VwGH vom 20.12.2016, Ro 2015/15/0043
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision des Finanzamts Oststeiermark in 8230 Hartberg, Rotkreuzplatz 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100656/2015, betreffend Energieabgabenvergütung 2011 (mitbeteiligte Partei: H GmbH Co KG in B, vertreten durch die Wesonig + Partner Steuerberatung GmbH in 8160 Weiz, Birkfelder Straße 25), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte, eine Kommanditgesellschaft, betreibt eine Badeanstalt. Ihr Wirtschaftsjahr endet jeweils zum Monatsletzten im Februar. Am beantragte sie die Vergütung der Energieabgaben für 2011.
2 Im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung wurde u.a. (zu Tz 6) ausgeführt, bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes im Rahmen der Energieabgabenvergütung seien Zinserträge bzw. Erträge aus Wertpapieren nicht berücksichtigt und der Aufwand aus Kilometergeldern als Vorleistung miteinbezogen worden. Vergütungsfähig seien nur jene Energieabgaben, die tatsächlich bis zum entrichtet worden seien. In die Berechnungsgrundlagen 2011 seien jedoch Energieabgaben miteinbezogen worden, die bis zu diesem Stichtag noch nicht bezahlt gewesen seien.
3 Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde das Verfahren zur Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für das Jahr 2011 wieder aufgenommen und der Vergütungsbetrag abweichend vom Antrag der Mitbeteiligten festgesetzt. Begründend verwies das Finanzamt auf die Feststellungen der Betriebsprüfung im Bericht vom .
4 Die Mitbeteiligte erhob gegen diese Bescheide Beschwerde und machte geltend, die Energieabgaben seien im vorliegenden Fall im Februar 2011 vollständig entrichtet worden.
5 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Mitbeteiligte beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens ab und änderte den Bescheid betreffend Energieabgabenvergütung 2011 ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
7 Begründend verwies das Bundesfinanzgericht zunächst darauf, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO schon im Hinblick auf das Neuhervorkommen von Tatsachen betreffend die Nicht-Berücksichtigung von Zinserträgen erfüllt seien.
8 Unstrittig stehe der Mitbeteiligten für den Monat Jänner 2011 die Energieabgabenvergütung zu. Strittig sei, ob insoweit nur der Betrag zustehe, der bis zum entrichtet worden sei, oder ob der für diesen Kalendermonat entrichtete Betrag zu erfassen sei. Eine Vergütung sei nur dann zulässig, wenn die zu vergütenden Abgaben überhaupt entrichtet worden seien. Wesentlich für die Berechnung der Vergütung für den Monat Jänner 2011 seien der Nettoproduktionswert des Monats Jänner 2011 und die auf die im Jänner 2011 verbrauchte Energie entfallenden Abgaben. Da die Mitbeteiligte die auf den Verbrauch im Kalendermonat Jänner 2011 entfallenden Energieabgaben im Februar bezahlt habe, sei der Beschwerde insoweit Folge zu geben gewesen.
9 Die Revision sei zulässig, weil zur Frage, nach welchen Grundsätzen die Zuordnung von entrichteten Energieabgaben zu erfolgen habe, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.
10 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamtes. Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. 13 § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz in der Stammfassung (Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996) lautete:
"Die Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,35% des Unterschiedsbetrages zwischen
1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und
2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden,
übersteigen (Nettoproduktionswert)."
14 Mit BGBl. I Nr. 92/2004 wurde § 1 Abs. 1 erster Halbsatz Energieabgabenvergütungsgesetz dahin geändert, dass dieser lautet:
"Die entrichteten Energieabgaben auf die in Abs. 3 genannten Energieträger sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,5 % des Unterschiedsbetrages zwischen"
15 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (516 BlgNR 22. GP 2, iVm 586 BlgNR 22. GP) wurde dazu darauf verwiesen, in der Energiesteuerrichtlinie (Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom ) sei festgelegt worden, dass als energieintensiver Betrieb nur ein Betrieb gelte, bei dem die Energieabgaben einen Anteil von 0,5% des Nettoproduktionswertes überstiegen. Aus diesem Grund werde die Vergütungsgrenze von 0,35% auf 0,5% des Nettoproduktionswertes angehoben. Zum mit dieser Änderung ebenfalls eingefügten Wort "entrichteten" enthalten diese Erläuterungen keine (weiteren) Ausführungen.
16 Im vorliegenden Fall ist - im Verfahren unbestritten - ausschließlich der Monat Jänner 2011 zu beurteilen. Strittig ist, ob nur die in diesem Monat entrichteten Energieabgaben oder aber die für diesen Monat entrichteten Energieabgaben zu vergüten sind.
17 Der Wortlaut des Gesetzes schließt weder die Interpretation des Finanzamtes (im Vergütungszeitraum entrichtet) noch jene der Mitbeteiligten und des Bundesfinanzgerichtes (für den Vergütungszeitraum entrichtet) aus.
18 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind im Falle der Vergütung der Energieabgaben für "Rumpf"-Jahre bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes im Sinne des § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz nur die Umsätze des "Rumpf"- Jahres heranzuziehen. Die Wortfolge "für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr)" im § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz bezieht sich nicht bloß auf den Zeitraum der Energieabgabenvergütung, sondern auch auf den der Berechnungsgrundlagen des Nettoproduktionswertes (vgl. , VwSlg. 7259/F, und ). Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass die Heranziehung von abweichenden Zeiträumen (betreffend Ermittlung des Nettoproduktionswertes einerseits und betreffend Erhebung der Energieabgaben anderseits) zu Verzerrungen führen würde.
19 Zu einer ähnlichen Verzerrung käme es - wie die mitbeteiligte Partei zutreffend aufzeigt - auch dann, wäre der Zeitpunkt der Entrichtung der Energieabgaben und nicht der Zeitraum, auf den sich diese Energieabgaben beziehen, entscheidend. Durch eine (willkürliche) Verschiebung von Zahlungen über das Wirtschaftsjahr hinaus könnten insbesondere im Hinblick auf den Selbstbehalt abweichende Ergebnisse erzielt werden.
20 Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 92/2004 sind zwar keine (gesonderten) Ausführungen zum eingefügten Wort "entrichtet" zu entnehmen, sie verweisen aber auf die Richtlinie 2003/96/EG des Rates. Gemäß Artikel 17 Abs. 1 lit. a dieser Richtlinie gilt als "energieintensiver Betrieb" u.a. eine Betriebseinheit, bei der "die zu entrichtende nationale Energiesteuer mindestens 0,5% des Mehrwertes beträgt" (in der englischen Fassung: "national energy tax payable amounts to at least 0,5% of the added value"; in der französischen Fassung: "le montant total des taxes energetiques nationales dues est d'au moins 0,5% de la valeur ajoutee").
21 Wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage weiters hervorgeht, war es das Ziel der vorliegenden Gesetzesänderung, die EU-Konformität der Energieabgaben und der Energieabgabenvergütung herzustellen (vgl. 516 BlgNR 22. GP 1) und dabei insbesondere die Definition des energieintensiven Betriebes zu berücksichtigen. Nach der Definition in der Richtlinie ist es aber entscheidend, dass die "zu entrichtende" (also nicht: die entrichtete) Energiesteuer mindestens 0,5% des Mehrwerts beträgt. Käme es - wie es in der Revision vertreten wird - darauf an, welche Zahlungen in einem bestimmten Zeitraum geleistet wurden, könnte bei Verschiebung der Zahlung, nämlich bei Bündelung der Zahlung der Energiesteuern, die für den Energiebezug mehrerer Jahre anfielen, in einem Jahr, eine Vergütung von Energieabgaben entgegen der Richtlinie auch für nicht energieintensive Betriebe erreicht werden, wenn die in diesem Jahr entrichteten Energiesteuern zumindest 0,5% des Mehrwertes betragen würden.
22 Im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers, eine mit der Richtlinie konforme Regelung zu erlassen, ist daher davon auszugehen, dass es darauf ankommt, welche Energieabgaben für einen bestimmten Zeitraum zu entrichten sind. Darüber hinaus ist es aber - ausgehend vom Wortlaut des Gesetzes - für eine Vergütung der Abgaben erforderlich, dass diese Abgaben auch tatsächlich entrichtet wurden. Hiefür reicht es aber aus, dass die Abgaben bis zur Entscheidung über den Antrag auf Vergütung entrichtet sind. Damit ist es auch - entgegen der Meinung der Revision - ausgeschlossen, dass der Antragsteller von einem Aufwand entlastet würde, den er gar nicht getragen hätte.
23 Darauf, wann die Energieabgaben von den Energielieferanten an die Abgabenbehörde entrichtet wurden, kommt es für die Energieabgabenvergütung an die Mitbeteiligte nicht an, sodass der in der Amtsrevision geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vorliegt.
24 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am