VwGH vom 26.02.2015, Ro 2015/16/0002
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz in 8010 Graz, Marburger Kai 49, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W170 2010287-1/3E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Partei: DI C R in W, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 48), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Graz-Ost für den Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde und Revisionswerber) dem Mitbeteiligten Gebühren des Notars in der Höhe von EUR 39.499,92 sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,-- vor, wogegen der Mitbeteiligte in seinem Schriftsatz vom einen "Berichtigungsantrag", verbunden mit einem "Antrag auf Vorlage gemäß Art. 267 AEUV" und einem "Antrag auf Maßnahme gemäß Art. 140 B-VG" einbrachte.
Die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Graz-Ost legte den Teilakt (betreffend die Vorschreibung der Gebühren) mit Note vom dem Revisionswerber vor, der diesen mit Verfügung vom folgenden Tag dem Revisor zur Bearbeitung zuwies.
Mit Bescheid vom wies der Revisionswerber den als Vorstellung zu wertenden Berichtigungsantrag gegen den Zahlungsauftrag vom zurück, wogegen der Mitbeteiligte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (verbunden mit den weiteren, vorgenannten Anträgen) erhob.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Gericht der Beschwerde Folge und hob den Bescheid vom auf; weiters sprach das Gericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
In den Entscheidungsgründen seines Erkenntnisses ging das Gericht u.a. davon aus, "ohne Durchführung weiterer (aktenkundiger) Ermittlungen wurde die Vorstellung des
Beschwerdeführers mit Bescheid ... vom ...
zurückgewiesen und begründend ausgeführt, die Vorstellung sei nicht berechtigt". In rechtlicher Hinsicht erwog das Verwaltungsgericht, die Vorlage der Vorstellung an den Revisionswerber sei jedenfalls kein Ermittlungsschritt. Aus dem Akt sei vor der Erlassung des gegenständlichen Bescheides keine Ermittlungshandlung zu ersehen. Auch wenn keine besondere Form für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens vorgesehen sei, müsse doch eindeutig erkennbar sein, dass Ermittlungen eingeleitet worden seien. Im vorliegenden Fall sei aus den Verwaltungsakten keine Einleitung von Ermittlungsschritten innerhalb von zwei Wochen nach Einlagen der Vorstellung bei der (vor dem Verwaltungsgericht) belangten Behörde dokumentiert. Dies habe zur Folge, dass der Mandatsbescheid vom kraft gesetzlicher Anordnung des § 57 Abs. 3 AVG außer Kraft getreten sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abändern, dass die Beschwerde gegen den Bescheid vom abgewiesen werde, in eventu, das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.
Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der er seine Zweifel einer Unionsrechts- und Verfassungswidrigkeit der die Vorschreibung der Kommissionsgebühren tragenden Bestimmungen wiederholt, ohne in der Sache nähere Anträge, insbesondere einen solchen auf Aufwandersatz, zu stellen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zur Darstellung der im Revisionsfall maßgebenden Rechtslage wird zunächst gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0075, verwiesen.
Die vorliegende Revision erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses zunächst gleich der im zitierten Erkenntnis vom behandelten Revision, womit auch diese Bedenken ihre Beantwortung in vollem Umfang finden.
Soweit diese Revision jedoch eine Aktenwidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses fallbezogen darin erblickt, die ersten Ermittlungsschritte seien bereits von der Kostenbeamtin nach Einlangen der Vorstellung am durch Anlegung eines Teilaktes als Gebühren- und Kostenakt gesetzt worden, als weiterer Ermittlungsschritt sei dieser Teilakt samt dem Berichtigungsantrag dem Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz übermittelt und von diesem am folgenden Tag an den Revisor zur Bearbeitung weitergeleitet worden, der Auftrag an den Revisor habe ebenfalls einen Ermittlungsschritt dargestellt und umfasse unter anderem die Prüfung, ob die Vorstellung rechtzeitig erhoben worden sei, ob der Vorstellungswerber Zahlungspflichtiger des Zahlungsauftrages sei, Akten oder Aktenbestandteile des Grundverfahrens für die Entscheidung notwendig und angeschlossen seien, ob weitere mit dem Grundverfahren verbundene Akten beizuschaffen seien, ob Akten oder Unterlagen anderer Behörden erforderlich seien oder vorgelegt worden seien und ob aufgrund des Vorbringens in der Vorstellung Sachverhaltsklärungen, Feststellungen oder zusätzliche Ermittlungen notwendig seien, zeigt sie damit eine Rechtswidrigkeit nicht auf: Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom ausgeführt hat, ist für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinn des § 57 Abs. 3 AVG eine bestimmte Art von Ermittlungen oder eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass sie sich nach der Erhebung der Vorstellung durch die Anordnung von Ermittlungen mit der den Gegenstand des Mandatsbescheides bildenden Angelegenheit befasst. Dies kann auch durch einen rein innerbehördlichen Vorgang erfüllt werden. Das Ermittlungsverfahren im Sinn des § 57 Abs. 3 AVG kann auch die Frage der Rechtzeitigkeit der Vorstellung betreffen. Auch ein Ersuchen um Übersendung des Gerichtsaktes, das den Gegenstand des Mandatsbescheides betrifft, kann einen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bewirkenden Ermittlungsschritt darstellen.
Ein Ermittlungsverfahren wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann im Sinn des § 57 Abs. 3 AVG eingeleitet, wenn der betreffende Verfahrensschritt nur die Rechtzeitigkeit der Vorstellung betrifft. Dies gilt allerdings nur dann, wenn diese Frage nicht schon auf den ersten Blick - der noch keinen Verfahrensschritt darstellt - zu beantworten ist, sondern es insofern eines Ermittlungsverfahrens bedarf (vgl. etwa die in Hengstschläger/Leeb , Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, unter Rz 41 zu § 57 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kam den von der Revision ins Treffen geführten Umständen nicht die Bedeutung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu, nämlich eines Verfahrens zur Feststellung des für die Vorschreibung der Gebühren maßgebenden Sachverhaltes oder etwa der Rechtzeitigkeit der Vorstellung: Weder ist der Revision noch den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen, dass es zur Ermittlung der Rechtzeitigkeit der Vorstellung weiterer, über den Blick in den Verwaltungsakt hinausgehender Schritte bedurfte. Auch liegt in der Anlegung eines "Teilaktes" zur Vorlage kein Verfahrensschritt zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, sondern ein Schritt zur bloß aktenmäßigen Behandlung der Vorstellung. Auch handelt es sich bei den weiteren von der Revision ins Treffen geführten Umständen behaupteter Maßen nur um schon aufgrund des Akteninhaltes getroffene Entscheidungen, die gerade nicht in Ermittlungsschritte (innerhalb der Frist des § 57 Abs. 3 AVG) mündeten.
Soweit die Revision abschließend den Inhalt von Ermittlungsschritten in der Einsichtnahme in das Verfahrensregister Justiz und der Herstellung von Ausdrucken der im Grundverfahren bereits ergangenen Entscheidungen darlegt, behauptet sie nicht, dass solche näheren (relevanten) Ermittlungsschritte innerhalb der Frist des § 57 Abs. 3 AVG gesetzt worden wären.
Aus diesen Gründen war die vorliegende Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen (vgl. ebenso die hg. Erkenntnisse vom , Ro 2014/16/0076, sowie vom , Ro 2014/16/0073).
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-93673