VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/09/0044

VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/09/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die Revision des Dr. AP in K, vertreten durch Lanker Obergantschnig Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Waagplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , Zl. KLVwG- 2704/4/2014, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem Ärztegesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten; weitere Partei:

Bundesministerin für Gesundheit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der im Jahr 1962 geborene Revisionswerber ist als Arzt für Allgemeinmedizin in die Ärzteliste eingetragen und gehört als ordentlicher Kammerangehöriger der Ärztekammer für Kärnten an. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten, vom wurde der Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt für schuldig erkannt:

"Er hat am in K beim Bezirksgericht G die Einleitung der Sachwalterschaft für seinen ehemaligen Schwiegervater, KM, angeregt, obwohl er zu ihm seit sechs Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr hatte und sich bei KM keinerlei Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung oder geistige Behinderung zeigte.

Der Disziplinarbeschuldigte hat dadurch das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch sein Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten und Kollegen gegenüber beeinträchtigt und hierdurch das Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 1) Z. 1 ÄrzteG begangen.

Er wird hierfür gemäß § 139 Abs. 1) Z. 2 ÄrzteG mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,00 (in Worten: fünfhundert) bestraft.

Gemäß § 163 Abs. 1) ÄrzteG hat der Disziplinarbeschuldigte auch die Kosten des Verfahrens in der Höhe von EUR 875,59 zu tragen. Die Disziplinarstrafe und die Verfahrenskosten sind binnen 14 Tagen nach Rechtskraft dieses Erkenntnisses auf das Konto der Österreichischen Ärztekammer einzuzahlen."

(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)

Dagegen erhob der Revisionswerber eine als Berufung bezeichnete Beschwerde, welche mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vom gemäß § 28 VwGVG als unbegründet abgewiesen wurde.

Zum Sachverhalt und zur Beweiswürdigung führte das Landesverwaltungsgericht wie folgt aus:

"Im Jahr 2012 beantragte KM, der ehemalige Schwiegervater des Beschwerdeführers, die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft, die im Eigentum der Tochter des KM und ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers gestanden ist, wegen einer aushaftenden Schuld in der Höhe von 11.000,-- Euro. Herr KM war im Zwangsversteigerungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten und wurde von diesem beraten.

Der Beschwerdeführer hat im Zwangsversteigerungsverfahren die Liegenschaft im Juli 2013 selbst ersteigert.

Der Beschwerdeführer hat beim Bezirksgericht G mit Schreiben vom aufgrund der Einleitung der Zwangsversteigerung der Liegenschaft der ehemaligen Frau des Beschwerdeführers durch den ehemaligen Schwiegervater des Beschwerdeführers, die Bestellung eines Sachwalters für KM angeregt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seit ca 6 Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem ehemaligen Schwiegervater gehabt. Der Beschwerdeführer führte im Schreiben vom wahrheitswidrig aus, dass auch die Kinder und Schwiegerkinder seines ehemaligen Schwiegervaters den Verdacht geäußert haben, dass dieser nicht mehr voll zurechnungsfähig sei. Im Briefkopf des Schreibens vom gab der Beschwerdeführer zu erkennen, dass es sich bei seiner Person um einen Arzt für Allgemeinmedizin und einen allgemein beeideten gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Allgemeinmedizin handle. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes G vom wurde das Verfahren, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters für KM geprüft wurde, eingestellt, da keinerlei Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung oder geistige Behinderung bei KM bestanden. Festgehalten wurde, dass die Anregung möglicherweise mehr aus persönlichen Interessen des Anregers und weniger aus Sorge um den Betroffenen erfolgt ist.

Die Anregung der Sachwalterschaft für den ehemaligen Schwiegervater des Beschwerdeführers erfolgte daher, obwohl der Beschwerdeführer zu diesem seit 6 Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr hatte und sich bei seinem ehemaligen Schwiegervater keinerlei Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung und geistige Behinderung zeigten. Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft beeinträchtigt. Er hat mit seiner wahrheitswidrigen Anregung die Einleitung eines Gerichtsverfahrens ausgelöst und damit bewirkt, dass ein Verfahren von Amts wegen durchgeführt werden musste. Der Beschwerdeführer hat dadurch das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch sein Verhalten der Gemeinschaft gegenüber beeinträchtigt.

Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt des vorliegenden Disziplinaraktes und das durchgeführte Beweisverfahren, hiebei insbesondere auf das Schreiben des Beschwerdeführers an das Bezirksgericht G vom auf Anregung einer Sachwalterschaft, weiters auf den Clearingbericht des Vertretungsnetzes Sachwalterschaft vom sowie den Beschluss auf Einstellung des Verfahrens des Bezirksgerichtes G vom , Zahl: 2 P 18/13 g-8.

Aus dem Clearingbericht vom und dem Beschluss des Bezirksgerichtes G vom auf Einstellung des Verfahrens ergibt sich, dass bei Herrn KM kein Anhaltspunkt für eine psychische Erkrankung oder geistige Behinderung zum Zeitpunkt der Anregung der Sachwalterschaft durch den Beschwerdeführer bei Herrn KM vorgelegen hat. Dem Clearingbericht sowie dem Beschluss des Bezirksgerichtes G vom ist zu entnehmen, dass die Anregung des Beschwerdeführers auf Bestellung eines Sachwalters für KM mehr aus persönlichen Interessen des Anregers und weniger aus Sorge um Herrn KM erfolgte.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zu seinem Exschwiegervater seit 6 Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr hatte, ergibt sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und dessen ehemaligen Schwiegervaters KM.

In seiner Stellungnahme vom führte der Beschwerdeführer aus, dass die Anregung einer Sachwalterschaft aus berechtigtem Grund wegen des Verdachtes des Vorliegens einer schizophrenen Störung und/oder senilen Demenz seines 88-jährigen Exschwiegervaters KM erfolgt sei. Diesem Vorbringen wird nicht gefolgt, da der ehemalige Schwiegervater des Beschwerdeführers im Zwangsversteigerungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Es handelt sich daher um eine reine Schutzbehauptung."

Zur Begründung führte das Landesverwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, dass nach § 117 Abs. 1 Außerstreitgesetz das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für eine Person, die infolge einer psychischen Krankheit oder einer geistigen Behinderung eines gesetzlichen Vertreters bedürfe, einzuleiten sei, wenn sie selbst die Bestellung eines Sachwalters beantrage oder, etwa auf Grund einer Mitteilung über die Schutzbedürftigkeit einer solchen Person, begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Bestellung vorlägen. Diese Mitteilung über die Schutzbedürftigkeit stelle somit ein "Anregungsrecht" dar, damit das Gericht von Amts wegen die Einleitung eines Verfahrens zur Bestellung eines Sachwalters prüfen könne. Im Gesetz bestehe keine Einschränkung, wer eine solche Anregung machen dürfe. Es könnten dies daher Privatpersonen sein, aber auch Behörden oder Einrichtungen. Das mit der Anregung ein Sachwalterschaftsverfahren einzuleiten befasste Gericht habe im Einzelfall, allenfalls unter Beziehung eines Sachverständigen, zu prüfen, ob der Hinweis konkrete und begründete Anhaltspunkte enthalte und habe die Anregungen im Rahmen eines amtswegigen Verfahrens sachgerecht zu berücksichtigen. Die Mitteilung der Schutzbedürftigkeit und die Anregung, ein Sachwalterbestellungsverfahren einzuleiten, beinhalte die Einschätzung, dass eine Person psychisch krank oder geistig behindert sei und ihre Angelegenheiten zumindest teilweise nicht mehr selbst besorgen könne. Bei der Prüfung der Anregung durch das Gericht sei auch zu beachten, von wem der Hinweis komme (Hinweis auf Zankl/Mondel in Rechberger (Hrsg), Kommentar zum Außerstreitgesetz2,§ 117 Rz 5). Eine solche Einschätzung könne der Arzt auf Grund seiner Ausbildung und seines Wissens anders vornehmen, als ein Nachbar oder auch manches Familienmitglied. Das Sachwalterbestellungsverfahren sei der Rechtspflege zuzuordnen. Es sei ein Fürsorgeverfahren zur Wahrung wesentlicher Interessen schutzbedürftiger Personen. Nach der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung dürfe das Verfahren zur Prüfung, ob für eine Person ein Sachwalter zu bestellen sei, nur eingeleitet werden, wenn begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung zur Wahrung der Belange des Betroffenen vorlägen. Die Behauptung der Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung sei für die Einleitung des Verfahrens nicht hinreichend. Die Anhaltspunkte müssten konkret und begründet sein. Sie hätten sich sowohl auf die psychische Krankheit oder geistige Behinderung als auch auf die Notwendigkeit der Sachwalterbestellung zum Schutz der betreffenden Person zu beziehen. Fehlten solche Anhaltspunkte, so dürfe das Verfahren nicht eingeleitet werden (Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , Zl. 7Ob166/11d).

Im gegenständlichen Fall habe der Revisionswerber die Anregung zur Einleitung des Verfahrens zur Prüfung, ob für seinen ehemaligen Schwiegervater, KM, ein Sachwalter zu bestellen sei, mit Schreiben an das Bezirksgericht G vom vorgenommen. Mit der Verwendung des Briefkopfes "Dr. med. Univ. A.P., Arzt für Allgemeinmedizin, allgemein beeideter gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Allgemeinmedizin" habe der Revisionswerber dem Bezirksgericht gegenüber dargetan, dass es sich bei seiner Meinung neben der Meinung als Privatmann auch um die Meinung des universitär ausgebildeten Arztes handle. Selbst wenn es sich daher um ein privates Schreiben an eine offizielle Stelle, nämlich das Bezirksgericht G, handle, so werde in diesem Schreiben zum Ausdruck gebracht, dass der Private, Dr. A.P., Arzt und gerichtlich beeideter Sachverständiger für Allgemeinmedizin sei.

Das Sachwalterbestellungsverfahren selbst möge zwar nicht öffentlich sein, jedoch müsse es einem derart der Überprüfung Unterzogenen erlaubt sein, sich gegen den impliziten Vorwurf einer psychischen Erkrankung oder geistigen Behinderung entsprechend wehren zu können und sich diesbezüglich einem weiteren Personenkreis zu öffnen.

Gemäß § 136 Abs. 7 ÄrzteG 1998 genüge für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässig handle, wer die Sorgfalt außer Acht lasse, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt sei und die ihm zuzumuten sei, und deshalb nicht erkenne, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche (§ 6 StGB).

Der Revisionswerber habe bei der Anregung auf Einleitung eines Sachwalterbestellungsverfahrens die Sorgfalt außer Acht gelassen, zu der er nach den Umständen, nämlich als Arzt, verpflichtet gewesen und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt sei und die ihm auch zuzumuten gewesen sei. Er habe die Bestellung eines Sachwalters für seinen ehemaligen Schwiegervater angeregt, obwohl er zu diesem seit sechs Jahren keinen persönlichen Kontakt gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch, dass er wider besseres Wissen die Sachwalterschaft für seinen ehemaligen Schwiegervater angeregt habe, dem Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch sein Verhalten der Gemeinschaft gegenüber Schaden zugefügt und sei ihm dieses auch subjektiv vorwerfbar. Er habe zumindest in der Schuldform der Fahrlässigkeit gehandelt.

Weder sei gegenständlich das Verschulden des Revisionswerbers gering noch habe sein Verhalten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen, da ein Verfahren beim Bezirksgericht G eingeleitet worden sei, das zu bearbeiten gewesen sei und in dessen Zuge auch eine Stellungnahme der Clearingstelle sowie Stellungnahmen von Familienangehörigen bzw. dem Rechtsanwalt des ehemaligen Schwiegervaters des Revisionswerbers eingeholt worden seien. Überdies habe sich der ehemalige Schwiegervater des Revisionswerber einer diesbezüglichen Befragung durch die Clearingstelle unterziehen müssen.

Der Revisionswerber habe das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch sein Verhalten der Gemeinschaft gegenüber beeinträchtigt, nämlich dadurch, dass er am beim Bezirksgericht G die Einleitung der Sachwalterschaft für seinen ehemaligen Schwiegervater KM angeregt habe, obwohl er zu seinem ehemaligen Schwiegervater seit sechs Jahren keinen Kontakt gehabt habe und kein Anhaltspunkt für eine psychische Krankheit oder geistige Behinderung bei diesem vorgelegen sei. Er habe mit seiner wahrheitswidrigen Anregung die Einleitung eines Gerichtsverfahrens ausgelöst und damit bewirkt, dass ein Verfahren von Amts wegen durchgeführt worden sei, und dadurch den Tatbestand des § 136 Abs. 1 Z. 1 Ärztegesetz 1998 in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht. Da das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch das Verhalten des Revisionswerbers der Gemeinschaft gegenüber zweifellos beeinträchtigt worden sei, liege das Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 vor.

Das Verwaltungsgericht begründete noch seine Strafbemessung und sprach aus, dass die Revision gegen sein Erkenntnis unzulässig sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die Bundesministerin für Gesundheit sowie die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstatteten Revisionsbeantwortungen. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten legte die Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat die Revision gegen sein Erkenntnis im vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für nicht zulässig erklärt. Der Verwaltungsgerichtshof ist an diesen Ausspruch und dessen Begründung zwar nicht gebunden (vgl. § 34 Abs. 1a VwGG), er erachtet aber die Zulässigkeit der Revision insbesondere angesichts des Umstandes als gegeben, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu im vorliegenden Fall aufgeworfenen Rechtsfragen noch nicht ergangen ist und die Revision davon abhängt.

Die §§ 2 und 136 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169 idF

BGBl. I Nr. 156/2005, lauten auszugsweise:

"Der Beruf des Arztes

§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere

1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder

Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;

2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;


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3.
die Behandlung solcher Zustände (Z 1);

4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich

der Entnahme oder Infusion von Blut;

5. die Vorbeugung von Erkrankungen;

6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen

der medizinischen Fortpflanzungshilfe;

7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und

medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln;

8. die Vornahme von Leichenöffnungen.

(3) Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.

...

Disziplinarvergehen

§ 136. (1) Ärzte machen sich eines Disziplinarvergehens

schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland

1. das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft

durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den

Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder

2. die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung

sie sich anläßlich der Promotion zum Doctor medicinae universae

verpflichtet haben oder zu deren Einhaltung sie nach diesem

Bundesgesetz oder nach anderen Vorschriften verpflichtet sind.

(2) Ärzte machen sich jedenfalls eines Disziplinarvergehens

nach Abs. 1 Z 1 oder Z 2 schuldig, wenn sie

1. den ärztlichen Beruf ausüben, obwohl über sie

rechtskräftig die Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung

der Berufsausübung (§ 139 Abs. 1 Z 3) verhängt worden ist oder

2. eine oder mehrere strafbare Handlungen vorsätzlich

begangen haben und deswegen von einem in- oder ausländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder zu einer Geldstrafe von zumindest 360 Tagessätzen oder zu einer Geldstrafe von mehr als 36 340 Euro verurteilt worden sind. Werden in einem oder mehreren Urteilen Freiheitsstrafen und Geldstrafen (nebeneinander) verhängt, ist die Summe der Freiheitsstrafen und der für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen verhängten Freiheitsstrafen maßgeblich. Wird in einem oder mehreren Urteilen ausschließlich auf Geldstrafen erkannt, sind diese zusammen zu zählen."

Der Revisionswerber hält das angefochtene Erkenntnis für rechtswidrig, weil er als Privatmann gehandelt habe. Wenn er ein Sachwalterverfahren angeregt habe und aus der subjektiven Sicht des Anregers Anhaltspunkte vorgelegen hätten, welche die Anregung gerechtfertigt hätten, so dürfe dies nicht mit einer Strafe pönalisiert werden. Auch sei keine ausreichende Öffentlichkeit des ihm vorgeworfenen Verhaltens gegeben gewesen, weil es sich beim Sachwalterverfahren nach dem Außerstreitgesetz um ein nichtöffentliches Verfahren handle. Wenn sein ehemaliger Schwiegervater die Anregung des Revisionswerbers, für ihn einen Sachwalter zu bestellen, öffentlich gemacht habe, so dürfe dies nicht dem Revisionswerber zugerechnet werden. Damit zeigt der Revisionswerber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

Zu § 136 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/09/0064, dargelegt, dass die Festlegung des Disziplinartatbestandes der Beeinträchtigung des Ansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch das Verhalten von Ärzten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellt, der zulässig und mit Art. 18 B-VG vereinbar ist. Der Inhalt des Begriffes der auf diese Weise festgelegten allgemeinen Standespflichten kann aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des jeweiligen (Berufs )Standes festgestellt werden, der Rechtsunterworfene kann sein Verhalten danach einrichten und die Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs durch die Behörde kann auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13.590/1993, 14.037/1995, 15.543/1999, 16.606/2002).

§ 136 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 legt allgemeine Standespflichten fest, der Arzt hat nach dieser Vorschrift daher in seinem gesamten Verhalten und auch außerhalb der Ausübung seines Berufes auf die Wahrung des Standesansehens zu achten. Dabei geht es um die allgemeine Wertschätzung, die die in Österreich tätige Ärzteschaft in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll. Beim außerberuflichen Verhalten ist für die Wahrung des Standesansehens die Möglichkeit von Rückschlüssen von Bedeutung, die aus dem Verhalten des Arztes auf seine berufliche Tätigkeit oder die berufliche Tätigkeit der in Österreich tätigen Ärzte gezogen werden können. Je näher in seinem Verhalten ein solcher Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Arztes gegeben ist, desto eher muss er auch im außerberuflichen Bereich auf die Wahrung des Standesansehens achten und ist insoferne auch in der freien Gestaltung seines Privatlebens beschränkt (vgl. ähnlich die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum derartigen Dienstbezug im Disziplinarrecht der Beamten, etwa die hg. Erkenntnisse vom , 93/09/0122, vom , 2001/09/0208, vom , 2002/09/0152, und vom , 2009/09/0132). Ob das Verhalten des Arztes an die Öffentlichkeit gedrungen ist, spielt bei dieser Beurteilung keine entscheidende Rolle, entscheidend ist vielmehr, ob das Verhalten als solches geeignet ist, das Ansehen der Ärzteschaft zu beeinträchtigen.

Nach dem Gesagten ist im vorliegenden Fall keine Rechtswidrigkeit daran zu erkennen, dass der Disziplinarrat und das Verwaltungsgericht das Verhalten des Revisionswerbers als ein Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 qualifizierte. Wenn der Revisionswerber meint, er habe als Privatmann gehandelt und es sei daher keine disziplinäre Verantwortlichkeit gegeben, so übersieht er, dass der Begriff des in § 136 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 umschriebenen Disziplinarvergehens auch sein außerberufliches Verhalten miteinschließt.

Der Revisionswerber bestreitet nicht, dass er seine an das Bezirksgericht G adressierte Anregung, gegen seinen früheren Schwiegervater KM ein Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters einzuleiten, unter Hinweis auf seine Stellung als Arzt für Allgemeinmedizin und als allgemein beeideter gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Allgemeinmedizin erstattet hat.

Auch wenn man die Absendung dieses Schreibens ungeachtet dieses Hinweises als eine außerberufliche Tätigkeit wertet, war schon durch diesen Hinweis aber auch durch den Inhalt des Schreibens ein Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Revisionswerbers als Arzt nicht zu verneinen.

Der Revisionswerber stellt nicht in Abrede, dass er seine Anregung auf Bestellung eines Sachwalters für KM in seinem Schreiben vom ua einerseits damit begründet hat, die Kinder bzw. Schwiegerkinder des KM hätten bereits den Verdacht geäußert, KM wäre infolge seines Alters von 88 Jahren in Geldangelegenheiten nicht mehr voll handlungsfähig. Anderseits bestreitet der Revisionswerber nicht, dass er mit KM innerhalb der letzten sechs Jahre keinen Kontakt gehabt und mit den Kindern und Schwiegerkindern seit zehn Jahren nicht mehr gesprochen habe.

Bei dieser Sachlage ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn das Verwaltungsgericht Kärnten mit seiner zutreffenden Begründung die auf wahrheitswidrigen Angaben beruhende Handlungsweise des Revisionswerbers, die auf die Einschränkung der Geschäftsfähigkeit des KM gerichtet war, als schuldhaft begangenes Disziplinarvergehen wertete und die vor ihm erhobene Beschwerde abwies.

Der Revisionswerber wurde durch das angefochtene Erkenntnis sohin nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, weshalb die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am