriedigung des Abgabenanspruches und in Anrechnung auf denselben in Empfang zu nehmen, die nicht rechtzeitig und ordnungsmäßig bezahlte Forderung gegen den Drittschuldner in Vertretung des Abgabenschuldners einzuklagen und das für die überwiesene Forderung begründete Pfandrecht geltend zu machen. Der Überweisungsbescheid ermächtigt jedoch die Republik Österreich nicht, auf Rechnung des Abgabenschuldners über die zur Einziehung überwiesene Forderung Vergleiche zu schließen, dem Drittschuldner seine Schuld zu erlassen oder die Entscheidung über den Rechtsbestand der Forderung Schiedsrichtern zu übertragen."

11 §§ 291 Abs. 1 und 291a Abs. 1 bis 3 (jeweils idF BGBl. I Nr. 31/2003), 292 Abs. 1 bis 3 und 292k Abs. 1 EO (jeweils idF BGBl. Nr. 628/1991) lauten samt Überschrift:

Ermittlung der Berechnungsgrundlage

§ 291. (1) Bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a) sind vom Gesamtbezug abzuziehen:

1. Beträge, die unmittelbar auf Grund steuer- oder

sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher

Verpflichtungen des Verpflichteten abzuführen sind;

1a. Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz;

2. die der Pfändung entzogenen Forderungen und

Forderungsteile;

3. Beiträge, die der Verpflichtete an seine betrieblichen

und überbetrieblichen Interessenvertretungen zu entrichten hat und

auch entrichtet;

4. Beiträge, die der Verpflichtete zu einer Versicherung,

deren Leistungen nach Art und Umfang jenen der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen, für sich oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen leistet, sofern kein Schutz aus der gesetzlichen Pflichtversicherung besteht.

...

Unpfändbarer Freibetrag

("Existenzminimum")

§ 291a. (1) Beschränkt pfändbare Forderungen, bei denen der sich nach § 291 ergebende Betrag (Berechnungsgrundlage) bei monatlicher Leistung den Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) nicht übersteigt, haben dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben (allgemeiner Grundbetrag).

(2) Der Betrag nach Abs. 1 erhöht sich

1. um ein Sechstel, wenn der Verpflichtete keine Leistungen

nach § 290b erhält (erhöhter allgemeiner Grundbetrag),

2. um 20% für jede Person, der der Verpflichtete

gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag); höchstens

jedoch für fünf Personen.

(3) Übersteigt die Berechnungsgrundlage den sich aus Abs. 1

und 2 ergebenden Betrag, so verbleiben dem Verpflichteten neben

diesem Betrag

1. 30% des Mehrbetrags (allgemeiner Steigerungsbetrag) und

2. 10% des Mehrbetrags für jede Person, der der

Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt; höchstens jedoch für fünf Personen (Unterhaltssteigerungsbetrag).

Der Teil der Berechnungsgrundlage, der das Vierfache des Ausgleichszulagenrichtsatzes (Höchstberechnungsgrundlage) übersteigt, ist jedenfalls zur Gänze pfändbar.

...

Zusammenrechnung - Sachleistungen

§ 292. (1) Hat der Verpflichtete gegen einen Drittschuldner mehrere beschränkt pfändbare Geldforderungen oder beschränkt pfändbare Geldforderungen und Ansprüche auf Sachleistungen, so hat sie der Drittschuldner zusammenzurechnen.

(2) Hat der Verpflichtete gegen verschiedene Drittschuldner beschränkt pfändbare Geldforderungen oder beschränkt pfändbare Geldforderungen und Ansprüche auf Sachleistungen, so hat das Gericht auf Antrag die Zusammenrechnung anzuordnen.

(3) Bei der Zusammenrechnung mehrerer beschränkt pfändbarer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner sind die unpfändbaren Grundbeträge in erster Linie für die Forderung zu gewähren, die die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Verpflichteten bildet. Das Gericht hat den Drittschuldner zu bezeichnen, der die unpfändbaren Grundbeträge zu gewähren hat.

...

Entscheidung des Exekutionsgerichts - Antragsberechtigung

§ 292k. (1) Das Exekutionsgericht hat auf Antrag - in den

Fällen der Z 1 und 2 nach freier Überzeugung im Sinn des

§ 273 ZPO - zu entscheiden,

1. ob bei der Berechnung des unpfändbaren Freibetrags

Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind oder

2. ob und inwieweit ein Bezug oder Bezugsteil pfändbar ist,

insbesondere auch, ob die Entschädigungen nach § 290 Abs. 1 Z 1

dem tatsächlich erwachsenden Mehraufwand entsprechen, oder

3. ob an der Gehaltsforderung oder einer anderen in

fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung, deren Pfändung durch das Gericht bewilligt wurde, tatsächlich ein Pfandrecht begründet wurde.

..."

12 Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur oben in Rz 6 aufgezeigten Frage liegt nicht vor.

13 Der Bescheid, mit dem eine Geldforderung des Revisionswerbers gegen einen Drittschuldner gepfändet wurde, bezeichnet diese ausdrücklich als beschränkt pfändbare Forderung im Sinne des § 290a EO und lässt - mit noch hinreichender Deutlichkeit - erkennen, dass die unpfändbaren Beträge, wie sie sich aus dem vom Bundesministerium für Justiz veröffentlichten Tabellen ergeben, davon nicht erfasst sind.

14 Nach dem Revisionsvorbringen seien Pfändungsbeschränkungen - ausdrücklich genannt wurden die der Errechnung des Existenzminimums dienenden §§ 290a, 290b und 291a EO, welche gemäß § 53 AbgEO im Abgabenexekutionsverfahren anzuwenden sind - zwingendes Recht und von Amts wegen zu beachten. Mit seiner Beschwerde beantragte der Revisionswerber die Aufhebung des auf § 65 AbgEO gestützten Pfändungsbescheides, weil ihm nach den gemäß § 291 Abs. 1 EO vorgesehenen Abzügen weniger als der Ausgleichszulagenrichtsatz verbleibe.

15 Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, dass gemäß § 64 Abs. 1 AbgEO die Anwendung der Pfändungsbeschränkungen durch Übereinkommen zwischen dem Abgabenschuldner und dem Bund weder ausgeschlossen noch beschränkt werden können und somit - wie sich aus der Überschrift dieser Bestimmung ergibt - zwingendes Recht sind. Davon erfasst sind also Vereinbarungen und rechtsgeschäftliche Verfügungen (vgl. Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, Rz 1 zu § 64). Zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 293 EO (vgl. dazu abermals Liebeg aaO) wird in der Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass sie grundsätzlich auch von Amts wegen zu beachten sei (vgl. Feil/Marent, Exekutionsordnung (2008) Rz 1 zu § 293, mwN). Oberhammer (Kommentar zur Exekutionsordnung3, Rz 1 zu § 293) nimmt davon nur auf Antrag anzuwendende Bestimmungen wie §§ 291e oder 292a EO aus.

16 Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO mittels Pfändung und gemäß § 71 Abs. 1 AbgEO mittels Überweisung derselben. Im Pfändungsbescheid sind nach dieser Bestimmung die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze anzugeben. Nicht erwähnt ist in diesem Zusammenhang der unpfändbare Freibetrag, der dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben hat. Das ist bereits aus der Überlegung naheliegend, dass auf Grund der zuletzt genannten Bestimmung dem Verpflichteten gemeinsam mit dem Verfügungsverbot über die gepfändete Forderung aufzutragen ist, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben. Diese zum Zeitpunkt der Pfändung in der Regel noch ausständigen Informationen sind allerdings essentiell für die Ermittlung des Existenzminimums (vgl. etwa § 291a Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 Z 2 EO), weshalb das Existenzminimum im Pfändungsbescheid schon aus diesem Grund oft gar nicht angegeben werden kann.

17 In der gerichtlichen Lohnpfändung ist es Sache des Drittschuldners, die Höhe der unpfändbaren und pfändbaren Bezugsteile zu berechnen (Heller/Berger/Stix, Die Lohnpfändung nach dem Lohnpfändungsgesetz 1955, Seite 82 noch zum Lohnpfändungsgesetz; Feil/Marent aaO Rz 41 zu § 290a sowie Oberhammer aaO Rz 1 zu § 292j EO, jeweils zur aktuellen Rechtslage). Damit ist aber der Verpflichtete einer unrichtigen Berechnung der unpfändbaren Bezugsteile durch den Drittschuldner nicht schutzlos ausgeliefert, steht ihm doch für diesen Forderungsteil die Klagslegitimation gegen den Drittschuldner zu (vgl. Heller/Berger/Stix aaO Seite 83, Fritscher,

Die Gehaltsexekution in der Praxis, F31 und Oberhammer aaO Rz 10 zu § 308).

18 Dass die gepfändete Forderung das Existenzminimum nicht erreicht, ist bei deren Pfändung insofern kein Hindernis als gemäß § 68 Abs. 3 AbgEO ein Pfandrecht auch dann begründet wird, wenn eine Gehaltsforderung oder eine andere in fortlaufenden Bezügen bestehende Forderung zwar nicht im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsverbotes, aber später den unpfändbaren Betrag übersteigt. Auch dieser Umstand macht eine Berechnung des unpfändbaren Freibetrages durch die Abgabenbehörde oder das Gericht im Zuge der Pfändung nicht erforderlich.

19 Es ist daher den Abgabenbehörden und dem Bundesfinanzgericht zuzustimmen, wenn sie bei der Pfändung nicht darauf Bedacht nahmen, ob nach Ermittlung der Berechnungsgrundlage (§ 291 EO) dem Verpflichteten noch der unpfändbare Freibetrag (§ 291a EO) verbleibt.

20 Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass für den Bereich der gerichtlichen Gehaltsexekution unter anderem die Parteien bestimmte wichtige Fragen vom Exekutionsgericht gemäß § 292k EO klären lassen können. Darunter fallen etwa Unklarheiten, ob bei der Berechnung des unpfändbaren Freibetrages Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind, ob und inwieweit ein Bezug oder Bezugsteil pfändbar ist oder ob an der gepfändeten Gehaltsforderung tatsächlich ein Pfandrecht begründet wurde (vgl. Mohr, RdW 1991, 209; Feil/Marent aaO Rz 1 zu § 292k; Oberhammer aaO Rz 1 ff zu § 292k und Rz 27 zu § 308a EO). Diese Bestimmung ist allerdings nicht in § 53 AbgEO als sinngemäß anzuwendende Regelung der EO bei der Vollstreckung von Arbeitseinkommen im Abgabenexekutionsverfahren genannt und somit hier schon deshalb nicht anwendbar (vgl. ebenfalls in diesem Sinn Liebeg aaO Rz 61 zu § 53 und Fritscher, aaO G10).

21 Nicht ersichtlich ist, weshalb nach § 73 Abs. 1 AbgEO über "tatsächlich überweisbare Beträge" abgesprochen werden soll, wie die Revision argumentiert. Die genannte Bestimmung ermächtigt den Bund namens des Abgabenschuldners, vom Drittschuldner die Entrichtung des im Überweisungsbescheid bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung und des Eintrittes ihrer Fälligkeit zu begehren und weitere dort aufgezählte Handlungen vorzunehmen. Eine Entscheidung der Abgabenbehörde im Zusammenhang mit der "Überweisung" findet indes nach § 71 Abs. 1 AbgEO statt, wonach die gepfändete Geldforderung dem Bund nach Maßgabe des für sie begründeten Pfandrechtes zur Einziehung zu überweisen ist. Der im Überweisungsbescheid bezeichnete Betrag ist sohin die gepfändete Geldforderung, die gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO von der Höhe der Abgabenschuld abhängt, und keine Berechnung des pfändbaren Teils der Gehaltsforderung, der monatlich vom Drittschuldner dem Bund zu überweisen ist, darstellt.

22 Der rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es über eine Beschwerde gegen einen Pfändungsbescheid in einer Abgabenexekutionssache betreffend Vollstreckung auf Arbeitseinkommen erkennt, dass eine Berechnung des Existenzminimums gemäß § 291a EO durch die Abgabenbehörde nicht vorgesehen ist.

23 Damit waren auch Ermittlungen und Feststellungen zu den Pfändbarkeitsgrenzen entbehrlich, sodass auch der Mängelrüge nicht zu folgen war.

24 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

25 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Schlagworte:
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

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