VwGH vom 30.03.2011, 2007/12/0098

VwGH vom 30.03.2011, 2007/12/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und die Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des H W in A, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 136.599/2- I/1/c/07, betreffend Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor der Verwendungsgruppe E2b in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist Angehöriger des Landespolizeikommandos für Kärnten, seine Stammdienststelle ist die Polizeiinspektion A.

Am ersuchte er erstmals gemäß § 50a BDG 1979 um Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit auf 90 % (also 36 Stunden) für die Dauer eines Jahres. Diesem Ansuchen gab das Landespolizeikommando Kärnten für den Zeitraum vom bis zum statt.

Mit Eingabe vom ersuchte der Beschwerdeführer um eine weitere Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für weitere fünf Jahre.

Auf Grund eines gemäß § 73 Abs. 2 AVG gestellten Antrags vom , worin der Beschwerdeführer auf seine Eingabe vom Bezug nahm, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die belangte Behörde über.

Mit Vorhalt vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer u.a. mit, es sei beabsichtigt, ihm ab für die Dauer eines Jahres eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 zu gewähren. Eine darüber hinausgehende Herabsetzung, insbesondere für den beantragten Zeitraum von (insgesamt) fünf Jahren, komme (im Wesentlichen unter Darstellung der in der Folge im angefochtenen Bescheid übernommenen Begründung) nicht in Betracht. Insbesondere wies die belangte Behörde darauf hin, dass im Hinblick auf die Austragung der Fußballeuropameisterschaft 2008 (kurz: EURO 2008) jeder Exekutivbeamte für den Dienst benötigt werde, zumal Klagenfurt ein Austragungsort der EURO 2008 sei.

Hiezu äußerte sich der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom , in der er daran festhielt, eine Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit für die Dauer von fünf Jahren erlangen zu wollen, jedoch auf den im Behördenvorhalt genannten Anfangstermin () nicht einging. Inhaltlich legte der Beschwerdeführer die Gründe seiner Antragstellung (zu unregelmäßigen Zeiten berufstätige Ehefrau und Notwendigkeit, den gemeinsamen neunjährigen Sohn zu beaufsichtigen) näher dar, denen die belangte Behörde seiner Ansicht nach nicht nachvollziehbar entgegengetreten sei. Der behördlichen Argumentation mit der EURO 2008 widersprach der Beschwerdeführer nicht, sondern verwies lediglich darauf, dass gemäß § 50c (Abs. 3) BDG 1979 in dringenden Fällen "eine Heranziehung von Beamten mit herabgesetzter Wochendienstzeit zu Mehrdienstleistungen möglich" sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers stünden seinem "Antrag vom auf Herabsetzung der Wochendienstzeit auf 90 % für die Dauer von fünf Jahren jedenfalls keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegen". Eine Änderung des Antrags ist nicht erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom setzte die belangte Behörde über diesen Antrag des Beschwerdeführers dessen regelmäßige Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 "ab für die Dauer von einem Jahr, somit bis , auf 90 v.H. (36 Wochenstunden)" herab.

Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage aus, die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten könne auf seinen Antrag gemäß § 50a Abs. 1 BDG 1979 bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaße keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstünden. Solche seien bis zum nicht zu erkennen.

Für einen längeren Zeitraum sei die Genehmigung der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit hingegen aus zwingenden personellen und dienstlichen Gründen zur Zeit nicht möglich. Dies legte die belangte Behörde (zunächst unter Hinweis auf die vom 7. bis zum in Österreich und der Schweiz veranstaltete EURO 2008 mit einem Austragungsort im Fußballstadion Klagenfurt und die dabei zu bewältigenden Aufgaben, für die Zeit danach insbesondere mit der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung eines Dienstsystems, das zum Großteil ohne Mehrdienstleistungen auskommen solle) inhaltlich detailliert dar. Es sei - auch "nach der Schengenerweiterung", mit der eine Verbesserung der Situation im Personalbereich zu erwarten sei -, eine der Aufgaben des Dienstgebers, sicherzustellen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeit eingehalten werde und es nur im Bedarfsfall zur Anordnung von Mehrdienstleistungen komme. Um dies gewährleisten zu können, sei ein bestimmtes Ausmaß an vollbeschäftigten Bediensteten notwendig. Dieses System könne erst umgesetzt werden, wenn keine Exekutivbeamten auf Grund des Schengen-Vertrages an den österreichischen Grenzen gebunden seien, also frühestens im Jahr 2008. Daher sei derzeit auch keine Aussage darüber möglich, wie hoch der Anteil an vollbeschäftigten Exekutivbeamten sein müsse, um ein solches Dienstsystem aufrechterhalten zu können. Eine konkrete Beurteilung sei somit gegenwärtig ausgeschlossen, sodass "ein wichtiges dienstliches Interesse an der Einschränkung (des) Antrages" bestehe, weil "bei Umsetzung möglichste viele Exekutivbeamte in einem vollbeschäftigten Dienstverhältnis zur Verfügung stehen sollten, um entsprechende Einteilungen und Beurteilungen vornehmen zu können".

Gegen diesen Bescheid, soweit der Antrag für die Zeit ab "abschlägig entschieden" werde, richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem Recht auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit im Sinn des § 50a BDG 1979 im vollen gesetzlichen Ausmaß gemäß seiner Antragstellung durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmung behauptet. Der Sache nach wird dem angefochtenen Bescheid sowohl Rechtswidrigkeit seines Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides keine ausdrückliche Abweisung des vom Beschwerdeführer erhobenen Mehrbegehrens enthält. Dies hat zur Folge, dass der Bescheidspruch - für sich betrachtet - in zwei Richtungen gedeutet werden kann: Zum einen, dass das Mehrbegehren implizit abgewiesen wurde, zum anderen, dass eine Entscheidung über das Mehrbegehren unterblieben und daher insoweit Säumigkeit der belangten Behörde eingetreten ist. Fehlt es dem Spruch - wie im vorliegenden Fall - an der gebotenen Deutlichkeit, so ist die Bescheidbegründung zu seiner Auslegung heranzuziehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/12/0165, und vom , Zl. 2002/03/0009, jeweils mwN).

Unter Berücksichtigung der wiedergegebenen Bescheidbegründung kann im Beschwerdefall kein Zweifel daran bestehen, dass der Antrag des Beschwerdeführers, soweit jener nicht stattgebend erledigte wurde, in der Sache abgewiesen werden sollte.

Im Umfang der stattgebenden Entscheidung (für die Dauer eines Jahres ab dem ) hat der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid ausdrücklich unangefochten gelassen. Die auf die Abweisung seines Antrags nach § 50a BDG 1979 eingeschränkte Anfechtungserklärung ist auch zulässig. Damit hat der Beschwerdeführer nämlich (nachträglich) zu erkennen gegeben, dass die ihm im stattgebenden (nicht angefochtenen) Teil des angefochtenen Bescheides eingeräumte Herabsetzung jedenfalls auch von seinem verfahrenseinleitenden Antrag, den er im Verwaltungsverfahren nicht eingeschränkt hat, mitumfasst war, dieser also nicht so zu verstehen war, er wolle ausschließlich eine Herabsetzung in der Dauer von fünf Jahren, sondern mehrere Möglichkeiten umfasste. Dem steht auch nicht der Wortlaut des verfahrenseinleitenden Antrages des Beschwerdeführers entgegen, der insoweit ein "offener" Antrag war. Da sich die Dauer der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach dem Antrag des Beamten bestimmt und daher zu seiner Disposition steht, bestehen gegen eine derartige Anfechtungserklärung und die (nachträgliche) Klarstellung eines möglichen Inhalts des mit dem angefochtenen Bescheid zur Gänze erledigten verfahrenseinleitenden Antrages auch keine Bedenken. Eine Nachprüfung des angefochtenen Bescheides im Umfang des Entscheidungszeitraumes vom bis zum , der ausdrücklich nicht in Beschwerde gezogen wurde, ist daher ausgeschlossen.

Auch hat eine zeitliche Fixierung des hinsichtlich der beantragten Gewährung der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit offenen Restzeitraumes (von vier Jahren) insofern stattgefunden, als dieser ab dem Ende des (vom bis zum bewilligten) Herabsetzungszeitraumes aus zu berechnen ist. In Ansehung dieses Ausmaßes von vier Jahren liegt auch keine Trennbarkeit vor, weil die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für deren Gewährung vorliegen oder nicht, vom beantragten Ausmaß, also insbesondere auch von der konkreten Zeitdauer, abhängt. Dazu wird insgesamt gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ausführliche Begründung im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0092, dem auch die Rechtslage zu entnehmen ist, verwiesen.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, es hätte ihm die "Dienstzeitverkürzung" im restlichen von ihm beantragten Ausmaß von vier Jahren für die Zeit nach der EURO 2008 bewilligt werden müssen, steht dem sein oben dargestellter Antrag entgegen, den er trotz des Behördenvorhalts vom , in dem auch dieses Argument enthalten war, nicht entsprechend modifiziert hat.

Sollte die Beschwerde so zu verstehen sein, dem Beschwerdeführer hätte die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ab dem unter Ausklammerung der Zeit der EURO 2008 bewilligt werden müssen, stünde dem die Bestimmung des § 50a Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 entgegen, wonach die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam wird. Dies schließt eine innerhalb dieser Zeiträume liegende "Unterbrechung" der Herabsetzung, während der Volldienst zu leisten wäre, aus.

Ein erhöhter Personalbedarf während des Großereignisses der EURO 2008 ist (nach der Begründung des angefochtenen Bescheides und den insofern zustimmenden Ausführungen in der vorliegenden Beschwerde, wonach die Fußballeuropameisterschaft "eine volle Nutzung der gesamten Personalkapazität verlangt und deshalb jeglicher Dienstzeitverkürzung" während dieser Zeitspanne "entgegensteht") unbestritten.

Entgegen der in der Beschwerde geäußerten Auffassung rechtfertigte dieser Umstand allein - im Fall der Genehmigung der vom Beschwerdeführer beantragten Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 - aber auch nicht seine Heranziehung gemäß § 50c Abs. 3 BDG 1979.

Diese Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), § 50a Abs. 1 und 2 idF BGBl. I Nr. 61/1997, Abs. 3 zuletzt idF BGBl. I Nr. 71/2003; § 50c idF BGBl. I Nr. 61/1997) lauten auszugsweise:

"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlass

§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, dass die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfasst. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.

...

Dienstleistung während der Herabsetzung der regelmäßigen

Wochendienstzeit

§ 50c. (1) Bei der stundenmäßigen Festlegung der Zeiträume, in denen der Beamte Dienst zu versehen hat, ist auf die persönlichen Verhältnisse des Beamten, insbesondere auf die Gründe, die zur Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit geführt haben, soweit Rücksicht zu nehmen, als nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen.

(2) Lassen im Falle einer Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit die besonderen Umstände des Dienstes eine genaue Einhaltung eines ganzzahligen Stundenausmaßes nicht zu, so ist es soweit zu überschreiten, als dies nötig ist, um seine Unterschreitung zu vermeiden.

(3) Abgesehen vom Fall des Abs. 2 kann ein Beamter, dessen regelmäßige Wochendienstzeit nach den §§ 50a oder 50b herabgesetzt worden ist, über die für ihn maßgebende Wochendienstzeit hinaus zur Dienstleistung nur herangezogen werden, wenn die Dienstleistung zur Vermeidung eines Schadens unverzüglich notwendig ist und ein Bediensteter, dessen regelmäßige Wochendienstzeit nicht herabgesetzt ist, nicht zur Verfügung steht."

Die Abhaltung einer Fußballeuropameisterschaft ist für sich genommen kein Ereignis, auf Grund dessen "die Dienstleistung zur Vermeidung eines Schadens unverzüglich notwendig ist". § 50c Abs. 3 BDG 1979 kann daher nach seinem klaren Wortlaut im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen.

Stellt sich heraus, dass der verlangten Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit - sei es auch nur für einen Teil der beantragten Dauer - wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, so ist der Antrag (zur Gänze) abzuweisen (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0092).

Da dies jedenfalls für die Dauer der EURO 2008, die während des Antragszeitraumes stattfand, der Fall war, erweist sich die vorliegende Beschwerde somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am