VwGH vom 21.03.2013, 2011/23/0369

VwGH vom 21.03.2013, 2011/23/0369

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter u.a. Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 24a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/214.539/2010, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

Die belangte Behörde begründete dies zusammengefasst damit, dass der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Ehe ihrer Mutter mit einem österreichischen Staatsbürger ein vom bis gültiger Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" erteilt worden sei. Da es sich bei der Ehe der Mutter um eine "Scheinehe" gehandelt habe, sei (auch) der Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerin mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom rechtskräftig für nichtig erklärt worden. In Folge dieser Nichtigerklärung sei der von der Beschwerdeführerin am eingebrachte Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" nicht als Verlängerungsantrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 11 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zu werten, sodass sich die Beschwerdeführerin nicht auf die Bestimmung des § 24 Abs. 1 NAG berufen könne. Die Beschwerdeführerin halte sich daher weder auf Grund eines Aufenthaltstitels noch während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet auf, sodass ihr gegenwärtiger Aufenthalt unrechtmäßig und eine Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG zulässig sei.

Anschließend begründete die belangte Behörde näher, weshalb auch die nach § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung der Ausweisung nicht entgegenstehe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG oder des NAG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die zu diesem Zeitpunkt (August 2010) geltende Fassung.

Einer Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 AVG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich die Wirkung ex nunc, nicht aber ex tunc beizumessen. Dies bedeutet, dass die Erklärung eines formell und materiell rechtskräftigen Bescheides als nichtig gemäß § 68 Abs. 4 AVG nur bewirkt, dass der Bescheid für die Zukunft nicht mehr besteht, aber für die Vergangenheit die rechtlichen Wirkungen unberührt bleiben. Aus diesem Grund wird durch die Nichtigerklärung eines Aufenthaltstitels nach seinem Ablauf weder der früher während seiner Geltung auf diesen Aufenthaltstitel gestützte Aufenthalt unrechtmäßig, noch verliert ein vor der Nichtigerklärung nach § 24 NAG rechtzeitig gestellter Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels seine Qualifikation als Verlängerungsantrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 11 iVm § 24 NAG (siehe zum Ganzen das Erkenntnis vom , Zl. 2012/22/0030, mwN).

Gemäß § 24 Abs. 1 dritter Satz NAG ist der Antragsteller nach Stellung eines Verlängerungsantrags, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Diese Bestimmung stand daher der Annahme, die Beschwerdeführerin halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, entgegen. Damit erweist sich eine auf § 53 Abs. 1 FPG gestützte Ausweisung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts als nicht zulässig (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0513).

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am